Review: BATMAN V SUPERMAN: DAWN OF JUSTICE – Das Ende des Versteckspiels



Fakten:
Batman v Superman: Dawn of Justice
USA. 2015. Regie: Zack Snyder. Buch: David S. Goyer, Chris Terrio. Mit: Ben Affleck, Henry Cavill, Jesse Eisenberg, Amy Adams, Jeremy Irons, Diane Lane, Gal Gadot, Holly Hunter, Laurence Fishburne, Tao Okamoto, Scoot McNairy, Callan Mulvey, Jeffrey Dean Morgan, Lauren Cohan, Ezra Miller, Jason Momoa, Mark Edward Taylor, Alan D. Purwin u.a. Länge: 151 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Im Kino.


Story:
Batman alias Bruce Wayne, jener überragende Streiter für Recht und Ordnung in Gotham City, fürchtet, dass selbst die Aktionen eines gottähnlichen Superhelden wie Superman außer Kontrolle geraten könnten, wenn er nicht ständig beaufsichtigt wird. Deshalb legt er sich jetzt mit dem meistverehrten modernen Retter in Metropolis an, während die Welt darüber streitet, welche Art Helden sie eigentlich braucht. Und da Batman und Superman nun einander bekämpfen, taucht unversehens eine neue Bedrohung auf, durch die die Menschheit in brisante Gefahren von ungeahnten Ausmaßen gerät.




Meinung:
Be their hero, Clark. Be their angel, be their monument, be anything they need you to be... or be none of it. You don't owe this world a thing. You never did.“ Es sind deutliche Worte von Belang, die Martha Kent (Diane Lane) ihrem überirdischen Adoptivsohn Clark (Henry Cavill) mit auf den steinigen Weg gibt. Gewichtige Worte, die man sich als Zuschauer unbedingt noch mehrfach durch den Kopf gehen lassen sollte, bringen sie doch den zentralen Konflikt der gesamten Geschichte rundum Superman und seine Daseinsberechtigung auf Erden adäquat zum Ausdruck. Denn, auch Sentorin Finch (Holly Hunter) bringt es in ihrem reichlich expliziten Misstrauen gegenüber dem humanoiden Alien auf den Punkt: Wir sollten nicht länger darüber parlieren, ob wir einen Superman überhaupt brauchen oder nicht. Schließlich weilt er doch unlängst unter uns, was den Diskurs um seine Person respektive sein Handeln auf eine neue Ebene manövriert – nicht, was KANN Superman tun, sondern, was SOLLTE er tun. Und auf welchem Recht fußt sein Tun?


Mies gelaunt und ohne Eltern: Batman
„Batman v Superman: Dawn of Justice“ behandelt diesen durch und durch moralischen Themenkomplex. Und hätte man sich hier noch entschiedener damit beschäftigt, welche Bedeutung dem Umstand beigemessen wird, in unserer Welt ein Superheld zu sein (sprich: jemand, der anderen vermutlich in allen Belangen überlegen ist), hätte Zack Snyder („Man of Steel“) vermeintlich DIE Comic-Verfilmung abgeliefert, den Rest zu knechten. Angesichts der Umsetzung von „Batman v Superman: Dawn of Juice“ schnellt einem jedoch vielmehr der Aphorismus von römischen Dichters Sextus Aurelius Properz ins Gedächtnis, der besagt: „In großen Dingen genügt es auch, sie gewollt zu haben.“ Zutreffend, gerade wenn wir einmal abwägen, in welcher Verfassung die hochbudgetierten, von Major-Studios katalysierten Comic-Verfilmungen heutzutage überhaupt noch sind, einen gewissen Eigengeschmack in das wie auf risikobefreitem Autopilot vor sich hin schlurfende Getriebe zu extrahieren. Man kann Zack Snyder indes mit Sicherheit einiges an den Kopf werfen, doch seine Superman-Interpretation(en) unterliegen niemals der Gefallsucht der Marvel-Schmiede.


Nass und Halbwaise: Superman
Die Persistenz, mit der Zack Snyder seine eigene Version des Mann aus Stahls auf die Leinwände dieser Welt gefeuert hat, war, ist und bleibt beeindruckend. Ein guter Film muss daraus noch lange nicht entstehen und sein „Man of Steel“, die erste Annäherung seitens Snyder an den Mythos Superman aus dem Jahre 2013, war eine Herausforderung, wie man sie im Blockbustersektor kaum noch zu sehen bekommt. Ein vom manischen Bewegungsdrang und einer megalomanischen Zerstörungswut durchströmter Koloss, der den Zuschauer so sehr in den Sessel presste, dass es schon weh tat, dem überbordenden Geschehen auf der Leinwand zu folgen. „Batman v Superman: Dawn of Justice“ ist ein ähnlich paralysierender Kraftbolzen, Reizüberflutung in Reinkultur eben. Gerade wenn sich Superman, Batman (Ben Affleck), Wonder Woman (Gal Gadot) und der von Lex Luther (Jesse Eisenberg) ins Leben gerufene Doomsday, eine kryptonische Anomalie, ein mit unendlicher Energie angeheizter Planetenzerstörer, in der finalen Materialschlacht so richtig auf die Ömme geben.


