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Review: TRAUMA - Im Schatten des eigenen Genies

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Fakten:
Trauma (Aura)
IT, USA, 1993. Regie: Dario Argento. Buch: Franco Ferrini, Gianni Romoli, Dario Argento, Ted Klein, Ruth Jessup. Mit: Christopher Rydell, Asia Argento, James Russo, Piper Laurie, Frederic Forrest, Brad Dourif, Dominique Serrand, Isabell Monk u.a. Länge: 105 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
David rettet den Teenager Aura vor einem Selbstmordversuch. Das verstörte Mädchen wir zurück in ihr Elternhaus gebracht, wo ihre Mutter, ein Medium, am selben Abend eine Séance durchführt, um einen Serienkiller aufzuspüren. Dieser enthauptet Aura’s Eltern kurz darauf. David nimmt sich dem Mädchen an, ihre Suche nach dem „Kopfmörder“ führt zu einem erstaunlichen Ende…




Meinung:
Der Genre-Traum ist aus, der Giallo tot und begraben und niemand anderes als Dario Argento nagelt sich gleich mit ans Kreuz. Bezeichnend, dass ausgerechnet einer der Meister dieses Fachs unverkennbar aufzeigt, dass die Glanzzeiten vorbei waren und selbst ein einstiger Magier nur noch tote Karnickel aus dem verstaubten Zylinder zu zaubern vermag.


"Ich kann das Köpfchen sehen..."
Mit „Terror in der Oper“ setzte Argento 1987 ein letztes Ausrufezeichen, als das Genre eigentlich schon brach lag. Die in ihn gesetzten Hoffnungen, doch noch die einstige Schmuddel-Kunstform reanimieren zu können, demontiert er mit „Trauma“ eindrucksvoll (?) selbst. Der (deutsche) Titel ist Programm und böses Omen zugleich. Maximal lässt sich diesem Humbug anrechnen, dass Argento durchaus versucht, den Geist seiner früheren Filme aufleben zu lassen. Problematisch: Er scheint sein Handwerk komplett verlernt zu haben. Von ausgeklügelter Finesse und inszenatorischer Kunst keine Spur, eher gelingt ihm ein schon einzigartiges Kunststück: Er kopiert sich so unbeholfen und planlos selbst, als wenn er im Laufe der Jahre zu seinem eigenen, enthusiastischen, allerdings untalentierten Fan-Boy mutiert wäre. Wenn man dagegen die unglaublich billige und dilettantische Hommage „Symphony in Blood Red“ von Luigi Pastore aus dem Jahr 2010 sieht, ist das hier nur rein theoretisch besser. Praktisch auf dem gleichen „Niveau“. Während ein Pastore mit sichtlich unzureichenden Mitteln und sehr begrenztem Talent sich ehrwürdig vor dem alten Schaffen des Argento verbeugte – und aufgrund von Unfähigkeit einfach umkippte -, will das große Vorbild offensichtlich an seine besten Zeiten anknüpfen, scheint nur gänzlich vergessen zu haben, was denn daran mal so grandios war. Von visuellen und akustischen Glanzleistungen ist das so meilenweit entfernt wie von einer schlüssigen Geschichte, die nicht mal als Kriterium von Relevanz ist, bezogen auf das Sujet.


Reif für die Klinik: Asia Argento.
„Trauma“ taumelt tapsig zwischen einer völlig haarsträubenden Geschichte, miserablen (Haupt)Darstellern (angeführt vom holden Töchterlein Asia Argento, mit der der stolze Papa öfter ohne objektives Auge seine Filme noch zusätzlich verhunzt, eine Zumutung sondergleichen), kränklich bemühten Referenzen an die eigenen Werke und – so traurig das ist – handwerklichen Armutszeugnissen, dass es einem nicht mal in den Sinn kommt, sich die wenigen (nennen wir es mal) Vorzügen schön zureden. Klar, narrativ wie von der Story generell ist das nicht wesentlich besser oder schlechter als zwanzig Jahre zuvor, nur spielte das damals keine Geige. Gelegentliche Ego-Perspektiven erinnern noch am ehesten an die glorreichen Zeiten, von genialen Inszenierungstechniken sonst keine Spur, teilweise mies geschnitten, kein experimentelles Spiel mit Kamera und Ausleuchtung, unspektakuläre, hastige Mordszenen, von denen höchstens die Erste noch eine Chance auf mehr versprüht. Ab dann stehen eher die krude, wirre Handlung, eine Menge unfreiwilliger (und in dem Fall eher Galgen-)Humor im Fokus, inklusive total deplatzierter Kinder-Krimi-Einlagen, Kalle Blomquist im Giallo, auch nur eine Randerscheinung, dafür total daneben. Es ist schmerzlich zu spüren, wie Argento sich an dem eigenen Output versucht, ohne jemals auch nur dessen Klasse zu tangieren. Als wenn hier eine ganz anderer Mann am Werk wäre, womit wir wieder beim Luigi Pastore-Vergleich wären. Technisch klar besser, gemessen am allgemeinen Rahmen deshalb nicht weniger schlimm.


