Aktuell läuft der nun mehr
fünfte Teil der „Stirb Langsam“-Serie in unseren Kinos. Die Reihe, rund um Cop
und Anti-Held John McClane, gilt längst als legendär. Unsere Schweinebacke Jacko hat sich die ersten
vier Filme* noch einmal vorgenommen und zu jedem Abenteuer von McClane seine Meinung hinterlassen. Wir wünschen euch viel Spaß. Ach
ja, wenn ihr wissen wollt wie „Stirb Langsam – Ein guter Tag zum Sterben“ bei
uns abgeschnitten hat, hier geht es zu unserer Review.
STIRB LANGSAM
"Vielleicht der perfekte Actionthriller"
"Vielleicht der perfekte Actionthriller"
Ein Jahr nach seinem Testosteron-Dschungelcamp mit extraterrestrischen Großwildjäger ist es John McTiernan tatsächlich gelungen, seinem Folgefilm die Krone des Actiongenres aufzusetzen, die er bis heute, trotz aller Putschversuche mit Stolz tragen darf. An "Die Hard" muss sich alles messen, was die Bezeichnung Actionthriller für sich beanspruchen will. Nach 25 Jahren, dem enormen technischen Fortschritt und dem für Hollywoodfilmen absurd hohen Budgetmöglichkeiten lässt es sich kaum in Worte fassen, was diesen Film über die Jahre nicht nur ewig jung, sondern darüber hinaus unübertroffen macht. Den Versuch ist es trotzdem wert...
Ohne Pullover auf dem kalten Boden. Das gibt ne Erkältung |
Zeitbedingt
sollte dieser Erklärungsansatz wohl damit beginnen, dass er sich schon vom
Ansatz von den bis dahin typischen Actionkrachern abhebt. Die Helden des 80er
Actionkinos und ihre Filme waren ganz anders gestrickt. "Die Hard"
beginnt nicht mit einem Knalleffekt, keiner wuchtigen Radausequenz, um das
Publikum sofort auf Krawall zu bürsten. Kein lauter, knackiger Vorspann, keine
fetzige oder heroische Titelmusik. Es ist ruhig, fast besonnen. Ein Mann will
seine Frau zu Weihnachten überraschen und sucht sie an ihrem Arbeitsplatz auf.
Dieser Mann ist vielleicht nicht der 08/15 Typ der beim nächsten Windstoß droht
umzukippen, aber auch kein Übermensch. Er ist kein Muskelberg mit Sonnenbrille
und langer Mähne, der in Lederjacke und Motorrad durch die Gegend knattert. Ein
recht sympathischer Kerl mit schon leicht hoher Stirn. John McClane scheint
nicht unverwundbar oder unbesiegbar, besonders Ersteres wird sich im Verlauf
der nächsten 2 Stunden herausstellen.
Allein dadurch
wirkt "Die Hard" ganz anders: Er ist ernst zu nehmen, damals wie
heute, von Beginn an bis zum Schluss. Was Regisseur John McTiernan und die
Autoren Jeb Stuart und Steven E. De Souza hier kreiren ist ein Szenario, das
sich kontinuierlich steigert, sich niemals vollkommen übertriebenen darstellt
und dabei so einen Druck macht, dass das Adrenalin beim Zusehen aus der Nase
läuft.
Mrs. McClane und Sirius Sn... äh, Hans Gruber |
Es ist diese
Situation einer gegen alle, auf vielleicht nicht engstem, aber begrenztem Raum.