Bewaffnet und der Elternstatus ist unbekannt: Wonder Woman
Interessant wird „Batman v Superman: Dawn of Justice“ aber nicht durch seinen Effektbombast, so immersiv er sich auch gestalten mag. Zack Snyder hingegen baut auf die Gegenüberstellung der titelgebenden Heroen, um daraus auch zur ethischen Meditation des Sujets zu bitten. Bruce Wayne ist anders als Clark kein Kind der Liebe, sondern ein Kind der Gewalt. Bruce wurde im Schmerz geboren und der von Ben Affleck verkörperte Fledermausmann ist ein verbitterter, desillusionierter Vigilant, der es als persönliche Beleidigung erachtet, dass die Menschen Superman als eine Art Erlöser feiern – es ist gerade das Messianische, was Bruce verurteilt. Superman wiederum wird hier nun mehr als Individuum definiert, dass sich in einer Bestimmung wiederfindet, die ihm längst zur Bürde geworden ist. Clark hat erkannt, dass das Privileg, ein Auserwählter zu sein, immer auch den Fluch mit sich bringt, die Rolle des ewigen Außenseiters einzunehmen. Was, wenn er nicht mehr die passende Antwort auf alles Böse in der Welt sein möchte? Was, wenn er schlichtweg nicht zu den Menschen passt?


Reich und mit Haaren (daher keine Eltern von Nöten): Lex Luthor
Batman und Superman jedenfalls finden sich in einer Welt wieder, in der das Selbstverständnis des Superhelden aufs Vehementeste hinterfragt sieht. Und „Batman v Superman: Dawn of Justice“ ist so sehr im tagesaktuellen Geschehen eingegraben, lebt so sehr von einem gegenwärtigen Gefühl globalisierter Kollektivängste, dass sich die Frage, warum sich Clark überhaupt nicht mehr von Superman unterscheiden würde, problemlos beantworten lässt: Das Versteckspiel hat sich vollends abgenutzt. Superman kann nur dort Hoffnung bringen, wo es eine Chance gibt, Hoffnung keimen zu lassen. Vielleicht aber steht es diametral zur Natur des Menschen, Hoffnung als universaler Möglichkeit anzunehmen, was ihn dazu bewegt, alles zu zerschlagen, was im ersten Augenblick fremd erscheint. Für diese Angst steht Batman Pate: Er hat gesehen, welch urgewaltige Kräfte Superman imstande ist zu entfesseln. Und wenn Superman bemerkt, dass sich ein nicht zu unterschätzender Teil der Menschheit missmutig ihm gegenüber präsentiert, wer versichert dem anderen Teil, dass Superman weiterhin im Interesse der Menschen agiert?


Groß, böse und hat wahrscheinlich seine Eltern gefressen: Doomsday
Dass den logischen Kausalitäten im pathosgetränktes Affektkino eines Zack Snyder wenig Raum eingeräumt wird, lässt sich auch an „Batman v Superman: Dawn of Justice“ erkennen, der gehetzt, inkohärent, ja, in seiner beinahe zu kompakten Raffung dafür sorgt, die beiden Ikonen der Superhelden-Branche unter einen Hut zu bekommen, ihre eigenen Universen im Zusammenprall aber doch immer noch zu distanziert erscheinen lässt und mehrwertige Ansätze gerne mal unter den Tisch fallen lässt: Die Handhabung der 'neue Religion', die dabei ist zu expandieren, nachdem die ersten Bürger begonnen haben, ihre Gebete in Richtung Superman zu senden. Die Herangehensweise an den Diskussionsstrang um Supermans Rolle als strafmündige Person. Was bringt ein Rechtsapparat, wenn ihm so deutlich die eigenen Grenzen aufgezeigt werden? Wie muss der verfassungsmäßige Paradigmenwechsel erfolgen, damit sich die Instanzen der Justiz nicht stetig im Angesicht des extraterrestrischen Allmächtigen aus den Angeln hebeln lassen? Angesprochen werden diese Aspekte, aber sie werden (tragischerweise) nicht grundlegend vertieft.


Dennoch bleibt „Batman v Superman: Dawn of Justice“ ein sehenswertes, hochambitioniertes Erlebnis. Zack Snyder denkt in die richtige Richtung, muss seinen facettenreichen Inhalt nur noch ausgereifter, fokussierter angehen, dann steht außer Frage, wer die Oberhand im Clinch um Marvel und DC gewinnen wird. So bleibt vorerst eine (überwiegend formal) beeindruckende Zusammenführung der (womöglich) bedeutungsvollsten Superhelden überhaupt, die sich nicht durch Zugeständnisse an festgewachsene Sehgewohnheiten artikuliert, sondern ein düsteres Eigenleben entwickelt und im bis zum Exzess dynamisierten Chaos genauso berstende Druckwellen entfacht, wie im (raren) Stillleben der Emotionen. Kudos gibt es zum Ende noch einmal für den sagenhaft chargierenden Jesse Eisenberg, dessen eigenwilliges Porträt eines blutjungen Lex Luthors schlichtweg famos ist. Ein Clown mit schwarzer Seele, der noch nicht weiß, in welche Richtung er diese Dunkelheit in seinem Inneren kanalisieren soll, aber radikal und intelligent genug ist, sich ihr zu bemächtigen, zappelt dort sarkastisch durch die aufgescheuchte Gegend. Man darf gespannt sein, wie Zack Snyder seinen Werdegang weiterverfolgen wird. Das allerdings gilt für alles Kommende.


6,5 von 10 Bürden, ein Held zu sein


von souli

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