Review: AGUIRRE, DER ZORN GOTTES - Die Erde, über die ich gehe, sieht mich und bebt!



                                                                     

Fakten:
Aguirre, der Zorn Gottes
BRD, MX, PE, 1972. Regie & Buch: Werner Herzog. Mit: Klaus Kinski, Helena Rojo, Del Negro, Ruy Guerra, Peter Berling, Cecilia Rivera, Daniel Ades, Edward Roland, Alejandro Chavez, Armando Polanah, Nastassja Kinski u.a. Länge: 95 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Im 16. Jahrhundert begibt sich ein Trupp spanischer Konquistadoren auf die Suche nach dem legendären Goldschatz von El Dorado im Regenwald des Amazonas. Die strapaziöse Mission endet in einer Meuterei, der herrschsüchtige Aguirre ergreift das Kommando. Getrieben von seinem Ehrgeiz, seiner Gier und seinem realitätsfremden Geltungsbedürfnis, treibt er seine verbliebenen Untergebenen in den sicheren Tod.


                                



Meinung:
"Wenn ich, Aguirre, will das die Vögel tot von den Bäumen fallen, dann fallen die Vögel tot von den Bäumen herunter! Ich bin der Zorn Gottes! Die Erde, über die ich gehe, sieht mich und bebt!"

"Nehm ich, wie viel?"
Ein, in allen Belangen, Wahnsinnsfilm von Werner Herzog. Unter unglaublichen Bedingungen, für die heute lächerliche Summe von 350.000 Dollar gedreht, ist ein Film entstanden, wie er heute nie mehr gedreht werden würde. Die Geschichte einer Expedition durch den dichten Dschungel des Amazonasgebietes lässt von Anfang an nur ein mögliches Ende zu: Tot und Wahnsinn. Die letzte Einstellung, wenn die Kamera um das vom Tod heimgesuchte Floß kreist und Aguirre in seinem Wahn darüber stolziert, fängt dies alles mit einer selten gesehenen Intensität ein. Intensiv ist das Stichwort für das gesamte Werk. Schon in den ersten Szenen wird klar, was für ein physisch und psychisch belastender Kraftakt die Produktion war. Wenn sich der Zug durch das grüne Dickicht des Dschungels und hüfthohen Schlamm kämpft, dabei so dicht und hautnah von der Kamera begleitet, dass es sich anfühlt, als würde man selber dabei sein, ist das so authentisch, wie man es selten zuvor und danach erlebt hat, und das ist erst der Anfang. Es folgen atemberaubende Aufnahmen auf einem reißerischen Fluss, die Kamera ist immer mitten drin, die dadurch vermittelte Kraft ist unglaublich. Was Bilder, Sets und Atmosphäre angeht, ist "Aguirre, der Zorn Gottes" ein einzigartiges Erlebnis. Die gesamte Detailverliebtheit und akribische Umsetzung sucht ihresgleichen.


Only God Forgives, wenn überhaupt.
Die Naturkulisse könnte als Star des Films bezeichnet werden, wenn da nicht die andere Naturgewalt Klaus Kinski wäre. Allein sein physisches Spiel und seine grandiose Ausstrahlung lassen ihn wahrhaft wie den Zorn Gottes wirken. Ein Vulkan, der nur an wenigen Stellen ausbricht, dann aber mit einer Wucht, die, wie man weiß, nicht mal gespielt war. Ein Wahnsinniger, Fluch und Segen zugleich für jeden Filmemacher. Eine unmöglich zu bändigende Bestie, tatsächlich nicht ungefährlich für die armen Seelen, die mit ihm drehen mussten (an der Stelle sei der Audiokommentar der DVD empfohlen, der alles das bestätigt, was sich schon anhand der Bilder erahnen lässt), die dafür aber einen Film mit Szenen beschenkte, wie sie sonst wohl nie hätten entstehen können.


Herzog & Kinski ist ein Meisterwerk gelungen, das einen nach 40 Jahren noch so schwer beeindruckt und fesselt, dass es einen traurig stimmt, warum der deutsche Film seit Jahrzehnten nichts Vergleichbares hervorbringen konnte. Wie schon erwähnt, 350.000 Dollar Budget, alles handgemacht, ohne Tricks und an authentischen Schauplätzen gedreht, wer kann oder will das heute noch? Til Schweiger bestimmt nicht.

9 von 10 Zwiegesprächen mit einem Affen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen