Review: JOHN DIES AT THE END - Body-Horror und Coscarelli mit Sojasauce

                                                                     
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Fakten:
John Dies at the End
USA, 2012. Regie & Buch: Don Coscarelli. Mit: Chase Williamson, Rob Mayes, Paul Giamatti, Clancy Brown, Glynn Turman, Doug Jones, Daniel Roebuck, Fabianne Therese, Jonny Weston, Jimmy Wong, Tai Bennett, Allison Weissman, Ethan Erickson, Pranidhi Varshney u.a. Länge: 96 Minuten. FSK: ab 16 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Story:
Dave trifft sich in einem Restaurant mit Journalist Arnie, denn er hat ihm seine Geschichte zu erzählen. Wie er durch seinen Kumpel John mit der Sojasauce in Berührung gekommen ist, die ihnen nicht nur eine Bewusstseinsveränderung aller erste Güte verschaffte, sondern weitaus mehr. Die scheinbar organische Substanz öffnete ihnen das Tor in andere Universen, Paralleldimensionen, dem Jenseits. Der anfangs natürlich skeptische Arnie ist schnell überzeugt, denn Dave beherrscht eindeutig Fähigkeiten, die weit über die gängigen Taschenspielertricks hinausgehen. Das Folgende klingt so unglaublich, dass nun jede Inhaltsangabe gesprengt werden würde...


                                                       


Meinung:
- "Denkst du was ich denke?"
- "Das Franz Kafkas Kopf explodieren würde, wenn er hier wäre?"
- "Genau das, ja."


Don Coscarelli, die menschliche Wundertüte. Greif rein und du bekommst eventuell totale Scheiße, etwas verdammt cooles, etwas cooles, das total scheiße aussieht, oder "John Dies at the End".

 
The Walking Meat
Wer Coscarelli nicht kennt, muss jetzt eine kleine Einleitung bekommen. An sich keine Schande, denn der Typ ist wohl eher was für Genrefreunde. Coscarelli hat es seit 1976 nur auf 11 Regiearbeiten gebracht, allein vier davon zählen zu seiner "Phantasm" Reihe, in Deutschland als "Das Böse" bekannt. Der Erstling von 1979 gilt bis heute als seine Premiumarbeit, vollkommen berechtigt. Das bezieht sich definitv NICHT auf seine handwerklichen Fähigkeiten, selbst damals waren da so viele technische Mängel drin, die heute nur noch viel augenscheinlicher sind. Allein der Schnitt wirkte wie von einem Amateur (der Coscarelli damals auch noch war), das Skript löchrig, der Ablauf sehr ausbaufähig. Aber: Diese Atmosphäre, diese Grund- und Detailidee, diese morbide, abstrakte Geschichte, diese Faszination hat den Film zu einem der wichtigsten Horrorbeiträge gemacht. Die Sequels, jeweils mit langen Pausen entstanden ('88, '94, '98) wurden immer schwächer, Teil 4 ist eine einzige Katastrophe, ab dem Punkt schien Coscarelli mausetot. Sein 2002 veröffentlichter "Bubba Ho-tep", mit Nerdliebling Bruce Campbell, war ein kurzes Lebenszeichen, über die Qualität kann man sicher geteilter Meinung sein.


Karneval parallel
So, und nun "John Dies at the End", das lange herbeigesehnte Comeback oder das überfällige Grabgesteck? Comeback! Um jetzt nicht zu euphorisch zu klingen, Coscarelli ist (immer noch) kein meisterhafter Regisseur, da holpert es hier und da schon mal, auch sein Drehbuch ist eigentlich nur eine Ansammlung unzähliger Einfälle, deren Zusammensetzung es schon etwas guten Zuspruchs bedarf, aber was dieser Mann hier abfeuert, scheint nicht von dieser Welt. Immerhin ist Coscarelli inszenatorisch besser geworden, sogar deutlich. Gut, ein Low-Budget Film von '79 oder '88 steht nicht im Verhältniss zu einem, vergleichbar, günstigen Film aus dem Jahr 2012, es geht rein um die handwerklichen Fähigkeiten. Das sich das zeitlich sehen lassen würde, hatte ich eigentlich schon beim zweitem "Phantasm" gedacht (zehn Jahre nach dem Original), dem war nicht so. Zwischen der grobschlächtigen Inszenierungen dieser Filme und seinem aktuellen Werk scheinen auch Paralleluniversen zu liegen, da hat jemand (wann auch immer) geübt. Nicht perfekt, aber sehr ansehnlich ist das auf alle Fälle.

Skeletor hat Feuer gemacht
Das zeichnet "John Dies at the End" letztendlich nur am Rande aus, nun zu dem echten Like-Faktor: Die Kreativität, bezogen auf die Geschehnisse, ist sagenhaft. Was hier 96 Minuten auf den Zuschauer einprasselt, ist wie ein Kuriositätenkabinett im Zirkus "Chez Freak" ohne Netz und doppelten Boden. Selten war ein Film so unvorhersehbar, praktisch alle zwei Minuten passiert wieder irgendwas, mit dem nicht zu rechnen wäre. Das der Streifen überhaupt noch so was wie einen roten Faden hinbekommt, ist schon erstaunlich. Das Gesamtbild weißt dann eben Löcher auf, nur wer will darüber meckern? Das ist nicht David Lynch, der alles so bewusst interpretativ und verschachtelt verpackt, dass sich tausend kluge Köpfe darüber tausend Jahre lang ihre Erklärungsansätze um die Ohren klatschen können, das ist Cosacarelli. Manchmal etwas primitiv, manchmal etwas zu albern, aber mit so einem skurrilen, absurden und stellenweise bald genialen Ansatz, ein Fest. Kein leicht verkaufbarer, massentauglicher CGI/Terror/Folter-Horror aus der Hollywoodschule für den schnellen Dollar, ein handgemachter, liebevoller Mix aus "Ghostbusters" (nur sehr gering), Cronenberg Body-Horror, albtraumhaften Unsinn, Splatterfilmanleihen der 80er ("Evil Dead" ist gedanklich, obwohl von der Story weit entfernt, immer anwesend, mag dieser urige Flair sein), Klamauk bis richtig lustig, einfach eine Charmebombe. Dazu gibt es sogar gute Darsteller, wenn sie auch nur die Nebenrollen besetzen. Paul Giamatti, der Liebling des Spleens und des Anspruchs, gibt sich für diese Posse her, hat sie sogar mitproduziert, macht ihn nur (noch) sympathischer. Clancy Brown, seit den 80ern gerne gesehener Nebendarsteller der besonderen Art, hat auch nicht viel Screentime, aber ich liebe ihn. Doug Jones ("Hellboy") sieht zu strange aus, als mal in der US-Filmwelt die erste Geige zu spielen, allein deshalb muss er gemocht werden. Die Hauptdarsteller entsprechen der Budgetgröße, irgendwo ist halt die Grenze, zumindest ok.


Wo landet "John Dies at the End"? Ansehen! Danach kann sich gerne geärgert, gefreut oder der Verfasser dieses Kommentars mit Schimpf und Schande übergossen werden, es stört ihn nicht. Er wird diese etwas klobige, leicht konfuse, extrem einfallsreiche Wundertüte mit allem was er hat verteidigen. Das mag nicht viel sein, doch es kommt von Herzen, wie der Film...

7,5 von 10 jamaikanischen Sojasaucen

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