Review: FALLING DOWN - EIN GANZ NORMALER TAG - Ein Spiegel für Amerika


Fakten:
Falling Down – Ein ganz normaler Tag (Falling Down)
USA. 1993. Regie: Joel Schumacher. Buch: Ebbe Roe Smith. Mit: Michael Douglas, Robert Duvall, Barbara Hershey, Tuesday Weld, Rachel Ticotin, Lois Smith, Frederic Forrest, Raymond J. Barry, D.W. Moffett, Dedee Pfeiffer u.a. Länge: 107 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Es ist Hochsommer und es ist heiß in Los Angeles. Während der Rush Hour, mitten im tiefsten Stau, bringt eine Fliege den Angestellten einer Rüstungsfirma, William Foster, genannt D-Fens, dazu seinen Wagen wutentbrannt zu verlassen. D-Fens, der nur zum Geburtstag seiner kleinen Tochter will, begibt sich auf einen Fußmarsch, bei dem er alles, was ihn provoziert mit gnadenloser Härte niederstreckt und so eine Spur der Verwüstung hinterlässt. Der Cop Martin Prendergast, der den letzten Tag vor seiner Pensionierung in Ruhe verbringen wollte, nimmt die Verfolgung auf.




Meinung:
Die schwüle Luft steht mal wieder in der brodelnden Stadt der Engel. Die Kleidung klebt an den verschwitzten Körpern, salzige Perlen tropfen von der Stirn, die Fenster vom Auto wollen sich nicht öffnen lassen und die überlebenswichtige Lüftung hat ebenfalls längst den Geist aufgegeben. Eine riesige Baustelle lässt den Verkehr zur dickflüssigen Bewegungslosigkeit verkommen, während die Kinder der Metropole lärmend durch die Straßen ziehen und sich Paare mal wieder ungestüm fetzen. Mittendrin befindet sich William Foster (Michael Douglas), ein Normalo, ein Jedermann, ein Irgendwer. Und William hat die Schnauze mal so was von gestrichen voll. Er hat keine Lust mehr, seine Zeit im stressigen Stau zu verbringen und entscheidet sich kurzerhand, seinen Heimweg mit pochender Pulsschlagader an der Stirn zu Fuß anzutreten, um das frustrierte Fass, was anfangs noch kurz vor dem Überlaufen stand, nach und nach endlich aus allen Löchern explodieren zu lassen.


Aber mal ehrlich, es gibt doch immer wieder solche Tage, an denen sich jeder Mensch einmal denkt, dass dieser Tag einfach nicht schrecklicher werden kann. Die Wut kocht Stück für Stück auf und wartet nur auf den passenden Moment, in dem die ganzen angestauten Emotionen mit einem Schlag entladen werden können. Dieses Gefühl kennt jeder und es ist ebenso nachvollziehbar, dass das tiefe Durchatmen im Regelfall nicht vor den zähnefletschenden Aggressionen retten kann. So geht es auch William. Und William hat in seiner ganzen Unzufriedenheit und schieren Raserei immer mal wieder verdammt Recht. Wir lassen uns von der Werbung nach Strich und Faden verarschen, wir sind Opfer der medialen Manipulationen und die Gesellschaft erklärt uns gewissenlos zu Randläufern und Aussässigen. Müssen wir uns das gefallen lassen? Und wenn wir uns wirklich dazu entschließen ein Zeichen zu setzen, wie muss es aussehen und in welche Richtung muss ein solcher Fingerzeig schlussendlich deuten?


Nicht nur D-Fens Brille hat einen Sprung
Interessant ist die Thematik sicher, wichtig ebenfalls und Schumacher versteht es auch durchaus, „Falling Down“ ansprechend wie unterhaltsam zu inszenieren. Von subtiler Gesellschaftskritik kann jedoch nur bedingt gesprochen werden, denn es kommt nicht selten vor, dass uns der Film seine kritischen Aussagen regelrecht mit dem Brecheisen einbläuen will. Ja, in Amerika lief, läuft und wird immer etwas schief laufen. Das bewilligt jedoch noch lange nicht die immer wieder plakativ aufgeladenen Denkanstöße. Mit Cop Prendergast (Robert Duvall) bekommen wir dann Fosters Gegenüber vorgestellt. Ein Polizist, frisch aus dem klischeebeladenen Bilderbuch für Idealsten entsprungen. Sein letzter (!) Arbeitstag steht an und ausgerechnet dieser Tag wird zu dem wichtigsten seiner Karriere. Durch Prendergast kann Schumacher seine Charakterzeichnung zu Anfang in klare Bereiche eintragen. Der gutherzige und rationale Ordnungshüter, der augenscheinlich psychopathische Allerweltsbürger, dem der Kragen geplatzt ist und jede neue Handlung so vollkommen unvorhersehbar daherkommt. Mit zunehmender Laufzeit zeichnet sich „Falling Down“ gekonnt damit aus, seine Figuren in gewisse Grauzonen gleiten zu lassen. Foster und Prendergast sind in auftretender Art und Ansehen vollkommen distanziert und doch haben die unterschiedlichen Männer vielmehr gemeinsam, als sich beide vorstellen können.


„Falling Down“ hält Amerika in seinen besten Augenblicken den Spiegel vor die Nase und kann vom Zuschauer immer wieder berichtigte Zustimmung ernten. Wenn Schumacher dann jedoch den Vorschlaghammer auspackt und jede feinsinnige Kritik an agitierenden Mechanismen und amerikanischen Verhaltensmustern vermissen lässt, verliert „Falling Down“ einen Teil seines ansprechenden wie komplexen Reizes. Hinzu kommen einige Klischees, ob charakterlich oder handlungstechnisch, und leichte inszenatorische Unstimmigkeiten. Nichtsdestotrotz kann „Falling Down“ letzten Endes überzeugen, natürlich auch dank der zwei schauspielerischen Großkaliber, die sich in zuverlässiger und standhafter Verfassung zeigen.

7,5 von 10

von souli


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