Review: THE GANG – AUGE UM AUGE – Zahn um Zahn?




Fakten:
The Gang – Auge um Auge (De Bande van Oss)
Niederlande, 2011. Regie: André van Duren. Buch: Paul Jan Nelissen, André van Duren. Mit: Matthias Schoenaerts, Sylvia Hoeks, Frank Lammers, Daan Schurmans u.a. Länge: 110 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Seit 24. September 2015 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Die Stadt Oss in der niederländischen Provinz wird von einer Reihe gewalttätiger Verbrechen beherrscht. Zeitlich kurz vor dem 2. Weltkrieg ist die Kontrolle der Stadt fest in der Hand der Ossche Bande, selbst Politiker, Ordnungshüter und Geistliche müssen sich der Bande beugen. Mithilfe der Militärpolizei will die Regierung Ordnung in die Stadt bringen. Es kommt zu immer größeren Ausschreitungen, mittendrin die junge Cafe-Besitzerin Johanna, die versucht ihren eigenen Weg zu gehen und dem Grauen und der Gewalt zu entfliehen.





Meinung:
Der belgische Schauspieler Matthias Schoenaerts erfreut sich in den letzten Jahren auch auf internationaler Ebene steigender Beliebtheit. So spielte er beispielsweise letztes Jahr an der Seite von Tom Hardy bei „The Drop“ mit und stand zwei Jahre zuvor in „Der Geschmack von Rost und Knochen“ an der Seite von Marion Cottilard. Seine gestiegene Popularität ist wohl auch einer der Gründe, warum der bereits 2011 in den Niederlanden erschiene Titel „The Gang“ im letzten Monat doch noch einen Heimkinorelease in Deutschland erhielt. Daher ist es auch wenig erstaunlich, dass Schoenaerts als zentrale Figur das Cover der DVD und Blu-ray Hülle schmückt, schließlich will man damit die Verkäufe noch etwas mehr anzukurbeln. Die zentrale Figur im Film nimmt dabei aber eine ganz andere ein, nämlich die Holländerin Sylvia Hoeks.


Plausch unter Freunden
„The Gang“ ist einer dieser Filme, der seinen Zuschauer nach der Sichtung zuerst etwas irritiert zurücklässt. Obwohl er auf der einen Seite mit unterschiedlichsten Versatzstücken aus diversen Genres aufwartet, fühlt sich der Film auf der anderen Seite doch erstaunlich leer und langatmig an. Dabei ist das eigentliche Genre des Films eine sehr interessante und gar nicht so leicht zu beantwortende Frage. Zu Beginn präsentiert der Streifen einen für Gangsterfilme typischen Aufbau, stellt die Bande von Oss und deren zentrale Mitglieder, aber auch die Gegenbewegung in Form der Regierung vor. Durch sein eher ungewöhnliches Setting im ländlichen Holland der 30er Jahre wirkt das zu Beginn auch erfrischend und trotz gewohntem Aufbau in gewisser Weise auch neu und unverbraucht. Leider ändert der Film relativ schnell seine Richtung, der Regisseur streut zwar gelegentlich Elemente des Gangster-Genres ein, diese dienen aber hauptsächlich dazu die Rahmenhandlung voran zu treiben. In seinem Kern handelt es sich bei „The Gang“ um ein klassisches Charakterdrama, bei dem auch eine tragische Liebesgeschichte nicht zu kurz kommt. Der Mittelpunkt des Films ist dabei seine größte Schwäche, denn die Ausstattung des Films hätte eine deutliche interessantere Protagonistin als die Figur der Johanna verdient.


Bereits damals wusste man einen guten SlowMo-Walk zu schätzen
Johanna ist eine junge Cafe-Besitzerin, die sich zudem für Geld an ihre Kunden verkauft und gelegentlich für ein kurzes Schäferstündchen in die oberen Räumlichkeiten verschwindet. Als ihr Freund Ties aus dem Gefängnis freikommt und sie dazu noch schwanger wird, nimmt das Drama seinen Lauf. Inszenatorisch ist das alles mehr als solide. Dabei wirken vor allem die Sets und die Kostüme für einen niederländischen Film mit kleinerem Budget sehr authentisch und ansehnlich. Zu der gelungenen Ausstattung und den soliden Schauspielleistung kommen glaubhaft inszenierte Gewaltszenen und eine zum Setting sehr passende Optik. Warum „The Gang“ unterm Strich trotzdem nur durchschnittliche Kost ist, dafür ist wohl die fehlgeschlagene Gewichtung der Storyelemente verantwortlich. Während sich der Zuschauer danach sehnt tiefer in die Strukturen der Gangsterbande einzudringen oder den Kampf der Bande untereinander und mit der Regierung zu verfolgen, bekommt er stattdessen eine dramaturgisch halbgare Geschichte über eine vermeintlich starke Frauenfigur, die mit zunehmender Laufzeit zu oberflächlich bleibt und viel zu wenig Facetten offenbart. Es sei der Rahmenhandlung und gelegentlichen Höhepunkten gedankt, dass der Film mit Abstrichen dennoch sehenswert ist, zumindest dann wenn man seine Anforderungen etwas senkt.


Für wen genau „The Gang“ letztlich gemacht wurde bleibt ungewiss. Vielleicht benötigt man als Zuschauer wirklich den historischen Hintergrund, denn der Film wirbt zumindest damit auf wahren Begebenheiten zu beruhen. Das dahinter nicht viel stecken muss weiß wohl so ziemlich jeder, der sich mehr als zwei Filme im Monat ansieht, aber Ausnahmen gibt es immer und vielleicht handelt es sich bei der Bande von Oss für Niederländer wirklich um eine relevante und bekannte Geschichte aus der Vergangenheit. Ungeachtet dessen sollte ein Film dennoch für nicht Eingeweihte funktionieren, weshalb der fehlende Hintergrund keine Entschuldigung für die Schwächen des Streifens darstellt.


5 von 10 Straßenkämpfe


von Vitellone

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