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Review: ARRIVAL – Interstellar 2.0?

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Fakten:
Arrival
US. 2016. Regie: Denis Villeneuve. Buch: Eric Heisserer, Ted Chiang (Vorlage). Mit: Amy Adams, Jeremy Renner, Forest Whitaker, Michael Stuhlbarg, Mark O’Brien, Tzi Ma u.a. Länge: 117 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Im Kino.


Story:
Zwölf mysteriöse Raumschiffe landen zeitgleich in unterschiedlichen Regionen der Welt. Ihre Besatzung und deren Intension – ein Rätsel. Um globale Paranoia und einen potentiellen Krieg zu verhindern, soll ein Elite-Team um die Linguistin Louise Banks und den Mathematiker Ian Donnelly im Auftrag des Militärs Kontakt herstellen. Doch das unermüdliche Streben nach Antworten gerät bald zum Rennen gegen die Zeit – die eigene und die der gesamten Menschheit. 




Meinung:
Es scheint langsam zu einer jährlichen Tradition heranzureifen, dass man in den letzten Monaten des Jahres ins Kino pilgert um das neue Werk von Denis Villeneuve zu bestaunen. Überschwängliches Lob und eindrucksvolle Momente aus dem Trailer im Schlepptau erhofft man sich großes von dem Mann, der nächstes Jahr das Erbe von Blade Runner antreten darf und muss. Kam man in den letzten Jahren noch etwas ernüchternd aus dem Kino, weil unter der Fassade der Filme weit weniger schlummerte als zunächst vermutet, so darf man bei Arrival beruhigt aufatmen. Villeneuves bester Film seit Incendies lässt einiges für nächstes Jahr erwarten – und das obwohl auch gegen Ende wieder typische Probleme des Filmemachers auf den Plan treten.


Jemand Zuhause?
In Arrival geht es sogar in zweifacher Hinsicht um Kommunikation. Zunächst auf kleinerer Ebene um das reine Verstehen, um die Kontaktaufnahme und das Verständnis zweier Individuen – später um Diplomatie, Kompromisse und Vertrauen, um die Fähigkeit die eigenen Bedürfnisse in Hinblick eines übergeordneten Ziels zurückzustellen. Seinen Reiz entfacht der Film jedoch nicht nur dann, wenn beide Arten der Kommunikation letztlich an ihre Grenzen stoßen und diese nur durch die Leistung eines Einzelnen überschritten werden können, sondern auch in der denunzierten Betrachtung, die er der Herbeiführung dieser Prozesse entgegenbringt. Mit der Tradition des Science-Fiction-Films vor Augen ist es bemerkenswert wie Denis Villeneuve die Ankunft Außerirdischer nicht schleunigst in ein Kriegsszenario überführt, sondern vor allem den Konflikt unterhalb der Menschheit durch die mögliche Bedrohung des Ungewissen nährt. Im emotionalen Fahrwasser von Interstellar bindet auch Arrival das Schicksal der Menschheit an den inneren Konflikt seiner Hauptperson und findet so genreuntypische Regionen zum Verhandeln seiner Konflikte. In weitestgehend ruhigen Tönen fasziniert der Film vor allem dann, wenn er jedwede Hektik fallen lässt und sich mit ehrlicher Neugierde den Möglichkeiten von Kommunikation und dem Erforschen des Unbekannten widmet. Eine Zuspitzung der Ereignisse, wie sie uns Arrival gegen Ende präsentiert, hätte es in dieser expliziten Form zwar nicht gebraucht, aber die vorangegangene Begeisterung kann auch davon nur leicht gedämpft werden.


Leider krankt auch Arrival hier und da an kleineren Symptomen, die Hollywoodproduktionen beinahe zwangsweiße mit sich führen. Über ein klassisches Feindbild (Russland und China, also der böse Kommunismus) und etwaige ethnologische Klischees kann sich auch Villeneuve nicht erheben und so sind es vor allem Notlösungen wie die arg simplifizierte Konfliktauflösung gegen Ende, die zu kleineren Abstrichen führen. Nichtsdestotrotz ist Arrival Kino für die Sinne und das Herz, ein Film, der für grenzensprengenden Zusammenhalt plädiert und damit in unserer heutigen Zeit essentiell ist, obgleich sich hinter den bombastischen Bildern weniger verbirgt als dem Zuschauer zunächst vorgemacht wird.


