Review: THE REVENANT – DER RÜCKEHRER – Der pure Kampf ums Überleben



Fakten:
The Revenant – Der Rückkehrer (The Revenant)
2015, US. Regie: Alejandro González Iñárritu. Buch: Alejandro González Iñárritu, Mark L. Smith. Mit: Leonardo DiCaprio, Tom Hardy, Domhnall Gleeson, Will Poulter, Paul Anderson, Lukas Haas, Brendan Fletcher, Forrest Goodluck u.a. Länge: 156 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Ab 06.Januar 2016 im Kino.


Story:
Der Trapper Hugh Glass führt ein Team auf einer Expedition im Jahr 1823 durch die Wildnis von Nordamerika. In einem unachtsamen Moment wird er von einem Bären attackiert und schwer verletzt. Seine Team-Kollegen möchten ihn nicht zurücklassen, sehen sich aber gezwungen, genau das zu tun. Der skrupellose John Fitzgerald wird unter anderem beauftragt, für ein würdiges Begräbnis zu sorgen, sobald Glass seinen Verletzungen erliegt. Dieser denkt allerdings nur an sich und verbuddelt Glass, um ihn zum Sterben zurückzulassen. Der ist allerdings nicht so einfach tot zu kriegen und begibt sich von nun an auf eine Rache-Mission, auf der er um das eigene Überleben kämpfen muss.





Meinung:
Für Alejandro González Iñárritu konnte es zuletzt kaum besser laufen. Seine mit Stars gespickte Satire "Birdman", die so gedreht wurde, dass sie wie ein einziger Long-Take wirkte, war nicht nur bei Kritikern ein voller Erfolg, sondern gewann auch noch entscheidende Oscars wie "Bester Film", "Beste Regie", "Bestes Originaldrehbuch" und "Beste Kamera". Nun meldet sich der Regisseur mit "The Revenant" zurück, ein Film, der im Vorfeld bereits für handfeste Schlagzeilen sorgte. Von menschenunwürdigen Drehbedingungen konnte man lesen, von Crewmitgliedern, die frustriert das Handtuch warfen und von einem Regisseur, der alle Beteiligten zum Äußersten getrieben hatte und darauf bestand, in chronologischer Reihenfolge und ausschließlich mit natürlichem Licht zu drehen.


Leo als Lastenesel (der Mann kann einfach alles spielen)
Diese außergewöhnlichen, kräftezehrenden Produktionsbedingungen merkt man dem fertigen Film nun auch in jeder Sekunde an. "The Revenant" ist ein unglaublich intensives Seherlebnis, bei dem sich Erschöpfung, Verzweiflung und Wahnsinn oftmals vom fiktiven Geschehen des Films direkt auf den Betrachter selbst übertragen. Die wieder einmal atemberaubende Kameraarbeit des virtuosen Emmanuel Lubezki, die brillante Musikuntermalung und die authentische Wucht der Schauplätze, aus denen der Regisseur das Maximum an eisiger Kälte, Matsch, Regen aber auch wunderschöner Naturkulisse schöpft, erzeugen im Zusammenspiel eine Wucht, die den Betrachter nach der Sichtung ausgelaugt und wie paralysiert zurücklassen. Iñárritu schildert dabei einen auf wahren Ereignissen beruhenden Überlebenskampf des Trappers Hugh Glass, der im 19. Jahrhundert auf einer Expedition von seinem Team notgedrungen zurückgelassen wird und speziell einem extrem skrupellosen Mann aus diesem Team aufgrund persönlicher Gründe fortan nach dem Leben trachtet. Hierdurch entsteht gleich auf mehrfacher Ebene ein verbitterter Kampf, denn Glass muss Nahrung und Wasser finden, wobei ihm die unberechenbare Tierwelt inmitten der Wälder, aber auch feindlich gesinnte Indianer stets das Leben kosten können.


Hat Tom Hardy etwa einen Geist gesehen?
Aus dieser Ausgangslage kreiert Iñárritu einige Szenen und Momente, die an Intensität kaum zu überbieten sind und die man wohl so schnell nicht mehr vergessen wird, sobald man sie gesehen hat. Auch wenn sich in die Handlung über die doch recht lang geratenen 2,5 Stunden Laufzeit ein paar Durststrecken eingeschlichen haben und die Geschichte an einigen Stellen an unnötigen Nebenschauplätzen verweilt, obwohl der konzentrierte Überlebenskampf sowie Rache-Trip der Hauptfigur alleine sicherlich genügt hätte, ist "The Revenant" so erbarmungslos, so packend und so aufsaugend in seiner gesamten Wirkungsweise, dass diese Längen schnell vergessen sind. Sobald Glass vor die nächste unmenschliche Herausforderung gestellt wird, Iñárritu manchmal auch Ausschweifungen in mystische Fiebertraum-Sequenzen unternimmt oder die zähneknirschenden Darsteller zu Höchstleistungen peitscht, kann man sich dem Bann kaum noch entreißen und will sich manchmal zwingen, nicht zu blinzeln. Getragen wird der Film dabei von einem bahnbrechenden Leonardo DiCaprio, der hier wirkliche Höllenqualen durchleiden muss und die schmerzhafte Reise seiner Figur zu jedem Moment perfekt verkörpert. Auffällig ist außerdem Tom Hardy, der mit schwer verständlichem Südstaaten-Slang und purem Wahnsinn in den Augen zu einem gewaltigen Gegenspieler aufsteigt.


Alejandro González Iñárritu hat es sich also eindeutig nicht leicht gemacht mit seinem "The Revenant". Vom schwarzen Humor und der gewissen Zugänglichkeit seines "Birdman" ist hier nichts mehr übrig geblieben. Dieser Film stellt seine Zuschauer auf die Probe und verlangt ihnen wie seiner Hauptfigur so einiges ab. Belohnt wird man trotz einer Längen und erzählerischer Ausreißer mit einem besonderen Seherlebnis von unglaublicher Intensität, welches meisterhaft inszeniert sowie hingebungsvoll gespielt wurde und einige Szenen enthält, die man nicht mehr so schnell vergessen wird.


8,5 von 10 Pferden, die zur nächtlichen Unterkunft zweckentfremdet werden


von Pat

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