Fakten:
Halloween H20 – 20 Jahre später
(Halloween H20: 20 Years Later)
USA, 1998. Regie: Steve Miner.
Buch: Robert Zappia, Matt Greenberg. Mit: Jamie Lee Curtis, Adam Arkin, Josh
Hartnett, Michelle Williams, LL Cool J, Adam Hann-Byrd, Jodi Lyn O’Keefe, Janet
Leigh, Joseph Gordon-Levitt, Branden Williams, Marion Chambers Whittington u.a.
Länge: 83 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray
erhältlich.
Story:
20 Jahre ist es her, dass Laurie
Strode die Halloween-Nacht überlebte, in der ihr Bruder Michael Myers die Jagd
auf sie eröffnete und dabei etliche Menschenleben auslöschte. Inzwischen lebt
sie unter falschen Namen und leitet als Direktorin eine abgelegene, elitäre
Privatschule. Ihre Vergangenheit hat sie jedoch niemals losgelassen. Noch heute
wird sie von Albträumen geplagt, sieht ihren Bruder an jeder Straßenecke. Mit
Alkohol und Medikamente versucht sie das Trauma zu unterdrücken. An diesem
Halloweenabend kann sie ihm direkt ins Gesicht blicken: Michael lebt tatsächlich
noch und hat sie aufgespürt. Laurie muss sich ihrem Dämon stellen, denn ihr
17jährige Sohn John ist nicht wie geplant mit auf einen Schülerausflug
gefahren, sondern will mit seinen Freunden eine geheime Party auf dem Gelände
feiern. Ein Grund, zu kämpfen.
Meinung:
Totgesagte leben länger, besonders
wenn sie Freddy Krueger, Jason Vorhees oder eben Michael Myers heißen. Mit dem
sechsten Teil der Reihe – „Der Fluch des Michael Myers“ – schien die Serie
endgültig an seinem (unrühmlichen) Ende angelangt. Nicht nur wegen des Todes
von Darsteller Donald Pleasence, von Beginn an als hartnäckiger Widersacher Dr.
Loomis mit an Bord, der kurz nach Ende der Dreharbeiten verstarb. Durch den
unsäglichen Hokuspokus, der der Figur Michael Myers im ursprünglichen finalen
Teil angedichtet wurde, entfernte man sich erheblich vom eigentlichen Geist der
Serie, die Nummer war endgültig durch. Das berühmte Ende mit Schrecken, dachte
man. Pünktlich zum zwanzigjährigen Jubiläum kam die Rolle rückwärts, Michael
war wieder da und die Macher beschritten vom Ansatz den einzig richtigen Weg.
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Geschwister beim Stadtbummel. |
„H20“ erlaubt sich den Luxus, alle
Filme nach dem zweiten völlig zu ignorieren, eigentlich als niemals existent zu
verleugnen und baut seine Story einzig und allein auf der Basis der ersten
beiden Teile auf. Kein Sterbenswort davon, dass es nach den Vorfällen um Laurie
Strode in der Halloweennacht von 1978 noch dutzende andere Morde gab, Myers
schien wirklich seit 20 Jahren von der Bildfläche verschwunden zu sein. Eine
interessante, sicher gewagte, allerdings aufgrund des hanebüchenen letzten
Teils eine vollkommen richtige Entscheidung. Im echten Leben lassen sich Fehler
der Vergangenheit selten rückgängig machen, im Film durchaus, also warum nicht?
Möglich macht das Jamie Lee Curtis, die
nach 17 Jahren wieder zu dem Franchise zurückkehrt, dass sie damals berühmt
machte und den Beinamen Scream-Queen einbrachte. Als Laurie Strode, die sich
nun Keri Tate nennt, hat sie an den Erlebnissen der damaligen Nacht noch hart
zu knabbern. Sie versucht so gut es geht am täglichen Leben teilzuhaben, kann
die Maskerade für Außenstehende halbwegs aufrecht erhalten, ist innerlich
jedoch eine gebrochene Frau, die ohne Wein und Medikamente kaum den Tag
überstehen würde. Michael Myers hat sie damals nicht getötet, aber ihr Leben
zerstört. Es wird seitdem von ihm und der panischen Angst vor seiner Rückkehr dominiert,
sein Antlitz verfolgt sie Tag für Tag, nicht nur in ihren Träumen.
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"Magst du gerne Horrorfilme?" |
Curtis nach so langer Zeit wieder
in dieser Rolle zu sehen ist für Fans tatsächlich so was wie ein Klassentreffen
und ihre Leistung aller Ehren wert. Während man anderen Darsteller(inne)n bei
solchen Back-to-the-Roots-Veranstaltungen eher mal unterstellen muss, dass
Karrieretief und leere Bankkonten die Unterschrift unter den Vertrag setzten,
scheint sie wirklich Lust auf diesen Film zu haben. Sie ist als verstörtes
Nervenbündel ebenso überzeugend wie als taffe Löwenmutter, wenn sie um ihr
eigen Fleisch und Blut zu beschützen sich endgültig ihrer Nemesis stellen muss.
