Fakten: Enemy
Spanien, USA, UK. Regie: Denis Villeneuve. Buch: Javier Gullón, José Saramago
(Vorlage). Mit: Jake Gyllenhaal, Mélanie Laurent, Isabella Rossellini, Joshua
Peace, Tom Post, Sarah Gadon, Kedar Brown, Darryl Dinn, Jane Moffat, Stephen R.
Hart u.a. Länge: 90 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 10. Oktober 2014 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Adam ist ein Professor, dessen Leben vom eintönigen Alltag geprägt ist. Als er
in einem Spielfilm einen Schauspieler entdeckt, der exakt so aussieht und klingt wie er, lässt ihn dies nicht mehr los. Er beginnt zu recherchieren und
findet einiges heraus, über diesen Mann der Anthony heißt. Schließlich wagt
Adam seinen Doppelgänger zu treffen.
Meinung: Villeneuve, du Bastard! Jetzt stehe ich vor der unmöglichen
Aufgabe, dem Film einen ihm entsprechenden Text hinzulegen - und jeder Versuch
ist von Vornherein zum Scheitern verdammt. Aber das will er ja auch: Unsicherheit
schaffen. Sein „Enemy“ ist eine geheimnisvolle Type, kommt uns erst entgegen,
macht uns sodann aber nervös, erklärt sich nicht, wird schroff und haut dann
plötzlich ab, dass man noch nach dem Kinobesuch angespannt auf seinen möglichen
Angriff wartet, während man selbst frenetisch-ängstlich dem Sinn dieser ganzen
Sache hinterher zu steigen versucht, so wie es einem der Gyllenhalls im Film
ergeht.
Adam und Anthony beim Doppelgänger-Check
Dabei gibt sich das Geschehen doch zunächst so
geradlinig im Aufdecken seiner selbst, spielt in urbaner, schwüler
Unterdrückung das doppelte Lottchen und geht dabei mit einem derartig
schwerfälligen Ernst daran, dass man sich in einer bewusst schleppenden Farce
fühlt - so alà 'Ich habe einen Doppelgänger?...Ich kann es irgendwie nicht
fassen...Ich werde mich ihm wohl auf ganz umständliche, unbeholfene Weise
nähern - hoffentlich wirke ich dabei nicht wie ein Irrer.' und alle machen
gleichsam ominös mit in der daraus folgenden, kafkaesken Geheimniskrämerei. Auf
diesen existenzialistischen Humor gibt's von Vornherein einen Hinweis durch
Gyllenhall als Uni-Professor Adam Bell, der in seinen Kursen kontinuierliche
Wirkungen & Systematiken von Diktaturen aller Zeiten behandelt und dabei
ein Zitat von Marx über die Doppelung von historischen Ereignissen voranstellt:
'[...] das eine Mal als große Tragödie,
das andre Mal als lumpige Farce.'.
Disput zwischen Doppelgängern
Diese Wechselwirkung derselben Sache aus ein und
demselben Ursprung erlebt man dann auch unterhaltsam und hart-pochend in der
subtil-gefährlichen Annäherung der zentralen Doppelgänger, von denen einer nun
mal mit strenger Nervosität und einer verhaltenen Lebenseinstellung aufwartet,
während das gleich ausschauende Objekt der Neugier/Begierde Anthony Claire als
Kleindarsteller einem hipperen, extrovertierten Lifestyle verbunden sein
möchte. Beide ergeben sich fortwährend einer Erotik, die sich nie ganz zu
erfüllen scheint: Ersterem steht offenbar die kalte Beziehung zur eigenen
Mutter im Weg, Letzterer verliert hingegen selbst-abweisend den Zugang zur
Freundin, welche im 6. Monat schwanger ist. Der versuchte Ausbruch der
'Untergebenen' (Adam und die Schwangere) aus beiden Systemen könnte
funktionieren, lässt sie aber aufgrund der jeweiligen, dominanten
'Führungspersönlichkeiten' allesamt zusammenbrechen oder verwirren - wobei sich
auch die destruktive Diktatur der eigenen Persönlichkeit im Angesicht von
Gegensätzen und Widersprüchen offenbart (so ergeht es jedenfalls Anthony).