Zu allem Überfluss werden hier sogar (halbwegs) bekannte und nicht gerade schlechte US-B-Stars gnadenlos verpulvert. James Russo („Es war einmal in Amerika“, „Unter Brüdern“), Brad Dourif („Einer flog über das Kuckucksnest“, „Chucky – Die Mörderpuppe“ und noch viel mehr), Frederic Forrest ("Apocalypse Now") oder Piper Laurie („Carrie – Des Satans jüngste Tochter“) verkommen zu Knallchargen, die wohl alle gerne mit der Legende drehen wollten und dann so was dafür bekamen. Retro-Ansatz hin oder her, scheinbar verpasste Argento den Punkt, um den Charme vergangener Zeiten mit halbwegs modernen Mitteln zu kreuzen, die Chimäre daraus ist eine Totgeburt. Verpatzt seine möglichen Stärken und lässt nur noch einen peinlich berührten Blick auf seine offenkundigen Schwächen. Hätte der Mann genau diese Geschichte zwanzig Jahre vorher mit dem damaligen Esprit und Können gedreht, so was von egal. Die Zeiten waren vorbei, der drastische Beweis.

3 von 10 abgetrennten Köpfen

Review: CARRIE – DES SATANS JÜNGSTE TOCHTER - Das scheue Reh, der grausame Engel, der manierierte Onkel

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Fakten:
Carrie – Des Satans jüngste Tochter
USA. 1976. Regie: Brian De Palma.
Buch: Lawrence D. Cohen, Stephen King (Vorlage). Mit: Sissy Spacek, Amy Irving, Piper Laurie, Nancy Allen, John Travolta, William Katt, P.J. Soles, Priscilla Pointer u.a. Länge: 94 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Carrie White, sechszehn Jahre alt, ist auf ihrer Schule andauernd dem Hohn und Spott ihrer Mitschüler ausgesetzt. Da ihre religiös-fanatische Mutter Margaret sie nie aufklärte, erleidet Carrie einen Schock, als ihre Regel nach dem Schulsport zum ersten Mal einsetzt, was zur Folge hat, dass Carrie nur noch mehr unter dem Spott der anderen zu leiden hat. Doch was niemand weiß ist, dass mit ihrer Periode auch geheimnisvolle Kräfte in Carrie erwachen.





Meinung:
Der unglimpflichen Beschuldigung der Misogynie hat sich Brian De Palma schon oft genug stellen dürfen: Immer wieder müssen in seinen Filmen Frauen leiden, mal werden sie phallisch mit dem Schlagbohrer malträtiert, mal vor dem vom Feuerwerk erstrahlten Nachthimmel demonstrativ erdrosselt. Man darf diesen Szenen durchaus ein gewisses Maß an Frauenhass zugestehen, so repetitiv De Palma sich immer wieder in „Dressed to Kill“, „Blow Out“ und „Der Tod kommt zweimal" darauf bezogen hat: Frauen mussten exzessiv leiden, durften aber selber nicht (physisch) quälen. Eine derartige Debatte aber auf De Palmas ersten großen Klassiker „Carrie – Des Satans jüngste Tochter" auszuwalzen, zahlt sich schlichtweg als unnötig aus, offenbart De Palma doch hier ein wirklich aufrichtiges Interesse an seiner fragilen Hauptakteurin Carrie White. Wenn hier dann mal einer Dame eine Backpfeife in das Gesicht segelt, dann bleibt es ein gleichgeschlechtliches Unterfangen: Frauen teilen aus, Frauen stecken weg.


