Review: WEGE ZUM RUHM - Das erste von vielen Meisterwerken



                                                                                      

Fakten:
Wege zum Ruhm (Paths of Glory)
USA, 1957. Regie: Stanley Kubrick. Buch: Stanley Kubrick, Calder Willingham, Jim Thompson, Humphrey Cobb (Vorlage). Mit: Kirk Douglas, Ralph Meeker, Adolphe Menjou, George Macready, Wayne Morris, Richard Anderson, Joe Turkel u.a. Länge: 84 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
1916, auf dem Höhepunkt des ersten Weltkrieges, soll die Einheit von Col. Dax innerhalb von zwei Tagen die von den Deutschen gehaltene Höhe 19 einnehmen. Ein überhastetes, sinnloses Himmelfahrtskommando. Um nicht im Sperrfeuer des Feindes zu verrecken, verweigern einige Soldaten den blinden Gehorsam. Nun soll drei wahllos ausgesuchten „Verrätern“ der Prozess gemacht werden. Dax selbst sieht sich in der Pflicht, seine Männer vor dem Kriegsgericht zu verteidigen.

                                                               
Meinung:
„Um die Disziplin zu wahren, muss man ab und zu einen Mann erschießen!“

Mit „Wege zum Ruhm“ gelang Stanley Kubrick sein ganz großer Durchbruch in Hollywood. Der Film ebnete den Weg für eine beispiellose, visionäre Karriere und ist heute noch ein flammender Appell an die Menschlichkeit, der in Zeiten des Krieges wie ein kaum wahrnehmbares Echo verhallt. Mit seinem vorletzten Film „Full Metal Jacket“ widmete sich Kubrick genau dreißig Jahre später erneut diesem Thema, natürlich auf einer anderen Ebene. Das ist nicht Vietnam, das ist der erste Weltkrieg. Eine primitive Schlacht, in der Menschenleben nicht mehr sind als Bruchware. Um eine Anhöhe zu stürmen, gelten Verluste um 60% (in bewusst geschönten Zahlen) als notwendiges Übel. Ein wertloses dazu, außer man betrachtet es rein aus der karrierefördernden Perspektive.


Theorie und Praxis liegen leicht auseinander...
Damit mal wieder positive Nachrichten einen verhärteten, zermürbenden Stellungskrieg in anderem Licht erstrahlen lassen und sich ganz nebenbei die in Schlössern residierenden Befehlshaber einen neuen Orden an die Brust heften dürfen, wird kurzerhand Nägeln mit Köpfen gemacht. Obwohl sich seit zwei Jahren an der Front nicht viel bewegt (kein Wunder, wenn Krieg noch Mann gegen Mann ohne technische Spielerein ausgetragen werden muss), soll nun blitzartig eine deutsche Stellung von der französischen Armee überrannt werden. Wie, das ist letztlich das Problem der direkt Beteiligten. Befehl ist schließlich Befehl. Der auf die Beförderung schielende General Mireau (George Macready) kann noch so motivierend durch den Schützengraben marschieren, die Suppe haben am Ende die armen Teufel auszulöffeln, an deren Ehrgefühl und Patriotismus er hier appelliert. Ihr Colonel Dax (Kirk Douglas, eine Erscheinung wie immer) hegt früh berechtigte Zweifel an dem überstürzten Vorhaben, hält sich jedoch fahnentreu an die vorgegeben Befehlskette. So läuft die Maschine und die da oben sollten es besser wissen. Das würde schon reichen für einen demaskierenden Anti-Kriegsfilm und zunächst läuft „Wege zum Ruhm“ auch auf „nur“ ein bedrückendes Schlachtengetümmel hinaus, in dem arme Hunde in den sicheren Tot gehetzt werden. Kirk Douglas marschiert stramm voran, wenn sich sein Bataillon durch Matsch, Stacheldraht und einen niederprasselnden Kugelhagel kämpft, bis sie endgültig vor der Ausweglosigkeit des Irrsinns kapitulieren.


Sterben fürs Vaterland, eine gute Sache.
Die einzige, richtige Entscheidung des bisher Gezeigten hat fatale Konsequenzen. Logik und Überlebenswillen wird mit Feigheit vor dem Feind gleichgesetzt, jetzt müssen Exempel statuiert werden. Kubrick verlagert seine Handlung nun von der direkten Front an die Mühlen eines menschenverachtenden Militärgerichts, bei der das Individuum endgültig an Wert verliert, obwohl explizit auf es hingewiesen wird. Wer für den „Verrat“ zu bezahlen hat, spielt überhaupt keine Rolle. Bevor die Nation ihr Gesicht verliert, wird den einstigen Helden erst keins gegeben. Sie dienen nur als mahnendes Beispiel. Dem sicheren Verderben in Zukunft mit Ehrfurcht zu begegnen, anstatt sich feige gegen die menschliche Natur zu stemmen. Ein absurdes Spektakel, dass trotz der bewusst-direkten Darstellung von Kubrick nicht überzeichnet wirkt. Nur erschreckend ehrlich, kaum anders lief es wohl. Natürlich kann es sich der Regisseur aufgrund der abartigen Methodik nicht verkneifen, es Zuschauer dem in aller Deutlichkeit vor den Latz zu scheppern, was teilweise schon an Satire grenzt. Da wird über den bevorstehenden Erfolg der Mission spekuliert, während gleichzeitig schwer Verwundete durchs Bild humpeln. „Wege zum Ruhm“ ist alles andere als subtil, aber das muss er auch nicht. Er zeigt die pervertierte Gleichgültigkeit, die „höhere Ziele“ – die insgeheim nur dem persönlichen Interesse dienen – anrichten können, wenn Scheiße ungebremst nach unten fließt.


Was sein muss, muss sein. Da werden auch Halbtote noch notdürftig zur belehrenden Exekution angeschnallt, damit niemand heimlich, still und leise aus der Affäre wegstirbt. Wo kommen wir denn da hin? Was „Wege zum Ruhm“ am Ende noch drastischer gestaltet, die endgültige Abgestumpftheit der treibenden Kräfte. Es wird nicht mehr für möglich gehalten, dass ein Mann uneigennützig versucht das Leben seiner Untergebenen zu retten…obwohl sie alle doch deshalb ihre Funktion ausüben (sollten).

„Sie sind ein Idealist. Und ich bedauere sie. Wie einen Dorftrottel.“

8,5 von 10 Bauernopfern

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