US. 2016. Regie: Denis Villeneuve. Buch:
Eric Heisserer, Ted Chiang (Vorlage). Mit: Amy Adams, Jeremy Renner, Forest
Whitaker, Michael Stuhlbarg, Mark O’Brien, Tzi Ma u.a. Länge: 117 Minuten. FSK:
Freigegeben ab 12 Jahren. Im Kino.
Story:
Zwölf mysteriöse Raumschiffe
landen zeitgleich in unterschiedlichen Regionen der Welt. Ihre Besatzung und
deren Intension – ein Rätsel. Um globale Paranoia und einen potentiellen Krieg
zu verhindern, soll ein Elite-Team um die Linguistin Louise Banks und den
Mathematiker Ian Donnelly im Auftrag des Militärs Kontakt herstellen. Doch das
unermüdliche Streben nach Antworten gerät bald zum Rennen gegen die Zeit – die
eigene und die der gesamten Menschheit.
Meinung:
Es scheint langsam zu einer
jährlichen Tradition heranzureifen, dass man in den letzten Monaten des Jahres
ins Kino pilgert um das neue Werk von Denis
Villeneuve zu bestaunen. Überschwängliches Lob und eindrucksvolle Momente
aus dem Trailer im Schlepptau erhofft man sich großes von dem Mann, der
nächstes Jahr das Erbe von Blade Runner
antreten darf und muss. Kam man in den letzten Jahren noch etwas ernüchternd
aus dem Kino, weil unter der Fassade der Filme weit weniger schlummerte als
zunächst vermutet, so darf man bei Arrival
beruhigt aufatmen. Villeneuves bester Film seit Incendies lässt einiges für nächstes Jahr erwarten – und das obwohl
auch gegen Ende wieder typische Probleme des Filmemachers auf den Plan treten.
Jemand Zuhause?
In Arrival geht es sogar in zweifacher Hinsicht um Kommunikation.
Zunächst auf kleinerer Ebene um das reine Verstehen, um die Kontaktaufnahme und
das Verständnis zweier Individuen – später um Diplomatie, Kompromisse und Vertrauen,
um die Fähigkeit die eigenen Bedürfnisse in Hinblick eines übergeordneten Ziels
zurückzustellen. Seinen Reiz entfacht der Film jedoch nicht nur dann, wenn
beide Arten der Kommunikation letztlich an ihre Grenzen stoßen und diese nur durch
die Leistung eines Einzelnen überschritten werden können, sondern auch in der
denunzierten Betrachtung, die er der Herbeiführung dieser Prozesse
entgegenbringt. Mit der Tradition des Science-Fiction-Films vor Augen ist es
bemerkenswert wie Denis Villeneuve
die Ankunft Außerirdischer nicht schleunigst in ein Kriegsszenario überführt,
sondern vor allem den Konflikt unterhalb der Menschheit durch die mögliche
Bedrohung des Ungewissen nährt. Im emotionalen Fahrwasser von Interstellar bindet auch Arrival das Schicksal der Menschheit an
den inneren Konflikt seiner Hauptperson und findet so genreuntypische Regionen
zum Verhandeln seiner Konflikte. In weitestgehend ruhigen Tönen fasziniert der
Film vor allem dann, wenn er jedwede Hektik fallen lässt und sich mit ehrlicher
Neugierde den Möglichkeiten von Kommunikation und dem Erforschen des
Unbekannten widmet. Eine Zuspitzung der Ereignisse, wie sie uns Arrival gegen Ende präsentiert, hätte
es in dieser expliziten Form zwar nicht gebraucht, aber die vorangegangene
Begeisterung kann auch davon nur leicht gedämpft werden.
Leider krankt auch Arrival hier und da an kleineren
Symptomen, die Hollywoodproduktionen beinahe zwangsweiße mit sich führen. Über
ein klassisches Feindbild (Russland und China, also der böse Kommunismus) und
etwaige ethnologische Klischees kann sich auch Villeneuve nicht erheben und so sind es vor allem Notlösungen wie
die arg simplifizierte Konfliktauflösung gegen Ende, die zu kleineren
Abstrichen führen. Nichtsdestotrotz ist Arrival
Kino für die Sinne und das Herz, ein Film, der für grenzensprengenden
Zusammenhalt plädiert und damit in unserer heutigen Zeit essentiell ist,
obgleich sich hinter den bombastischen Bildern weniger verbirgt als dem
Zuschauer zunächst vorgemacht wird.