7 von 10 Kontaktaufnahmen

Review: BATMAN V SUPERMAN: DAWN OF JUSTICE – Das Ende des Versteckspiels

1 Kommentar:


Fakten:
Batman v Superman: Dawn of Justice
USA. 2015. Regie: Zack Snyder. Buch: David S. Goyer, Chris Terrio. Mit: Ben Affleck, Henry Cavill, Jesse Eisenberg, Amy Adams, Jeremy Irons, Diane Lane, Gal Gadot, Holly Hunter, Laurence Fishburne, Tao Okamoto, Scoot McNairy, Callan Mulvey, Jeffrey Dean Morgan, Lauren Cohan, Ezra Miller, Jason Momoa, Mark Edward Taylor, Alan D. Purwin u.a. Länge: 151 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Im Kino.


Story:
Batman alias Bruce Wayne, jener überragende Streiter für Recht und Ordnung in Gotham City, fürchtet, dass selbst die Aktionen eines gottähnlichen Superhelden wie Superman außer Kontrolle geraten könnten, wenn er nicht ständig beaufsichtigt wird. Deshalb legt er sich jetzt mit dem meistverehrten modernen Retter in Metropolis an, während die Welt darüber streitet, welche Art Helden sie eigentlich braucht. Und da Batman und Superman nun einander bekämpfen, taucht unversehens eine neue Bedrohung auf, durch die die Menschheit in brisante Gefahren von ungeahnten Ausmaßen gerät.




Meinung:
Be their hero, Clark. Be their angel, be their monument, be anything they need you to be... or be none of it. You don't owe this world a thing. You never did.“ Es sind deutliche Worte von Belang, die Martha Kent (Diane Lane) ihrem überirdischen Adoptivsohn Clark (Henry Cavill) mit auf den steinigen Weg gibt. Gewichtige Worte, die man sich als Zuschauer unbedingt noch mehrfach durch den Kopf gehen lassen sollte, bringen sie doch den zentralen Konflikt der gesamten Geschichte rundum Superman und seine Daseinsberechtigung auf Erden adäquat zum Ausdruck. Denn, auch Sentorin Finch (Holly Hunter) bringt es in ihrem reichlich expliziten Misstrauen gegenüber dem humanoiden Alien auf den Punkt: Wir sollten nicht länger darüber parlieren, ob wir einen Superman überhaupt brauchen oder nicht. Schließlich weilt er doch unlängst unter uns, was den Diskurs um seine Person respektive sein Handeln auf eine neue Ebene manövriert – nicht, was KANN Superman tun, sondern, was SOLLTE er tun. Und auf welchem Recht fußt sein Tun?


Mies gelaunt und ohne Eltern: Batman
„Batman v Superman: Dawn of Justice“ behandelt diesen durch und durch moralischen Themenkomplex. Und hätte man sich hier noch entschiedener damit beschäftigt, welche Bedeutung dem Umstand beigemessen wird, in unserer Welt ein Superheld zu sein (sprich: jemand, der anderen vermutlich in allen Belangen überlegen ist), hätte Zack Snyder („Man of Steel“) vermeintlich DIE Comic-Verfilmung abgeliefert, den Rest zu knechten. Angesichts der Umsetzung von „Batman v Superman: Dawn of Juice“ schnellt einem jedoch vielmehr der Aphorismus von römischen Dichters Sextus Aurelius Properz ins Gedächtnis, der besagt: „In großen Dingen genügt es auch, sie gewollt zu haben.“ Zutreffend, gerade wenn wir einmal abwägen, in welcher Verfassung die hochbudgetierten, von Major-Studios katalysierten Comic-Verfilmungen heutzutage überhaupt noch sind, einen gewissen Eigengeschmack in das wie auf risikobefreitem Autopilot vor sich hin schlurfende Getriebe zu extrahieren. Man kann Zack Snyder indes mit Sicherheit einiges an den Kopf werfen, doch seine Superman-Interpretation(en) unterliegen niemals der Gefallsucht der Marvel-Schmiede.


