Fakten: Tusk.
USA, Kanada. 2014. Regie und Buch: Kevin Smith. Mit: Justin Long, Michael
Parks, Haley Joel Osment, Genesis Rodriguez, Ralph Garman, Johnny Depp,
Lily-Rose Depp, Harley Quinn Smith, Doug Banks, Zak Charles Knutson, Harley
Morenstein, Jennifer Schwalbach Smith u.a. Länge: 98 Minuten. FSK: freigegeben
ab 16 Jahren. Ab 7. Mai auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story: Für seinen Podcast reist Wallace durch Amerika und trifft sich mit vielen
interessanten Menschen, die ihm ihre Lebensgeschichte erzählen wollen. Eines
Tages erhält er einen Brief von einem alten Seefahrer namens Howard Howe und
Wallace folgt der Einladung des alten Mannes nach Kanada. Als er dort
eintrifft, offenbart im Howard eine schier unglaubliche Geschichte. Noch bevor
der Journalist seinen Tee austrinken kann, fällt er betäubt in Ohnmacht und
wird von Howard auf dessen Anwesen festgehalten, um von diesem Stück für Stück
transformiert zu werden - in ein Walross!
Meinung:
„Sie wollen keine
Knarre? Was sind Sie für ein Amerikaner?!“
In der Filmkritik ist es ja schon längst Gang und Gäbe geworden, zwanghaft
filmische Vergleiche zu ziehen, was oftmals den Negativeffekt mit sich bringt,
dass dem Leser ein vollkommen falsches Bild des jeweils rezensierten Werkes
aufgebrummt wird: Nur weil sich beispielsweise in Adam Wingards
kinematographischer Perle „The Guest“ so manches Zitat vermutet lässt, muss man
in der Besprechung doch nicht gleich auf Quentin Tarantino zu sprechen kommen,
dessen referenzieller Gestus ja ohnehin in einer vollkommen differenten Kontextualisierung
gebiert. Und so ist es nun auch mit Kevin Smiths neuster Kreation „Tusk“, den
viele ja als absurde Replik auf Tom Six' zum skandalösen Kultfilm verklärten
„The Human Centipede - Der menschliche Tausendfüßler“ verstehen wollen. Im
Endeffekt gleichen sich die Filme aber kein Stück, bis auf die Tatsache, dass
hier ein humanes Lebewesen gewaltsam in die Rolle eines triebgesteuerten Tieres
gedrängt werden soll. Dass von Kevin Smith, dem ehemals inoffiziellen
Mumblescore-Initiator nicht mehr viel übrig ist, beweist auch „Tusk“ in
schmerzvolle Art und Weise.
Howard will sein Werk perfekt beenden
Waren die in bestimmten Kreisen kultisch verehrten Filme wie „Clerks“,
„Mallrats“ oder auch „Chasing Amy“ immer noch in der Lage, ehrliches Interesse
und Empathie für ihre Protagonisten aufzubringen, wenngleich tonale Wechsel
innerhalb der Erzählung gerne etwas ruckhaft über die Bühne gingen, hat es
Kevin Smith zuletzt mit „Cop Out – Geladen und entsichert“ oder „Red State“
kaum noch vollbringen können, ansprechende Charakter-Porträts zu modellieren,
die so etwas wie eine tiefere Gefühlsebene frequentieren. Für einige Zeit war
dann sogar die Rede davon, dass Kevin Smith der Branche endgültig den Rücken
kehren möchte, um sich anderen Herausforderungen zu widmen. Mit „Tusk“
allerdings soll es jetzt wieder in die künstlerisch-produktiven Vollen gehen,
stellt die verquere Horror-Posse doch auch den Auftakt der sogenannten
„True-North“-Trilogie dar, in der sich der New-Jersey-Slacker forciert
kanadischen Mythen annimmt. So basiert „Tusk“ lose auf den Beschreibungen eines
Mannes, der über Monate von der Zivilisation abgeschottet war und als einzigen
Bezugspunkt ein Walross zur Verfügung hatte.
