Eigentlich herrscht zwischen unseren Autoren immer Friede, Freue,
Eierkuchen, doch auch in unserem harmoniesüchtigen Team gibt es hin und wieder
Filme, die der eine gerne in sein DVD-Regal stellt, der andere wiederum lieber
in den Shredder werfen würde. „The Iceman“ ist so ein Fall, deswegen hier eine
Doppel-Review. Wohl bekommt’s.
Fakten:
The Iceman
USA, 2012.
Regie: Ariel Vromen. Buch: Morgan Land, Ariel Vromen. Mit: Michael Shannon,
Winona Ryder, Ray Liotta, Chris Evans, David Schwimmer, Robert Davi, James
Franco, Danny A. Abeckaser, John Ventimiglia, Ryan O'Nan, Stephen Dorff,
McKaley Miller, Megan Sherrill u.a. Länge: 106 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16
Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
New York in den 60er Jahren: Gangsterboss Roy Demeo wird auf den eher unauffälligen Richard Kuklinski aufmerksam. Er ist nicht nur absolut furchtlos, er hat zudem überhaupt keine moralischen Probleme mit dem Töten von Menschen. Richard wird zu Roys Vollstrecker, löscht mehr als 100 Leben in den folgenden Jahren aus. Seine Ehefrau Deborah und seine Töchter bemerken nichts davon, Richard spielt ihnen eine gutbürgerliche Existenz vor. Irgendwann kommt jedoch der Punkt, als der "Iceman" mit seinem Boss Probleme bekommt...
Meinung Jacko:
Der Israeli
Ariel Vromen verfilmt die Geschichte des "Iceman" Richard Kuklinski,
dem über 100 Auftragsmorde zur Last gelegt wurden. Wie in solchen Filmen üblich
zieht sich die Handlung über fast zwei Jahrzehnte, was zeitliche Sprünge
unvermeidlich macht. Leider nicht immer perfekt abgestimmt, denn einige Momente
wirken leicht abgehackt. Das Drehbuch ist sicher nicht die große Stärke von
"The Iceman". Im Prinzip wird die typische Killer-Story erzählt:
Aufstieg, Fall, am Ende ein Scherbenhaufen, dürfte wenig überraschen.
Dafür überrascht der Cast. Und wie. Nicht unbedingt Hauptdarsteller Michael Shannon, der ist bärenstark wie immer. Eine famose Vorstellung. Shannon strahlt die namengebende Eiseskälte seiner Figur in jeder Sekunde aus, wirkt bedrohlich und verschmilzt praktisch mit seiner Rolle. Beeindruckend, von dem Mann wird noch viel kommen, garantiert. Eine One-Man-Show sondergleichen. Nicht auszudenken, was der Film ohne ihn wäre. Der Überraschungseffekt liegt in den Nebenrollen. Da buddelt Vromen einige Gesichter aus, die eigentlich schon abgeschrieben waren. Winona Ryder beispielsweise. Als Kuklinskis Ehefrau Deborah ist sie so überzeugend wie schon ewig nicht mehr. Oder David Schwimmer. Wer? Der Ex-Sitcom Star aus "Friends". Hat sich optisch kaum verändert und kann als schmieriger Ganove durchaus überzeugen. Als Gangsterboss darf auch Ray Liotta endlich mal wieder eine etwas grössere und gute Rolle spielen. Voll in seinem Element spielt Liotta wie zu seinen besten Zeiten, schön zu sehen. Sogar der sonst eher farblose Chris Evans erstaunt durch eine tolle Leistung. Kaum zu erkennen mit dichtem Gesichtsfell und Zottelmatte. Kurz dürfen noch James Franco und Stephen Dorff durch das Bild huschen, an bekannten Leuten mangelt es hier nicht.
So kalt wie sein "Held" sind auch die Bilder, die komplette Inszenierung von Vromen. Das unterstützt das wuchtige Spiel von Shannon zusätzlich, obwohl er das überhaupt nicht nötig hat. Der Mann dominiert jeden Moment und lässt somit über diverse Script-Schwächen hinwegsehen. Viel zu faszinierend reisst er den kompletten Film an sich und macht ihn zu seinem Film. Ohne wenn und aber. Ein Glücksgriff für Vromen. Wie schon erwähnt, ohne Shannon wäre "The Iceman" wohl nur ein Film wie viele andere. So eine klare Empfehlung, zumindest für Genrefreunde. Diese Naturgewalt namens Michael Shannon sollte selbst erlebt werden.