Traumatherapie mit dem Küchenmesser, nach alter Familientradition. Das direkte
Aufeinandertreffen der Geschwister stellt zweifelsohne das Highlight des
siebten „Halloween“-Films dar, der sonst leider eher enttäuscht als befriedigt.
Dabei hat er relativ gute Voraussetzungen wie Ansätze und mit Steve Miner einen
fähigen, Genre-erfahrenen Regisseur (u.a. Teil 2 & 3 der „Freitag, der 13.“-Serie,
„House – Das Horrorhaus“, „Warlock – Satans Sohn“ oder hiernach noch „Lake
Placid“), an dessen grundsolider Inszenierung es auch wenig zu bemängeln gibt.
Insgesamt orientiert sich der Film stilistisch deutlicher an dem grandiosen
Original von John Carpenter als praktisch alle anderen Nachfolger, mit Ausnahme
vielleicht des direkt anschließenden zweiten Teils, ohne dabei jemals dessen
Klasse zu erreichen. Die Eröffnungssequenz – in der übrigens dem jungen Joseph
Gordon-Levitt eine recht einschneidende Erfahrung zuteil wird – zählt klar zu den
gelungensten Momenten, danach verschwindet Michael zu lange von der Bildfläche.
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Wer hat Angst vorm schwarzen Mann? |
Zwar war dies bei Carpenter auch
nicht anders, auch dort war Myers lange nur eine fast unsichtbare Bedrohung,
die im Dunkeln oder hinter einer Hecke lauerte, die unheilvolle Grundspannung
kommt dabei nur nicht auf. Interessanter wäre es wohl gewesen, die Paranoia von
Laurie geschickter auszuspielen, dem Zuschauer zu suggerieren, dass ihr
vielleicht wirklich nur die gestörte Psyche einen bösen Streich spielt. Durch
den Auftakt und die unbestreitbare Existenz von Myers funktioniert das
selbstverständlich nicht und schürt eher die Ungeduld, wann es denn endlich
losgeht. Problematisch ist in der Hinsicht besonders die knappe Laufzeit von
gerade mal 80 Minuten. Wenn Michael letztlich seiner Passion nachgeht, ist der
Film schon zu zwei Dritteln vorbei und hat kaum noch Luft, um richtig Gas zu
geben. Schnell müssen die verzichtbarsten Personen über den Jordan geschickt
werden, das wirkt zu rasch und gehetzt, einfach unverhältnismäßig zur gesamten
Länge. „H20“ steht klar sein gegen Ende einfallslos wirkendes Skript im Weg,
welches das unbestreitbar vorhandene Potenzial wenig nutzt. Durch die geringe Anzahl
der Figuren und den begrenzten zeitlichen Spielraum fällt der Bodycount für
einen „Halloween“-Film sogar extrem gering aus und beschränkt sich auf ein
kurzes Zeitfenster, der Showdown kommt zu plötzlich und wirkt knapp gehalten,
der Film hätte locker 20 Minuten mehr vertragen können, um nicht so abrupt beendet
und ungeschickt abgestimmt zu erscheinen.
Bemerkenswert ist allerdings der
Cast, unter dem sich (heute) einige sehr klangvolle Namen finden: Neben Curtis
treten nicht nur ihre Mutter – Filmlegende Janet Leigh – in einem Cameo als
ihre Sekretärin und die bereits damals bekannten Gesichter Adam Arkin und LL
Cool J in den Nebenrollen auf, gerade die Besetzung der Teenies ist
interessant. Der bereits erwähnte Joseph Gordon-Levitt hat nur wenig
Screentime, dafür gibt Josh Hartnett sein Leinwanddebüt als Laurie’s Sohn John
und als seine Freundin ist die heutige A-Darstellerin Michelle Williams zu
sehen. Macht den Film zwar nicht immens besser, nur ein Fakt am Rande.
Letztlich ist „H20“ zwar ambitioniert und versteht sich wohl eher als
Spannungsfilm denn als typischer Slasher, kann dafür aber eben kaum Spannung
erzeugen. Bemüht wirkt er, hat seine Ideen und vereinzelte Momente, ist
handwerklich stabil gemacht, wirkt aber irgendwie unfertig oder eher nicht
engagiert zu Ende gedacht. Sehr bedauerlich, so bleibt es bei dem löblichen
Versuch, das Resultat ist eher verzichtbar. Immerhin besser als Teil 5, 6 und
natürlich der furchtbare Nachfolger „Halloween:
Resurrection“, was allerdings keine große Kunst ist.
4,5 von 10 zweckentfremdeten
Schlittschuhen
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