Wallace bei der Arbeit
Im Epizentrum der Handlung aber steht Wallace (Justin Long), ein
selbstgefälliger Podcaster, der zusammen mit seinem Kumpel Teddy (Haley Joel
Osmant) das erfolgreiche Web-Format „The Not See Party“ moderiert und nicht nur
anfallende Online-Trends schnippisch kommentiert, es ist ihnen auch zur
Leidenschaft geworden, Menschen aus viralen Clips bloßzustellen. Um das noch
auf die Spitze zu treiben, will Wallace nach Kanada fliegen, wo er ein Treffen
mit dem „Kill Bill Kid“ abgemacht hat (einem Jugendlichen, der sich mit beim
Hantieren mit der Katana ein Bein abgetrennt hat), aufgrund dessen Selbstmord
aber auf den Globetrotter Howard Howe (Michael Parks) stößt, der aus dem Fundus
seiner Erfahrungen schöpft und irgendwann auf das für ihn „edelste Geschöpf auf
Mutter Erde“ zu sprechen kommt: Dem Walross. Vor Jahrzehnten wurde Howard das
Leben von einem Walross gerettet, seitdem ist er von dem Gedanken besessen,
dass Walrösser die besseren Menschen sind, weil sie sich noch befähigt dazu
zeigen, Selbstlosigkeit zu beweisen, was den Bewohnern der Großstädte
inzwischen vollends abhandengekommen ist.
Wäre lieber daheim geblieben: Wallace
Und so findet sich der arrogante Wallace kurze Zeit später schon in seinem wohl
schlimmsten Alptraum wieder, denn Howard ist gar nicht der gesprächige, an den
Rollstuhl gefesselte alte Mann, der einfach nur einige seiner Geschichte
loswerden möchte, sondern ein fanatischer Psychopath, der Wallace operativ zu
einem Walross umformen möchte. Klingt ja schon mal reichlich skurril – und
damit eben auch definitiv Genre-tauglich. Eine Sache muss man „Tusk“ auch
lassen: Seine Prämisse ist tatsächlich so verstörend wie absurd, was einem findigen
Filmemacher die Chance gegeben hätte, gnadenlos bissig vom Leder zu ziehen,
dass es ein cineastisches Fest ist. Kevin Smith aber hängt mit „Tusk“ viel zu
häufig in den Seilen und kann sich kaum entscheiden, welches Genre er denn nun
eigentlich bedienen möchte: Schwarze Komödie oder doch den bohrenden
Psycho-Horror? Wo es „Tusk“ in der ersten Hälfte noch durchaus schafft, das
bedrohliche Szenario mit unvorhersehbaren Spannungspitzen auszukleiden, treten
die Schwächen des Drehbuchs in der zweiten Hälfte zunehmend in den Vordergrund.
Gerade auch weil Smith mit dem markanten Michael Parks wieder einmal einen
Besetzungscoup gelandet hat, der hier zwar kein einschüchterndes
Bonmot-Feuerwerk wie noch in „Red State“ zünden darf, durch sein ausgewähltes
Vokabular aber immer noch höchst einnehmenden auf den Zuschauer einwirkt, fällt
die stetig fallende Zugkraft von „Tusk“ immanent auf. Mit dem Cameo eines kaum
wiederzuerkennenden Hollywoodstars sehnt sich Kevin Smith offenkundig nach
überspitzter Verschrobenheit, lässt „Tusk“ aber durch das detektivische
Geplänkel zur laschen Nummernrevue verkommen, gerade auch, weil jener Cameo
nicht im Ansatz so amüsant ist, wie es noch auf dem Papier klag oder durch
Hörensagen zu erwarten war. Repetitive Rückblenden, die Wallace in den
verschiedenen Stationen vor und während seiner Reise zeigen, bremsen die
permanent schwankende Konstruktion immer weiter aus, um eine Sache zu
verdeutlichen: „Tusk“ wäre womöglich dann gelungen, wenn man ihn rapide auf
Kurzfilm-Niveau heruntergebrochen, all den retardierenden Zinnober des zweiten
Aktes ausgemerzt und den Fokus stringent auf die Opfer-Täter-Perspektive gelegt
hätte. Hätte, hätte, hätte.
