Review: SAVAGES - Drogen, Gewalt und Off-Kommentare³



Fakten:
Savages
USA. 2012. Regie: Oliver Stone. Buch: Oliver Stone, Shane Salerno, Don Winslow (Vorlage). Mit: Taylor Kitsch, Aaron Johnson, Blake Lively, Benicio DelToro, Salma Hayek, John Travolta, Demián Bichir, Emile Hirsch, Sandra Echeverria, Diego Catano, Joaquin Cosio, Shea Whigham, Gary Stretch, Jake McLaughlin, Alexander Wraith, Antonio Jaramillo, Jonathan Carr, Anthony Cutolo u.a. Länge: 141 Minuten. FSK: freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Die Freunde Ben und Chon haben zusammen in Laguna Beach, Kalifornien, einen gut florierendes Marihuana-Imperium aufgebaut. Durch Bens botanische Kenntnisse und Chons militärische Ausbildung sind sie ein unschlagbares Team, welches sich blind vertraut und ohne Probleme eine zärtliche Dreieckbeziehung zu O unterhält. Dieses Leben ist aber bald Vergangenheit. Das mexikanische Drogenkartell will auf den kalifornischen Markt. Ben und Chon sollen ihnen dabei behilflich sein. Doch als diese sich weigern, lässt Kartellchefin Elena O entführen. Der Beginn eines brutalen Machtkampfs.




Es ist selten, doch diesmal haben es Jacko, souli und stu wirklich hinbekommen einen Film zur selben Zeit zu sehen. Deswegen gibt hier gleich drei Meinungen zu "Savages".


Meinung stu:
Bereits die ersten zwei Minuten von „Savages“ machen klar in welche Richtung Regie-Veteran Oliver Stone hier einschlägt: Nach ein paar Bildern von wimmernden auf dem Boden gefesselten Männern, denen der Angstschweiß über die Wunden im Gesicht läuft, stellt sich dem Zuschauer die blonde Ophelia, genannt O, vor. Lasziv, den Horizont anschmachtend, steht sie am Strand. Was folgt ist ein bedeutungsschwangerer Off-Monolog. O lässt uns teil haben an ihrer Geschichte, die sie im monotonen Säusel-Modus von sich lässt und wirklich so ziemlich alles verbal erläutert, obwohl es selbsterklärend ist . So stellt Stone die zwei ungleichen, stilistischen Eckpfeiler des Films vor: dreckige Gewalt und triefendes, helles Sonnenlicht. 



Ein Pluspunkt an "Savages" sind die tollen Masken
Es sind nicht nur zwei Stile die in „Savages“ Hand in Hand arbeiten. Auch in der eigentlichen Handlung des Drogen-Thrillers gibt es Gemeinschaften, die von der alten Volksweisheit „Gegensätze ziehen sich an“ inspiriert zu wurden scheinen. Da wären die beiden Freunde Ben („Kick-Ass“ hat jetzt Bartwuchs: Aaron Johnson) und Chon (Taylor Kitsch). Der eine ein lockerer Typ, der von seinem Drogengeld karikative Hilfsprojekte unterstützt und dafür sogar die Strände Kaliforniens hin und wieder verlässt um nach Afrika zu reisen. Der andere, Chon, ein durchtrainierter Ex-Soldat und Pragmatiker, der aus dem Krieg feinste Marihuanasamen mitgenommen, aber seine Angst dort gelassen hat. Ihnen untergeordnet, auch wenn sie das Publikum mit ihren Erklärungen und Weisheiten aus dem Off nerven darf, ist O. Diese unterhält zu beiden eine Beziehung. Eine glückliche Manage a trois ohne Eifersucht, dafür aber mit tollen Immobilien, Sex im Whirlpool und jeder Menge Gras. Das Glück des Dreiergespanns ist zu perfekt. Wie eine Hochglanz-Postkarte aus First-Class-Gefilden wirkt Stones „Savages“, der Film ist sogar genauso platt wie eine. Denn trotz der offenen Jeder-darf-mal-Beziehung, den Drogen, der nackten Haut wirkt das alles nicht nur extrem hanebüchen und zusammengesetzt, sondern auch aufs massivste überzogen. Der friedliebende Ben ist halt einfach zu sehr auf Love, Peace & Sunshine ausgelegt und sein Best Buddy Chon verliert auch nie den charakterlichen Status einer Bulldogge, deren Mimik größtenteils nur aus Knurren und ablecken besteht. Dass dieses Paradies vom mexikanischen Drogenkartell gestört wird, kommt da fast einer wahren Wohltat gleich, denn auch wenn Salma Hayek als Kartellchefin und Benicio delToro als Auftragskiller und Folterknecht nicht mehr tun als übertrieben und wenig akzentuiert die alte Leier vom bösen Mexikaner abzuspielen, so gelingt es Oliver Stone doch zumindest, dass einem als Zuschauer die gröbere, zweite Stilrichtung nicht sofort mit peinlichen Floskeln und überkonzipierten Figuren überrumpelt und weinerlich an den Nerven zerrt.


Sobald Off-Queen O aber entführt wurde und Stone damit beginnt die klare Optik von Strand und Sex mit Blut zu beschmutzen, entsteht ein asymmetrischer Zusammenschluss. Von nun an wird der Film von kalkulierten, gewalttätige Eruptionen, umhüllt von einem wenig cleveren Thriller-Plot, beherrscht und voran getrieben. Wirklich besser wird es dadurch aber auch nicht, denn hinter dem ganzen Tamtam steckt nicht mehr als billige Show. Blutig und routiniert zusammengesetzt aus Frackteilen anderer Geschichten und Genres. „Savages“ ist nicht mehr als Flickwerk ohne Substanz, auch wenn er durch seine Charaktere eine genreparodierende Ebene inne hat. Zumindest dann wenn hier kurzzeitig alle Hemmungen fallen gelassen werden und die Logik sowie der Erzählfluss, ähnlich wie O, gleich von zwei Seiten durchgenommen werden. Bleibt die Frage im Raum was das alles sollte? Wollte Oliver Stone mal wieder provozieren? Wollte er seine Filmographie, in der moderne Klassiker wie „Geboren am 4. Juli“, „JFK – Tatort Dallas“ und „Natural Born Killers“ beinhaltet sind, selbst wieder abreißen? Oder hat er sein Gespür und Gefühl für große, wirklich intensive Geschichten und Bilder an die Selbstüberschätzung verloren? Geht man von letztem aus, so ist der Showdown von „Savages“ quasi die auf Film gebannte Hybris von Stones Alterswerk. „Du veränderst die Welt nicht. Die Welt verändert dich“ sagt Chon in einer Stelle des Films. Mag sein, dass sich Oliver Stone dies zu Herzen genommen hat. Sehr bedauerlich.

3,5 von 10



Meinung Jacko:
Oliver Stones feuchter Stoner-Traum um eine bumsfidele Ménage-à-trois. Reich und high durch Samenraub auf die afghanische Art, die offensichtlich reicht um ein halbes Dutzend Plantagen voller Mega-Shit aus dem Boden zu ziehen, lassen der harte Special-Knaller-Soldat Chon (furchtbar: Taylor Kitsch) und sein pazifistischer Zottel-Buddy Ben (erträglich: Aaron Johnson) vor kalifornischer Beach-Kulisse Seele und Pimmel baumeln, mittendrin (oder eher dazwischen) ihr blondes, geistig unpaniertes Sexschnitzel O (unfassbar nervig: Blake Lively). Die verzuckert die ersten Minuten durch absurd-peinliche Off-Kommentare mit Glückskeks-Philosophien und Wortspielen der Extraklasse: 

- "Er versucht sich den Krieg aus dem Leib zu ficken. Ich hatte Orgasmen, er hatte Wargasmen."
- "Drogen sind angeblich schlecht, aber in einer schlechten Welt sind sie gut."
- "Für mich sind beide zusammen der vollkommene Mann. Chon ist kaltes Metal, Ben ist warmes Holz (!). Chon fickt und Ben macht Liebe. Chon ist Erde und Ben Geist."



