Fakten:
Sleepless (Non ho sonno)
IT, 2001. Regie: Dario Argento.
Buch: Dario Argento, Franco Ferrini, Carlo Lucarelli. Mit: Max von Sydow,
Stefano Dionisi, Chiara Caselli, Gabriele Lavia, Rossella Falk, Roberto Zibetti,
Paolo Maria Scalondro, Roberto Accornero u.a. Länge: 118 Minuten. FSK: Keine
Freigabe. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Vor 18 Jahren ermittelte Inspektor
Moretti in einer Mordserie, an deren Ende der vermeidliche, kleinwüchsige Täter
Selbstmord beging. Nun scheint ein Nachahmungstäter sein Unwesen zu treiben.
Der inzwischen pensionierte Moretti wird als Berater herangezogen. Gemeinsam
mit Giacomo, dessen Mutter damals zu den Opfern zählte, versucht er hinter die
Identität des Killers zu kommen.
Meinung:
Seit seinem brillanten Meisterwerk „Opera“
(1987) ist bei Dario Argento aus unerfindlichen Gründen der Lack ab. Genau
einen recht gelungenen Film hat er seitdem auf die Beine gestellt, auch wenn „Das
Stendhal Syndrom“ (1996) nicht die Klasse vergangener Tage hat. Verglichen mit
allem anderen Arbeiten seit „Opera“ ist er allerdings so was wie das Irrlicht in der
geistigen Umnachtung des einstigen Meisters, da macht aus „Sleepless“ – bis auf
ganz wenige Momentaufnahmen – keine Ausnahme. Zumindest kann man ihn als den
besten der missglückten Argentos bezeichnen, ein schwacher Trost.
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Sicher Reisen mit der Bahn |
Dabei macht sich zunächst
vorsichtiger Optimismus breit, seine besten Szenen feuert „Sleepless“ gleich in
den ersten 15-20 Minuten raus, da ist man als geneigter Fan noch guter Dinge.
Allein die Wiedervereinigung nach 16 Jahren mit Goblin, die zuletzt bei „Phenomena“
den Soundtrack zu einem Argento beisteuerten, lässt Großes (oder wenigstens
Vernünftiges) erhoffen. Wenn Regisseur und Band ihr Können auffahren, dann
funktioniert auch „Sleepless“, was leider schon in der ersten wichtigen Sequenz
– der panischen Flucht in einem Zug vor dem unbekannten Schlächter – seinen absoluten
Höhepunkt findet. So richtig schön losrotzen dürfen die Goblin-Riffs in der
Folgezeit nur, wenn auch Argento sich ausnahmsweise mal auf seine Stärke und
die alten Zeiten beruft, nur sind das in knapp zwei Stunden Film erschreckend
rar gesäte Momente. Aus unerklärlichen Gründen verlässt sich Argento nach
diesem rasanten Auftakt viel zu sehr auf seine rätselhafte Mörderjagd, obwohl
seine Werke nie ihre Qualität aus der Story per se bezogen. Da können
noch so viele mysteriöse Hinweise gestreut werden, ohne auf sein typisches, das
Erleben fokussierte Inszenierungsspiel wird nur noch deutlicher, wie wenig ihm
klassisches Erzählen und besonders das Einsetzen von Schauspielern liegt.
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Der Ton macht die Musik |
Das einzige Kunststück des
Regisseurs liegt darin, den gestandenen Charaktermimen Max von Sydow irgendwie
zu dieser Rolle überredet zu haben. Als tatteriges Ex-Ermittler-Mastermind in
muffigen Opa-Klamotten, das verzweifelt versucht sich an alte Kinderreime zu
erinnern und das mit seinem Papagei bespricht, gibt von Sydow eine ungewohnt
lachhafte Figur ab. Manche Szenen sind bald unfreiwillig komisch, was in einem
guten Argento nichts verloren hat. Der Rest des Cast schlägt sich mehr schlecht
als recht, speziell einige der weiblichen Nebendarstellerinnen liefern
Reality-Soap-Niveau ab. Darauf kam es auch bei den guten Filmen eines Dario
Argento nicht an, doch die konnte er durch seinen fantastischen Stil auffangen,
sogar zu Meisterwerken machen. Viel gibt es davon hier nicht zu sehen. Wenn die
Zähne eines süßen Hasen mit Schmackes in den Beton gekloppt werden oder ein
Musikinstrument in nicht jugendfreien Maße zweckentfremdet wird, dann mag man
das kurz ausklammern. Was Radikalität angeht, braucht sich „Sleepless“ bestimmt
nicht verstecken, da wurde Argento in seiner schwachen Phase eher härter als
zaghafter. Es gibt in etwa drei, vielleicht vier nette Szenen in diesem Film,
die in Kombination mit dem ausgedehnten Opener erkennen lassen, was der Mann
mal konnte und irgendwo in seinem chaotischen Oberstübchen auch noch
schlummert. Was bringt es, wenn es nur so verstreut von der Kette gelassen wird
und der Rest sich in eine ganz merkwürdige Richtung entwickelt?
Spätestens im Schlussdrittel wird
es extrem albern. Die Täterenthüllung und die gesamte Auflösung sind natürlich
grober Unfug, aber störte das bei einem „Tenebre“? Natürlich nicht, da war das
nur ein nebensächliches, eigentlich unwichtiges Element. Hier gibt es ja sonst
nichts zu sehen, bis auf den Anwärter für die peinlichste
Psychopathen-Darstellung des Laien-Theater-Kreis. „Sleepless“ ist ein ganz
sonderbarer Film, dem man beim Schlechterwerden zusehen kann, nur nicht helfend
eingreifen. Beginnt verheißungsvoll und entwickelt sich zum Flop. Immerhin gibt
es eine Entwicklung, das lässt sich nicht von jedem – genauer gesagt von keinem
– Argentofilm seit der Jahrtausendwende behaupten.
4,5 von 10 Killerzwergen
Jedem seine Meinung, das ist okay. Ich fand den Film klasse, auch wenn Argento so manchen Schnitzer an den Mann gebracht hat.
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