Fakten: Sieben verdammt lange Tage (This Is Where I Leave You)
USA. 2014. Regie: Shawn Levy. Buch: Jonathan Tropper (Vorlage). Mit: Jason
Bateman, Tina Fey, Corey Stoll, Adam Driver, Jane Fonda, Rose Byrne, Kathryn
Hahn, Connie Britton, Timothy Olyphant, Abigail Spencer, Ben Schwartz, Dax
Shepard, Debra Monk, Cade Lappin, Aaron Lazar u.a. Länge: 103 Minuten. FSK:
freigegeben ab 12 Jahren. Ab 29. Januar 2015 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story: Gerade eben noch hat Judd seine Liebste beim Sex mit seinem Chef erwischt,
da wartet schon die nächste Hiobsbotschaft auf ihn: sein Dad ist tot. Ein Grund
also wieder nach Hause zu fahren, wo bereits seine Mutter und seine Geschwister
auf ihn warten. Doch ein Kurzausflug wird es nicht, denn sein Vater verlangte
vor seinem Ableben, dass seine Frau und seine Kinder eine 7tägige Totenwache
abhandeln sollen. Es werden sieben verdammt lange Tage.
Meinung: Einen guten Roman für die Leinwand zu adaptieren
bringt immer auch eine große Verantwortung mit sich. „Sieben verdammt lange
Tage“ von Autor Jonathan Tropper gilt im Allgemeinen als gutes Buch und genau
dieses wurde nun von Regisseur Shawn Levy („Nachts im Museum“) zu einem
Spielfilm umgewandelt. Wurde aus lesenswerter Literatur nun auch ein
sehenswerter Film? Nein, leider nicht.
Und jetzt haben alle gaaaaaanz viel Spaß - yay!
„Sieben verdammt lange Tage“ will viel, aber das wollen ja eigentlich alle
Ensemble-Filme. nicht unbedingt durch ihre Geschichte oder Aussage, sondern vielmehr
durch die Größe und Prominenz ihrer Besetzungsliste. Letztes Jahr erst gelang
Regisseur John Wells mit „August: Osage County“ das Kunststück einen großen
Cast, mit einer fast schon kammerspielartigen Inszenierung und wunderbar
ausgewogenen Rollen zu vereinen. Davon ist Shawn Levy weit entfernt. Sein „Sieben
verdammt lange Tage“ zerbricht an den Ambitionen des Stoffes, obgleich er viele
davon erst gar nicht eine Bühne gibt. Der Film versucht die Dispute der Familie
Altman aufzubauschen und dann via bulliger Apologie aufzulösen. Das Problem
dabei ist allerdings, dass nichts wirklich ins dramaturgisch gekoppelte
Kreuzfeuer genommen wird. In „Sieben verdammt lange Tage“ sind Probleme nur da,
um gelöst zu werden. Sich ihnen aber mit ausrichtiger Ehrfurcht zu stellen,
ohne anbiedernde wie simple Auswegsstrategien zu nutzen, fällt dem Film nie
ein. Vielleicht aus mangelnder emotionaler Intelligenz oder aus Furcht das
Publikum zu verschrecken. Hoch lebe die Seichtigkeit! Auch wenn „Sieben
verdammt lange Tage“ gerne so tut, als ob er gewitzt und clever wäre.
Wendy und Judd im Problembewältigungsmodus
Im Zentrum des Films steht Judd Altman, den Jason Bateman gewohnt solide
darstellt, der nicht nur das Fremdgehen seiner Frau, sondern auch den Tod
seines Vaters verarbeiten muss. Letzteres muss er nicht alleine durchstehen, denn
sieben Tage lang darf/muss er mit seinen Geschwistern sowie seiner Mutter im Elternhaus
die jüdische Totenwache abhalten. Da sind Konflikte vorprogrammiert und
selbstverständlich haben alle anwesenden Verwandten ihr ganz persönliches
Problempäckchen zu tragen, welche nach und nach geöffnet werden. Da wäre die
Schwester Wendy (Tina Fey), die mit einem gefühlkalten Workaholic verheiratet
ist und eigentlich sei Kindheitstagen in den Nachbarsjungen Horry (Timothy
Olyphant) verliebt ist. Bruder Paul (Corey Stoll), dem es nicht gelingt seine
Frau Alice (Kathryn Hahn) zu schwängern und der narzisstische Bruder Philip
(Adam Driver), der zur Totenwache mit seiner viel älteren Freundin (Connie
Britton) erscheint, die dazu seine Therapeutin ist. Dazu kommt dann noch ein
Rabbi (Ben Schwartz) der von den Altman-Kinder früher schon immer veralbert
wurde und Mutter Altman (Jane Fonda) selbst, die hauptsächlich durch ihre
großen Silikonbrüste auffällt. Ein Hort des normalen Wahnsinn also, voller
verschiedene Charaktere und deren positiven wie negativen Eigenheit. Eine Konstellation,
die jederzeit in Gefahr ist, unter ihrem Eigengewicht in tausend Teile zu
zersplittern.
