Review: LINCOLN - Der ultimative Saubermann


Fakten:
Lincoln
USA. 2012. Regie: Steven Spielberg. Buch: Tony Kushner, Doris Kearns Goodwin (Vorlage). Mit: Daniel Day-Lewis, Sally Field, Tommy Lee Jones, David Straithairn, Jared Harris, Jackie Earle Haley, Joseph Gordon-Levitt, James Spader, Tim Blake Nelson, Joseph Cross, Michael Stuhlbarg, Hal Holbrook, John Hawkes, Lee Pace, Dane De Haan, Lukas Haas, Walton Goggins, Bruce McGill, David Oyelowo, Elizabeth Marvel, David Warshofsky, Gulliver McGrath, Julie White, Kevin Kline, Robert Peters, Peter McRobbie, Bill Raymond u.a. Länge: 151 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 24. Mai 2013 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Anfang 1865 ist der große amerikanische Sezessionskrieg kurz vor seinem Ende. Der frisch wiedergewählte US-Präsident Abraham Lincoln, der die Sklaverei verbieten lassen will, hofft dass sein Vorhaben auch im Repräsentantenhaus sowie seinem eigenen Kabinett genügend Stimmen findet. Doch Lincoln stößt auf Gegenwehr. Die einen sehen die Sklaverei als ihr Recht an, wieder andere glauben dass ohne sie der Bürgerkrieg niemals aufhört. Der Präsident versucht eine Lösung zu finden.





Meinung:
Steven Spielberg macht wieder auf Geschichtslehrer. Nach dem er sich bereits zweimal im Kino mit „Schindlers Liste“ und „Der Soldat James Ryan“ der Thematik des Zweiten Weltkriegs gewidmet hat, erzählt er seinem Publikum nun, nach „Amistad“, ein weiteres Kapitel der Sklaverei, wenn er es diesmal auch in den Mantel einer Biographie kleidet.


Lincoln hofft auf innerparteiliche Unterstützun
Spielberg vom einen der bekanntesten und historisch gewiss wichtigsten Präsidenten der Vereinigten Staaten: Abraham Lincoln. Der oscargekrönte Regisseur interessiert sich nicht für Lincolns Aufstieg oder sein tragisches Ende, sondern für das Ende des amerikanischen Sezessionskriegs und für Lincolns Vorgehen um den 13. Zusatzartikel (Verbot der Sklaverei) in die Bill of Rights aufzunehmen. Kein einfaches Unterfangen für den16. Präsidenten in der Geschichte der USA. Spielberg und sein Autor Tony Kushner, machen es einem nicht sehr einfach mit ihrer Erzählung. Unzählige Figuren tauchen auf, haben etwas zu sagen und bei fast jeder scheint Spielberg uns vermitteln zu wollen, sie wären wichtig. So gesehen ist sein „Lincoln“ ein demokratischer Film, denn jede Stimme zählt. Es ist dabei schon durchaus mutig von Spielberg, die politischen Prozesse der damaligen Zeit so genau wir nur möglich darzustellen. Egal ob Abstimmungen, Diskussionen oder diplomatische Verläufe, alles wird versucht so akkurat wie möglich abzubilden. Eine historisch-politisches Mimikry, auch wenn sich „Lincoln“ durchaus einige Freiheiten und charakterliche Säuberungen genehmigt.


Lincoln und seine Gattin (Sally Field)
Diese Annullierungen menschlicher Schwächen trifft vor allem Lincoln selbst. Scheinbar ohne Mängel und Makel schreitet er weise und klug durch den gesamten Film. Jedes seiner Worte wirkt perfekt ausgewählt. Er wirkt wie eine Blaupause des vollkommenen und ehrlichen Politikers. Lincoln ist hier nicht wirklich Lincoln, denn dieser war ein Mensch. Lincoln ist hier die Personifizierung an den Glauben an Freiheit und Gerechtigkeit. Eine ehrenwerte Darstellung, aber keine wirklich überzeugende, auch wenn Daniel Day-Lewis hier erneut beweist, dass er einer der besten Schauspieler seiner Generation ist. Der diesjährige Oscar für seine Leistung ist durchaus berechtigt. Day-Lewis zur Seite steht eine exquisite Darstellerriege. „Lincoln“ glänzt bis in teilst kleinste Nebenrollen mit einem hochkarätigen Cast. Dabei stechen vor allem Joseph Gordon-Levitt („50/50“, „Looper“) und Tommy Lee Jones („No Country for Old Men“, „Volcano“) hervor. Aber auch Sally Field („Forrest Gump“, „Nicht ohne meine Tochter“), James Spader („Crash“, „Boston Legal“), Hal Holbrook („Into the Wild“, „Die Unbestechlichen“) und Michael Stuhlbarg („A Serious Man“, „Men in Black 3“) brillieren. Zu schade, dass Kushner und Spielberg ihren Film zu oft in wenig subtiler Theatralik förmlich ertränken. Diese kann zwar die Wichtigkeit und historische Bandbreite des Geschehens inszenatorisch erhöhen, kostet „Lincoln“ aber auch immense Glaubwürdigkeit und macht das zweieinhalb Stunden lange Werk noch um einiges zäher.


Die sonstige Umsetzung ist - typisch Spielberg – ohne qualitative Entgleisungen. Mit seinem üblichen Team aus Kathleen Kennedy (Produzentin), Michael Khan (Schnitt), Janusz Kaminski (Kamera) und John Williams (Musik) erschuf der Schöpfer solcher großen Filme wie „Der weiße Hai“ oder „Jurassic Park“ ein historisches Biopic, welches im Gegensatz zu seiner Titelfigur wohl nicht in die Annalen der Geschichte eingehen wird. „Lincoln“ ist gut gemachtes Kino. Ein Kino welches sich für das gesprochene Wort mehr interessiert, als für Effekthascherei. Um an wahre Größe zu gelangen, fehlt dem Film aber die menschlich-authentische Note. Hinter den massiven Gesten und Entscheidungen seiner Figuren bleibt nicht mehr als ein schmuckes, helles Blenden zurück. „Lincoln“ ist die Geschichte eines Mannes, der an die Freiheit glaubte. Bedauerlicherweise wird diese von Spielberg so erzählt und in Szene gesetzt, dass der Eindruck sich hartnäckig hält, Abraham Lincoln wäre kein normaler Mann, sondern der ultimative Moralist ohne Tadel und somit eine höchst uninteressant Figur. Gewiss ist Benjamin Walker als Lincoln in „Abraham Lincoln: Vampirjäger“ der schlechtere Schauspieler, aber seine Präsidenten-Rolle ist dafür reizvoller.


5 von 10 River Queens

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