Review: THEATER DES GRAUENS - Mord à la Shakespeare



Fakten:
Theater des Grauens (Theatre of Blood)
GB, 1973. Regie: Douglas Hickox. Buch: Anthony Greville-Bell. Mit: Vincent Price, Diana Rigg, Ian Hendry, Harry Andrews, Coral Browne, Robert Coote, Jack Hawkins, Michael Hordern, Arthur Lowe, Robert Morley, Dennis Price, Milo O’Shea, Eric Sykes u.a. Länge: 100 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
Vor zwei Jahren beging der Shakespeare-Mime Edward Lionheart vermeidlich Selbstmord, nachdem die ihm verhassten Kritiker einen begehrten Preis an einen jungen Konkurrenten vergaben, der seiner Ansicht nach nur ihm zugestanden hätte. Jetzt taucht Lionheart wieder auf und sinnt auf Rache. Die Kritiker müssen sterben und wie es sich gehört, nicht nur irgendwie. Frei nach Shakespeare soll es sein, ganz stilecht.




                                                                                       





Meinung:
Der Job eines Kritikers ist genau genommen recht einfach. Was tut man da schon? Urteilen über die erbrachte Leistung anderer, selbst hat man wenig zu befürchten oder muss gar den Gegenbeweis erbringen, es besser als die Zielscheibe der Kritik zu können. Mehr als vielleicht die eine oder andere Anfeindung aufgrund der geäußerten Meinung passiert in der Regel nicht, während die Karriere der Künstler zu einem nicht geringen Teil abhängig vom Wohlwollen und Urteilsvermögen des entsprechenden „Fachmanns“ ist, der nicht mal zwingend eine solcher sein muss. Ein Umstand, den man einfach so hinnehmen muss? Eigentlich schon. Außer, man lässt das Pack dafür bluten.


"Der Kaufman von Venedig" mit alternativem Ende.
In „Theater des Grauens“ begibt sich Vincent Price als – seiner bescheidenen Meinung völlig zu Unrecht -  vom Feuilleton zerrissener und seiner unzähligen Glanzleistungen nicht entsprechender gewürdigter Shakespeare-Darsteller Edward Lionheart auf einen Rachefeldzug gegen eben diese selbstgerechten Schreiberlinge. Doch ein Genie seiner Klasse gibt sich selbstverständlich nicht mit einfachen Morden zufrieden. Um den Opfern sein Können und ihre fachliche Inkompetenz im letzten Moment ihres Daseins noch einmal süffisant aufs Brot zu schmieren, inszeniert er ihr Ableben nach den Stücken William Shakespeares, in denen es zum Teil wenig zimperlich zuging. Eine schöne Ausgangslage, welche von Douglas Hickox und Vincent Price mit unverkennbarem Spaß an der Sache zelebriert wird. Vielleicht eine kleine Genugtuung für eigene, unangenehme Erfahrungen mit der schreibenden Zunft. An dem scheinbar wenig geschätzten Berufsstand wird kaum ein gutes Haar gelassen, mit Ausnahme des von Ian Hendry verkörperten Devlin werden alle potenziellen Opfer als überhebliche, selbstverliebte und im Grunde genommen unfähige Figuren skizziert, eher karikiert. Dem Zuschauer werden nicht sie, sondern der eigentliche Schurke Lionheart als Sympathieträger dargeboten. Price agiert außerordentliche spielfreudig und darf mal wieder in unzählige Kostüme und Masken schlüpfen, was er in seiner Karriere ja häufiger tat. Als ernster Horrorfilm versteht sich „Theater des Grauens“ selbstverständlich nicht und garniert seine erstaunlich blutigen Mordszenen mit bissigem wie auch flapsigem Humor, der allerdings nicht immer hundertprozentig gelungen ist.


Die unbekannte Shakespeare-Figur: Detlef, der Friseur
Mitunter etwas zu albern und schrill geht es hier zu, allein der Auftritt von Price als tuntiger 70er-Jahre-Friseur mit buschigem Riesen-Afro schießt deutlich übers Ziel hinaus. Dem steht dafür ein grundsätzlich ziemlich schwarzer Humor gegenüber, der über solche Ausrutscher hinwegtrösten kann. Wer jetzt aufgrund mangelnder Shakespeare-Kenntnisse abgeschreckt von dem Plot sein könnte, kann beruhigt werden. Diese sind nicht erforderlich, werden die entsprechenden Werke und Bezüge jeweils erklärt, es schadet natürlich keinesfalls und kann sicher in diversen Momenten für eine gewisse Vorfreude sorgen, wenn einem schon vorschwebt, mit welcher Gemeinheit demnächst zu rechnen ist. Auch ohne größeres Hintergrundwissen macht das einen Heidenspaß und bildet das Kernstück des Films, der sonst auch gar nicht viel zu bieten hat. Von einem Mord zum nächsten verstreicht kaum Zeit, dem Zehn-kleine-Negerlein-Prinzip wird sich praktisch ohne Abweichungen gewidmet. Dem Tempo ist das sehr förderlich, Spannung oder gar eine ausgeklügelte Geschichte sollte jedoch nicht erwartet werden. „Theater des Grauens“ ist nicht mehr als ein leicht morbider Spaß, der realistisch Betrachtet nur über eine gute Idee verfügt, diese dafür genüsslich und tatsächlich unterhaltsam auf 100 Minuten auszuwalzen weiß. Dem durch das modernen Horrorkino geprägtem Zuschauer dürfte das wohl zu bunt, verspielt und trotz einigen drastischen Momenten nicht heftig genug sein. Für die ist der Film auch nicht gemacht.


„Theater des Grauens“, ein netter Joke in Spielfilmlänge. Schön ausgestattet, heiter gespielt und mit einem breiten Grinsen wie offensichtlicher Freude vorgetragen. Für Vincent-Price-Fans unverzichtbar, der Rest kann auch absolut seine Freude daran haben, wenn man auf leichte, humorvolle Horror-Unterhaltung mit dezenter Staubschicht steht. Zu kritisch sollte man mit dem Film eh nicht sein. Vincent Price wäre nicht zum ersten Mal von den Toten zurückgekehrt…

6 von 10 herzhaft gefüllten Pasteten

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