Review: ICH SPUCK AUF DEIN GRAB - Rache im reißerischen Rhythmus


Fakten:
Ich spuk auf dein Grab (I spit on your grave aka Day of the Woman)
USA. 1978. Regie und Buch: Meir Zarachi. Mit: Camille Keaton, Eron Tabor, Richard Pace, Anthony Nichols, Gunter Kleeman, Ronit Haviv, Alexis Magnotti u.a. Länge: 101 Minute. FSK: keine Freigabe. Auf DVD erhältlich.


Story:
Jennifer, eine junge Schriftstellerin, fährt ins wäldliche Nirgendwo von Neu England, um dort in einem abgelegenen Ferienhaus ihren ersten Roman zu beenden. Eine Gruppe von Männern wird auf sie aufmerksam, doch Jennifer versucht ihnen aus dem eg zu gehen. Doch diese lassen nicht locker. Gnadenlos jagen sie die junge Frau und vergewaltigen sie. Als Jennifer letztlich ermordet werden soll, kann sich die junge Frau retten und beginnt sich an ihren Peinigern zu rächen.




Meinung:
Es fällt nicht schwer, „Ich spuck' auf dein Grab“ in eine despektierliche Filmnische zu verfrachten, schließlich bietet Regisseur Meir Zarchi in seinen Rape & Revenge-Klassiker oberflächlich genug Angriffsflächen, an denen sich der erhitzte Zuschauer auslassen kann. Wenn man den Film allerdings aus einem etwas distanzierteren Blickwinkel betrachtet, und den festgehalten Schrecken nicht nur als solchen wahrnimmt, verbringt sich hinter der schonungslosen Kulisse aus Vergewaltigung und Gewalt ein Werk, das menschliche Verhaltensweise aus ihre animalischen Markung zurückführt. Zuallererst stellt Zarchi ein konträres Grundgerüst auf, in dem der idyllische Sonnenschein ein Missverständnis ist und alles Schöne nur noch ein Teil der Vergangenheit ist, um im blanken Terror zu munden. Genau wie die Figuren durch ihre offensichtliche Unterschiede auffallen und einen humanen Symbolcharakter entfachten, der sich primär auf ungebildet und intelligent stürzt, daraus aber ebenso triebhafte Rustikalität und inhumane Demütigung entfacht und die Spur aus Blut, Körperflüssigkeiten und Dreck zurück zum Ursprung allen Übels folgt.


Jennifer wird durch den Wald gehetzt
„Ich spuck' auf dein Grab“ ist kein großes Kino, voller Logiklöcher, und wie gemacht, um mit Hasstiraden in den Boden gestampft zu werden. Wer die erste Hälfte des Filmes aber überstanden hat und dann Teil der invertierten Drehung wird, darf sich gerne darüber aufregen, dass die Entwicklung vom Opfer zur kaltblütigen Rächerin viel zu schnell vollzogen wird, nur muss man immer im Hinterkopf behalten, mit welcher Art Film man es hier zu tun bekommt. Gemessen an seiner Mittel und Intention, hatte Zarchi keine andere Wahl, als seinen reißerischen Rhythmus beizubehalten und schafft es dennoch, die Gewalt nicht in Richtung Legitimierung treiben zu lassen, er macht sie nur nachvollziehbar, ohne zu befürworten. Eine Frau, die in ihren Grundfesten erschüttert, von vier Männern bestialisch vergewaltigt und blutverschmiert zurückgelassen wurde, hat ein Recht auf Rachegefühle, auch wenn die Nadel des moralischen Kompasses nun ohne Halt ihre Runden drehen wird. Dabei ist Vergeltung ebenso menschlich, wie das Gefühl der Zugehörigkeit oder der Eifersucht.


Ein Funke zweifelhafter Emanzipation blitzt auf, „Ich spuck' auf dein Grab“ bleibt dennoch 70s-Terror in Reinform: Abstoßend und ekelhaft. Jedem Betrachter dem bei der Sichtung des Filmes nicht das Grinsen von den Lippen entflieht und der das Gezeigte auch noch als Spaß ansieht, bei dem ein Kübel Popcorn und Eimer Cola genossen wird, sollte sich ernsthafte Gedanken über seine psychische Verfassung machen. Hier gibt es keinen Humor, kein Augenzwinkern und keine Referenzen an eine heitere Zeit. Hier regiert all das, was in seinem eigenen Leben nie einen Platz bekommen sollte. Man muss „Ich spuck' auf dein Grab“ nicht mögen, man muss ihn auch nicht gesehen haben. Doch wenn man sich entscheidet diesen Schritt zu gehen, dann sollte man ihn nicht voreilig zerreißen, auch wenn es reizvoll erscheint, vollkommen stupide und ohne jeden Sinn ist das Ganze dann eben doch nicht.


6,5 von 10 von Begegnungen mit Schiffschrauben


von souli

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