Fakten:
Das Haus der lachenden Fenster (La casa dalle finestre che ridono)
IT,
1976. Regie: Pupi Avati. Buch: Antonio Avati, Pupi Avati. Mit: Lino
Capolicchio, Francesca Marciano, Gianni Cavina, Giluio Pizzirani, Bob
Tonelli, Vanna Busoni, Pietro Brambilla, Ferdinando Orlandi, Andrea
Matteuzzi u.a. Länge: 107 Minuten. FSK: keine Freigabe. Auf DVD
erhältlich.
Story:
Restaurator Stefano kommt
in das abgelegene Dörfchen Solmi, um in der dortigen Kirche ein Fresko
wiederherzustellen. Das Bild des vor 20 Jahren verstorbenen Künstlers
Buono Legnani zeigt die grausame Hinrichtung des heiligen Sebastian. So
künstlerisch perfekt, wie abstossend. Stefano ist jedoch nicht zufällig
für den Job ausgewählt worden, sein alter Freund Antonio hat ihn
empfohlen. Nicht ohne Grund: Antonio scheint einem Geheimnis auf die
Spur gekommen zu sein. Noch bevor er Stefano einweihen kann, stirbt er
bei einem Sturz vom Balkon. Stefano ahnt, dass es mit Legnani, auch als
"Der Maler des Todes" bezeichnet, und seinen Werken zu tun hat.
Meinung:
"Die
Farben, meine Farben entspringen meinen Venen. Meine Farben, so süß wie
der Herbst und warm wie das Blut, glatt wie die Syphilis. Sie dringen
in die Augen der Menschen..."
Der nächste Kindergottesdienst kann kommen |
Ein kleinwüchsiger, gut
gebräunter Mann in einem weissen Anzug empfängt bei schönstem
Sonnenschein einen jungen Mann an dessen Ankunftsort. Könnte auch der
Anfang jeder Episode von "Fantasy Island" sein. Nur kommt der Mann mit
dem Schiff statt dem Flugzeug, Blumenkränze gibt es auch nicht und auf
die Erfüllung seiner Träume darf er erst recht nicht hoffen. Viel mehr
wird dies der Beginn eines Alptraums werden, den er jetzt nicht mahl
erahnen kann. Der junge Mann ist Stefano (Lino Cappolicchio,
erstaunliche Ähnlichkeit mit James McAvoy) und sein Alptraum hat einen
Namen: Buono Legnani, "Der Maler des Todes". Eine seiner Arbeiten soll
er restaurieren und steigt dabei Schritt für Schritt in den Keller der
Vergangenheit des kleinen Örtchens hinab, bis es keinen Rückweg mehr
gibt.
Pupi Avati beginnt seinen
subtil-bedrohlichen Horrorfilm mit einer schauderhaften Sequenz. Während
der Vorspann über den Bildschirm flimmert, wird ein Mann brutal
gefoltert. Messerstiche prasseln auf seinen Körper ein, seine
Schmerzensschrei werden unterlegt von einem bedrohlichen Score und einem
befremdlichen Monolog. Nach diesem Einstieg erstmal augenscheinliche
Idylle. Mit der oben beschriebenen Ankunft beginnt die eigentliche
Handlung von "Das Haus der lachenden Fenster". Der Handlungsort ist das
beschauliche, ruhige Örtchen Solmi, ein Erholungsort mit Thermen,
wenigen Einheimischen und viel ländlichem Charme. Unter dieser
verschlaffenen Oberfläche liegen jedoch etliche Leichen begraben, die
Stefano während seiner Arbeit entdeckt. An einigen Stellen erinnert Pupi
Avati an das kurz vorher erschienene Meisterwerk "Wenn die Gondeln
Trauer tragen" von Nicholas Roeg. Wieder führen Restaurierungsarbeiten
in einer Kirche den Protagonisten zu einer Konfrontation mit der
Vergangenheit. Diesmal jedoch nicht mit der eigenen.
Der
Vergleich soll nicht überstrapaziert werden, dennoch ist er kaum von
der Hand zu weisen. Der Spannungsaufbau funktioniert ähnlich subtil, die
Bedrohung ist lange nicht greifbar und ob sie überhaupt existiert
stellt sich erst gegen Ende heraus. Ohne Avatis Eröffnungsszene könnten
daran sogar gezweifelt werden. Das ist der einzige Wissensvorsprung den
der Zuschauer hat, auch wenn er keinerlei Hilfestellung bei der
schrittweisen Auflösung des Rätsels birgt. Dadurch bezieht "Das Haus der
lachenden Fenster" seinen wunderbar soghaften Spannungsbogen, der
keinerzeit auf Tempo, Blut oder einfache Schockmomente bauen muss. Die
morbide, faszinierende Geschichte rund um "Den Maler des Todes" und
seine grauenhaften Bilder, die scheinbar tief verwurzelt mit der
Geschichte des Dorfs ist und von den wenig vertrauenswürdigen Einwohnern gut unter Verschluss gehalten wird.
"...weit, weit gehen meine Farben..."
"Willst du meine Briefmarken sehen?" - "Äh...klar..." |
Im Finale schlägt er dann
endgültig die Brücke zu seinem verstörenden Opener und lässt beim
Abspann vergleichbare Befremdung wirken. Ob die Schlusspointe jetzt
unter glaubhaften Gesichtspunkten besteht oder nicht, die gewollte
Wirkung erzeugt sie und setzt den Schlusspunkt hinter einen
faszinierenden, nebulösen Horrorthriller, der so schnell sicher nicht
vergessen wird. Schönes Ding.
"...aber es ist notwendig, für sie zu sterben."
7 von 10 Blut-Bildern
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen