Review: AMERICAN MUSCLE - Stumpf ist Trumpf




Fakten:
American Muscle
USA, 2014. Regie: Ravi Dhar. Buch: John Fallon. Mit: Nick Principe, Robin Sydney, Todd Farmer, John Fallon, Trent Haaga, Philip Salick, Malice McMunn, Laban Pheidias, Joshua Lou Friedman u.a. Länge: 78 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Nach 10 Jahren Knast wird John Falcon entlassen und hat eine Mordswut im Bauch. Auf seine Partner, die ihm bei einem Raubüberfall niedergeschossen haben und der Polizei auslieferten. Aber ganz besonders auf seinen Bruder Sam, der auch noch John’s vergötterte Ehefrau zum Junkie gemacht hat. Sam hat sich inzwischen zum Kopf der brutalen Bande hochgearbeitet, alles hört auf sein Kommando. Doch das wird ihm nicht viel nützen, denn John ist zu absolut allem bereit.



                                                                                     



Meinung:
-„Was machen sie, wenn sie jetzt wieder raus sind?“
-„Familie besuchen.“
-„Oh, Familie ist gut, wirklich gut. Das hält einen von dem Gesindel fern.“
-„Sie kennen meine Familie nicht!“

Auf die jeden noch so räudigen Film schmückenden, lobhudelnden Fazits des DVD oder Blu-ray Covers sollte man natürlich nie etwas geben, aber die Einschätzung auf der Scheibe hier sollte ruhig mal erwähnt werden: „Regieneuling Ravi Dhar erinnert an den jungen Quentin Tarantino: Mit einer klaren Handschrift, voller Action, Witz und Ideen schickt er seine Figuren auf einen unvergleichlichen Trip.“ Aha. Über welchen Film sprechen wir gleich?


Nie um eine niveauvolle Diskussion verlegen: John.
Um gleich mal auf „den jungen Tarantino“ Ravi Dahr einzugehen, der scheint wenigstens nicht völlig unbegabt zu sein. Als Kameramann. Die bedient er nämlich auch und dort gelingen ihm zumindest ab und an ganz brauchbare Bilder. Über seine Fähigkeiten als Regisseur lässt sich gar nicht so direkt urteilen, aus dieser aufgepumpten, möchtegern-coolen Pampe würde sich auch mit allem Talent der Welt nur wenig rausholen lassen. Die wütend-wütende, ganzkörpertätowierte Wildsau Nick Principe („Laid to Rest“) überrollt ungebremst alles und jeden, der ihm unter die Fäuste, die Axt oder vor den Lauf kommt. Bricht Knochen, dreht Hälse um, reißt Zungen raus, dazu donnert der Heay-Metal-Sound aus den Boxen und das Blut spritzt auf die Linse. Gut, damit kann man immerhin beipflichten, Action und eine klare Handschrift hat „American Muscle“. Die eines White-Trash-Analphabeten mit einer Überdosis Steroide, Koks und Testosteron in der Blutbahn. Wo genau hat diese hohle Dampfwalze jetzt genau „Witz und (ganz besonders) Ideen“ versteckt? Witz, das mag bis zu einem gewissen Grat noch Auslegungssache sein. Gibt ja auch Leute, die sich über Verkehrsunfälle, aufgeblasene Frösche oder Friedberg & Seltzer amüsieren können, dann findet man vielleicht auf das hier ulkig. Aber Ideen…wo denn, bitte schön? Der Film hat nicht eine. Nicht mal im Ansatz.


Gesichtsmaske, American-Muscle-Style.
Mit seiner aufgesetzten Voll-auf-die-Zwölf-Attitüde soll hier wohl Exploitation- und Grindhouse-Feeling aufkommen, davon ist der Streifen so weit entfernt wie vom Friedensnobelpreis oder dem Alice-Schwarzer-Gütesiegel. Titten und Blut wohin man sieht, da wird das Koks gerne direkt von Nippel geschnieft und alle Weiber haben sich gefälligst splitterfasernackt und möglichst schlampig zu präsentieren, so ist das halt im scheinbar unglaublich beschränkten Universum des für das Skript verantwortlichen John Fallon, der zusätzlich noch in einer Nebenrolle zu sehen ist. Wenn man es denn Skript nennen will. In den überschaubaren 78 Minuten wird eigentlich nur alles möglich rüpelhaft zu Klump gedroschen, wofür Bulldozer Nick Principe – zugegeben – wie gemacht ist. Als Schauspieler ist von dem Kerl wohl relativ wenig zu erwarten, als bulliger Stiernacken mit wuchtiger Leinwandpräsenz ausgestattet kann man ihm kaum eine Daseinsberechtigung im Filmgeschäft absprechen. Dumm nur, wenn das vorhandene Potenzial für so einen gezwungenen Schund verschleudert wird. Primitiv und stumpf ohne Ende, was nicht zwingend gegen Unterhaltungswert sprechen muss. Doch auch dafür muss man sich halt etwas einfallen lassen, nicht nur ungebremst die Muskeln spielen lassen und für menschliches Kleinholz sorgen. Die Geschichte – wen wundert es? – spielt dabei eigentlich gar keine Rolle. Ein Typ ist sauer und der Rest bekommt auf die Fresse. Ja, der „junge Tarantino“, ganz eindeutig. Oder ein junger David Lynch, ein junger Paul Thomas Anderson? Ach was, die Reinkarnation von Orson Welles. Warum so bescheiden? Liegt doch auf der Hand.


Wie gesagt, Nick Principe, der hat schon irgendwie was, ganz so billig wie befürchtet sieht der Streifen keinesfalls aus, zum Teil sogar gar nicht so schlecht und er ist so kurz, dass er zumindest schnell wieder vorbei ist. Trotzdem nichts anderes als selbstverliebte Proleten-Scheiße für den Männerabend bei den ganz harten Jungs. Darauf einen kräftigen Schluck Frostschutzmittel. 

3 von 10 Genickbrüchen

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