Fakten: Mission: Impossible –
Rogue Nation
USA. 2015. Regie: Christopher McQuarrie. Buch: Christopher
McQuarrie, Drew Pearce. Mit: Tom Cruise, Rebecca Ferguson, Simon Pegg, Sean
Harris, Jeremy Renner, Ving Rhames, Alec Baldwin, Simon McBurney, Tom
Hollander, Jingchu Zhang, Hermione Corfield, Jens Hulten u.a. Länge: 131
Minuten. FSK: freigegeben ab
12 Jahren. Ab 17. Dezember 2015 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story: Nach den letzten Vorfällen rund um die IMF, übernimmt der CIA nun die Führung
der Abteilung und dieser befiehlt, dass alle Agenten zurückgezogen werden.
Ethan Hunt taucht jedoch unter, denn kurz vor diesem Befehl sieht er sich damit
konfrontiert, dass eine Terrororganisation namens das Syndikat, bestehend aus
Ex-Agenten, vor hat die Welt ins Chaos zu stürzen. Hunt muss handeln und macht
sich so nicht nur zum Staatsfeind Nummer 1, sondern auch zur wandelnden Zielscheibe
für das Syndikat. Zum Glück bekommt er Hilfe von seinen Freunden, aber auch von
einer mysteriösen Fremden.
Meinung: Es sollte bekannt sein,
aber vorsichtshalber wird in diesem Absatz das wiederholt, was wir bereits bei
unserer Kritik zu „Mission: Impossible – Phantom Protokoll“ gesagt haben: Das
Schöne an der Reihe ist, dass man jedem Teil die individuelle Handschrift
seines Regisseur ansieht und so war die Neugier groß, wie sich Christopher
McQuarrie als Erbe von Vorgängerregisseur Brad Bird schlagen wird und vor allem
ob er seinen ganz eigenen Stil rund um Superagent Ethan Hunt und die IMF (Impossible
Mission Force) einfließen lassen wird.
Das nennt man mal einen waschechten Last Minute-Flug
„Mission: Impossible – Rogue Nation“ fängt nicht genau dort an wo Teil vier
endete, doch gab dieser schon einmal den Antagonisten vor. Gemeint ist das
Syndikat, jene mysteriöse wie skrupellose Gemeinschaft von ehemaligen
Top-Spionen, die die Welt ins Chaos stürzen, vorher aber noch rasch die IMF
ausschalten will. Zu ihrem Glück steht die strenggeheime Organisation eh auf
der Abschussliste des CIA, denn wer für die Sprengung des Kreml (mit)verantwortlich
ist (siehe „Phantom Protokoll“), der ist bei den Staatsoberen nicht unbedingt
gerne gesehen. Hier ist bereits auffällig, dass „Rogue Nation“ die Ereignisse
seine direkten Vorgängers miteinbezieht. Wirkten Teil 1 und Teil 2 regelrecht
losgelöst von einander, so scheinen die Filme ab dem dritten Teil marginal
miteinander verzahnt zu sein. Eine waschechte Kohärenz kommt dabei nicht zu
Stande, muss aber auch gar nicht. Aber die Frage bleibt spannend, wie sich die
Reihe weiterentwickeln wird, denn einiges deutet darauf hin, dass „Mission:
Impossible – Rogue Nation“ Potenzial hätte, für ein direktes Sequel. Es wäre interessant
wenn es wirklich kommen sollte, aber definitiv auch verschmerzbar wenn der nächste
Einsatz von Ethan Hunt doch wieder losgelöst vom Vorgänger stattfindet.
Nimmt die Sache selbst in die Hand: Rebecca Ferguson
Aber egal welcher Nachfolger uns demnächst erwartet, er wäre schön, wenn das
Team wieder etwas mehr in Fokus stehen würde. Die Interaktion zwischen den verschiedenen
Charakteren machte „Phantom Protokoll“ u.a. zu wunderbar kurzweilig und
unterhaltsam. Bei „Rouge Nation“ ist immer noch Teamwork angesagt, jedoch ist
deutlich zu erkennen, dass die Marketingstrategen herausgefunden haben, dass
die Zuschauer wohl vor allem Erhan Hunt und Hacker Benji Dunn miteinander
agieren sehen wollen. Das ist verständlich, denn die Chemie zwischen Aushängeschild
Tom Cruise und Spaßvogel Simon Pegg ist schmissig und eingängig. Dennoch wird
es hier etwas zu oft und zu sehr betrieben, die Interaktion zwischen dem
Agentenprofi und dem abenteuerlustigen aber auch etwas ängstlichen
Vorzeige-Nerd. Jeremy Renner alias William Brandt, der im vierten Teil noch
eine der interessantesten und besten Neuzugänge war sowie „Mission: Impossible“-Veteran
Luther Strickell (Ving Rhames) kommen dagegen eindeutig zu kurz. Darstellerin
Rebecca Ferguson hingegen, die hier ihren Einstand feiert, darf hingegen mit
galanter Robe, athletischen Kampffähigkeiten und kühlem Blick klar von sich
behaupten, dass sie einen guten Ersteindruck hinterlässt, auch weil das Script
von Christopher McQuarrie und Drew Pearce keine typische damsel in distress aus ihr macht. Eher im Gegenteil.