Nass und Halbwaise: Superman
Die Persistenz, mit der Zack Snyder seine eigene Version des Mann aus Stahls auf die Leinwände dieser Welt gefeuert hat, war, ist und bleibt beeindruckend. Ein guter Film muss daraus noch lange nicht entstehen und sein „Man of Steel“, die erste Annäherung seitens Snyder an den Mythos Superman aus dem Jahre 2013, war eine Herausforderung, wie man sie im Blockbustersektor kaum noch zu sehen bekommt. Ein vom manischen Bewegungsdrang und einer megalomanischen Zerstörungswut durchströmter Koloss, der den Zuschauer so sehr in den Sessel presste, dass es schon weh tat, dem überbordenden Geschehen auf der Leinwand zu folgen. „Batman v Superman: Dawn of Justice“ ist ein ähnlich paralysierender Kraftbolzen, Reizüberflutung in Reinkultur eben. Gerade wenn sich Superman, Batman (Ben Affleck), Wonder Woman (Gal Gadot) und der von Lex Luther (Jesse Eisenberg) ins Leben gerufene Doomsday, eine kryptonische Anomalie, ein mit unendlicher Energie angeheizter Planetenzerstörer, in der finalen Materialschlacht so richtig auf die Ömme geben.


Bewaffnet und der Elternstatus ist unbekannt: Wonder Woman
Interessant wird „Batman v Superman: Dawn of Justice“ aber nicht durch seinen Effektbombast, so immersiv er sich auch gestalten mag. Zack Snyder hingegen baut auf die Gegenüberstellung der titelgebenden Heroen, um daraus auch zur ethischen Meditation des Sujets zu bitten. Bruce Wayne ist anders als Clark kein Kind der Liebe, sondern ein Kind der Gewalt. Bruce wurde im Schmerz geboren und der von Ben Affleck verkörperte Fledermausmann ist ein verbitterter, desillusionierter Vigilant, der es als persönliche Beleidigung erachtet, dass die Menschen Superman als eine Art Erlöser feiern – es ist gerade das Messianische, was Bruce verurteilt. Superman wiederum wird hier nun mehr als Individuum definiert, dass sich in einer Bestimmung wiederfindet, die ihm längst zur Bürde geworden ist. Clark hat erkannt, dass das Privileg, ein Auserwählter zu sein, immer auch den Fluch mit sich bringt, die Rolle des ewigen Außenseiters einzunehmen. Was, wenn er nicht mehr die passende Antwort auf alles Böse in der Welt sein möchte? Was, wenn er schlichtweg nicht zu den Menschen passt?


Reich und mit Haaren (daher keine Eltern von Nöten): Lex Luthor
Batman und Superman jedenfalls finden sich in einer Welt wieder, in der das Selbstverständnis des Superhelden aufs Vehementeste hinterfragt sieht. Und „Batman v Superman: Dawn of Justice“ ist so sehr im tagesaktuellen Geschehen eingegraben, lebt so sehr von einem gegenwärtigen Gefühl globalisierter Kollektivängste, dass sich die Frage, warum sich Clark überhaupt nicht mehr von Superman unterscheiden würde, problemlos beantworten lässt: Das Versteckspiel hat sich vollends abgenutzt. Superman kann nur dort Hoffnung bringen, wo es eine Chance gibt, Hoffnung keimen zu lassen. Vielleicht aber steht es diametral zur Natur des Menschen, Hoffnung als universaler Möglichkeit anzunehmen, was ihn dazu bewegt, alles zu zerschlagen, was im ersten Augenblick fremd erscheint. Für diese Angst steht Batman Pate: Er hat gesehen, welch urgewaltige Kräfte Superman imstande ist zu entfesseln. Und wenn Superman bemerkt, dass sich ein nicht zu unterschätzender Teil der Menschheit missmutig ihm gegenüber präsentiert, wer versichert dem anderen Teil, dass Superman weiterhin im Interesse der Menschen agiert?


Groß, böse und hat wahrscheinlich seine Eltern gefressen: Doomsday
Dass den logischen Kausalitäten im pathosgetränktes Affektkino eines Zack Snyder wenig Raum eingeräumt wird, lässt sich auch an „Batman v Superman: Dawn of Justice“ erkennen, der gehetzt, inkohärent, ja, in seiner beinahe zu kompakten Raffung dafür sorgt, die beiden Ikonen der Superhelden-Branche unter einen Hut zu bekommen, ihre eigenen Universen im Zusammenprall aber doch immer noch zu distanziert erscheinen lässt und mehrwertige Ansätze gerne mal unter den Tisch fallen lässt: Die Handhabung der 'neue Religion', die dabei ist zu expandieren, nachdem die ersten Bürger begonnen haben, ihre Gebete in Richtung Superman zu senden. Die Herangehensweise an den Diskussionsstrang um Supermans Rolle als strafmündige Person. Was bringt ein Rechtsapparat, wenn ihm so deutlich die eigenen Grenzen aufgezeigt werden? Wie muss der verfassungsmäßige Paradigmenwechsel erfolgen, damit sich die Instanzen der Justiz nicht stetig im Angesicht des extraterrestrischen Allmächtigen aus den Angeln hebeln lassen? Angesprochen werden diese Aspekte, aber sie werden (tragischerweise) nicht grundlegend vertieft.