Ist das wirklich Adam im Bett seiner Frau?
Die Synthese mit der körperlichen Lust bleibt
angespannt und ehrgeizig, jedoch elliptisch abgegrenzt - jene Verbindung mit
dem gleichwertigen Double erst recht. Da stehen dann verknüpfte DNA-Stränge,
die in ihrer persönlichen Geschlossenheit aneinander reiben und sich nichts
schenken - als ungleiches gleiches Paar scheinbar ein gemeinsames und doch
versetztes Leben teilen, das in der Zellbildung vom minutiös erforschbaren
Komplex Toronto aus Versehen aufeinander trifft. Steht da als höhere Macht die
Riesenspinne, die in einer 'Vision' wie eine diktatorische Präsenz über der
ganzen Stadt wiegt? Stehen ihre acht Beine für die vielseitige Kongruenz und
Konkurrenz verbundener Seelen? Sind Gyllenhalls suggerierte 'Zwillinge' oder
'Klone' EIN Wesen, wo sie doch letzten Endes (gezwungenermaßen) die Frauen
miteinander teilen? Erkennt die Mutter des Babys ihre eigene Kreation im
Doppelgänger wieder, weshalb sie ihn wie einen Bekannten zu sich ins Bett
lässt, von seinem Leben Bescheid weiß, sogar dessen Andenken beherbergt und
schlussendlich offenbar jene oben genannte (Menschliches-Leben-kreierende?)
Spinne sein könnte?
Der Fremde im Zug?
Alles Fragen, die man sich zwangsläufig stellen muss,
denn Villeneuve („Prisoners“) gibt dafür zwar genügend Ansätze in seinem
methodischen Aufbau des aufregenden Mysteriums, lässt des Rätsels Lösung aber
im Raum stehen und bricht vor einer allumfassenden Erklärung urplötzlich frech
ab. Man hätte sie schon gerne erlebt und so lässt dieser Umstand die
Filmerfahrung etwas unerfüllt stehen - doch gerade da liegt die Stärke,
entspricht das Ende damit ja einerseits den psychologischen, sinnlichen Lücken
der Protagonisten und bietet andererseits soweit Raum für Spekulationen, dass
man einsieht: jede Erklärung wäre überflüssig, könnte sogar ziemlich bekloppt
erscheinen (könnte aber auch daran liegen, dass man selber nur fähig ist,
Schwachsinn hinzuzudenken - da schließe ich mich wohlweislich nicht aus).
Gewünscht hätte ich mir aber schon, dass der Wahnsinn ruhig noch ausgedehnter
ausgefallen wäre. Die Surrealität bleibt nämlich durchgehend ein Stück
manierlich, offenbart sich aber auch so sperrig zum Finale hin, dass der ganze
Rest von zuvor auf einmal ebenso zum kryptischen Wunderland chiffriert wird.
Ich hätte es ahnen müssen, schließlich leitet der
Film doch schon mit der Deklaration ein: 'Chaos
is merely order waiting to be deciphered' - das Warten nimmt jedoch kein
Ende. Welch ein Schelm, der Villeneuve - der erwischt jeden und regt zum freien
Interpretieren an. Im Nachhinein fühle ich mich zwar nicht unbedingt schlauer,
dafür aber noch immer unsicher. So ein frecher Bastard...der hat's drauf!
Gute Kritik! Enemy ist für mich wohl einer der verstörendsten Filme die ich je gesehen habe. Trotzdem fand ich ihn wirklich gut. Der Film kann wirklich wie man will interpretiert werden. Und das Ende... wer bekommt da bitte keinen WTF? Moment? :D
Gute Kritik! Enemy ist für mich wohl einer der verstörendsten Filme die ich je gesehen habe. Trotzdem fand ich ihn wirklich gut. Der Film kann wirklich wie man will interpretiert werden. Und das Ende... wer bekommt da bitte keinen WTF? Moment? :D
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