Auf den Straßen von Casablanca geht es heiß her
Ferguson sowie Cruise sind in einigen, wirklich hübsch gefilmten, Actionszenen
zu sehen, wobei Ferguson meist für die Athletik zuständig ist, während Cruise
(natürlich ohne Stunt Double) die ganz großen Klötze bewerkstelligt, allen
voran die Anfangsszene, in der er sich von außen an ein Transportflugzeug klammert.
Eine wirklich eindrucksvolle Szene, doch die immer noch schwindelerregende wie
höhenangstverursachende Kletterszene aus Teil 4, bei der Tom Cruise auf der
spiegelglatten Außenfasse des über 800 Meter hohen Burj Khalifa in Abu Dhabi herumkletterte,
bleibt immer noch ungeschlagen. Aber natürlich besitzt „Mission: Impossible –
Rogue Nation“ einige nennenswerte Actionmomente, z.B. eine Verfolgungsjagd in
Casablanca, die von den engen Straßen der Altstadt, auf den Highway hin zu den
staubigen Serpentinen des nordafrikanischen Gebirges wechselt. Wahrscheinlich
die beste Verfolgungsjagd der Reihe und dieses (bisherigen) Kinojahres. Aber verwundern
sollte das niemanden, denn die „Mission: Impossible“-Filme waren schon immer
bekannt für ihre ikonischen wie stets effektiv und adrenalinhaltigen Action,
wie auch Spannungsszenen. Man denke z.B. nur an die lautlose Infiltration des
Computerraums im ersten Teil.
Ethan Hunt wird immer mehr in die Ecke gedrängt
Wo für die „Mission: Impossible“-Filme ebenfalls bekannt sind, sind ihre
Schurken, die meist doch irgendwie genauso profillos und austauschbar bleiben
wie der MacGuffin (den man übrigens hier vergebens sucht), den es im jeden Teil
gibt. Bei „Rouge Nation“ versucht nun der britische Darsteller Sean Harris,
einigen vielleicht bekannt aus Scott Derrickson Exorzismus-Quark „Erlöse uns
von dem Bösen“, sich daran eine hervorstechende Spur im Sand des Franchise zu
hinterlassen. Aber so bedrohlich seine Erscheinung mit dem sinisteren Blick,
der leisen Stimme und dem dürren Gesicht auch ist, bleibt auch er als Antagonist
letztlich austauschbar. Aber immerhin durchbricht „Mission: Impossible – Rogue Nation“
mit ihm und seiner Organisation die Schurkenroutine des Reihe. Da hier nicht gespoilert
werden soll, nur so viel: Schaut man sich die Filme an (vor allem die ersten
drei) fällt schon deutlich auf, dass der Schurke eigentlich immer aus demselben
Lager stammt, bzw. heimlich unterstützt wird.
Echte Profis im Einsatz
„Mission: Impossible – Rogue Nation“ hat also hier und dort seine Fehlerchen,
dennoch ist auch Teil 5 ein gelungener Blockbuster geworden, der erneut den
Platz auf der kinematographischen Landkarte ausfüllt, auf dem früher 007 zu
finden war, bevor er mit seiner neuen und raueren Art in andere Gefilde
umsiedelte. Regisseur McQuarrie gelingt es aber – ganz im Gegensatz zu seinen
Vorgängern auf dem Regiestuhl – nie so wirklich dem Agentenabenteuer einen
eigenen Stil zu verpassen. Er zitiert gerne und freudig bei Klassikern, wie
etwa Hitchcocks „Der Mann, der zu viel wusste“ oder Michael Curtiz „Casablanca“,
lässt die Kämpfe dafür etwas kaltblütiger erscheinen als beim Kollegen Brad
Bird und integriert noch etwas Geheimdienstpolitik in die Handlung. Das
schließt sich alles recht stimmig in ein großes Ganzes zusammen, einen wirklich
eigen Tonus besitzt „Mission: Impossible – Rogue Nation“ aber dann leider doch
nicht. Vielleicht beschreibt man McQuarries Film am besten so: Eine durch und
durch unterhaltsame Stilmixtur aus Brian DePalmas Paranoia-Thriller von 1996
und J.J. Abrams leicht überambitionierten aber dennoch packendem Actionfilm von
2006.