Mutti ist die Beste
Doch auch wenn De Palma hier offen seine Zuneigung zu Carrie White ausspricht, ist er trotzdem in der Lage, einen feministischen Stoff dieser Größenanordnung von Stephen King adäquat auf die Leinwände zu bannen? Die Antwort gleicht einem zweischneidigen Schwert: Jaein. Während sich die Kamera von Mario Tosi jede Möglichkeit ausnutzt, um sich am Körper seiner zerbrechlichen Protagonistin festzusaugen, jeden Zentimeter zu erkunden, ohne aber De Palma dabei wollüstige Absichten unterstellen zu wollen, geht die introspektiv Dynamik der Vorlage im Überdruss der technischen Finesse schnell unter. Die von Lawrence D. Cohen verfasste Kinoübersetzung von Kings Debüt, dass von seiner Kings Frau glücklicherweise aus der Mülltonne gefischt wurde, gibt sich mit stringentem Fokus auf Carrie, evoziert Stimmungen aber beinahe ausschließlich durch seine visuellen Sperenzchen: Wunderschöne, mit höchster Kompetenz durchgeführte Plansequenzen, Zeitlupen und Split-Screens, lassen das Herz des rein auf handwerkliche Aspekte blickenden Rezipienten gewiss höher schlagen, wo aber bleibt in De Palmas-Version der Diskurs über tiefe Ängste innerhalb der Adoleszenz?


Keine Sorge, das ist nicht ihr Blut.
Inmitten obligatorischer Hitchcock-Anleihen, zu denen De Palma ein bindendes Verhältnis führt, hinter seinen ästhetischen Manierismen, die den eigentlich Naturalismus der Handlung oftmals in gar prätentiöse Dimensionen versetzt, bleibt ein ehrlicher Blick auf das zerschundene Leben einer Pubertierenden, die langsam telekinetische Fähigkeiten entwickelt, deren soziale Entwicklung zur eigenständigen, autarken Persönlichkeit seit jeher exorbitante Riegel vorgeschoben wurde: Ihre Mutter, eine fundamentalistische Fanatikern, versucht ihr ihre Sexualität als Sünde vorzuenthalten, in der Schule wird Carrie als Außenseiterin jeden Tag drangsaliert und gedemütigt. Was als schrecklich unangenehme Auftakt in der Dusche beginnt, in der von ihrer Carrie ersten Periode überrascht wird und – aufgrund der fehlenden Au-klärung ihrer Anatomie – er hysterische Panikattacke verfällt, ist nur die Spitze des Eisbergs. Kumulieren wird das Szenario erst auf dem Abschlussball, der erschütternden Klimax, wenn sich das „hässliche Entlein“ zum Schwan verwandelt und wir als Zuschauer zusammen mit Carrie kurzzeitig einer rosigen Zukunft entgegenblicken dürfen. Kurzzeitig.


Der Rest ist Geschichte: Der Eimer, das Schweineblut, der Amoklauf im hermetischen Raum; Fleisch und Blut, die Flucht in die Arme der Mutter, die Stigmata, Feuer, kreischende Geigen, die Apokalypse – Fast. Die letzte halbe Stunde gibt sich als hervorragendes und paralysierendes Suspense-Kino und lässt das schüchterne Mädchen mit den fettigen Haaren und den Sommersprossen zur Täterin mutieren, welche ihrer eigenen Kraft, gebündelt als Zorn und Scham, dann doch unkontrollierbar unterlegen ist. Das Anmutige geht hier mit dem Abscheulichen oftmals Hand in Hand, eine schwülstige Romantik steht einer bitteren Drastik entgegen, einer ambivalente Dualität auf der Ton- und Bildebene, die sich heute zum metaphorischen Zeitdokument geformt hat. Effektiv, aber im Kontext seiner Hauptfigur verwerflich konträr gibt sich dann leider die letzte Szene, in der De Palma Carrie doch zum Monster degradiert, nur um einen unerwarteten Schock zu entfachen. Nein, subtil ist „Carrie“ wahrlich nur in seltenen Momenten, aber das hätte nicht sein müssen.