Kevin Smith is back!
Der knuddelige Independent-Regisseur mit dem Bart, meldet sich endlich wieder
mit einem neuen Film zurück. So wie von Smith gewohnt, durfte jeder der will
via Twitter, Facebook und den diversen Smith-Podcasts Zeuge werden, wie sich
Smiths Idee nach und nach zu einem Script und schließlich zu einem fertigen
Film entwickelte. „Tusk“, der hierzulande noch keinen Starttermin hat, begann
zunächst als bloße Schnapsidee in einem Podcast von Kevin Smith, ist nun aber
tatsächlich Realität geworden. Auf der ComicCon in San Diego wurde gestern der
erste Trailer präsentiert. Der sieht recht ernst aus. Allerdings klingt die
Geschichte von einem Mann, der mit Hilfe eines Walross sechs Monate allein auf
dem Ozean überleben konnte und nun einen Mitbewohner sucht, um diesen zum
Walross umwandeln will, mehr als nur absurd. Wir sind gespannt auf Smiths
ersten Horrorfilm und auch ob die Gerüchte stimmen und Johnny Depp in einer
kleine Rolle zu sehen sein wird. Ganz klar mit dabei sind Justin Long (“Drag me to Hell”), Haley Joel Osment („The sixth Sense“), Genesis Rodriguez („The Last Stand“)
und Michael Parks („From Dusk Till Dawn“).
Fakten: Old Dogs - Daddy oder Deal (Old Dogs) USA,
2009. Regie: Walt Becker. Buch: David Diamond, David Weissman. Mit:
Robin Williams, John Travolta, Kelly Preston, Conner Rayburn, Ella Bleu
Travolta, Lori Loughlin, Seth Green, Bernie Mac, Matt Dillon, Justin
Long, Luis Guzman, Ann-Margret u.a. Länge: 85 Minuten. FSK: Freigegeben
ab 6 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story: Dan
und Charlie, Männer in den besten Jahren, sind dicke Kumpels und
Partner einer Sport-Marketing-Agentur. Charlie ist der lockere Typ, Dan
der zweimal geschiedene Spießer. Unverhofft trifft Dan seine zweite
Kurz-Ehefrau wieder, mit der er vor sieben Jahren für wenige Stunden
leiert war. Ungeahnte Folge: Zwei Kinder. Mutter muss wegen radikalen
Öko-Aktionen für zwei Wochen hinter schwedische Gardinen und Dan ist
plötzlich Daddy, Charlie der coole Onkel (!). Als sich die Beiden mit
der Situation gerade so arrangiert haben, kommt plötzlich der große
Deal. Wie werden sie sich entscheiden? Familie oder Geld?
Meinung: Wenn
Disney draufsteht, ist auch Disney drin. Aber DAS kann doch
wohl selbst nicht deren Ernst sein. Wir reden hier nicht von dem einst
so sympathischen, kindgerechten Disney-Konzern mit den hübschen
Trickfilmen, sondern von dieser gruseligen Schundfabrik mit geldgierigen
Schmierlappen hinter den Schreibtischen. Das dürfte klar sein. Doch
selbst dann, wer so was wie "Old Dogs" in Planung oder gar Produktion
schickt, hat wohl gar kein schlechtes Gewissen. Was noch erstaunlicher
ist: Gestandene Schauspieler (zugegeben: Nicht immer bekannt für eine
vernünftige Rollenauswahl) sind sich diesmal für noch weniger als nichts
zu schade. John Travolta konnte immerhin seine halbe Familie gleich mit
in den Dreck ziehen, der Sommerurlaub wäre finanziert.
Ein Blick sagt mehr als tausend Worte.