„Mission: Impossible – Rogue Nation“ gelingt es also nicht seinen Vorgänger zu
schlagen und auch das Regisseur und Autor Christopher McQuarrie keine wirklich
eigene Stilistik hinbekommt ist etwas enttäuschend. Aber das ist Jammern auf hohem
Niveau. Einmal abgesehen von John Woos Action- und Symbol-Overkill „Mission
Impossible 2“ von 2000, erweist sich die Reihe als (fast) durchgängig
überzeugendes Agenten-Franchise, welches mit Witz, teils überproportionalen
Actionszenen (die jedoch irgendwie niemals so richtig den letzten Griff hin zur
Realität lösen), einem charismatischen Helden (plus ebenfalls charismatischen
Team) und gängigen Standards des Subgenres immer wieder einfache aber stets ach
verlässliche Unterhaltung bieten, ohne jemals einen wirklich Sättigungseffekt
zu verursachen. Es sei jedoch angemerkt, dass Tom Cruise mittlerweile auch
schon 52 Jahre alt ist. Wie lange er noch über gläserne Fassaden von
Hochhäusern rennen und sich an Flugzeuge klammern kann ist die Frage, die
irgendwann genau gestellt wird, wie die Frage nach einem möglichen Ethan Hunt-Nachfolger.
vielleicht wird es Jeremy Renner (auch wenn dieser bei „Rogue Nation“ eher
etwas stiefmütterlich behandelt wird) vielleicht kommt Hollywood auch mit der
Reboot-Idee um die Ecke. Aber Teil 5 gibt zum Glück noch keinen wirklichen
Grund an, darüber ernsthaft nachzudenken.
USA. 2014. Regie: Michael Cuesta. Buch: Peter
Landesman, Nick Schou (Vorlage), Gary Webb (Vorlage). Mit: Jeremy Renner, Rosemarie DeWitt, Ray Liotta, Tim Blake Nelson, Barry
Pepper, Mary Elizabeth Winstead, Michael Sheen, Michael K. Williams, Oliver
Platt, Andy García, Paz Vega, ua. Länge: 110 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 21. Januar 2016 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story: Gary Webb, ein investigativer Journalist, deckt skandalöse Deals der CIA
auf, deren Folgen von Afrika bis in die Vororte von Los Angeles reichen und die
Agency beschuldigen, Drogenschmuggel zu dulden. Basierend auf realen
Begebenheiten.
Meinung: In der Realität passierende oder passierte politische Skandale können ihre
dramatische Kraft wahrscheinlich am besten im dokumentarischen Stile entfalten.
Der direkte Kontakt zu Beteiligten, die logische Darlegung von Fakten, ein paar
Spekulationen; all dem mag man in einer Dokumentation folgen. In einem Kinofilm
kann investigative Arbeit schnell langweilig werden, weil der Zuschauer selbst
nicht „mitspielen“ darf, sondern nur dem ganzen Theater beiwohnt. Eine der
neusten und wohl auch bekanntesten Beispiele für solche Dokumentationen ist
„Citizen Four“, ein Film, der sich mit dem NSA-Skandal und Edward Snowden
auseinandersetzt. Der ist vor ein paar Jahren mit einem Ruck bekannt geworden,
seitdem gehasst und verehrt, aber immer für seinen Mut respektiert. „Kill The
Messenger“ geht mit seinem Titel einerseits darauf ein, was vor hunderten von
Jahren mit Überbringern schlechter Nachrichten gemacht wurde, und andererseits
auf den defensiven Spruch „Ich bin nur der Überbringer der Nachricht“, den wohl
jeder schon mal gehört oder gesagt hat.
Google Maps - You're making it wrong
Der Überbringer der Nachricht ist in diesem Fall Gary Webb, dargestellt von
Jeremy Renner. Und der liefert mit diesem Film seine beste Arbeit seit einer
ganzen Weile ab. Er stellt einen Mann dar, der, Edward Snowden nicht unähnlich,
sein Leben der offenen Wahrheit verschrieben hat. Es geht ihm nicht um
Gerechtigkeit, es geht ihm nicht darum, dass die Verantwortlichen CIA-Agenten
belangt werden (davon distanziert er sich in zahlreichen Fernseh-Interviews).
Es geht ihm nur darum, dass eine Wahrheit ans Licht kommt, die Folgen für das
Leben unzähliger Menschen haben wird. Dass Wahrheit in einer politischen
Gesellschaft nicht der einzige und größte Wert ist, muss er auf die harte Tour
lernen. Es kommt nämlich nicht nur auf die Natur der Wahrheit an, es kommt auch
darauf an, wann sie öffentlich gemacht wird. Der Wert einer Wahrheit verändert
sich in der Politik je nach Uhrzeit, Datum, Tag oder Woche. „Kill The
Messenger“ versteht sich nicht als investigativer Film, und das ist okay, dennoch
hätte er mehr liefern können, als die bloßen Eckpunkte der realen Begebenheit.
Manchmal schummelt der Film sich so kurz durch, manchmal legt er aber auch
seine starken Karten auf den Tisch und spielt sie gekonnt aus.
