Review: KOKOWÄÄH 2 - Analogkäse und Quengelkinder



Fakten:
Kokowääh 2
BRD. 2013. Regie: Til Schweiger. Buch: Béla Jarzyk, Til Schweiger. Mit: Til Schweiger, Emma Schweiger, Samuel Finzi, Jasmin Gerat, Matthias Schweighöfer, Gedeon Burkhard, Maurizio Magno, Jytte-Merle Böhrnsen, Nico Liersch, Michael Ostrowski, Julia Jentsch, Anna-Kathrin Samsel, Helmut Zierl, Oscar Ortega Sánchez, Paula Kalenberg, Britta Hammelstein, Steffen Wink, Luna Schweiger, Erdal Yildiz u.a. Länge: 123 Minuten. FSK: freigegeben ab 6 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Henry und Katherina könnten ein glückliches Paar sein, vor allem nach dem der gemeinsamen Sohn Luis auf der Welt ist. Doch die Beziehung der zwei kriselt. Kurzerhand zieht Katherina für unbestimmte Zeit aus, um sich ihrem neuen Roman zu widmen und will dass Henry beweist, dass er mehr kann als Verspechen zu brechen und Verantwortung abzugeben. Für ihn brechen turbulente Tage an, vor allem auch weil sein Freund Tristan wegen massiver Geldnöte sich kurzerhand bei ihm einquartiert.





Meinung:
Til Schweiger und die Filmkritiker ist eine Beziehung, die man getrost als schwierig bezeichnen kann. Die meisten der Rezensenten lassen wenig Gutes an seinen Regiearbeiten. Schweiger hingegen fühlt sich missverstanden, falsch behandelt und hätte am liebsten, das nur Leute Filmkritiken schreiben, die dazu eine passende Ausbildung abgeschlossen haben. So etwas haben wir nicht und dennoch erdreisten wir uns jetzt hier eine Meinung zu „Kokowääh 2“ abzugeben, einem Film, in dem Til Schweiger mit dem verhassten Kritiker-Thema offensiv umgeht.


All die tollen, hübschen Menschen
Es ist schon mehr als offensichtlich gegen wen Schweiger seine Pfeile in „Kokowääh 2“ abschießt. Immer wieder wird in der Komödie thematisiert, dass das Publikum keine Arthaus-Filme will, dass es sich berieseln möchte von einer Art paralleler Traumwelt, in der alles hell, schön, hip und erschwinglich ist. Und genau das bietet Schweiger ja auch. Mal wieder sieht bei ihm optisch alles wieder so aus, wie einst bei „Keinohrhasen“. Überall Licht, keine dunklen Flecken, bloß nix Unförmiges oder Hässliches und wenn doch, dann bitte komödiantisch verpackt. Wer will kann dies als universelle Erfolgsformel ansehen, aber diese ganze erschaffende Welt will doch letztlich auch nur ein Abbild der Wahrheit darstellen, wozu sonst schleift Schweiger bereits verwesende Beziehungs- und Lebensratschläge vor die Kamera? Aber ohne eine authentische Ausstrahlung zeigen diese Tipps ihr hässliches, wahres Gesicht: sie sind flach. Immerhin passen sie somit zum gesamten Film. Natürlich ist es vermessen zu erwarten, dass „Kokowääh 2“ das Rad der einfachen Komödie neu erfindet, aber wie selbstgefällig und selbstverliebt es in Rotation gebracht wird ist kurz gesagt einfach nur schauerlich.