Nicht mal das Baby hat Spaß. Doofe Totenwache
Doch eigentlich scheint sich „Sieben verdammt lange Tage“ zu Beginn nur auf
Judd zu konzentrieren und begleitet ihn mit eher müdem Witz durch seine Phase
der Leere. Sobald es aber dann zur Totenwache kommt, verknüpft der Film die
anderen Altman-Kinder mit der Narration. Bereits dann knirscht es gewaltig bei „Sieben
verdammt lange Tage“. Dass dazu dann noch ein Haufen anderer Figuren kommt, die
in zig verschiedenen Verbindungen zur Familie stehen, tut dem Film ebenfalls
nicht gut. Nicht unbedingt wegen der puren Masse, sondern weil sie inessentiell
für die Geschichte bleiben. Ihre Charakteristik ist weder marginal genug, um
sie als reine Randnotizen abstempeln zu können, noch umfang- und facettenreich,
um sie als ebenbürtige Probanden anzusehen. Autor Jonathan Tropper, der seinen
eigenen Roman zum Drehbuch adaptierte, gelingt es nicht sich von Figuren des
Romans zu trennen, die in der Belletristik wahrscheinlich einen
funktionierenden Platz, bzw Bereich, in der Geschichte haben, im eingeschränkten
Medium Film allerdings ungefähr so ergiebig und nützlich sind, wie Zungenküsse
in der Quarantänezone. Dass Regisseur Levy das Ganze dazu noch weder spritzig,
noch in irgendeiner Art und Weise originär einfängt, macht das Trauerspiel,
welches „Sieben verdammt lange Tage“ letztlich ist, dann vollends komplett.
Die süße Nachbarin, Judds einzige Hoffnung
Shawn Levy erliegt darüber hinaus dem Trugschluss, dass jede dramatischen
Spitze am besten ein Witz folgen sollte. Doch der Humor von „Sieben verdammt
lange Tage“ ist zu anti-klimatisch und unauffällig, zu brav und einbremsend
gegenüber der Dramaturgie, die am ehesten als seichte Hausmannskost beschrieben
werden kann. Vielleicht liegt es auch gerade deswegen daran, dass die
Darsteller meist immer etwas unterfordert wirken. Dabei ist die Besetzung auf
dem Papier wirklich großartig und bietet Schauspielern wie der „Star Wars:
Episode VII“-Mime Adam Driver (bekannt aus der großartigen Serie „Girls“) und
Corey Stoll („House of Cards“) die Möglichkeit auch auf der großen Leinwand
einmal ihre darstellerische Präsent unter Beweis zu stellen. Dass Jane Fonda
außerdem sich endlich mal wieder die Ehre einer Kinorolle gibt, es natürlich
auch ganz wunderbar, obwohl ihre Rolle diejenige ist, die am meisten an einen
pseudo-komödiantischen Kontext gebunden ist (ein hoch auf die Plastikbrüste,
sowie deren ständiger Präsenz). Es ist schon fast erstaunlich sowie wohltuend, aber es liegt
nicht an den Darstellern, dass „Sieben verdammt lange Tage“ nicht funktionieren
will, sondern wirklich am Drehbuch sowie Levys staubiger Regie. "Life is complicated", so lautet die wenig überraschende Aussage des Films, aber eigentlich wäre "To make a good ensemble-movie is difficult" die bessere Wahl gewesen.
„Sieben verdammt lange Tage“ scheitert nicht daran, dass er unter seinem Eigengewicht
zerbricht, sondern mehr daran, dass er es nicht vermag aus seinen zur Verfügung
stehenden Ressourcen mehr zu machen als säuseliges wie langatmiges
Problembewältigungskino ohne Ehrgeiz, Courage und Esprit. „Im August in Osage
County“ bietet da filmisch wahrlich die weitaus bessere Alternative. Oder
einfach den Roman lesen, der ja angeblich sehr lesenswert sein soll, auch wenn
der Film zum Buch dies nicht ansatzweise vermuten lässt.
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