An
Peinlichkeit kaum zu unterbietendes "Familienkino". Wer seinen Kindern
so eine homophobe Kacka-Pissi-Sketch-Parade zumutet, sollte dem
Jugendamt gemeldet werden. Für wen ist der Film denn bitte gemacht? Für
Kinder? Wenn, bedenklich. Für Teenager? Die sollten es besser wissen.
Für Erwachsene? Ja, klar. Schauderhaft, was einem hier als Humor
versucht wird zu verkaufen. Billiger, platter und nervtötender ist kaum
möglich. Dazu blamieren sich große Namen bis auf die Knochen. Die
Nebendarsteller (Matt Dillon, Justin Long, Bernie Mac, Ann-Margret, Luis
Guzman) können gerade noch mit Blick auf den Scheck den Kopf aus der
Schlinge ziehen, von ihnen lenken die alten Gassenköter Robin Williams
und John Travolta uneigennützig-selbstzerstörisch ab. Die
Hauptwitzfiguren haben schon öfter ins Klo gegriffen, doch gerade bei
Williams konnte man annehemen, seine schlimmsten Zeiten wären schon
vorbei. Travolta war nie wirklich gut, der brauchte immer die passende
Rolle und den richtigen Regisseur. Aber Williams, der ist gut, der kann
was, war sich leider immer selbst für den schlimmsten Blödsinn nicht zu
schade. Damit toppt er aber alles. Gut, mit "Patch Adams" muss sich der
um die Kotz-Gurke schon streiten, aber was bedeutet das schon?
Planet der Affen: Ejaculation.
Erschreckend,
was hier aufgetischt wird. Unglaublich albern, primitiv und sogar an
der Zielgruppe in einem befremdlichen Maß vorbeizielend, mehr lässt sich
Katastrophe wirklich nicht definieren. Selbst im Vollsuff wohl kaum zu
ertragen, aber Kinder dürfen eh nichts trinken. Da muss man schon fast
abwegen: Lieber den Kleinen einen Schluck aus Vatis Flachmann geben,
oder sie nüchtern durch so was zu jagen? Im Idealfall natürlich nichts
von alledem. Damit wäre der Stellenwert von "Old Dogs" relativ klar.
Natürlich gibt es die klebrig-bieder-schleimige Disney-Moral zum Ende
noch draufgeschmiert, wenn verwundert das schon? Das gab es auch schon
mal in leicht charmant oder zumindest nicht ganz so schlimm. Egal, passt
schon. Einer der schlimmsten Filme der letzten Jahre und überhaupt.
Kaum zu glauben, wenn man es nicht selbst erbrochen hat.
Aktuell läuft der nun mehr
fünfte Teil der „Stirb Langsam“-Serie in unseren Kinos. Die Reihe, rund um Cop
und Anti-Held John McClane, gilt längst als legendär. Unsere Schweinebacke Jacko hat sich die ersten
vier Filme* noch einmal vorgenommen und zu jedem Abenteuer von McClane seine Meinung hinterlassen. Wir wünschen euch viel Spaß. Ach
ja, wenn ihr wissen wollt wie „Stirb Langsam – Ein guter Tag zum Sterben“ bei
uns abgeschnitten hat, hiergeht es zu unserer Review.
STIRB LANGSAM
"Vielleicht der
perfekte Actionthriller"
Ein Jahr nach
seinem Testosteron-Dschungelcamp mit extraterrestrischen Großwildjäger ist es
John McTiernan tatsächlich gelungen, seinem Folgefilm die Krone des
Actiongenres aufzusetzen, die er bis heute, trotz aller Putschversuche mit
Stolz tragen darf. An "Die Hard" muss sich alles messen, was die Bezeichnung
Actionthriller für sich beanspruchen will. Nach 25 Jahren, dem enormen
technischen Fortschritt und dem für Hollywoodfilmen absurd hohen
Budgetmöglichkeiten lässt es sich kaum in Worte fassen, was diesen Film über
die Jahre nicht nur ewig jung, sondern darüber hinaus unübertroffen macht. Den
Versuch ist es trotzdem wert...