6 von 10 beschmierten Grabsteinen


von souli

Review: HAIE DER GROßSTADT – Das Wiegenlied von Gewinnern und Verlierern

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Fakten:
Haie der Großstadt (The Hustler)
USA. 1961. Regie: Robert Rossen. Buch: Sidney Carroll, Robert Rossen, Walter Trevis (Vorlage).
Mit: Paul Newman, Jackie Gleason, Piper Laurie, George C. Scott, Myron McCormick, Murray Hamilton, Michael Constantine, Stefan Gierasch, Clifford A. Pellow, Vincent Gardenia, Jake LaMotta u.a. Länge: 130 Minuten. FSK: freigegeen ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Unter dem Namen Fast Eddie ist der junge Billardspieler Eddie Felson stadtbekannt. Sein Talent im Spiel ist groß, so groß, dass er vorhat Minnesota Fats, dem König des Billards, zu besiegen. Doch nach fast zwei Tagen des Spielens wird Eddie dennoch besiegt. Der Zyniker Bert nimmt sich daraufhin Eddie zur Brust.





Meinung:
Jede Dekade, ach, beinahe sogar jedes Jahr darf sich mit einem von der Filmlandschaft und seinen treuen Anhängern wie Kritikern weitreichend honorierten Sportfilm mannigfacher Klasse brüsten. Da hätten wir das Boxen mit „Rocky“, "Wie ein wilder Stier“ oder auch „The Fighter“, um mit „Moneyball“, „Die Bären sind los“ oder der „Die Indianer von Cleveland“-Trilogie zum Baseball überzugehen und anschließend mit „An jedem verdammten Sonntag“ und „Spiel ohne Regeln“ Gefallen am Football zu finden. Momentan genießt Ron Howards Formel 1-Drama „Rush – Alles für den Sieg“ mit Chris Hemsworth und Daniel Brühl allerhöchste Wertschätzung und es sind nur mutige Einzelfälle von Gegenstimmen wahrnehmbar, die es sich wirklich erlauben, sich etwas vom jubelnden Kanon wegzubewegen und ihren Missmut kundzutun. Greift man allerdings tiefer in diese Sparte und hofft, auch etwas Substanzielles aus dieser Art von Film zu ziehen, dann scheitern viele Werke recht offensichtlich in der Besprechung.

 
Noch glaubt Eddie er hätte eine Chance gegen Fats
Ein Beispiel dafür ist eben auch „Rush – Alles für den Sieg“, in dem eine abstruse Rivalität herbeigedichtet wird, die als flach kalkulierte Projektionsfläche für das Charakter-Drama dienen soll, sich letztlich jedoch nur durch seine Eindimensionalität zu artikulieren weiß. Ganz anders macht es da Robert Rossens „Haie der Großstadt“ von 1961, der dem Zuschauer wirklich etwas bieten kann, weil er sich traut, ihn auch zu fordern, anstatt jede winzige Regung auf dem Silbertablett auszubuchstabieren. Im Mittelpunkt steht Eddie Felson, ein junger Mann und mehr als begabter Billardspieler. Eddie, das unterbreitet bereits das Opening, in dem unser Protagonist unzählige Whiskeys in sich schüttet, während er gleichzeitig nur darauf versessen scheint, seinen Kontrahenten bis zum Letzten das Geld aus der Tasche zu luchsen, Eddie spielt mit Leidenschaft. Doch seine Leidenschaft gilt nicht der sportlichen Herausforderung, des Sportgeistes, es geht nur schlichtweg um Geld, um Moneten, um Zaster, um den größtmöglichen Gewinn im Angesicht des größtmöglichen Risikos. Schnell wird eindeutig, dass „Haie der Großstadt“ nicht auf romantisierende Stoßgebete abzieht, nicht um den heroisierenden Konkurrenzkampf, bei dem sich im Finale die beiden Widersacher in die Arme fallen.