Dennoch bleibt „Batman v Superman: Dawn of Justice“ ein sehenswertes, hochambitioniertes Erlebnis. Zack Snyder denkt in die richtige Richtung, muss seinen facettenreichen Inhalt nur noch ausgereifter, fokussierter angehen, dann steht außer Frage, wer die Oberhand im Clinch um Marvel und DC gewinnen wird. So bleibt vorerst eine (überwiegend formal) beeindruckende Zusammenführung der (womöglich) bedeutungsvollsten Superhelden überhaupt, die sich nicht durch Zugeständnisse an festgewachsene Sehgewohnheiten artikuliert, sondern ein düsteres Eigenleben entwickelt und im bis zum Exzess dynamisierten Chaos genauso berstende Druckwellen entfacht, wie im (raren) Stillleben der Emotionen. Kudos gibt es zum Ende noch einmal für den sagenhaft chargierenden Jesse Eisenberg, dessen eigenwilliges Porträt eines blutjungen Lex Luthors schlichtweg famos ist. Ein Clown mit schwarzer Seele, der noch nicht weiß, in welche Richtung er diese Dunkelheit in seinem Inneren kanalisieren soll, aber radikal und intelligent genug ist, sich ihr zu bemächtigen, zappelt dort sarkastisch durch die aufgescheuchte Gegend. Man darf gespannt sein, wie Zack Snyder seinen Werdegang weiterverfolgen wird. Das allerdings gilt für alles Kommende.


6,5 von 10 Bürden, ein Held zu sein


von souli

Review: BIG EYES - Ausgebeutete Kunst

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Fakten:
Big Eyes
USA. 2014. Regie: Tim Burton. Buch: Scott Alexander, Larry Karaszewski. Mit:Amy Adams, Christoph Waltz, Danny Huston, Terence Stamp, Krysten Ritter, Jason Schwartzman, Jon Polito, James Saito, Delaney Raye, Guido Furlani, Madeleine Arthur u.a. Länge: 106 Minuten. FSK: freigegeben ohne Altersbeschränkung. Ab 23. April 2015 im Kino.


Story:
Die USA in den 1950er Jahren. Margaret versucht mit der Malerei Geld zu verdienen, doch niemand interessiert sich für ihre Werke, die vor allem durch die großen Augen ihre gemalten Personen auffallen. Dann lernt sie Walter kennen. Die beiden verlieben sich und heiraten. Walter erkennt Margrets Potenzial als Künstlerin, versteht aber auch, dass es Frauen in der Kunstwelt schwer haben, also geben beide ihre Werke für sein aus. Mit Erfolg. Margrets Kunst wird zum Hit. Doch der im Rampenlicht stehende Walter verliert zunehmend die Kontrolle und sieht sich nach und nach als wahren Urheber der Bilder. Es kommt zum Bruch des Paares.





Meinung:
Tim Burton ist zurück mit seiner Variante eines genüsslich überkandidelten 40er-bis-50er-Melodrams (nicht umsonst kommt zweimal Joan Crawford zur Sprache - es gibt sogar stilecht ein Finale im Gerichtssaal!), das von der exquisiten Räudigkeit des Christoph Waltz lebt und Spannungen des plakativen Love-to-hate vorantreibt. Allerdings ist dabei auch die Empathie mit der unterdrückten Frau und Künstlerin Margaret Keane (Amy Adams) ein entscheidender Faktor des dramaturgischen Haltens; Burton weiß an ihr dementsprechend die Sehnsucht und Tragik des verheimlichten Schaffens zu stilisieren.