Dieser Eine ist barfuß und im Unterhemd unterwegs, leidet, blutet und kämpft
verzweifelt gegen eine Übermacht. McClane ist der Held, der improvisiert,
kurzzeitig droht zu verzweifeln, aber sich festbeißt und niemals aufgibt. Bruce
Willis glänzt nicht nur durch seine Präsenz, er bringt das nötige
darstellerische Talent mit, um diese Figur für den Zuschauer jederzeit
glaubhaft zu verkörpern, mit ihm zu leiden und zu bluten. Dennoch geht ihm mal
ein flotter Spruch über die Lippen, was seiner Figur im Bezug auf die
vorherigen Punkte aber nie schadet. Es ist Galgenhumor, pure Wut, zum Teil auch
Hilflosigkeit, aber vor allem eine
"Leck-mich-am-Arsch-ich-gebe-nicht-auf"-Attitüde, die ihn dazu
treibt. Das ist nachvollziehbar, menschlich. Eben nicht die Kampfmaschine, die
über den Dingen steht. Sein Gegenpart,
der eiskalte Hans Gruber, steht McClane beim Charisma in nichts nach. Ein
intelligenter, durchtriebener Mistkerl, brandgefährlich und mit allen Wasser
gewaschen, was der Film im letzten Drittel sehr geschickt aufgreift. Alan Rickman
liefert eine Glanzleistung ab, selten waren sich Protagonist und Antagonist in
ihrer Präsenz und Leistung so nahe.
"Die Hard" gelingt das seltene Kunststück, in praktisch allen Punkten
alles richtig zu machen. An der Stelle sei auch Jan de Bonts großartige
Leistung als Kameramann und der hervorragende Score gelobt. Das trägt
maßgeblich zur Atmosphäre bei, die hier so knüppeldick ist wie bei ganz wenigen
Actionthrillern.
Wie kann es am
besten beschrieben werden? "Die Hard" war seiner Zeit voraus, hat das
komplette Genre umgekrempelt und wurde niemals übertroffen. Vielleicht der
perfekte Actionthriller, zumindest verdammt dicht dran. Yippie Ki-Yay, Motherfucker!
10 von 10 Glasscherben
in der Fußsohle
STIRB LANGSAM 2
"ein mit der heißen Nadel gestricktes Sequel"
"ein mit der heißen Nadel gestricktes Sequel"
Alle Jahre wieder ist der falsche Mann zur falschen Zeit am falschen Ort. Statt einem Wolkenkratzer gilt es nun einen Flughafen von skrupellosen Gangstern zu säubern. Der Szenenwechsel war natürlich notwendig und gibt dem zweiten "Die Hard" einen nicht ganz so beengten Anstrich wie seinem grandiosen Vorgänger. John McClane ist diesmal auch theoretisch nicht vollkommen auf sich gestellt, genug Helfer sind ja nun mal vor Ort, praktisch erledigt er das Ganovenpack erneut im Alleingang. Was bleibt ihm auch anderes übrig, denn so richtig hilfreich ist hier kaum jemand. McClane wird in einer Tour angemault und ihm mit Konsequenzen gedroht, obwohl er der Einzige ist, der dem ganzen Treiben effektiv Einheit gebietet.
McClanes ganz eigene Interpretation von Santas Schlitten |
Am Feinschliff
des Drehbuchs lässt sich leider erkennen, dass "Die Hard 2" doch relativ
schnell nach dem wahnsinnigen Erfolg des Originals geschrieben werden musste.
Warum McClane von Beginn an wie ein Störenfried behandelt wird und sich die
Beteiligten lange Zeit nur gegenseitig auf den Füßen stehen ist zwar
"sinnvoll", um McClane erneut in ein Einer-gegen-Alle-Szenario zu
schicken, glaubwürdig ist es jedoch nicht. Auch sonst hat das Skript mit dem
einen oder anderen Logikfehler zu kämpfen. Warum die Flugzeuge stundenlang und
bis zum letzten Tropfen Kerosin über dem Flughafen kreisen, anstatt alternative
Landungsmöglichkeiten anzusteuern? Damit es spannend bleibt. In Anbetracht
der Tatsache, dass "Die Hard 2" ein Schnellschuss war, ist er aber
auch bemerkenswert gut gelungen. Die angesprochenen Drehbuchholperer sind zwar
nicht zu übersehen, aber mal ehrlich, wen juckt es? Erstaunlich, dass vor allem
der Regisseurwechsel sich nicht als Schlagloch herausstellte.