7,5 von 10 Doppelleben
Meinung souli:
Dem Drehbuch von „The Iceman“ fehlt es schlichtweg an Eigenständigkeit. Regisseur Ariel Vromen, Anthony Bruno und Morgan Land bedienen sich viel lieber an sämtlichen Genre-Ausstellungsstücken und fabrizieren einen löchrigen Mix aus Martin Scorsese, Brian De Palma und Ted Demme. Das sind (fast) alles wohlklingende Namen, nur helfen diese Orientierungen „The Iceman“ sicher nicht aus seiner verwaschenen Inspirations- und Konzeptionslosigkeit. Storymäßig wird dem Zuschauer nichts geboten, was den Film irgendwie wertvoll, außergewöhnlich, memorabel machen könnte. Alles wirkt aufgewärmt, wiedergekäut, zusammen gepfuscht und auf der wahren Geschichte des Richard Kulklinski abgeladen; einem Mann mit zwei Gesichtern. „The Iceman“ jedoch scheitert auf ganzer Linie daran, dieser Ambivalenz Aufmerksamkeit zu schenken und substantiell in Form zu gießen. Vielmehr arbeitet das Drehbuch mit losen Schlagwörtern: Vom fürsorglichen Familienvater zum eiskalten Killer im Dienste der Mafia. Punkt.
„The Iceman“ ist ein Film ohne Grauzonen, weil hier alles nur in luftleere Thesen verdammt wird und daher auch nie wirklich einen richtigen Zugang zum Zuschauer findet – Und das will „The Iceman“. Es entsteht lediglich eine seltsame Distanz, die aber keinesfalls als dokumentarisch postuliert werden darf, denn vom Menschen Kulklinski und seinem Innenleben erfährt man wenig bis gar nichts. Zum Glück hat „The Iceman“ einen der intensivsten Darsteller unserer Zeit zu bieten, der sich an seinem oberflächlich gezeichneten Charakter zwar ebenfalls die Zähne ausbeißt, aber sein Bestes gibt, um das Projekt nicht mit voller Wucht gegen die Wand brettern zu lassen: Michael Shannon. Ein Schauspieler, der eigentlich immer wirkt, hier allerdings nur, wenn er schön die Klappe hält, wenn er seine Augen sprechen lässt und der Zuschauer kurz vermuten darf, dass sich hinter der kalten Schale tatsächlich etwas Interessantes verbirgt, nur kommt es hier nicht zur Geltung. Ohne Shannon wäre „The Iceman“ ein absolut plumper, nichtssagender Griff ins Klo.
4 von 10 durchlöcherten Pennern
Dem Drehbuch von „The Iceman“ fehlt es schlichtweg an Eigenständigkeit. Regisseur Ariel Vromen, Anthony Bruno und Morgan Land bedienen sich viel lieber an sämtlichen Genre-Ausstellungsstücken und fabrizieren einen löchrigen Mix aus Martin Scorsese, Brian De Palma und Ted Demme. Das sind (fast) alles wohlklingende Namen, nur helfen diese Orientierungen „The Iceman“ sicher nicht aus seiner verwaschenen Inspirations- und Konzeptionslosigkeit. Storymäßig wird dem Zuschauer nichts geboten, was den Film irgendwie wertvoll, außergewöhnlich, memorabel machen könnte. Alles wirkt aufgewärmt, wiedergekäut, zusammen gepfuscht und auf der wahren Geschichte des Richard Kulklinski abgeladen; einem Mann mit zwei Gesichtern. „The Iceman“ jedoch scheitert auf ganzer Linie daran, dieser Ambivalenz Aufmerksamkeit zu schenken und substantiell in Form zu gießen. Vielmehr arbeitet das Drehbuch mit losen Schlagwörtern: Vom fürsorglichen Familienvater zum eiskalten Killer im Dienste der Mafia. Punkt.
„The Iceman“ ist ein Film ohne Grauzonen, weil hier alles nur in luftleere Thesen verdammt wird und daher auch nie wirklich einen richtigen Zugang zum Zuschauer findet – Und das will „The Iceman“. Es entsteht lediglich eine seltsame Distanz, die aber keinesfalls als dokumentarisch postuliert werden darf, denn vom Menschen Kulklinski und seinem Innenleben erfährt man wenig bis gar nichts. Zum Glück hat „The Iceman“ einen der intensivsten Darsteller unserer Zeit zu bieten, der sich an seinem oberflächlich gezeichneten Charakter zwar ebenfalls die Zähne ausbeißt, aber sein Bestes gibt, um das Projekt nicht mit voller Wucht gegen die Wand brettern zu lassen: Michael Shannon. Ein Schauspieler, der eigentlich immer wirkt, hier allerdings nur, wenn er schön die Klappe hält, wenn er seine Augen sprechen lässt und der Zuschauer kurz vermuten darf, dass sich hinter der kalten Schale tatsächlich etwas Interessantes verbirgt, nur kommt es hier nicht zur Geltung. Ohne Shannon wäre „The Iceman“ ein absolut plumper, nichtssagender Griff ins Klo.
4 von 10 durchlöcherten Pennern
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