 
Walter und Margret im Streit um die Kunst
Das bunte malerische Ambiente drum herum ist da ebenso nur die brüchige Oberfläche zur inneren Seelenpein, umso greller kommen sodann die Ausbrüche des kontrollierenden Ehemanns/Schweinepriesters Walter Keane. Sein Overacting macht ihn vor allem zum Schluss hin zur Witzfigur, der Fiesheit jener Figur gelingt dadurch aber auch eine Unberechenbarkeit, bei der man sich trotz Übertünchung fürchtet - also ebenso wirksam wie die entschiedene Verschleierung der Realität im Sinne von Burtons "Big Fish", wie hier Margaret Keanes Sicht der Geschehnisse ihr künstlerisch-überzeichnetes Pendant auf der expressionistischen Leinwand erhält. Da muss man nochmal distanzieren, wie viel Wahrheitsgehalt letztlich übrig bleibt - im filmischen Sinne ist das wohl aber noch die geeignetste Lösung; erst recht, sobald es um die Hilfe der Zeugen Jehovas in Hawaii geht: Camp-Faktor Deluxe. Burton hätte aber dennoch gut daran getan, das visuelle und emotionale Potenzial der Gemälde zu veräußerlichen - Danny Elfmans Score kriegt da zur Unterstützung auch immer nur halbwegs die Kurve -, schließlich besitzt die Geschichte anhand seiner eigenen Vergangenheit als Zeichner bei Disney durchaus persönliche Züge und sollte ihm demnach auch zum audiovisuellen Freilauf antreiben können.


Die Entschädigung fürs Nicht-Einlösen findet man immerhin im extremen Schauspiel zur Konkretisierung der inneren Themen, wobei Amy Adams aber weiterhin als Sympathieträgerin einer ungünstigen Ära beim Zuschauer davon kommt - der Wunsch zum Gelingen ihrer Selbstachtung brennt eben wie das Terpentin in ihrem Arbeitszimmer, je mehr Streichhölzer nach ihr geworfen werden. Dennoch gilt es, vom Film eine unwiderlegbare Taktlosigkeit zu erwarten - was aber immer noch besser ist, als die kommerzielle Manierlichkeit einer "Alice im Wunderland".


6,5 von 10 Kulleraugen


vom Witte

Review: CATCH ME IF YOU CAN – Millionenschwindler mit Milchbart

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Fakten:
Catch me if you can
USA, Kanada.
2002. Regie: Steven Spielberg. Buch: Jeff Nathanson, Frank W. Abagnale (Vorlage). Mit: Leonardo DiCaprio, Tom Hanks, Christopher Walken, Nathalie Baye, Amy Adams, Martin Sheen, James Brolin, Jennifer Garner, Elizabeth Banks, Frank John Hughes, Brian Howe, Chris Ellis, Ellen Pompeo, Steve Eastin u.a. Länge: 135 Minuten. FSK: freigegeben ab 6 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Die wahre Geschichte des Frank W. Abagnale jr., der bereits als Teenager zu einem der meist gesucht Checkfälscher der USA wurde und sich lange Zeit ein Katz-und-Maus-Spiel mit dem FBI, vertretend durch den Agenten Carl Hanratty, lieferte.





Meinung:
Man hatte die Hoffnungen ja schon irgendwie aufgegeben, dass Steven Spielberg mal wieder Interesse daran zeigt, das Herz der Zuschauer in den Sälen der Lichtspielhäuser in den höchsten Tönen schlagen zu lassen. Sein Eskapismus war nicht mehr locker-leicht konzipiert, er war von einer entsättigten Düsternis gezeichnet, die den Kleinen der Familie konsequent den Riegel vorschob: Auf „Schindlers Liste“ folge das Sklaven-Drama „Amistad“, nach „Der Soldat James Ryan“ kam die hervorragende Dystopie „Minority Report“. Zwischendurch durfte zwar „A.I. - Künstliche Intelligenz“ noch einmal etwas Magie versprühen, doch von dem federleichten Gestus eines „E.T. - Der Außerirdische“, „Jurassic Park“ oder der „Indiana Jones“-Trilogie waren seine Werke bis zum Jahre 2002 dann doch immer einen ordentlich Schritt weit entfernt. Mit „Catch Me If You Can“ sollte sich dann allerdings etwas ändern und der immer irgendwo Kind gebliebene Kinoillusionär bewies eindrucksvoll, dass er immer noch ohne Probleme leichtfüßiges Familienkino der Extraklasse auf die Beine stellen kann.