Ohne Pullover auf dem kalten Boden. Das gibt ne Erkältung
Zeitbedingt
sollte dieser Erklärungsansatz wohl damit beginnen, dass er sich schon vom
Ansatz von den bis dahin typischen Actionkrachern abhebt. Die Helden des 80er
Actionkinos und ihre Filme waren ganz anders gestrickt. "Die Hard"
beginnt nicht mit einem Knalleffekt, keiner wuchtigen Radausequenz, um das
Publikum sofort auf Krawall zu bürsten. Kein lauter, knackiger Vorspann, keine
fetzige oder heroische Titelmusik. Es ist ruhig, fast besonnen. Ein Mann will
seine Frau zu Weihnachten überraschen und sucht sie an ihrem Arbeitsplatz auf.
Dieser Mann ist vielleicht nicht der 08/15 Typ der beim nächsten Windstoß droht
umzukippen, aber auch kein Übermensch. Er ist kein Muskelberg mit Sonnenbrille
und langer Mähne, der in Lederjacke und Motorrad durch die Gegend knattert. Ein
recht sympathischer Kerl mit schon leicht hoher Stirn. John McClane scheint
nicht unverwundbar oder unbesiegbar, besonders Ersteres wird sich im Verlauf
der nächsten 2 Stunden herausstellen.
Allein dadurch
wirkt "Die Hard" ganz anders: Er ist ernst zu nehmen, damals wie
heute, von Beginn an bis zum Schluss. Was Regisseur John McTiernan und die
Autoren Jeb Stuart und Steven E. De Souza hier kreiren ist ein Szenario, das
sich kontinuierlich steigert, sich niemals vollkommen übertriebenen darstellt
und dabei so einen Druck macht, dass das Adrenalin beim Zusehen aus der Nase
läuft.
Mrs. McClane und Sirius Sn... äh, Hans Gruber
Es ist diese
Situation einer gegen alle, auf vielleicht nicht engstem, aber begrenztem Raum.
Dieser Eine ist barfuß und im Unterhemd unterwegs, leidet, blutet und kämpft
verzweifelt gegen eine Übermacht. McClane ist der Held, der improvisiert,
kurzzeitig droht zu verzweifeln, aber sich festbeißt und niemals aufgibt. Bruce
Willis glänzt nicht nur durch seine Präsenz, er bringt das nötige
darstellerische Talent mit, um diese Figur für den Zuschauer jederzeit
glaubhaft zu verkörpern, mit ihm zu leiden und zu bluten. Dennoch geht ihm mal
ein flotter Spruch über die Lippen, was seiner Figur im Bezug auf die
vorherigen Punkte aber nie schadet. Es ist Galgenhumor, pure Wut, zum Teil auch
Hilflosigkeit, aber vor allem eine
"Leck-mich-am-Arsch-ich-gebe-nicht-auf"-Attitüde, die ihn dazu
treibt. Das ist nachvollziehbar, menschlich. Eben nicht die Kampfmaschine, die
über den Dingen steht. Sein Gegenpart,
der eiskalte Hans Gruber, steht McClane beim Charisma in nichts nach. Ein
intelligenter, durchtriebener Mistkerl, brandgefährlich und mit allen Wasser
gewaschen, was der Film im letzten Drittel sehr geschickt aufgreift. Alan Rickman
liefert eine Glanzleistung ab, selten waren sich Protagonist und Antagonist in
ihrer Präsenz und Leistung so nahe.
"Die Hard" gelingt das seltene Kunststück, in praktisch allen Punkten
alles richtig zu machen. An der Stelle sei auch Jan de Bonts großartige
Leistung als Kameramann und der hervorragende Score gelobt. Das trägt
maßgeblich zur Atmosphäre bei, die hier so knüppeldick ist wie bei ganz wenigen
Actionthrillern.