Links: "Kokowääh 2" nicht gesehen. Rechts: gesehen
Einmal davon abgesehen, dass  im Sequel zur Womanizer-muss-lernen-Verantwortung-zu-übernehmen-Komödie nicht mehr passiert als abgelaufene Pointen aus dem hinterletzten Regal des Comedy Stores zu verwenden, recycelt Schweiger im Grunde hier auch nicht mehr als seinen eigenen Film, nämlich „Zweiohrküken“. Die Beziehungsprobleme von Henry und Katharina sind nicht mehr als ein bloßer Aufguss und schon beim „Keinohrhasen“-Sequel waren die alles andere als wirklich frisch. Bei „Kokowääh 2“ drückt Schweiger nur noch ein Prise kindlicher Naivität mit in die Story. Aber die rettet da auch nicht mehr viel. Wessen Herz bei großen Kinderaugen schwach wird, der wird aber gewiss dass eine oder andere Mal auf seine Kosten kommen, auch wenn Schweigers Drehbuch immer wieder unpassende Kontrastaktionen zur kindlichen Naivität aufbringt. Die bleiben aber stets mehr missgestaltet bis befremdlich und sorgen dafür dass der Eindruck entsteht, der Autor und Regisseur versucht wirklich alles, um jeden Zuschauertypus anzusprechen. Aber es gelingt ihm nicht eine der beiden Richtung wirklich adäquat aufzufüllen. Das Niedliche der Kinderdarsteller wirkt – verursacht durch mangelndes, darstellerisches Talent – wie eine frontale Knuddelattacke, deren Absicht eiskalt ist. Fast so wie ein plärrendes Quengelkind, das im Supermarkt versucht durch süße Gesten und schnuckelige Aussagen doch noch einen Schokoriegel abzustauben. Auch hier fehlt das Ehrliche, die Authentizität. So oder so funktioniert „Kokowääh 2“ sowie sein Vorgänger als effektiver Werbefilm für die Sterilisation.


Planen weitere Filme: Schweighöfer und Schweiger
Mögen alle die mit Til Schweigers Art der Komödien zufrieden sind, ihre Freude daran haben. Laut Box Office sind das nicht gerade wenige. Wir bleiben dabei: Schweiger dreht keine gute Filme. Egal ob Komödie oder Actiondramen wie „Schutzengel“. Dann doch lieber ihn als „Tatort“-Kommissar. Da waren zumindest Ausbrüche hin zur Ironie bemerkbar und die Sache war nach 90 Minuten beendet. Bei „Kokowääh 2“ sind es über zwei Stunden. Eine Zeit die man in einer Welt verbringt, in der alles so widerlich hell, perfekt und stereotyp ist, dass ein wenig Schmutz wie eine echte Alternative erscheint. Aber selbst der wird von Schweiger wahrscheinlich porentief rein gewaschen. Oder in eine Meta-Ebene gezwängt. Denn wie bei „Keinohrhasen“ auch (hier wurden Volksmusikstars und Schauspielerpersönlichkeiten durch den Fleischwolf gedreht) wird in „Kokowääh 2“ einiges unternommen, um den deutschen Film sowie die typischen Boulevardthemen zu persiflieren. Hier darf sich Matthias Schweighöfer selbst spielen und dabei alle bekannten Register ziehen. Das bedeutet er darf voll und ganz übertreiben und sein öffentliches Ich mit schalen Gags und Charakterisierung veräppeln wo es eben nur geht. Erfindungsreich ist anders und die Komik verabschiedet sich bereits nach der zweiten Szene in den Tiefschlaf.


Vielleicht, ja vielleicht war es auch der Versuch von Til Schweiger seinen Kritikern die Hand zu reichen. Frei nach dem Motto: ich karikiere wofür ihr angeblich steht (stellvertretend dafür ist die Rolle eine Ösi-Regisseurs, mit dem Hauptfigur Henry es immer mal wieder zu tun bekommt), dafür teile ich auch neckische Stiche gegen die andere Seite aus. Wer weiß das schon? Til Schweiger vermutlich. Aber egal, so fühlt sich diese Art von Witzelei nun mal an. Und sie kann nicht verbergen mit welcher einfachen, gammeligen Rezeptur das große Ganze zusammengestellt ist. Alles was bleibt ist ein Film, der Gefühle vermitteln und erzeugen möchte, dem dies aber nicht gelingt, denn alles was präsentiert wird wirkt wie eine große Manufaktur. Ein Fließband ohne echte Individualität. „Kokowääh 2“ ist ein Produkt. Ein Film wie ein Analogkäse. Fertig verpackt, bereits portionsfertig und ohne jeden Geschmack. Bitte nicht mehr davon. Ein kleiner Wunsch, der wohl leider nicht erhört werden wird.


0,5 von 10 Schildkröten im Kinderhosenstall

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