Review: WOLFEN - Natur funktioniert, wir nicht



Fakten:
Wolfen
USA, 1981. Regie: Michael Wadleigh. Buch: David Eyre, Michael Wadleigh, Whitley Strieber. Mit: Albert Finney, Diane Venora, Edward James Olmos, Gregory Hines, Tom Noonan, Dick O’Neill, Dehl Berti, Peter Michael Goetz u.a. Länge: 110 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
Im New Yorker Battery Park werden die grausam verstümmelten Leiche den Immobilienmoguls van der Veer, seiner Frau und deren Chauffeurs gefunden. Die Ermittlungen von Detective Dewey Wilson zielen zunächst auf einen terroristischen Akt einer Untergrundgruppe ab, weswegen die in dem Bereich spezialisierte Psychologin Rebecca Neff hinzugezogen wird. Die Ergebnisse bleiben überschaubar und noch mehr Verwirrung kommt auf, als ein ähnlicher Mord an einem Obdachlosen eine erstaunliche Parallele zu ihrem Fall aufweist: Haare, die an den Opfern gefunden wurden. Keine menschlichen Haare…





Meinung:
„In seiner Arroganz weiß der Mensch nicht, was neben ihm existiert…“

1981 war ein goldenes Jahr für den Wolf im Film. John Landis feierte mit „American Werwolf“ einen weltweiten Hit, der sogar (absolut verdient) mit dem Oscar für das beste Make-Up ausgezeichnet wurde. Bis heute gilt dieser Film als eines der Alphatiere auf seinem Gebiet, auch da mag man kaum wiedersprechen. Wenn man ihm etwas ankreiden kann (bis auf das Ende, anderes Thema), dann am ehesten seine unfreiwillige Mitschuld daran, dass der eigentlich bessere Film „Wolfen“ etwas unterging und heute lange nicht so bekannt ist. Dabei lassen sich beiden Werke kaum vergleichen und haben ganz andere Ansätze, Schwerpunkte und genau genommen sogar eine völlig andere Thematik. Genau das macht den Unterschied und „Wolfen“ zum ungekrönten Punktsieger in einem Duell auf hohem Niveau.


"Schatz, ich schaff's nicht zum Essen..."
Lykanthropie steht selbstverständlich auch hier im Vordergrund, mit einem klassischen Werwolf-Film hat „Wolfen“ allerdings nur auf den ersten und auf den zweiten Blick nur rein oberflächlich zu tun. Oder eher gar nichts. Anfangs noch vorschnell als solcher einzuordnen, entwickelt sich zusehends ein etwas anderes, spezielles Rudel. Eine interessante Kombination aus Krimi, Horrorfilm, Paranoia-, Suspense- und Mysterythriller, die geschickt mit Erwartungshaltungen, sozialkritischen und durchaus moralisch geprägten Elementen spielt, ohne durch diesen „Belehrungsansatz“ auf den Wecker zu fallen. Sie werden sich schlicht zu Nutze gemacht, um eben nicht den zu erwartenden, typischen „Werwolf“-Film zu zeigen. Ein mythisches Schauermärchen auf urbanen Terrain, welches nicht nur durch seinen interessanten Grundgedanken, sondern mindestens im gleichen Maße durch seine beeindruckend dichte Atmosphäre und die grandiose Inszenierung punkten kann. Die South Bronx als Wälder aus Beton und Stahl, Ruinen der modernen Zivilisation als Sinnbild für die Zerstörung des ursprünglichen Gleichgewichts, werden zu den Jagdgründen derer, die sich nicht ausrotten und in Reservate pferchen ließen, die nicht durch den High-Tech-Overkill der modernen Welt aufzuspüren und zu überführen sind. Sie waren lange vor uns da und werden es vielleicht immer sein. Michael Wadleigh taucht die territoriale Verteidigung in düstere Bilder und lässt durch die Augen der Jäger blicken, braucht keine spektakulären Effekte, sondern lässt den Effekt seiner Inszenierung wirken. Es bedarf keiner aufgesetzten Schocks und zahlreicher Tötungen, wenn man so virtuos die Geschichte erzählen und entsprechend umsetzten kann.


All das findet seinen Höhepunkt in dem grandiosen Finale, visuell ein Genuss, mit gespenstischer Aura und treffsicherer Wirkung. Der gute Cast mit Albert Finney, Diane Venora, Edward James Olmos und Gregory Hines tut sein Übriges dazu. Besonders bemerkenswert: Wo andere Filme sich schon locker mit ihren weltverbesserischen Gedanken und fuchtelnden Zeigefingern selbst ins Knie gef… haben, nervt „Wolfen“ nicht eine Sekunde und verwebt diesen Aspekt wie selbstverständlich als immens wichtigen Baustein seiner Geschichte. Nicht diese klebrige, schnell hinten dran gekleisterte „Was-lernen-wir-daraus?“-Sülze, nur dadurch ist das ein sehr eigenständiger, einnehmender und auch mutiger Film. Kein ganz simples Horrorfutter, noch lange kein Arthouse, nur ein wunderbar anderer Vertreter seines Subgenres, der nicht mal richtig dazu gehört. Der Wolf im Werwolfspelz. Super.

8 von 10 bösen (?) Wölfen

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