Fakten:
Ministerium der Angst (Ministry of Fear)
USA, 1944. Regie: Fritz Lang. Buch: Seton I. Miller, Graham
Greene (Vorlage). Mit: Ray Milland, Marjorie Reynolds, Carl Esmond, Hillary
Brooke, Percy Waram, Alan Napier, Dan Duryea, Erskine Sanford u.a. Länge: 83
Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
1944: Gerade aus der Psychiatrie entlassen will Stephen
Neale nur zurück nach London und von vorne anfangen. Eine Verwechslung
verwickelt ihn in undurchsichtige Spionagegeschichte. Als er auf eigene Faust
nachforscht, steht er bald darauf sogar unter Mordverdacht und muss um sein
Leben fürchten.
Meinung:
Fritz Lang zählt zweifellos zu den großen, stilbildenden
Filmschaffenden, die das Kino maßgeblich geprägt haben. Werke wie „Die
Nibelungen“, „Metropolis“ oder „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ waren ein
Segen für die Filmkunst und besonders für das deutsche Kino, das vor der
Machtübernahme der Nationalsozialisten künstlerisch dominierend war. Wie viele
seiner Kollegen floh auch Lang vor dem aufkeimenden Terror ins Ausland. Erst
nach Frankreich und später in die USA, wo er in der Hochphase des zweiten Weltkriegs
auch in mehreren Filmen den Kampf gegen die Nazis thematisierte.
Die Prognose ist ausbaufähig... |
Stilistisch ein klassischer Film noir und inhaltlich mit
unmittelbaren Zeitbezug zum sich auf dem Höhepunkt befindenden Krieg,
orientiert sich Fritz Lang bei „Ministerium der Angst“ sehr deutlich an dem
ebenfalls seit einigen Jahren in den USA aktiven Alfred Hitchcock. Wie auch so
oft bei Hitch schlittert sein Protagonist durch unglückliche Umstände – oder
präziser gesagt durch den typischen Fall von „Zur falschen Zeit am falschen Ort“
– ohne eigenes Verschulden in eine prekäre Situation, die drei bis vier Nummern
zu groß für ihn ist und deren wahres Ausmaß er zunächst kaum durchblicken kann.
Gerade noch mit heiler Haut davongekommen, hält auch dieser Unglücksrabe namens
Neale (Ray Milland) nicht einfach die Füße still, sondern stürzt sich mit einem
(un)gesunden Maß an Neugier und Gerechtigkeitssinn jetzt erst recht Hals über
Kopf in einen verworrenen Sumpf aus Spionage, Terrorismus und falscher
Identitäten, was seine Lage nur noch ungünstiger gestaltet. Die Anleihen bei
Hitchcock – der diese Ausgangslage seit Mitte der 30er bis zu seinem
Karriereende in den 70er Jahren immer und immer wieder variierte – sind nicht
von der Hand zu weisen und sehr bewusst als solche zu erkennen, man könnte es
als frühe Hommage von Lang an den Meister verstehen. Besonders in der ersten
Filmhälfte braucht er sich dabei was Tempo, generelle narrative Dynamik angeht
keinesfalls hinter seinem Vorbild verstecken.
Ohne tüchtige Bürger wäre der Krieg schnell verloren |
„Ministerium der Angst“ bietet idealen Nährboden für einen
unbestrittenen Klassiker der schwarzen Serie. Er hat seinen fähigen Regisseur,
er hat seine spannende Geschichte, er hat dieses erstklassige Setting eines von
stetigen Luftangriffen bedrohten Londons, dass neben der offensichtlichen
Gefahr aus der Luft nebenbei und unbemerkt am Boden, von innen unterwandert
wird, die deutlich größere Bedrohung. Das versteht der Film nicht konsequent genug
zu nutzen bzw. bedient irgendwann zu sehr bequeme Sehgewohnheiten. Da wird sich
sofort unsterblich verliebt, die böse Keimzelle plötzlich sehr schnell, restlos
ausgebrannt und am Ende ist alles in Butter. Fritz Lang gelingt ein
handwerklich grundsätzlich hervorragender und immer noch sehr sehenswerter
Krimi, ein gut gealtertes Stück Filmgeschichte, das jedoch weit weg von einem
Meisterwerk ist. Und das er dazu in der Lage war, ist ja nun kein Geheimnis. Wenn
man sich von dieser Erwartungshaltung aber lösen kann, ist „Ministerium der
Angst“ ganz einfach auf den Punkt zu bringen: Gute Unterhaltung. Dagegen ist
nichts einzuwenden...und Hitchcock war auch nicht immer mehr als das.
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