Review: POMPEJI 3D – Paul W.S. Anderson lässt den Vesuv Brocken speien



Fakten:
Pompeji 3D
USA, Kanada, BRD. 2014. Regie: Paul W.S. Anderson.
Buch: Janet Scott Batchler, Lee Batchler, Michael Robert Johnson. Mit: Kit Harrington, Emily Browning, Carrie-Anne Moss, Jessica Lucas, Adewale Akinnuoye-Agbaje, Kiefer Sutherland, Jared Harris, Sasha Roiz, Dalmar Abuzeid u.a. Länge: 102 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 7. August 2014 auf DVD, Blu-ray und 3D Blu-ray erhältlich.


Story:
Sklave Milo muss als Gladiator um sein Leben kämpfen und für seine Freiheit kämpfen. Als er nach Pompeji geschickt wird, um dort in einer Gladiatorenschule zu arbeiten, lernt er Cassia kennen. Die beiden verlieben sich ineinander. Doch die hübsche Cassia ist wegen ihrem Adelstand für Milo außer Reichweite. Als die verbotene Liebe entdeckt wird, scheint dies die größte Katastrophe zu sein. Denkste. Mutter Natur hat die Hosen an und lässt den Vulkan Vesuv ausbrechen.





Meinung:
Wenn es um das moderne Blockbusterkino geht, dann gibt es zwei Künstler, die sich in aller Regelmäßigkeit der Schelte der Kritiker unterziehen müssen: Michael Bay, der mit „Transformers 4 – Ära des Untergangs“ frisch die Milliardenmarke geknackt hat, und Paul W.S. Anderson, der mit seiner filmischen Vergewaltigung der „Resident Evil“-Videospielreihe (fünffach, wohlgemerkt) auf ewig den Unmut der Zockergemeinde zu verbuchen hat und lange nicht die massiven kommerziellen Erfolge einfahren darf, wie es Boom-Boom-Bay mit seinen hochbudgetierten Materialschlachten mühelos bewerkstelligt. Wohingehend Michael Bay schon seit Jahren keinen (im Ansatz) gescheiten Film mehr auf die Beine gestellt hat und in seiner blanken Misanthropie grundsätzlich nur Abstoßung (re-)produziert, hat Paul W.S. Anderson immerhin noch das Zeug dazu, einen entwaffnend-infantilen Spaß wie „Die drei Musketiere“ zu inszenieren. Die Hoffnungen, das Paul W.S. Anderson eben nicht nur seine handwerkliche Finesse zur Schau stellt, sondern darüber hinaus auch zu unterhalten weiß, sind dementsprechend fortwährend gegeben.


Atticus und Milo müssen sich noch nur gegen Menschen behaupten
Mit „Pompeji 3D“, dessen thematisches Fundament der plinianische Ausbruch im Jahres 79. nach Christus gibt, hat es Paul W.S. Anderson durchaus zustande gebracht, ein, unterzieht man „Pompeji 3D“ einen, recht gemeinen, stimmt, Vergleich mit seinem desaströsen „Resident Evil“-Franchise (speziell Teil 2!), durchaus „nettes“ Erlebnis zu schaffen. Gewiss kann man „Pompeji 3D“ nicht von allen Fehlern freisprechen, so sind alle Figuren bloße, funktionale Schablonen, die sich entweder zu einer durchtriebenen oder einer idealistischen Attitüde bekennen. Milo (Kit Harington, „Game of Thrones“) ist der Held wider Willen, der 17 Jahre zuvor miterleben musste, wie die römischen Truppen im nördlichen Britannien einen Aufstand keltischer Reiterstämme niederrannten, zu dem auch die Eltern Milos gehörten. Daraufhin wird Milo unter die Fittiche eines Sklavenhändlers genommen, wo er sich als Gladiator schnell einen Namen macht und nach Pompeji verfrachtet wird, wo er schon bald den Mann wieder trifft, der das einstige Massaker an seinem Volk veranlasst hat: Senator Corvus (Kiefer Sutherland, „Melancholia“). Von Rache, dem Kernmotiv des Films, getrieben, findet Kit auch zur Liebe.


Cassia und Milo versuche dem Tod zu entkommen
Psychologisch verkehrt „Pompeji 3D“ auf Vorschulniveau, verleiht seinen Figuren zwar eine gewisse Physis, lässt charakterliche Tiefe in aller Bequemlichkeit unberührt und konstruiert sich eine Love-Story zurecht, die so aufgesetzt und befremdlich daherkommt, dass es dem Drehbuch einfach unmöglich scheint, dem Pärchen Kit und Cassia (Emily Browning, „Seelen“) etwas Emotionalität oder Glaubwürdigkeit zu injizieren – Ihr Techtelmechtel findet den hochnotpeinliches Höhepunkt in der symbolischen, ja, in ihrer geschmacklosen Darstellung historisch-motivierten, Schlusseinstellung. Pferdeflüsterer Kit darf sich, bis es erst mal soweit ist, zwischendurch etwas Männerpathos im Sklavenkäfig gönnen, wenn er mit Atticus (Adewale Akinnuoye-Agbaje, „Lost“) über ausgefeilte Kampftechniken schwadroniert, um dann in der Arena in getriebener Gnadenlosigkeit einen Gegner nach dem anderen abzuschlachten: „Pompeji 3D“ ist blutarm, aber nicht unbrutal, dafür zeichnet sich Andersons (zumeist) gutes Gespür für dynamisch gefilmte wie geschnittene Kampfszenen aus. Allgemein lebt „Pompeji 3D“ von einer ausgesprochen kompetenten Visualität, die die ersten Impressionen, man könne es mit einer TV-Gurke der Marke „Der Held der Gladiatoren“ zu tun bekommen, schnell aus dem Weg räumt.


Bricht der Vulkan aus, zeigt Anderson seine technische Raffinesse: Die Tiefe der Aufnahmen wird ausgelotet, die imaginierte Rekonstruktion des antike Pompeji entblättert ihre Qualitäten, und wenn die Kamera immer wieder zurück in die Vogelperspektive springt, um die Ausmaße der Katastrophe zu illustrieren, dann besitzt „Pompeji 3D“ optisch eine Epik, die der orchestrale Score von Clinton Shorter eben auch verspricht. Die enorme Aschewolke, der Feuerregen, die Krater, die riesige Welle, die Pompeji überschwemmt, generieren schon einige famose Illustrationen und bleiben auch bis zum nächsten Morgen im Gedächtnis haften. Was man von den Figuren (auch wenn die Frauenfigur der Cassia angenehm emanzipiert erscheint), ihren Namen oder den „Dialogen“ nicht sagen kann: Da ist alles, was sich aus dem Mündern quetscht, nur bloßen BlaBla. Schlussendlich ist „Pompeji 3D“ irgendwo nettes, aber selbstredend wenig relevantes Blockbusterkino. Aber: Es ist einer von Paul W.S. Andersons besseren Filmen. Vielleicht beim nächsten Mal erneut ohne Gattin Milla Jovovich?


4 von 10 anmutig weißen Pferden


von souli

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