"... entweder meine Rolle wird geiler oder ich steig bei Marvel aus!"
Polit-Thriller, bzw. derartige Biographien, haben oft das Problem, dass zwar
ihr Ziel, aber nicht der Weg dorthin, wirklich filmreif spannend sind, weshalb
die Wahrheit oft ein wenig dramatisiert und ausgeschmückt wird, um dem weiten
Publikum zuzusagen. Sobald dies jedoch geschieht, muss der Film zwangsweise mit
Kritik an eben jener Methodik rechnen. Davor kann sich auch der Film von
Michael Cuesta nicht retten, der von Sekunde 1 von einer seltsamen
überdramatisierenden Hülle umgeben zu sein scheint. Das wird vor allem in
seiner Inszenierung und der klanglichen Arbeit deutlich, die Szenen aufbauschen
wollen, die das gar nicht nötig hätten, weil sie so schon dramatisch genug
sind. Zu viel ist manchmal eben einfach zu viel und zu wenig, wer hätte es
gedacht, zu wenig. Denn während Regie und Musik über die Stränge schlagen,
hapert es an dem Drehbuch hier und da deutlich. Auch das fängt mit der ersten
Szene an, wenn die Einführung des Protagonisten aus einem einfachen „Hi, ich
bin Gary Webb, ich bin Journalist.“ besteht. Dies ist symptomatisch zu
betrachten, sodass jeglicher Sinn für Spannung, Kreativität oder Atmosphäre oft
flöten geht, wenn sie denn überhaupt entsteht.
"Hier, das ist von Tante Betsy."
Und das ist schade, so handelt es sich bei der Ausgangsgeschichte doch um
ziemlich brisantes Material. Und hier offenbart sich aber leider direkt der
größte Haken des Films. Zunächst müssen Produzenten und Köpfe hinter den
Kulissen dafür gelobt werden, einen generell kritischen Film zu drehen.
Derartige Filme in den Vereinigten Staaten sind oft ein großes Problem.
Politisch eindeutige Filme sind selten erfolgreich. Andrew Dominiks „Killing
Them Softly“ war sehr kritisch, was die Arbeit des Staatsapparates anging. Dass
sein Film ein Flop wurde, begründeten Experten mit der politisch klaren
Einstellung. Mit der politischen Deutlichkeit und dem Salz in der Wunde wird
also oft sparsam umgegangen; lieber nicht zu doll anecken, sonst regt sich noch
jemand auf. Und das ist im Filmgeschäft selten etwas Gutes. So ist es auch
bitter bezeichnend, dass die traurigen und skandalösen Wahrheiten der
Begebenheit kleinlaut als Schrifttafeln vor dem Abspann kurz eingeblendet
werden. Da fehlt die Konsequenz, die Kaltschnäuzigkeit, die ein ernster Film,
der sich mit einer solchen Thematik beschäftigt, einfach haben sollte. So
schummert der Film ein wenig zwischen „typisch Hollywood“ und einer „Ich werd’s
euch zeigen“-Stimmung umher, ohne sich je wirklich entscheiden zu können, wo er
hingehören will.
„Kill The Messenger“ ist ein Film, der gerne mehr wäre als er ist. Das würde
auch möglich sein, würden die politischen Beschränkungen, die dem Protagonisten
im Film selbst zu schaffen machen, nicht auch auf den Film selbst wirken. Das
ist eine Ironie, die traurig stimmt, da sie ganz viel Potenzial verpuffen
lässt. Ein Schritt in die richtige, weil mutige Richtung ist dieser Film
dennoch. Es gibt einige Momente, die fesselnd anzusehen sind, was hauptsächlich
an der von Grund auf dramatischen Handlung und einem engagierten
Hauptdarsteller liegt, der gleichzeitig auch als Produzent tätig war. Jeremy
Renner liefert eine interessante Darbietung eines Mannes, der so tief in seiner
Arbeit versank, dass er von der Welt um ihn herum überholt wurde. Er ist mal
laut, öfter leise und immer mit einer gewissen Unvollständigkeit und
Frustration umgeben, die tief in Renners Augen sitzt. Wirklich viel traut sich
der Film jedoch leider nur in Form von weißer Schrift auf schwarzem Grund,
weshalb man den Film als gut gemeinten Versuch ansehen muss, der nötig war, auf
den aber gern auch noch mehr folgen darf.
Fakten: Marvel’s The Avengers: Age of Ultron (Avengers: Age of Ultron)
USA. 2015. Regie und Buch: Joss Whedon. Mit: Scarlett Johansson, Robert Downey
Jr, Mark Ruffalo, Chris Hemsworth, Jeremy Renner, Chris Evans, James Spader,
Elizabeth Olsen, Aaron Taylor-Johnson, Don Cheadle, Cobie Smulders, Samuel L.