Vater und Sohn, zwei Hochstapler unter sich
Ohne extraterrestrische Lebewesen oder die Peitsche schwingende Schätzjäger, führt uns „Catch Me If You Can“ zurück eine Filmwelt, die atmosphärisch an die luftig inszenierten Räuberpistolen der 1950er oder 1960er Jahre. Gleich Anfang schon werden wir direkt mit einem hervorragend von Kuntzel und Deygas designten Titelsequenz verwöhnt, die in ihrer gesamten Verspieltheit aufzeigt – während sie das Katz- und Mausspiel des Filmes reflektiert -, welch nostalgische Verbundenheit Steven Spielberg zur Kinematographie an und für sich pflegt. Leonardo DiCaprio, der seinen großen Durchbruch als allgemein als ernstzunehmender Schauspieler mit „Gangs of New York“ verzeichnen sollte, hat es dann doch eher „Catch Me If You Can“ zu verdanken, dass ihm heutzutage ein derartiger Ruf und Stand zuteil geworden ist. Aus der Schublade des verweichlichten Schönling, die er mit „Titanic“ noch einmal bestätigte, zeigt DiCaprio als Frank Abagnale, jr., dass er nicht nur ungemein wandelbar in seiner Rollenwahl zu Werke schreiten kann, sondern legt auch den Grundstein für seine Flexibilität historische Figuren zu verkörpern. Als tatsächlich existierender Frank Abgnale, jr. drückt sich DiCaprio mit ausbalancierter Performance in den Fokus.


Carl ist Frank ganz dicht auf der Spur
Frank Abagnale, jr ging als Hochstapler und Scheckbetrüger in die Geschichte ein und hat am Ende der 1960er Jahre das FBI (im Film personifiziert von einem grandios-lakonischen Tom Hanks als Carl Hanratty) so zum Narren gehalten, wie es ihm gefallen hat – Und er war zu diesem Zeitpunkt nicht einmal volljährig. „Catch Me If You Can“ nimmt sich der kriminellen Laufbahn des Frank Abagnale, jr. an, ohne diese natürlich durch den ideologischen Fleischwolf zu drehen. Das pointierte Drehbuch von Jeff Nathanson, der von Frank Abagnale, jr. unterstützt wurde, verschiebt die Verbrecherjagd hingegen in eine komödiantische Tonalität und schlägt als Liebesklärung an das altmodische Kino derart entzückende Haken, dass es dem Film an Kurzweil gewiss nicht fehlen möchte. Allein mitanzusehen, wie der 16-jährige New Yorker nach der Scheidung seiner Eltern von Zuhause ausbricht und sich durch die renommiertesten Berufszweige schummelt, ist ein Fest für die Sinne: Vom von jeder Seite glorifizierten Himmelstürmer, der schließlich als Gott in Weiß in Karriere macht und anschließend noch als angeblicher Advokat seinen Schwiegervater in spe um den Finger zu wickeln versucht. Immer hinter ihm, manchmal auch nur einen Schritt zu später (oder den einen Funken zu naiv): Carl Hanratty.


Wenn Frank Abgnale, jr. dann immerzu in Luxus und Dekadenz schwimmt, schält sich sein familiärer Scherbenhaufen, der fortwährend unter der Oberfläche schmerzt, an das Tageslicht: Versucht darin, den finanziellen Ruin seines Vaters zu neutralisieren, schwindelt sich Frank quer durch die Staaten, später auch über die Landesgrenzen hinaus, schafft es dadurch aber natürlich nicht, seine sich entfremdeten Elternteile wieder zueinander zubringen. Jede Finte treibt ihn weiter weg, weil, wie Carl Hanratty gegen Ende richtiggehend feststellt, lebt es sich mit der Lüge manchmal leichter. Frank weiß, dass er den Klebstoff der Liebe nicht durch seine hochstaplerische Delinquenz vorfindet. Mit der Verve der farbenfrohen goldenen Ära ist „Catch Me If You Can“ mustergültiges Entertainment, das jede Menge Spaß bereitet, immer stilvoll in Szene gegossen, ohne den Zuschauer aber auch emotional zu unterstättigen: Gerade der Moment, in dem Frank als Heimatloser durch den Bürokomplex des FBI streunend beweist das nachhaltig. Man kommt nicht Drumherum, egal wie man den Film dreht und wendet, „Catch Me If You Can“ als exzellentes Unterhaltungskino zu bezeichnen, werden doch alle Wünsche bestätigt.


8 von 10 anregenden Zwischenstopps


von souli