Regisseur Renny Harlin, der
zuvor "Nightmare On Elm Street 4" gedreht hat, also im Big-Budget
Kino Hollywoods ein relativ unbeschriebenes Blatt war, lässt das (vorübergehende)
Ausscheiden von John McTiernan verschmerzen. Denn Handwerklich lässt sich über
"Die Hard 2" kein schlechtes Wort verlieren. Die Action ist rasant,
knallhart und exzellent eingefangen. So was wie Langeweile oder auch nur kurze
Längen sind nicht existent. Mit einem Mordstempo wird der mal wieder
bemitleidenswerte McClane von einer Schießerei in die nächste tollkühne
Halsbrecheraktion gejagt, springt dem Heldentod immer nur hauchdünn von der
Schippe und muss wieder ordentlich Federn lassen. Willis geht in seiner
Paraderolle erneut voll auf und festigte damit seinen Ruf als der neue
Actionstar am Hollywoodhimmel. Zu Recht. "Stirb Langsam 2" erreicht
nicht das fast perfekte Original, ist dennoch erstklassiges Actionkino ohne
Atempause und Adrenalin bis in die Haarspitzen. Für ein mit der heißen Nadel
gestricktes Sequel schon fast unheimlich gut.
8 von 10 weihnachtliche Ausflüge mit dem
Schleudersitz
STIRB LANGSAM - JETZT ERST RECHT
"großartig durchkomponiert wie inszeniert"
Nachdem in Los
Angeles und Washington hart und gar nicht mal so langsam gestorben wurde, darf
John McClane endlich in seiner Heimatstadt die Kuh fliegen lassen. Diesmal ist
jedoch einiges anders als sonst. "Die Hard With A Vengeance" geht
gleich in mehrerer Hinsicht andere Wege.
Weihnachten ist
wieder sicher, dafür gibt es eine explosive Schnitzeljagd quer durch die
Millionenmetropole. Kein Wolkenkratzer, kein Flughafen, dass Spielfeld ist
größer als jemals zuvor. Mittendrin der Mann mit dem naturgegebenen schlechten
Timing, doch selbst das ist nicht mehr purer Zufall. Erstmals wird McClane
gezielt in die Ereignisse involviert und hat noch nicht mal Zeit, seinen Kater
auszuschlafen. Wie gemein!
Zeus hat sich seinen Tag gewiss anders vorgestellt |
Die offensichtlichen, wenn auch in der Gesamtwirkung nicht so tragischen, Drehbuchschwächen von Teil 2 gehören der Vergangenheit an."Die Hard With A Vengeance" wirkt hervorragend durchdacht und verläuft nie zu vorhersehbar. Bis zum Schluss darf der Zuschauer kaum Luft holen und bekommt obendrein eine erstklassige Inszenierung. Das ist handfestes Unterhaltungskino auf ganz hohem Niveau. Doch nicht nur McTiernan kehrt zurück, auch die deutsche Gründlichkeit und Präzision erlebt ihr Comeback. Mit Jeremy Irons hat McClane wieder einen Gegenspieler auf Augenhöhe. Nichts gegen das Duo Sadler/Nero aus Teil 2, doch "Simon" ist da eine ganz andere Hausnummer. Seine erste große Szene, in der es der Film sogar wagt, McClane und Zeus minutenlang aus den Augen zu verlieren, ist großartig durchkomponiert wie inszeniert. Das sorgt für eine Qualität, die jeden Actionfilm aufwertet.
Fazit: Auch wenn
ich persönlich den barfüßigen McClane mit seiner Einzelgängernummer bevorzuge,
der dritte "Die Hard" ist hochspektakuläres, wahnsinnig
unterhaltsames Männerkino, der die Schnittstelle zwischen Oldschool und
(damals) Modernem exakt trifft.
8,5 von 10 stressfreie Spaziergänge durch den Central Park
STIRB LANGSAM 4.0
"Es ist mit Sicherheit sogar Wisemans bester Film"
STIRB LANGSAM 4.0
"Es ist mit Sicherheit sogar Wisemans bester Film"
Ist John McClane
langsam zu alt für diesen Scheiß? Nein, nur technisch nicht mehr auf der Höhe. In
12 Jahren hat sich viel getan. Die Welt ist ein einziges Netzwerk. Wer sich
dort auskennt, braucht keine rohe Waffengewalt, einfache Geiselnahmen und
tonnenweise Sprengstoff, nur die entsprechende Technik und das Knowhow.