 
Fast Eddie hat immer den Sieg im Fokus
„Haie der Großstadt“ ist vielmehr das Wiegenlied über Gewinnen und Verlieren, für manche wohl auch der Schwanengesang, weil sie den letzten Glockenschlag in ihrer Sucht, ihrer grenzenlosen Besessenheit, nicht hören konnten – oder nicht hören wollten. Es hat gewiss etwas Anmutiges, wenn Eddie oder Minnesota Fats, in dem Eddie seinen Meister finden wird, ihre Finger um den Queue schlingen, wie zwei Violinisten, die Saiten ihrer Geige sanft zu stimmen, um sie und ihr Publikum in den nächsten Minuten, nächsten Stunden, zum Weinen zu bringen. Eddie verliert jede Menge Geld, weil er Selbstbewusstsein mit Überheblichkeit verwechselt und Minnesota Fats, ein Spieler mit innerer Balance, fokussiert und besonnen, aber niemals verbissen, so geradewegs ins Netz huscht. Aus allegorischer Perspektive funktioniert „Haie der Großstadt“ also auch vornehmlich treffend, während sich der Sport an sich langsam aus dem Zentrum bewegt, um aus „Haie der Großstadt“ ein introspektives Drama zu bilden. Eddie findet in Sarah schließlich jemanden, der sich ihm anschließt, aber genauso verloren ist wie er selbst – Im Alkohol. Die Einsicht ereilt Eddie nur zu spät, bis er es schafft, hinter seine Egomanie zu blicken und zu erkennen, wie wichtig Sarah für ihn war; wie sie ihn hätte stützen können, wäre er nur für sie dagewesen.


Eddie tritt später noch einmal gegen Minnesota Fats an, nachdem er von seinem eiskalten Manager Bert Gordon durch die Mangel gedreht wurde. Er gewinnt sich den Respekt, den er schon lange hätte besitzen können, hätte er doch neben seinem Talent auch Disziplin, Charakter bewiesen. Schlussendlich hat er alles verloren und doch gewonnen, weil er die Moral seines Lebens gefunden hat, wenn auch im Augenblick tiefsten Schmerzes. „Haie der Großstadt“ ist Milieu- als auch Moralstudie, ist Kritik am Kapitalismus als auch psychologisch dichtes Sportler- und Seelendrama. Das Drehbuch beweist dabei das nötige Feingefühl, niemals in Melodramatik oder Theatralik zu fallen, sondern den Pfad ernsthaft und glaubwürdig in Richtung sicheres Ende zu wagen. Mehr als verlässliche Unterstützung erhält es dabei natürlich von dem herausragenden Ensemble, in dem Paul Newman, Jackie Gleason, Piper Laurie, George C. Scott und Myron McCormick wirklich Großes leisten. Ein Meisterwerk über Gier, Läuterung und – auch wenn es abgedroschen klingt – die wirklich elementaren Dinge im Leben.


8 von 10 beschmierten Spiegeln


von souli

Review: HESHER - DER REBELL - Pöbelnde Supervision

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Fakten:
Hesher – Der Rebell (Hesher)
USA. 2010. Regie: Spencer Susser. Buch: David Michod, Spencer Susser. Mit: Devin Brochu , Joseph Gordon-Levitt, Natalie Portman, Rainn Wilson, Piper Laurie, Brendan Hill, John Carroll Lynch, Frank Collison, Allan Graf, Biff Yeager, Paul Bates, Lyle Kanouse, Audrey Wasilewski, Milt Kogan, Van Epperson, David Hill, Barry Sigismondi, Monica Staggs, Ralph P. Martin, Brian Lally, Rafael J. Noble, Timothy Davis, Nicolai Dorian, Cristian Nicolae, Helen Slayton-Hughes, Dajine Colon, Richard Susser, Steve Fox, Mary Elizabeth Barrett, Cole Hockenbury u.a. Länge: 106 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Der 13-jährige TJ fühlt sich verloren. Vor wenigen Wochen starb seine Mutter bei einem Unfall, seitdem vegetiert sein Vater, vollgepumpt mit Psychopharmaka auf der Couch, während TJs Großmutter versucht sich so gut es geht um die zwei zu kümmern. Als TJ seine angestaute Wut auf einer Baustelle ausleben will, trifft er auf den langhaarigen Rowdy Hesher, der sich nach einem kurzen Intermezzo bei TJs Familie einquartiert und ihren Alltag umkrempelt.