Jackson, Thomas Kretschmann, Paul Bettany, Haylet Atwell, Anthony Mackie, Andy Serkis,
Idris Elba, Tom Hiddleston, Stellen Skarsgard, Julie Delpy, Henry Goodman,
Claudia Kim u.a. Länge: 142 Minuten. FSK: freigegebe ab 12 Jahren. Ab dem 24. September 2015 auf DVD, Blu-ray und Blu-ray 3D erhältlich.
Story: Nachdem der Angriff der Chitauri New York in Schutt und Asche gelegt haben,
sind die Menschen nicht mehr sonderlich angetan von ihren Superhelden. Tony Stark
will seinen Plan zum langfristigen Frieden umsetzen und erschafft ein
Schutzprogramm, bestehend aus einer künstlichen Intelligenz namens Ultron.
Ultron stellt sich allerdings prompt auf seine eigene Seite, entwickelt eine
Art Gottkomplex und hat seine ganz eigene Vorstellung davon, wie Frieden auf
der Welt geschaffen werden kann. Die Avengers müssen sich also erneut
zusammentun, um ihn aufzuhalten.
Meinung: Marvel fährt weiterhin auf Erfolgskurs und startet das persönliche Kinojahr
2015 mit "Avengers: Age of Ultron". Im Sommer wird uns dann noch
Ant-Man beehren, doch schauen wir uns zunächst an, was die größtenteils
erd-eigene Rächertruppe so treibt. Joss Whedon kehrt als Regisseur zurück, und
auch die Besetzung ist noch identisch. Also, wenn man von den zahlreichen
Neuzugängen absieht. Drei Jahre sind seit dem ersten "Avengers"
vergangen, und Marvel produziert weiterhin einen Kassenschlager nach dem
anderen. Besonders das zusammenhängende, stetig expandierende Universum weiß
die Fans zu begeistern, und die Nachahmer sind zahlreich. Doch Marvel's
Vorsprung ist groß, das Universum ist etabliert. So dürfen sich Fans einzelner
Figuren auf ein frühzeitiges Wiedersehen beim Klassentreffen der Giganten
freuen. Ich wage jetzt schon mal den Blick in die Zukunft und prophezeie
erfreut-erschöpfte Nervenzusammenbrüche, wenn die Avengers und die Guardians of
the Galaxy zusammentreffen werden. Doch wird "Age of Ultron" dem exzessiven
Hype gerecht, oder sind es mittlerweile einfach zu viele Helden, die im Film
auftauchen?
Auch böse Roboter lächeln gerne
Vorweg ist sicher eines empfehlenswert: Macht euch vor "Ultron" noch
einmal mit den anderen Filmen vertraut. Vieles wird aufgegriffen und
weitererzählt. jedoch wird sich nicht mit Erkärungen aufgehalten. Marvel-Gelegenheitszuschauer
könnten hier das Nachsehen haben.Wer die Reihe bisher aufmerksam verfolgt hat,
darf sich aber über ein wirklich atemberaubendes Opening freuen. Wir erleben
alle Avengers im Einsatz, und das kann sich sehen lassen. Wenn Quicksilver
auftaucht findet das Geschehen in Zeitlupe statt, dank des Einsatzes von
Drohnenkameras ist man wirklich mittendrin im Geschehen. Sämtliche
Action-Setpieces kommen in einer stark comichaften Optik daher und wissen, den
Zuschauer mitzureißen. Mir gefiel vor allem die komplette Hulkbuster-Sequenz
extrem gut: durchdacht, stets gut verfolgbar, übersichtlich und trotzdem so
eindrucksvoll wie eine Faust vom Hulk in die Magengegend. Aber auch wenn die
verschiedenen Helden zusammen arbeiten und ihre Fähigkeiten kombinieren,
entwickeln sich ganz neue Dynamiken. Schon allein um all diese Details
ausgiebig bewundern zu dürfen, lohnt sich der Gang ins Kino. Auch das 3D kommt
sehr ansehnlich daher, manchmal stellt sich tatsächlich dieses
Mittendrin-statt-nur-dabei Gefühl ein.
Da staunt Thor nicht schlecht. Sein Bruder ist beliebter als er.