Der vierte
"Die Hard" geht ganz mit der Zeit und thematisiert die moderne Art
des Verbrechens, Cyberterrorismus. Ganz bewusst steht dagegen der alte Haudegen
John McClane, für den alles was weitergeht als Handy und Google wie böhmische
Dörfer ist. Ein Dinosaurier, der sich auf handfeste Sachen versteht, angesichts
dieser neuen Form der Bedrohung jedoch fast hilflos wirkt. Als Ausgleich
bekommt er mit Matt Farrell einen Sidekick, für den ein aufgeschürftes Knie
schon eine ernsthafte Verletzung bedeutet, sich dafür in der neuen Welt bestens
auskennt.
Der Hacker und die Glatze: Justin Long und Bruce Willis |
Der Versuch das
Alte mit dem Modernen kollidieren zu lassen ist sicherlich nicht der falsche
Ansatz, doch letztendlich leidet darunter der ursprüngliche Charme des
"Die Hard" Universums. Denn nicht nur thematisch, auch inszenatorisch
hat sich die Reihe dem Zeitgeist angepasst. Mit Len Wiseman sitzt nun ein Mann
auf dem Regiestuhl, der für "modernes" Actionkino steht, was sich im
Bezug auf das Franchise als nicht besonders glückliche Wahl herausstellt. Nicht
nur die Bedrohung, auch die Action kommt aus dem Rechner. Optisch ist das
natürlich spektakulärer, kann dabei aber niemals die Dynamik und Wucht
erzeugen, die "Die Hard" bis dahin so außergewöhnlich gemacht hat.
Gegenspieler, die katzengleich von Häuserdächern springen oder nahezu unverletzt
aus einem Hubschrauber fallen, das hat mehr was von "Underworld" als
"Die Hard". Autos, die fern jedem Realismus durch die Luft fliegen
und als Geschoße dienen, das sieht zwar knallig aus, doch waren die ruppigen
Feuergefechte und Faustkämpfe der Vorläufer nicht besser? Klar, auf jeden Fall.
Dem vierten
"Die Hard" gelingt es selten, den Flair der bisherigen Serie aufleben
zu lassen. Trotz langer Planungsphase ist selbst das Drehbuch nicht gerade
besonders gut ausgepfeilt, das Tempo wird immer wieder ausgebremst. Die
Atmosphäre der Atemlosigkeit, die sonst ein Markenzeichen war, ist nicht mehr
durchgehend vorhanden. Rasanz haben die Actionsequenzen zweifellos, nur auf
einem ganz anderen Level als sonst. Die handwerkliche Perfektion ist
technischem Aufwand gewichen. "Die Hard" hat ein gutes Stück Seele
verloren, das sich nun mal nicht downloaden lässt. Woran es diesem
"Die Hard" mangelt, lässt sich leider auch in seinem Antagonisten
feststellen. Timothy Olyphant darf sich ganz ans Ende der sonst charismatischen
Schlange von Bösewichten stellen. Mit seinem bemüht-grimmigen Froschaugenblick
bleibt er blaß und konturenlos.
Viel Kritik,
aber ein schlechter Film ist es trotzdem nicht. Trotz aller Mängel, die in
erster Linie durch den Vergleich mit den Vorgängern entstehen, ist es ein
überdurchschnittlicher Actionfilm geworden, der durchaus seine Momente hat und
unbestritten unterhalten kann. Es ist mit Sicherheit sogar Wisemans bester
Film, nur sieht man leider, dass es seiner ist. Ein insgesamt befremdlich
steriler Beitrag, trotz seines Unterhaltungswerts. Unter anderen
Voraussetzungen wohl sogar sehenswert, so nur ganz gut.
6,5 von 10 polierten Willis-Glatzen
*Alle Filme sind auf DVD und Blu-ray erhältlich.
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