Wie kann es am
besten beschrieben werden? "Die Hard" war seiner Zeit voraus, hat das
komplette Genre umgekrempelt und wurde niemals übertroffen. Vielleicht der
perfekte Actionthriller, zumindest verdammt dicht dran. Yippie Ki-Yay, Motherfucker!
10 von 10 Glasscherben
in der Fußsohle
STIRB LANGSAM 2 "ein mit der heißen Nadel
gestricktes Sequel"
Alle Jahre
wieder ist der falsche Mann zur falschen Zeit am falschen Ort. Statt einem
Wolkenkratzer gilt es nun einen Flughafen von skrupellosen Gangstern zu
säubern. Der Szenenwechsel war natürlich notwendig und gibt dem zweiten
"Die Hard" einen nicht ganz so beengten Anstrich wie seinem grandiosen
Vorgänger. John McClane ist diesmal auch theoretisch nicht vollkommen auf sich
gestellt, genug Helfer sind ja nun mal vor Ort, praktisch erledigt er das
Ganovenpack erneut im Alleingang. Was bleibt ihm auch anderes übrig, denn so
richtig hilfreich ist hier kaum jemand. McClane wird in einer Tour angemault
und ihm mit Konsequenzen gedroht, obwohl er der Einzige ist, der dem ganzen
Treiben effektiv Einheit gebietet.
McClanes ganz eigene Interpretation von Santas Schlitten
Am Feinschliff
des Drehbuchs lässt sich leider erkennen, dass "Die Hard 2" doch relativ
schnell nach dem wahnsinnigen Erfolg des Originals geschrieben werden musste.
Warum McClane von Beginn an wie ein Störenfried behandelt wird und sich die
Beteiligten lange Zeit nur gegenseitig auf den Füßen stehen ist zwar
"sinnvoll", um McClane erneut in ein Einer-gegen-Alle-Szenario zu
schicken, glaubwürdig ist es jedoch nicht. Auch sonst hat das Skript mit dem
einen oder anderen Logikfehler zu kämpfen. Warum die Flugzeuge stundenlang und
bis zum letzten Tropfen Kerosin über dem Flughafen kreisen, anstatt alternative
Landungsmöglichkeiten anzusteuern? Damit es spannend bleibt. In Anbetracht
der Tatsache, dass "Die Hard 2" ein Schnellschuss war, ist er aber
auch bemerkenswert gut gelungen. Die angesprochenen Drehbuchholperer sind zwar
nicht zu übersehen, aber mal ehrlich, wen juckt es? Erstaunlich, dass vor allem
der Regisseurwechsel sich nicht als Schlagloch herausstellte.
Regisseur Renny Harlin, der
zuvor "Nightmare On Elm Street 4" gedreht hat, also im Big-Budget
Kino Hollywoods ein relativ unbeschriebenes Blatt war, lässt das (vorübergehende)
Ausscheiden von John McTiernan verschmerzen. Denn Handwerklich lässt sich über
"Die Hard 2" kein schlechtes Wort verlieren. Die Action ist rasant,
knallhart und exzellent eingefangen. So was wie Langeweile oder auch nur kurze
Längen sind nicht existent. Mit einem Mordstempo wird der mal wieder
bemitleidenswerte McClane von einer Schießerei in die nächste tollkühne
Halsbrecheraktion gejagt, springt dem Heldentod immer nur hauchdünn von der
Schippe und muss wieder ordentlich Federn lassen. Willis geht in seiner
Paraderolle erneut voll auf und festigte damit seinen Ruf als der neue
Actionstar am Hollywoodhimmel. Zu Recht. "Stirb Langsam 2" erreicht
nicht das fast perfekte Original, ist dennoch erstklassiges Actionkino ohne
Atempause und Adrenalin bis in die Haarspitzen. Für ein mit der heißen Nadel
gestricktes Sequel schon fast unheimlich gut.
