Fakten:
Sleep Tight (Mientras duermes)
ES, 2011. Regie: Jaume Balagueró. Buch: Alberto
Marini. Mit: Luis Tosar, Marta Etura, Alberto San Juan, Petra Martinez, Iris
Almeida Molina, Carlos Lasarte, Amparo Fernández, Roger Morilla, Pep Tosar,
Margarita Roset, Ruben Amettllé, Manuel Dueso u.a. Länge: 101 Minuten. FSK:
Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
César ist Hauswart in einem Mietshaus und
augenscheinlich ein sehr angenehmer, hilfsbereiter Zeitgenosse. Doch weit
gefehlt. César ist der wohl unglücklichste Mensch der Welt und kann es nicht
ertragen, wenn andere Menschen glücklich sind. Deshalb treibt er mit den
Bewohnern hinterlistige Spielchen, manipuliert und sabotiert ihren Alltag, ohne
das der Verdacht auf ihn fällt. Besonders die hübsche Clara hat es ihm angetan.
Jeden Abend lauert er unter ihrem Bett, betäubt sie nach dem Einschlafen mit
Chloroform und verbringt die Nacht neben ihr. Diese merkwürdige Zuneigung
schützt sich jedoch nicht etwa vor Césars bösen Attacken, ganz im Gegenteil.
Mit ihrem Glück kann er erst recht nicht leben.
Meinung:
„Ich will, dass diese Scheißschlampe das Lächeln
verlernt. Egal wie!“
Die meisten Leute können sich (Gott sei Dank) am
Glück ihrer Mitmenschen erfreuen, für manche ist es unerträglich. Da sie selbst nicht glücklich sind, nie waren und niemals sein werden. Warum sie, wenn ich nicht?
Hauswart César ist das böse Heinzelmännchen, der den Bewohnern seines Hauses
stets mit einem Lächeln die Tür öffnet, um sie hinterrücks mit kleinen, fiesen Nadelstichen
zu terrorisieren, ohne das man ihn damit direkt in Verbindung bringt.
Home-Invasion mal anders. Keine Fremden die sich mit Gewalt Einlaß in die
eigenen vier Wände verschaffen, der nette Kerl von der Rezeption hat die
Schlüssel und seinen Stammplatz unter dem Bett.
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Haustiere ausdrücklich gestattet. |
Jaume Balaguerós Psychothriller ist nicht nur
ungemein bedrohlich, er lässt den Zuschauer so nah an seinen Psychopathen ran,
dass man sich fast mit ihm identifiziert. Man fiebert mit ihm mit, obwohl er es
doch ist, dem das Handwerk gelegt werden muss. Mit fortlaufender Spielzeit
verfängt man sich immer mehr in einer Spannungsspirale, die hauptsächlich
daraus besteht, wann und ob César über sein erst sehr überlegtes, aber
irgenwann nur noch reagierendes, spontanes und immer waghalsiger werdendes
Terrorspielchen stolpert. César droht alles aus den Händen zu gleiten, sein
Gerüst aus geschickten Intrigen und Hinterlistigkeiten wackelt immer stärker,
je mehr er sich in seinen Wahn steigert. Und wir werden fast zu Mittätern, da
wir das Treiben durchgehend aus seiner Perspektive erleben, die gängigen
Sympathiemechanismen für die Opfer bald nicht mehr greifen, da wir zu sehr
involviert sind. Natürlich sind die Rollen zwischen Gut und Böse noch klar
verteilt, Césars Taten klar als abscheulich, perfide und zu tiefst grausam
dargestellt. Dennoch, bald schon ertappt man sich erschrocken dabei, eigentlich der falschen Person
insgeheim die Daumen zu drücken. Ein gewollter Schachzug von Balagueró, was in
der Form zwar nicht gänzlich neu ist, jedoch immer wieder faszinierend und
clever, wenn es denn aufgeht. Bei „Sleep Tight“ ist das der Fall.
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"Fangt schon mal an, wärme mich noch auf." |
Unabhängig davon ist dem Spanier mit diesem
abgründigen Thriller sein bis dahin wohl reifster Film gelungen. Er baut ihn
behutsam auf, setzt auf schleichenden Suspense und erhöht die Intensität
kontinuierlich, mit einigen grandiosen Höhepunkten gespickt (Stichwort:
Unerwarteter Gast über Nacht). Speziell diese Szene, aber auch der Rest, wird
sehr geschickt eingefangen, eine knüppeldicke Atmosphäre wird gebastelt und der gnadenlose Plot nie zu vorhersehbar. Selbst die recht einfach
Charakterisierung von César und sein an sich sehr simples Motiv reicht
vollkommen aus, erscheint schlüssig, ohne auf abgegrabbelte
Psychopathen-Klischees zurück greifen zu müssen. Man nimmt ihn ernst, versteht
ihn sogar, obgleich wir es mit einem extrem gestörten Monster zu tun haben.
Großen Verdienst daran hat natürlich auch Hauptdarsteller Luis Tosar, der seine
Figur befremdlich menschlich darstellt, was angesichts der Rolle alles andere
als leicht ist. Es ist diese merkwürdige Kombination aus Verständnis und
Abscheu ihm gegenüber, die den Reiz seiner Person ausmacht.
Ein bösartiger, verstörender Film, der konsequent
auf eine hundsgemeine Schlusspointe zusteuert, die der Stimmung des gesamten
Werks absolut gerecht wird. Kleiner Wermutstropfen, das Glück, Zufall und manch
sehr naives Verhalten sich nicht leugnen lassen. Sei es drum, der Rest ist
klasse. Psycho-Folter, von ganz klein bis zu riesengroß. Hervorragend,
handwerklich wie inhaltlich.
8,5 von 10 nächtlichen Besuchern.
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