Bei einer zweistelligen Anzahl von Helden und Gegnern besteht schnell die
Chance, dass es unübersichtlich wird. Doch Joss Whedon beweist, wie fähig er
ist: wirklich zu kurz kommt (fast) niemand, zu keiner Zeit wirkt der Film
überladen. Zwischendrin wird das Tempo herausgenommen und mehr auf die
Hintergrundgeschichte einiger Figuren eingegangen. Besonders löblich: Figuren
mit einer eigenen Filmreihe treten hier in die zweite Reihe. Stattdessen werden
Bruce Banner, Natasha Romanoff und Clint Barton in den Fokus gerückt. Besonders
eine Szene zwischen Natasha und Bruce wird hier sicherlich für den ein oder
anderen Kloß im Hals sorgen. Doch die Geschichte zwischen den beiden fügt sich
stimmig in das Gesamtkonzept ein. Haltet mich für ein enormes Joss Whedon
Fangirl, aber der Mann weiß, wie man Liebesgeschichten schreibt und inszeniert,
die sich nicht aufgesetzt anfühlen und den Zuschauer nerven. Diese hier,
zwischen diesen beiden Figuren, macht Sinn, dementsprechend ist sie umgesetzt.
Bitte mehr davon! Auch Hawkeye, der den ersten Film noch gedankenkontrolliert
herumlief und nicht viel zu tun hatte, darf endlich aufblühen. So rückt der
Blickpunkt stellenweise weg von den Göttern und den Allmächtigen und
konzentriert sich auf die menschlicheren, für den Zuschauer greifbareren
Figuren. Auch der Hulk bekommt mehr Hintergrund, und so sehr ich einsehe dass
er am besten im Ensemble funktioniert: ich möchte mehr von dieser Figur sehen,
seine Hintergründe erforschen, wissen was er sonst so treibt.
Positiv hervorzuheben sind auch die Neuzugänge, besonders Elizabeth Olsen als
Scarlet Witch und Paul Bettany als Vision können begeistern. Letzterer kommt
zwar ein wenig zu kurz, ich hoffe aber stark auf ein Wiedersehen in einem
weiteren Film. Paul Bettany verleiht seiner Figur etwas erhabenes, sehr edles.
Seine Stimme kennen wir ja bereits von Jarvis, und die physische Präsenz passt
hervorragend zur Stimme.
Mit dieser Pose könnte Ultron Gitarrist bei Modern Talking werden
Ja, und dann wäre da noch Ultron, im Original gesprochen von James Spader.
Dieser liefert grandiose Arbeit ab, kombiniert mit den Mühen der Special
Effects - Leute werden hier Maßstäbe in Sachen animierter Roboter gelegt. Doch
Ultron besticht nicht nur durch seine Optik oder die Stimme. Da Tony Stark ihn
mehr oder weniger freiwillig erschaffen hat gibt es durchaus Parallelen
zwischen beiden. Es ist eine anders gedachte Vater-Sohn Beziehung, und wie so
oft sind beide sich ähnlicher, als ihnen auf den ersten Blick lieb wäre. Doch
Ultron entwickelt sehr zügig seinen ganz persönlichen Gottkomplex, und dieser
ist nicht erfreulich. Sicher, er zitiert zwischendurch aus der Bibel, zieht
berühmte Philosophen hinzu und sieht sich und seine Rolle als gerecht und
notwendig an. Doch seine Lösung des Problems ist endgültig, ihm fehlt das
Mitgefühl. Was nicht bedeutet, dass er gar nicht fühlt. Ultron empfindet Wut,
hat Humor, und auch wenn er die Menschen nicht immer versteht, so kann er sie
doch weitestgehend nachvollziehen. Es ist eine spannende Interpretation der
künstlichen Intelligenz, die hier geliefert wird. Auch hier wäre aber etwas
mehr Zeit mit Ultron, besonders zum Ende hin, schön gewesen. Zwar ist er weit
davon entfernt, so verschwendet zu sein wie die Gegner in manchem Spider-Man
Film, doch am Ende scheint ihm die Luft auszugehen.
Der Renner rennt.
Was den Film dann doch von den anderen Superheldenfilmchen abhebt, ist der
bewusste Umgang mit der Zivilistenproblematik. Wo viele andere Filme sich darum
nicht scheren, wird hier eine Menge Zeit damit verbracht, diese in Sicherheit
zu bringen und den Fallout so gering wie möglich zu halten. Dies wird bereits
zu Beginn thematisiert, wenn darauf eingangen wird dass die Menschen ihre
Helden nicht sonderlich mögen, weil sie eben darunter leiden. Wer bereits die
extrem empfehlenswerte Daredevil-Serie gesehen hat (hier findet ihr übrigens meine Kritik bei Moviebreak), ist mit dem Problem
bereits vertraut. Wenn alles immer auf der epischen Bandbreite der Helden
stattfindet, leiden die Zivilisten. Zwar gibt es auch hier einige Opfer zu
beklagen, doch der Ansatz und die Durchführung sind in meinen Augen wirklich
lobenswert, erdet es die Helden doch auf gewisse Weise, macht sie erneut
greifbarer.
"Sag noch einmal, das 'Blackhat' scheiße war!"