8 von 10 weihnachtliche Ausflüge mit dem
Schleudersitz
STIRB LANGSAM - JETZT ERST RECHT
"großartig durchkomponiert wie inszeniert"
Nachdem in Los
Angeles und Washington hart und gar nicht mal so langsam gestorben wurde, darf
John McClane endlich in seiner Heimatstadt die Kuh fliegen lassen. Diesmal ist
jedoch einiges anders als sonst. "Die Hard With A Vengeance" geht
gleich in mehrerer Hinsicht andere Wege.
Weihnachten ist
wieder sicher, dafür gibt es eine explosive Schnitzeljagd quer durch die
Millionenmetropole. Kein Wolkenkratzer, kein Flughafen, dass Spielfeld ist
größer als jemals zuvor. Mittendrin der Mann mit dem naturgegebenen schlechten
Timing, doch selbst das ist nicht mehr purer Zufall. Erstmals wird McClane
gezielt in die Ereignisse involviert und hat noch nicht mal Zeit, seinen Kater
auszuschlafen. Wie gemein!
Zeus hat sich seinen Tag gewiss anders vorgestellt
Die
entschiedenste Änderung zu den Vorläufern: Die One Man Show wird zum
Buddy-Movie. McClane und sein Partner Zeus, der wohl nie wieder einen
grenzwertig gekleideten Weißen ansprechen wird, jagen gemeinsam mit dem Taxi
durch den Gegenverkehr, springen von Brücken und frotzeln sich dabei
gegenseitig an. Diese entscheidende Änderung lässt sich unter dem Aspekt des
bisherigen Geistes der Reihe sicher kritisch sehen, "Die Hard" nähert
sich hier mehr "Lethal Weapon" an. Doch wenn, dann so: Es
funktioniert nämlich prächtig. Die Chemie zwischen Willis und Jackson stimmt jede
Sekunde und seine Identität büßt die Serie dadurch nicht ein. Regierückkehrer
John McTiernan hat das Geschehen jederzeit im Griff und verliert trotz der
zahlreichen Neuerungen nie seine Linie. Ohne jeglichen Vorlauf, ganz anders als
bei seinem Erstling, werden die Spiele eröffnet. Mit einer enormen Rasanz und
Dynamik treibt er die Handlung voran, dass Tempo hängt niemals durch. Die
offensichtlichen, wenn auch in der Gesamtwirkung nicht so tragischen,
Drehbuchschwächen von Teil 2 gehören der Vergangenheit an."Die Hard With A
Vengeance" wirkt hervorragend durchdacht und verläuft nie zu vorhersehbar.
Bis zum Schluss darf der Zuschauer kaum Luft holen und bekommt obendrein eine
erstklassige Inszenierung. Das ist handfestes Unterhaltungskino auf ganz hohem
Niveau. Doch nicht nur McTiernan kehrt zurück, auch die deutsche Gründlichkeit
und Präzision erlebt ihr Comeback. Mit Jeremy Irons hat McClane wieder einen
Gegenspieler auf Augenhöhe. Nichts gegen das Duo Sadler/Nero aus Teil 2, doch
"Simon" ist da eine ganz andere Hausnummer. Seine erste große Szene,
in der es der Film sogar wagt, McClane und Zeus minutenlang aus den Augen zu
verlieren, ist großartig durchkomponiert wie inszeniert. Das sorgt für eine
Qualität, die jeden Actionfilm aufwertet.
Fazit: Auch wenn
ich persönlich den barfüßigen McClane mit seiner Einzelgängernummer bevorzuge,
der dritte "Die Hard" ist hochspektakuläres, wahnsinnig
unterhaltsames Männerkino, der die Schnittstelle zwischen Oldschool und
(damals) Modernem exakt trifft.
8,5 von 10 stressfreie Spaziergänge durch den Central Park
STIRB LANGSAM 4.0
"Es ist mit Sicherheit sogar Wisemans bester
Film"
Ist John McClane
langsam zu alt für diesen Scheiß? Nein, nur technisch nicht mehr auf der Höhe. In
12 Jahren hat sich viel getan. Die Welt ist ein einziges Netzwerk. Wer sich
dort auskennt, braucht keine rohe Waffengewalt, einfache Geiselnahmen und
tonnenweise Sprengstoff, nur die entsprechende Technik und das Knowhow.
