Nach dem vor einiger Zeit unser souli ein paar Zeilen dem Darsteller John Cusack widmete, stellt euch nun stu den Meister-Regisseur Stanley Kubrick vor. Viel Spaß beim neusten SSV (stu stellt vor).
„Ich teile die Kinogeschichte in zwei Epochen - eine vor und eine nach Kubrick“
Steven Spielberg
„Gott ist tot“ schrieb die größte europäische Filmzeitschrift „Cinema“ zum Tode des amerikanischen Regisseurs im Jahre 1999 und sie war nicht die einzige. Stanley Kubrick steht wie kein anderer Regisseur für vielschichtiges Kino, für Filme deren Wirkungen nicht nach dem Abspann aufhören, sondern ein Leben lang im Gedächtnis bleiben. Dabei deckt das Gesamtwerk von Kubrick fast jedes Genre ab und in jedem bedienten Genretyp setzte er Akzente, die ganze Generationen von Filmemachern und Zuschauern prägte. Aufzuzählen wie viele überragende Szenen und Einstellungen sich im Lebenswerk von Kubrick tummeln würde dieses Lobesrede sprengen, doch die (wie ich finde) seine wichtigsten Filme will hier nun kurz vorstellen.
„Dr. Seltsam oder wie ich lernte die Bombe zu lieben“, eine herrliche Satire die trotz ihres Alters auch heute noch in den Zeiten von Terrorangst und Wüstenkrieg ihre satirische Schärfe nicht verloren hat und gekonnt und mit unverwüstlichen Witz die Politik und Machtgeilheit der Völker bloß stellt. Ein ganz großer Klassiker mit Schauspiellegende Peter Sellers der hier neben seinem Inspektor Clouseaus seine beste Rolle spielte.
Astronaut Dave lehrt Computer HAL das Fürchten |
„2001“ ist kein Blockbuster von heute, der Film ist langatmig, kompliziert und verweigert sich konsequent den bequemen Sehgewohnheiten. Wer also mit Popcorn und Freunden einen unterhaltsamen Videoabend machen will, sollte sich lieber einen anderen Film suchen. Wer allerdings offen ist für experimentellen Mindkicker dessen Aussagekraft die hiesigen Formen dieses Blogs überfordern würden, darf sich dieses definitive Meisterwerk nicht entgehen lassen, denn „2001“ ist der Beweis, dass die Größe des Weltalls und die Größe des menschlichen Geistes identisch sind. Mindfucking.
„Kubrick und Hitchcock haben nie einen Oscar für eine ihrer Arbeiten erhalten. Morricone auch nicht. Aber dieser Eminem hat einen bekommen. Was bedeutet da schon ein Oscar?“
Malcom McDowell
Alex und seine Gang entspannen in der Milchbar |
1971 kam dann der Film, den viele Kubrick Fans als den Überfilm des Meisters
feierten: „Uhrwerk Orange“. Ein kraftvolles, hypnotisierendes Werk über die
Faszination der Gewalt und des Bösen. Ein Film der bis vor einigen Jahren in
Groß Britannien auf dem Index stand und den viele als wuchtige, perverse
Groteske ansehen, was durchaus passend ist. Kubricks Film, rund um den jungen
Gewaltfanatiker Alex (großartig: Malcolm McDowell), der mit seiner Gang das
futuristische London der 70er Jahre unsicher macht und dabei auch vor
Körperverletzung, Vergewaltigung und Mord nicht zurückschreckt. Der essentielle
Kern des Films ist die Gewalt, die seit Jahr und Tag mit der Menschheit
verankert ist und Kubrick findet deutliche Bilder dafür, die kraftvoll,
schmerzlich und mit der Wucht eines Dampfhammers nicht nur die Ambivalenz von
Alex Leben sondern auch die der Gesellschaft vorhält und in den Zeiten in denen
Menschen zum Spaß mit ihrem Handy Gewaltvideos aufzeichnen, Ministerpräsidenten
mit populistischen Phrasen härtere Strafen für junge Straftäter fordern ohne
sich genauer mit dem Thema zu beschäftigen, ist „Uhrwerk Orange“ aktueller und
schmerzlich zeitgemäßer als es einem lieb sein sollte.
Wie auch bei „2001“ würde es Zeit und Raum sprengen genauer auf dieses unsterbliche Meisterwerk einzugehen, nur so viel noch: „Uhrwerk Orange“ ist kein Film, der mit seiner Gewalt buhlt, es gibt heutzutage diverse noch härtere Filme in Sachen Gewalt, doch „Uhrwerk Orange“ geht dafür tiefer und wer dafür bereits zu abgestumpft ist, sollte sich über seinen Geisteszustand ernsthafte Gedanken machen.
So, nach mindestens zwei Filmen die nicht gerade für einen Filmabend mit Freunden geeignet sind, kommt nur ein Film der auch den Fans der heutigen so angesagten, schnelllebigen Horrorfilmen gefallen müsste: „The Shining“, die Verfilmung von Stephen Kings Kultbuch mit Jack Nicholson in der Hauptrolle, der den Begriff Wahnsinn in diesem Film des Terrors und der Angst neue Maße verleiht. Alleine wie die Kamera fast schwerelos durch die adretten und gespenstisch verlassenen Hotelkorridore schwebt bietet mehr Horror, mehr Spannung und mehr Atmosphäre als so mancher Hämoglobin- Schocker der letzten Zeit. „The Shining“ ist perfektes Horrorkino. Die Spannung setzt bereits während der ersten Minute ein und gönnt dem Zuschauer keinerlei Erholungspause, denn immer wieder bringt der Film die Spannung auf eine neue Stufe. Sei es der schleichende Verfall der Realität, den Vater Jack befällt, oder das auftauchen der Zwillinge, die Sohnemann Danny plötzlich in den Hotelkorridoren im Weg stehen. „The Shining“ ist einfach sensationell spannend und der Autor dieses Textes würde lügen, wenn er hier behaupten würde dass er gut geschlafen hätte, nach dem er das erste Mal diesen Horror- Klassikern gesehen hat, von denen heutige Horrorfilme wie etwa die Reihe der „Saw“ Filme noch etwas lernen können z.B. dass explizite Gewaltdarstellung nicht gleichzusetzen mit wahrem Horror ist.
Shelley Duvall musste unter Kubrick leiden |
Stanley Kubrick ist der Regie-Gigant. Seine Filme waren nie so erfolgreich wie die von George Lucas oder Steven Spielberg. Er drehte auch nicht so viele Filme mit Alfred Hitchcock und seine Werke waren auch nicht so massenkompatibel wie die von Brett Ratner, aber seine Filme waren immer einzigartig. Eine Eigenschaft, die Filme zu etwas ganz besonderen macht und heutzutage zu oft vergessen wird. Gott ist tot. Stanley Kubrick unsterblich!
"Einen Kubrick-Film anzuschauen ist wie der Blick auf einen Berggipfel. Sie sehen ihn sich an und fragen sich dann, wie konnte jemals jemand so hoch klettern."
Martin Scorsese
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen