Fakten:
Shining (The Shining)
Shining (The Shining)
GB. 1980. Regie:
Stanley Kubrick. Buch: Stanley Kubrick, Diane Johnson, Stephen King (Vorlage). Mit: Jack Nicholson,
Shelley Duvall, Danny Lloyd, Scatman Crothers, Barry Nelson, Philip Stone, Tony
Burton, Joe Turkel u.a. Länge: 119 Minuten (EU-Fassung)/143 Minuten
(US-Fassung). FSK: ab 16 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-Ray erhältlich.
Story:
Um in der Abgeschiedenheit der Berge Kraft für neue Ideen zu tanken und endlich einen neuen Roman zu schreiben, zieht der erfolglose Schriftsteller Jack Torrance mit Frau und Sohn über den Winter in ein einsames Berghotel, in dem früher schon grausame Dinge geschehen sind. Schon bald scheint sich Jack zu verändern. Er reagiert immer gereizter und aggressiver auf seine Familie und scheint von der Geschichte dieses Hotels in den Wahnsinn getrieben zu werden.
Meinung:
Stanley Kubricks „Shining“ gilt als einer der einflussreichsten und besten Horrorfilme aller Zeiten. Von Vielen wird der Film vergöttert, in die Popkultur ist er ohnehin schon längst eingegangen. Und es stimmt ja auch, der Film ist gut. Aber ein reinrassiger Horrorfilm? Nö, das ist er sicher nicht. Der Film ist kein Film zum Mitfühlen, keiner zum Gruseln, auch nicht zum Erschrecken. Nix da mit Horror oder Thriller. Spannung, finde ich, fehlt (bis auf die letzte gute halbe Stunde) fast komplett. Nein, „Shining“ ist ein Film zum Bestaunen, ein bisschen zum Wundern und vor allem ein Film zum Beobachten. Die Sozialstudie einer Familie, die immer mehr in den Wahnsinn getrieben wird. Wir beobachten eine Familie, die zur Winterzeit in ein dann verlassenes Hotel zieht, wo Papa Jack in dieser ruhigen Umgebung einen Roman schreiben will. Wir beobachten den Jack, der sich immer weiter von seiner Frau Wendy und seinem Sohn Danny entfernt. Wir beobachten den „ganz besonders begabten“ Sohn Danny, der Visionen hat. Visionen über die Vergangenheit, über die Zukunft, über Absichten anderer Personen. Wir beobachten die von Beginn an irgendwie hysterische Mutter Wendy.
Ein Bild aus fröhlicheren Tagen? |
Dieser Wahnsinn zumindest kommt nicht auf einmal, er baut sich langsam auf. Sehr langsam. Oft auch zu langsam. Viele Szenen dauern einfach zu lange, sodass sich der Film in den ersten beiden Filmdritteln doch das ein oder andere Mal enorm zieht. Da sind extrem lange Einstellungen von Gesichtern, bei denen die Kamera dann einen scheinbar unendlichen Weg auf das Objekt zufährt. Da sind teilweise einfach viel zu lange Pausen zwischen den einzelnen Sätzen oder sogar zwischen den Wörtern, die so eigentlich keinen Sinn ergeben. Das mag ja nicht so schlimm sein, wenn es nur hin und wieder so ist, aber das war dann doch deutlich zu viel. Naja, aber irgendwann ist Jack dann endgültig dem Wahnsinn verfallen und kann nicht mehr zwischen Einbildung und Realität unterscheiden, genau übrigens wie der Zuschauer. Und ab da wird der Film absolut genial.
Danny, ein Kettcar und die Zwillinge im blauen Kleid. |
Und an wem liegt‘s? An Nicholson natürlich! Dann nämlich, ab der Filmmitte, wird
er vom bis dahin gefühlten Nebendarsteller plötzlich ins Zentrum der Handlung
verfrachtet. Und wenn er nicht schon von Beginn an irgendwie durchgeknallt
gewirkt hätte, so streckt er spätestens ab da den anderen Schauspielern und uns
sein diabolisches Grinsen und seine zu einem wahren Zirkuszelt aufgerichteten
Augenbrauen so sehr entgegen, dass alle nur noch staunen können. Und dass die
Panik von Wendy und Danny nicht kommt, weil sie es noch spielen müssen, sondern
weil sie beide Schiss haben, dass Nicholson nun wirklich durchgedreht ist und
sie tatsächlich bald abschlachtet. Oder anders ausgedrückt: Nicholson ist in der
zweiten Hälfte ein Schauspiel-Gott, davor ist Duvall aber stärker, weil einfach
glaubwürdiger.
"Schatz, ich hab meinen Schlüssel vergessen!" |
Kubrick hat eben keinen reinen Horrorfilm inszeniert, auch wenn sich Horrorelemente und viel Blut durch den ganzen Film ziehen und am Ende auch die Oberhand gewinnen. Ihm ist über weite Strecken ein Drama ohne Emotionen gelungen oder vielmehr eine fast schon neutrale, dokumentierende Studie über die Familie Torrance und ihren Weg in den Wahnsinn. Eigentlich merkwürdig, dass der Film trotzdem so gut funktioniert, trotz seiner Längen, trotz seiner Kälte. Aber Kubrick hat einfach dieses Händchen für diese ganz bestimmten Szenen, für diese denkwürdigen Einstellungen oder Sätze, die sich erst durch seine Inszenierung ins Gedächtnis brennen. Davon gibt es einige und so ist der Film nicht zu Unrecht mittlerweile auch in die Popkultur gelangt. Gerade mit diesen Szenen schafft es Kubrick, den Zuschauer immer wieder aufs Neue einzufangen und hält ihn bei der Stange. An einer Metallstange. Er lässt den Zuschauer nie so nah ran, dass er emotional gepackt werden würde, aber eben auch nicht so weit weg, dass ihm der Film egal wird. Er wirft ihm Leckerli zu, in Form dieser Denkwürdigen Szenen oder eindringlicher Schauspielleistungen. Und darum ist „Shining“ trotz oder vielleicht auch wegen seiner Kälte zurecht ein starker und sehenswerter Film, ein Meilenstein der Filmgeschichte – aber eben kein echter Horrorfilm.
8 von 10 Kettcarfahrten durch den Hotelflur
sorry...der Film ist in jeder Sekunde, in jeder Länge, in jeder Kameraeinstellung ein Meisterwerk...genauso wie er sein muss.
AntwortenLöschenNatürlich technisch ein Produkt seiner Zeit , aber heutigen `Horrorfilmen` haushoch überlegen in Atmosphäre, Darstellung, Plot ( Danke Stephen King)