Wer diesen Overkill Kleiner-Mädchen-Fantasien nach zu viel Dope und noch mehr Sex unverletzt überstanden hat, bekommt danach einen 08/15 Thriller vom Karriereknicker Oliver Stone, der seit fast 15 Jahren nichts mehr auf die Kette bekommt. Warum er satte 141 Minuten benötigt um diese simpel gestrickte Geschichte zu erzählen, bleibt ebenso ein Rätsel wie sein gesamtes Schaffen seit der Jahrtausendwende. Das löcherige, langgewalzte Skript wird durch stone‘sche' optische Spielereien versucht aufzupeppen, die wie ein hilfloses Klammern an alte Zeiten wirken. Kleiner Lichtblick im sonnenüberfluteten Schattenspiel ist Benicio Del Toro, der sich gemessen an seinen Fähigkeiten allerdings auch nicht mit Ruhm bekleckert. Zumindest kann er mit MacGyver-Gedächtnisfrisur, schmuddeligem Gesichtsfell und seinem insgesamt grotesken Auftreten für kleinere Highlights sorgen ("Mach dich mal wieder schwanger!"), seine Spielfreude ist unverkennbar, nur viel lässt sich da auch nicht rausholen. Frisurentechnisch steht ihm Salma "Morticha Adams" Hayek in nicht viel nach, darstellerisch bekommt sie nicht viel Raum, bis auf das merkwürdige Mutter-Tochter-Rollenspielchen mit der O. Unterm Strich geht ihr Auftritt aber in Ordnung, lange war sie ja von der Bildfläche verschwunden, vielleicht darf "Santánico Pandemónium" sich demnächst wieder häufiger zeigen.


Neben den vielen eindeutigen Schwächen von "Savages", sei es das Drehbuch, die bemüht-gequälte Inszenierung, die gewollte Coolness ohne Substanz, die kaum nachvollziehbaren Charaktere, liegt seine größte Stolperfalle wohl in seinen Protagonisten. Es mag auch und nicht zu geringem Anteil an den Fehlbesetzungen Taylor Kitsch und Blake Lively liegen, aber lässt sich denn mit dem "kalten Stahl", dem "warmen Holz" und Schnitzel-O mitfiebern? Nicht wirklich. Dafür sind sie zu nervig und unsympathisch. Wenn der Zuschauer lieber jeden Auftritt von Bösewicht Benicio Del Toro sehen will als das Trio, da stimmt doch was nicht. 


Ach, und wer schon droht unter Entzugserscheinungen zu leiden, keine Angst: Zum Ende hin darf die "O" wieder auf dem Off ihren erquickenden Senf dazu geben. Danke, sonst hätte ich nachher nicht den Film verstanden. Da muss jetzt echt einiges kommen, um diesen Auftritt von der Lively und diese Rolle noch zu überbieten, heiße Kandidatin auf die Gurke des Jahres. Auf Grund von dem ulkigen und unterhaltsamen Del Toro sowie dem immer wieder eingestreutem Grinsen, wenn mal wieder sagenhafter Unsinn vor sich hin gebrabbelt wird, noch gerade so nicht totaler Mist. Empfehlungen, oder zumindest solide Filme, sehen aber anders aus.

