Review: ABSOLUTE GIGANTEN - Letzte Runde unter Freunden



Fakten:
Absolute Giganten
BRD, 1999. Regie & Buch: Sebastian Schipper. Mit: Frank Giering, Florian Lukas, Antoine Monot, Jr., Julia Hummer, Jochen Nickel, Albert Kitzl, Guido A. Schick, Gustav-Peter Wöhler, Silvana Bosi, Johannes Silberschneider, Barbara de Koy u.a. Länge: 77 Minuten. FSK: Freigegeben ab 6 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Floyd, Ricco und Walter sind drei Mitzwanziger aus Hamburg, die seit ihrer Jugend beste Freunde sind und jeden freien Moment miteinander verbringen. Plötzlich überrumpelt Floyd seine Kumpels mit der Ankündigung, am nächsten Morgen Hamburg in Richtung Kapstadt verlassen zu wollen…für immer. Nach dem ersten Schock beschließen die Jungs, es in ihrer letzten gemeinsamen Nacht noch einmal richtig krachen zu lassen. Und tatsächlich wird es eine Nacht voller Höhen und Tiefen, die sie wohl nie wieder vergessen werden.






Meinung:
„Drei Mal alles!“

Das sollen Sinnsucher Floyd, Möchtegern-Rapper Ricco und der Knuddelbär Walter auch bekommen, nicht nur im Burgerladen. Ihre letzte gemeinsame Nacht in den Straßen Hamburgs gibt ihnen noch ein  Mal alles. Schwere Melancholie, Wutausbrüche, Trauer, aber auch Adrenalin, pure Lebensfreude, Spaß, Gemeinschaftsgefühl und generell alles, was echte Kumpels ausmacht. Sebastian Schipper bringt all dies in seiner kleinen, schönen Ode an wahre Freundschaft und die Perle Hamburg in nur knapp 77 Minuten auf den Punkt. Sentimental, aber nie verkrampft oder steif, sondern von Grund auf ehrlich, liebenswert und mit dem präzisen Gespür für die richtigen Töne zur rechten Zeit.


Frische Luft bei 180 km/h, da sollte man lieber den Mund zu machen.
Sein Film kommt nüchtern betrachtet mit relativ wenig Handlung aus, doch was dahinter steht, das Gefühl, das ist die eigentliche Geschichte von „Absolute Giganten“. Ein Gefühl, welches jeder nachvollziehen kann oder es irgendwann können wird. Dann, wenn dieser Punkt im Leben kommt, wenn sich plötzlich alles ändert. Wenn große Jungs mit der Realität konfrontiert werden. Mit der Tatsache, dass abseits ihrer matschigen Bolzplätze, den überfüllten Plattenbauwohnungen, den beschissenen Jobs und dem liebgewonnenen wie gleichzeitig verteufelten Alltagstrott noch eine andere Welt existiert. Nun ist der Zeitpunkt gekommen, an denen einer von ihnen dies alles hinter sich lassen will. Etwas Neues erleben, auf der Suche nach mehr im Leben. Was aber auch heißt, seine Freunde ebenso hinter sich lassen zu müssen. Was als sicher und beständig – als selbstverständlich – gesetzt schien, soll morgen schon Vergangenheit sein. Noch eine Nacht, um nochmal alles zu erleben, zu teilen, auf die Kacke zu hauen und sich bewusst zu werden, dass auch in der eigentlichen Perspektivlosigkeit doch etwas liegt, was man niemals missen möchte und es trotzdem vielleicht doch muss, um voran zu kommen.


Schipper schickt mit dem leider viel zu früh verstorbenen Frank Giering, Florian Lukas und Antoine Monot, Jr. drei wunderbar harmonierende, authentische Darsteller auf diese letzte Reise, die alle Facetten bereithält. Zwischen den größten Triumphen und niederschmetternden Tiefschlägen liegen gefühlt nur Sekundenbruchteile. Herzliche, komische Momente wechseln sich ab mit empathischer Melancholie, die nahe geht, nachvollziehbar ist, ohne wie ein schwerer Stein zu tief runter zu ziehen. Vor wütenden Schaustellern flüchten, sich im Technoclub die Kante geben, das Kicker-Duell um den vollen Einsatz spielen und immer mit dem Bewusstsein, dass nur das Hier und Jetzt zählt. Morgen geht die Sonne auf und nichts ist mehr, wie es war. Außer einer Sache: Gute Freunde bleiben es ein Leben lang, egal ob am Hafenbecken oder in Singapur. Das vermittelt Schipper, ganz selbstverständlich, schwungvoll aber auch mit der nötigen Zurücknahme. Man wird mit gemischten Gefühlen zurück gelassen: Glücklich, zufrieden und trotzdem traurig berührt durch die Erkenntnis, dass dies wohl das Endspiel war. Vielleicht, denn ein Hintertürchen lässt er sich. Doch ob so oder so, es zählt was er bewirkt.


Kein Film über ziemlich beste, sondern WIRKLICH beste Freunde und das, was diese ausmacht. Gute Darsteller, sympathische Figuren und unendlich viel Lokalkolorit, mit tollen Impressionen der Hansestadt (inklusive Gastauftritt von „Fünf Sterne Deluxe“-Mitglied Marcnesium als Rasta-Raver). Melancholisches Feel-Good-Movie ohne Zuckerguss und anbiederndes Geschleime. Eine Wohltat.

7 von 10 Torwarttoren

2 Kommentare:

  1. ... und nicht zu vergessen mit der großartigen Julia Hummer in der weiblichen Hauptrolle. Ein gar wunderbarer Film. :)

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  2. Wollte die Leistung der jungen Dame natürlich nicht unter den Tisch fallen lassen.

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