Wirklich große Kritikpunkte gibt es in meinen Augen nicht. Allerdings schleicht
sich bisweilen dann doch das Gefühl ein, es hier nur mit einem Zwischenschritt
zu tun zu haben. Was an sich ja auch nur berechtigt ist, handelt es sich doch
um einen eben solchen. Die Geschichte um Ultron wird zwar zu Ende erzählt, die
Figuren entwickeln sich ebenfalls weiter, aber das Gefühl, es weiterhin mit der
(nicht ganz so ruhigen) Ruhe vor dem Sturm zu tun zu haben, bleibt. So wird
Kommendes munter angeteasert, Kenner dürften ihre Freude dran haben. Persönlich
hätte ich es schöner gefunden, wenn dieses Gefühl nicht ganz so präsent gewesen
wäre, mir fällt allerdings auch nicht ein, wie man das anders hätte lösen
können. Vor allem die Meinungsverschiedenheiten zwischen Tony Stark und dem
Captain liefern einen Ausblick auf Captain America 3, in dem der Civil War
portraitiert werden wird. Und auch die Infinity Gems spielen erneut eine Rolle,
und die Ankündigung eines weiteren Teils am Ende macht unmissverständlich klar,
in welche Richtung es gehen wird.
Bitte weitergehen, hier gibt's nix zu sehen.
Auch gibt es einige vernachlässigte Stiefkinder zu bemängeln. Nachdem sicher
nicht nur ich mich gefragt habe, wie man den extrem coolen Auftritt von
Quicksilver bei "X-Men: Days of Future Past" toppen könnte, wird hier
ja doch eine durchaus akzeptable Leistung hingelegt. Doch Quicksilver verkommt
zur Randerscheinung, bleibt allzu flach charakterisiert und darf allenfalls als
Ablenkungsmanöver herhalten. Da hätte mehr drin sein müssen. Auch die komplette
"Iron Man 3" Storyline wird außen vor gelassen, wobei dies nicht
sonderlich dramatisch erscheint. Böse Zungen könnten allerdings behaupten, es
würde langsam schwierig werden bei der Vielzahl von Figuren noch die
Kontinuität zu wahren. Aber wer weiß, vielleicht wird dies in einem späteren
Film wieder gut gemacht, Hawkeye musste ja auch einen kompletten Film als
kontrollierte Marionette verbringen bevor jemand sich um ihn gekümmert hat.
Insgesamt hätten vielleicht zehn Minuten mehr gut getan, in denen noch mehr auf
die Figuren eingegangen wird, stellenweise fühlen sich einige Dinge doch etwas
abgehackt an. Doch all dies sind Kleinigkeiten, die das positive Gesamtbild
kaum trüben können.
Ost-Europa, Schnee, der Anzug passt. Drei-Wetter-Tony,
Sicher, Age of Ultron revolutioniert das Kino nicht, und es erzählt auch keine
wirklich neue Geschichte. Superhelden zweifeln an sich und der Sache, wollen
sich trennen, müssen sich im Angesicht einer größeren Macht zusammentun um die
Welt erneut zu retten. Doch was spricht gegen eine Wiederholung der Erzählung,
wenn sie visuell ansprechend bis atemberaubend gestaltet ist, mit
liebenswerten, vielschichtigen Figuren aufwartet und sich nahtlos in ein
bereits bestehendes, von vielen geliebtes Universum eingliedert und dieses
sinnvoll erweitert? Klar, wer Superhelden schon immer doof fand, der wird wohl
auch hier nicht plötzlich anders denken. Fans werden immens belohnt, sei es
durch mehr Hintergrundinfos zu ihren Lieblingsfiguren, den vielen Verweisen auf
die anderen Filme oder einfach durch die Tatsache, einige der coolsten
Marvel-Helden mal wieder auf einem Haufen erleben zu dürfen. Und alle anderen
dürfen sich über etwas mehr als zwei Stunden unterhaltsames Popcornkino freuen,
bei dem die Zeit wie im Flug vergeht. Mehr ist prinzipiell von einem solchen
Film nicht zu erwarten, und diese Erwartungen werden definitiv erfüllt.
Zum ersten Mal in einem Film des MCU wird es übrigens keine Szene nach dem
Abspann geben. Dieses Mal gibt es nur einen kleinen Ausblick auf die Zukunft
nach Ende des Cinematic Abspanns, ihr müsst also nicht bis zum Ende sitzen
bleiben, wenn ihr nicht wollt. Sitzenbleiben lohnt sich trotzdem, der
Sountrack, an dem diesmal auch Danny Elfman mitgearbeitet hat, kann sich
wirklich hören lassen.
9 von 10 eng ansitzenden Hulkhosen
Wir danken Aureafür ihre Gastkritik.
Wer mehr von unserer liebsten Nerdqueen lesen will, der sollte ihren Blog besuchen.