Der vierte
"Die Hard" geht ganz mit der Zeit und thematisiert die moderne Art
des Verbrechens, Cyberterrorismus. Ganz bewusst steht dagegen der alte Haudegen
John McClane, für den alles was weitergeht als Handy und Google wie böhmische
Dörfer ist. Ein Dinosaurier, der sich auf handfeste Sachen versteht, angesichts
dieser neuen Form der Bedrohung jedoch fast hilflos wirkt. Als Ausgleich
bekommt er mit Matt Farrell einen Sidekick, für den ein aufgeschürftes Knie
schon eine ernsthafte Verletzung bedeutet, sich dafür in der neuen Welt bestens
auskennt.
Der Hacker und die Glatze: Justin Long und Bruce Willis
Der Versuch das
Alte mit dem Modernen kollidieren zu lassen ist sicherlich nicht der falsche
Ansatz, doch letztendlich leidet darunter der ursprüngliche Charme des
"Die Hard" Universums. Denn nicht nur thematisch, auch inszenatorisch
hat sich die Reihe dem Zeitgeist angepasst. Mit Len Wiseman sitzt nun ein Mann
auf dem Regiestuhl, der für "modernes" Actionkino steht, was sich im
Bezug auf das Franchise als nicht besonders glückliche Wahl herausstellt. Nicht
nur die Bedrohung, auch die Action kommt aus dem Rechner. Optisch ist das
natürlich spektakulärer, kann dabei aber niemals die Dynamik und Wucht
erzeugen, die "Die Hard" bis dahin so außergewöhnlich gemacht hat.
Gegenspieler, die katzengleich von Häuserdächern springen oder nahezu unverletzt
aus einem Hubschrauber fallen, das hat mehr was von "Underworld" als
"Die Hard". Autos, die fern jedem Realismus durch die Luft fliegen
und als Geschoße dienen, das sieht zwar knallig aus, doch waren die ruppigen
Feuergefechte und Faustkämpfe der Vorläufer nicht besser? Klar, auf jeden Fall.
Dem vierten
"Die Hard" gelingt es selten, den Flair der bisherigen Serie aufleben
zu lassen. Trotz langer Planungsphase ist selbst das Drehbuch nicht gerade
besonders gut ausgepfeilt, das Tempo wird immer wieder ausgebremst. Die
Atmosphäre der Atemlosigkeit, die sonst ein Markenzeichen war, ist nicht mehr
durchgehend vorhanden. Rasanz haben die Actionsequenzen zweifellos, nur auf
einem ganz anderen Level als sonst. Die handwerkliche Perfektion ist
technischem Aufwand gewichen. "Die Hard" hat ein gutes Stück Seele
verloren, das sich nun mal nicht downloaden lässt. Woran es diesem
"Die Hard" mangelt, lässt sich leider auch in seinem Antagonisten
feststellen. Timothy Olyphant darf sich ganz ans Ende der sonst charismatischen
Schlange von Bösewichten stellen. Mit seinem bemüht-grimmigen Froschaugenblick
bleibt er blaß und konturenlos.
Viel Kritik,
aber ein schlechter Film ist es trotzdem nicht. Trotz aller Mängel, die in
erster Linie durch den Vergleich mit den Vorgängern entstehen, ist es ein
überdurchschnittlicher Actionfilm geworden, der durchaus seine Momente hat und
unbestritten unterhalten kann. Es ist mit Sicherheit sogar Wisemans bester
Film, nur sieht man leider, dass es seiner ist. Ein insgesamt befremdlich
steriler Beitrag, trotz seines Unterhaltungswerts. Unter anderen
Voraussetzungen wohl sogar sehenswert, so nur ganz gut.