4 von 10



Meinung souli:
Ein hochwertiger Drogenhandel kann schon ein äußerst profitables Geschäft sein. Vor allem im sonnigen Laguna Beach, wo die Surfer nicht nur die abenteuerlustig jede Welle brechen, sondern sich auch gerne mal eine riesige Tüte bauen. Spricht ja nichts dagegen, irgendwie muss man ja die Gehirnzellen betäuben und sich schlagartig für einen Intellektuellen halten. In dieser Gegend leben die hippe Katalogschönheit Ophelia (Blake Lively) und ihre zwei Stecher Chon (Taylor Kitsch) und Ben (Aaron Johnson). Das Leben könnte nicht schöner sein. Den ganzen Tag am Meer abhängen, kiffen, vögeln und die Seele baumeln lassen. Blöd nur, das ausgerechnet das große mexikanische Drogenkartell etwas gegen das lohnende Geschäft der drei Armleuchter hat und eine Zusammenarbeit aufzwingt, die vorerst abgelehnt wird. Dann geht der ganze Spaß so richtig los. Blödchen Ophelia wirft entführt und Chon und Ben müssen sie zurückholen, haben aber gar keine Lust ihr Wunderweed und einen Batzen Geld zu verlieren.



Diese Drei reden Klartext, denn Kerle brauchen kein Off
Wenn „Savages“ sich einen Preis verdient hat, dann den Award für die schlechtesten Off-Monologe des neuen Jahrtausend. Ophelia kommentiert jede unbedeutende Kleinigkeit, die für jeden Zuschauer klar ersichtlich ist und wenn sie ihre zwei flachen Rammler mit Elementen vergleicht, hat Oliver Stone bereits nach wenigen Minuten verloren. Eine ernstzunehmende Auseinandersetzung mit dem Drogenkartell und seinem Einfluss sollte man ohnehin nicht erwarten, Stone wälzt sich lieber in platten Klischees und losen Handlungssträngen, die nie einen adäquaten oder stimmigen Sinn ergeben und dem Film so eine – wenn auch auf niedrigen Niveau – mickrige Daseinsberichtung geben könnte. Stone verfolgt mit „Savages“ viel mehr das Ziel der Welt zu beweisen, wie stylish und hipp er auf seine alten Tage doch noch inszenieren kann. Da gibt es schnelle Schnitte, grelle Farben und jede Menge Firlefanz, der dem Zuschauer nur verdeutlicht, das „Savages“ in Wahrheit vollkommen unbedeutend und substanzlos ist.


Es gibt die durchtrainierten Jungs, die scharfe Blondine, das korrupte FBI und die bösen Mexikaner, die so seelenlos und bestialisch sind und vor laufenden Kameras mit abgetrennten Köpfen Fußball spielen. Allgemein legt Stone in der Gewaltdarstellung keinen Wert auf eindringlichen Realismus der uns zeigt, wie grauenhaft die Umgänge in dieser schmutzigen Welt sind, es ist alles purer und ermüdender Selbstzweck, der dem Film zu keiner Zeit weiterhilft. Und mit ermüdend sind wir auch bei dem richtigen Bezeichnung für „Savages“ angekommen. Kein Charaktere kann Interesse wecken, kein Handlungsfetzen ist für sich genommen in irgendeiner Art und Weise ansprechend und wenn Ophelia mal wieder einen extrem belanglosen Augenblick aus dem Off begleitet, schleicht man sich auf die Seite der Mexikaner, nur um dem Elend doch endlich ein Ende zu setzen. Stone sollte dringendst den Schnee aus der eigenen Nase lassen, vielleicht kommt dann ja doch nochmal etwas halbwegs Akzeptables in die Kino, „Savages“ hingegen ist nur ein Pseudo-cooler wie unrunder Thriller, der in seiner phrasenhaften Unausgewogenheit schlicht und einfach äußerst schlecht geworden ist.

3 von 10

2 Kommentare:

  1. Schade, dabei sah der Trailer so verdammt vielversprechend aus.:(

    Also besser nicht kaufen?

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  2. Ich würde empfehlen, den Film bei Interesse erstmal nur auszuleihen. Oder darauf zu warten, dass die DVD zum Budget-Preis erhältlich ist.

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