Review: FRIEDHOF DER KUSCHELTIERE – Keine Rückkehr aus dem Jenseits ohne Grauen



Fakten:
Friedhof der Kuscheltiere (Pet Sematary)
USA. 1989. Regie: Mary Lambert. Buch: Stephen King (Vorlage). Mit: Dale Midkiff, Miko Hughes, Fred Gwynne, Denise Crosby, Brad Greenquist, Michael Lombard, Blaze Berahl, Mara Clark, Kavi Raz, Susan Blommaert, Mary Louise Wilson, Andrew Hubatsek u.a. Länge: 98 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Dr. Louis Creed zieht mit seiner Frau und seinem Sohn in die Kleinstadt Ludlow, die ganz in der Nähe einer viel befahrenen Straße liegt. Sein neuer Nachbar, der ältere und liebenswerte Jud, warnt vor der Straße, da hier schon viele Haustiere überfahren wurden. Doch die Warnung ist vergebens, Familienkater Churchill wird ein Opfer der Straße. Um Louis Sohn das geliebte Haustier nicht zu nehmen entschließt er und Jud das Tier auf einem alten Indianerfriedhof zu begraben, denn wer hier bestattet wird, kehrt aus dem Reich der Toten zurück. Der Beginn eines Alptraums.





Meinung:
Kein Schmerz wiegt schwerer, als der, der aus dem Verlust eines geliebten Menschen resultiert. Ist man bereits in dieser qualvollen Situation gewesen und hat am eigenen Leibe erfahren, was es bedeutet, einen festen Teil seines Lebens für immer verloren zu haben, kann man ohne Schwierigkeiten nachvollziehen, zu welch irrationalen Maßnahmen man bereit wäre, um sein zersplittertes Herz baldmöglichst regenerieren zu lassen. Stephen King thematisierte diese paralysierende Trauer in seinem hochspannenden, psychologisch sensationell ausgefeilten Roman „Friedhof der Kuscheltiere“ aus der Sicht der vierköpfigen Familie Creed, der das Schicksal nun wirklich nicht die besten Karten für die Zukunft ausgeteilt hat. Gilt die Vorlage des Meisters noch als literarisches Prunkstück, von weitreichenden Reihen seiner Fans gar als Opus magnum gekennzeichnet, ist die Verfilmung der B/C-Regisseurin Mary Lambert natürlich weit entfernt davon, ähnliche Wertschätzung in der Filmwelt genießen zu dürfen.


Heidi Klum mit mitte 80
Sucht man zwanghaft den konkreten Vergleich zwischen Adaption und Vorlage, hat Mary Lamberts Interpretation natürlich ohne Bedenken den gnadenlosen Stempel mit dem Totenkopfmotiv verdient. Da wir es aber mit einem ganz anderen Medium zu tun haben und das Drehbuch immerhin ebenfalls von Stephen King höchstpersönlich stammt, sollte man die Zähler doch noch einmal gen Null drehen. Was schnell deutlich wird, ist, dass der kauzige Schriftsteller, so brillant und tiefsinnig er in seiner beheimateten Sparte auch fungieren kann, kein Universalgenie ist. Natürlich müssen einige Passagen zu Gunsten der filmischen Dramaturgie gekürzt werden und der Schwerpunkt dafür zuweilen auf ganz andere, teils eher redundant erscheinenden Anekdoten gelegt werden. Wie sich King hier aber den Wind ist den Segeln nimmt und damit selbstständig diffamiert, ist schon unheimlich und gleichermaßen traurig: In der filmgewordenen Variante von „Friedhof der Kuscheltiere“ schert man sich tragischer weise nicht mehr um die ambivalente Psychologie der Protagonisten, die Spirale der Verzweiflung hingegen frisst sich durch eine bemitleidenswert plumpe Charakterzeichnung.


Jede einzelne Figur, ob das Familienoberhaupt Louis (Dale Midkiff), Jud, der Alte von Nebenan (Fred Gwynne), oder auch Victor Pascow (Brad Greenquist), sie alle sich nur Schachfiguren, die nicht nach einem „Warum?“ fragen, sondern so handeln, dass dem Konzept ermöglichen wird, einzelne Handlungsfetzen schnellstmöglich abzugrasen und den nächsten Schock anzupeilen. Von einem subtilen Spannungsaufbau ist in Lamberts Film nicht mehr viel vorhanden, genauso wie von der detaillierten Deskription der schaurigen Mythologie der übernatürlichen Begräbnisstätte der Mi'kmaq-Indianer. In einigen Augenblicken jedoch blitzt der Reiz der Vorlage urplötzlich auf und entwickelt eine Atmosphäre, die den Zuschauer für einen Bruchteil packt, wenngleich es sich hier auch wieder klar um die Augenblicke handelt, die für Gänsehaut und Angst sorgen sollen, anstatt tiefe Emotionen definieren. Angesichts der lieblosen TV-Optik ist das schon ein kleines Wunder, aber die Szene mit der an Multiple Sklerose erkrankten Schwester im Hinterzimmer haben es, so plakativ sie auch sein mögen, durchaus in sich, sind aber auch nur Ausnahmen. Der Rest ist weit weg von der Freilegung der fundierten Tragik, die eigentlich in diesem großartigen Szenario schlummert. Eine Enttäuschung bleibt „Friedhof der Kuscheltiere“, egal aus welchem Blickwinkel man ihn betrachten möchte, das Genre hat allerdings schon weitaus Schlimmeres erdulden müssen.


4,5 von 10 durchtrennten Achillesversen


von souli

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