Review: TRAUMA - Im Schatten des eigenen Genies



Fakten:
Trauma (Aura)
IT, USA, 1993. Regie: Dario Argento. Buch: Franco Ferrini, Gianni Romoli, Dario Argento, Ted Klein, Ruth Jessup. Mit: Christopher Rydell, Asia Argento, James Russo, Piper Laurie, Frederic Forrest, Brad Dourif, Dominique Serrand, Isabell Monk u.a. Länge: 105 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
David rettet den Teenager Aura vor einem Selbstmordversuch. Das verstörte Mädchen wir zurück in ihr Elternhaus gebracht, wo ihre Mutter, ein Medium, am selben Abend eine Séance durchführt, um einen Serienkiller aufzuspüren. Dieser enthauptet Aura’s Eltern kurz darauf. David nimmt sich dem Mädchen an, ihre Suche nach dem „Kopfmörder“ führt zu einem erstaunlichen Ende…




Meinung:
Der Genre-Traum ist aus, der Giallo tot und begraben und niemand anderes als Dario Argento nagelt sich gleich mit ans Kreuz. Bezeichnend, dass ausgerechnet einer der Meister dieses Fachs unverkennbar aufzeigt, dass die Glanzzeiten vorbei waren und selbst ein einstiger Magier nur noch tote Karnickel aus dem verstaubten Zylinder zu zaubern vermag.


"Ich kann das Köpfchen sehen..."
Mit „Terror in der Oper“ setzte Argento 1987 ein letztes Ausrufezeichen, als das Genre eigentlich schon brach lag. Die in ihn gesetzten Hoffnungen, doch noch die einstige Schmuddel-Kunstform reanimieren zu können, demontiert er mit „Trauma“ eindrucksvoll (?) selbst. Der (deutsche) Titel ist Programm und böses Omen zugleich. Maximal lässt sich diesem Humbug anrechnen, dass Argento durchaus versucht, den Geist seiner früheren Filme aufleben zu lassen. Problematisch: Er scheint sein Handwerk komplett verlernt zu haben. Von ausgeklügelter Finesse und inszenatorischer Kunst keine Spur, eher gelingt ihm ein schon einzigartiges Kunststück: Er kopiert sich so unbeholfen und planlos selbst, als wenn er im Laufe der Jahre zu seinem eigenen, enthusiastischen, allerdings untalentierten Fan-Boy mutiert wäre. Wenn man dagegen die unglaublich billige und dilettantische Hommage „Symphony in Blood Red“ von Luigi Pastore aus dem Jahr 2010 sieht, ist das hier nur rein theoretisch besser. Praktisch auf dem gleichen „Niveau“. Während ein Pastore mit sichtlich unzureichenden Mitteln und sehr begrenztem Talent sich ehrwürdig vor dem alten Schaffen des Argento verbeugte – und aufgrund von Unfähigkeit einfach umkippte -, will das große Vorbild offensichtlich an seine besten Zeiten anknüpfen, scheint nur gänzlich vergessen zu haben, was denn daran mal so grandios war. Von visuellen und akustischen Glanzleistungen ist das so meilenweit entfernt wie von einer schlüssigen Geschichte, die nicht mal als Kriterium von Relevanz ist, bezogen auf das Sujet.


Reif für die Klinik: Asia Argento.
„Trauma“ taumelt tapsig zwischen einer völlig haarsträubenden Geschichte, miserablen (Haupt)Darstellern (angeführt vom holden Töchterlein Asia Argento, mit der der stolze Papa öfter ohne objektives Auge seine Filme noch zusätzlich verhunzt, eine Zumutung sondergleichen), kränklich bemühten Referenzen an die eigenen Werke und – so traurig das ist – handwerklichen Armutszeugnissen, dass es einem nicht mal in den Sinn kommt, sich die wenigen (nennen wir es mal) Vorzügen schön zureden. Klar, narrativ wie von der Story generell ist das nicht wesentlich besser oder schlechter als zwanzig Jahre zuvor, nur spielte das damals keine Geige. Gelegentliche Ego-Perspektiven erinnern noch am ehesten an die glorreichen Zeiten, von genialen Inszenierungstechniken sonst keine Spur, teilweise mies geschnitten, kein experimentelles Spiel mit Kamera und Ausleuchtung, unspektakuläre, hastige Mordszenen, von denen höchstens die Erste noch eine Chance auf mehr versprüht. Ab dann stehen eher die krude, wirre Handlung, eine Menge unfreiwilliger (und in dem Fall eher Galgen-)Humor im Fokus, inklusive total deplatzierter Kinder-Krimi-Einlagen, Kalle Blomquist im Giallo, auch nur eine Randerscheinung, dafür total daneben. Es ist schmerzlich zu spüren, wie Argento sich an dem eigenen Output versucht, ohne jemals auch nur dessen Klasse zu tangieren. Als wenn hier eine ganz anderer Mann am Werk wäre, womit wir wieder beim Luigi Pastore-Vergleich wären. Technisch klar besser, gemessen am allgemeinen Rahmen deshalb nicht weniger schlimm.


Zu allem Überfluss werden hier sogar (halbwegs) bekannte und nicht gerade schlechte US-B-Stars gnadenlos verpulvert. James Russo („Es war einmal in Amerika“, „Unter Brüdern“), Brad Dourif („Einer flog über das Kuckucksnest“, „Chucky – Die Mörderpuppe“ und noch viel mehr), Frederic Forrest ("Apocalypse Now") oder Piper Laurie („Carrie – Des Satans jüngste Tochter“) verkommen zu Knallchargen, die wohl alle gerne mit der Legende drehen wollten und dann so was dafür bekamen. Retro-Ansatz hin oder her, scheinbar verpasste Argento den Punkt, um den Charme vergangener Zeiten mit halbwegs modernen Mitteln zu kreuzen, die Chimäre daraus ist eine Totgeburt. Verpatzt seine möglichen Stärken und lässt nur noch einen peinlich berührten Blick auf seine offenkundigen Schwächen. Hätte der Mann genau diese Geschichte zwanzig Jahre vorher mit dem damaligen Esprit und Können gedreht, so was von egal. Die Zeiten waren vorbei, der drastische Beweis.

3 von 10 abgetrennten Köpfen

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