Meinung:
Wir alle brauchen mal Hilfe. Nicht nur für Arbeiten, für die wir nicht ausgebildet wurden, sondern das Eine oder Andere Mal auch bei emotionalen Angelegenheiten, wie dem Treffen einer wichtigen Entscheidung oder zur Weiterentwicklung. Vor allem im Film brauchen diverse Protagonisten oft eine zweite Person, die nicht unbedingt beratend zur Seite steht, die dafür aber durch ihre Charakteristik und /oder ihre Handlung den Hauptprotagonisten zu einer Art Supervision verhilft. Ein gutes Beispiel hierfür wäre „Rain Man“ von Barry Levinson aus dem Jahre 1988. Dort muss sich ein eiskalter Yuppie, gespielt von Tom Cruise, selbst die Frage stellen, was er eigentlich vom Leben will und diese Frage wird letztlich durch seinen autistischen Bruder Raymond (Dustin Hoffman) ausgelöst. Im Independent-Drama „Hesher – Der Rebell“ geht es zwar nicht um Autismus, aber auch hier braucht es einen menschlichen Fremdkörper, der einem kleinen Jungen sowie seiner Familie dabei hilft den Tod eines geliebten Menschen zu verarbeiten.


TJ bekommt dank Hesher große Probleme
Der titelgebende Rowdy und Überlebenskünstler tritt  völlig unvorbereitet ins das Leben des 13jährigen TJ, der traumatisiert vom Unfalltod seiner Mutter gegen seine Umwelt rebelliert. Doch gegen Hesher, mit seiner langen Zottelmähne, den auffälligen wie äußerst diffizilen Tätowierungen und seinem schrottreifen Van wirkt TJs Rebellion ziemlich verloren. Doch auch wenn der Raufbold den von Trauer zerfressenen wie absolut überforderten Jungen ohne Samthandschuh behandelt, so ist dennoch jederzeit klar, dass es dem Kleinen nur gut tun kann und dies ist auch schon das größte Problem des Films, denn alles was im Drama von Spencer Susser passiert, geschieht äußerst vorbestimmt. Dass Hesher TJ und seiner Familie durch seinen, na sagen wir mal unorthodoxen Lebensstil, dazu verhilft ihre Krise zu erkennen und zu überwinden ist unverkennbar und so verkommen seine angewandten Methoden, auch wenn diese abstrus bis absonderlich erscheinen mögen, zu klar erwartbaren Maßnahmen. Überraschend ist bei „Hesher – Der Rebell“ gar nichts und der Film versucht auch nie sein Anliegen zu kaschieren, doch auch wenn es immer heißt, dass der Weg das Ziel ist, so schadet es doch der dramaturgischen Spannung. Da hilft es auch nicht viel, dass Rebell Hesher keine wirkliche Background-Story hat und fast schon wie ein großes Mysterium, ein pöbelnder Samariter, in die Handlung eingeführt wird.


Hesher hat ganz eigene Vorstellungen von Spaß
„Hesher – Der Rebell“ ist ein gut gemeinter Film, doch hinter seiner subversiven Attitüde, bezogen aus seiner Titelfigur, ist er nicht mehr als absoluter Standard. Ein Drama welches nach üblichen Schemata verläuft und einfachste und bekannteste Handlungsstrukturen als different verkaufen möchte. Schade, denn aus darstellerischer Sicht ist Spencer Sussers Werk durchaus hochwertig. Nicht nur was die Crowd Pleaser Joseph Gordon-Levitt und Natalie Portman angeht, sondern auch in den Nebenrollen. Besonders erwähnt muss Piper Laurie als Großmutter werden. Laurie, wohl am ehesten bekannt als fanatische Mutter in „Carrie – Des Satans jüngste Tochter“, darf zusammen mit Hesher für wohlwollende, komische Momente sorgen und ist innerhalb der Krisengebeutelten Familie wohl die interessanteste Person, da die Funktion ihrer Rolle nicht gefühlt mit Leuchtschrift über ihrem Kopf schwebt, so wie es etwa bei Hesher und TJ der Fall ist.


Specer Susser ist mit „Hesher – Der Rebell“ leider nicht das erhoffte, mitreißende Drama gelungen, sondern nur ein in Rebellion gekleidetes Standardwerk des Genres. Ein paar drollige und auch hin und wieder einige bewegende Szenen hat der Film zu bieten und aus darstellerischer Sicht ist der Film auch kein wirklicher Misserfolg, doch seine Geschichte ist im Vergleich zu seiner Haltung zu weit von wahrer Individualität entfernt und vertraut zu sehr auf altbekannte Trampelpfade.

5 von 10