Review: HIDE AND SEEK - KEIN ENTKOMMEN - Verdrängung und Vergangenheit



Fakten:
Hide and Seek – Kein Entkommen (Sum-bakk-og-jil)
Südkorea. 2013. Regie und Buch: Jung Huh. Mit: Hyeon-ju Son, Mi-seon Jeon, Jung-Hee Moon u.a. Länge: 107 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Ab 26. September auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Sung-soo hat alles, was man sich nur wünschen kann: eine Frau, zwei Kinder, Geld, eine schöne Wohnung und einen guten Job. Doch in dieses Idyll bricht die Nachricht, dass Sung-soos Bruder verschwunden ist. Diesen hatte er seiner Frau und den Kinder verschwiegen, u.a. auch weil dieser ein Straftäter war. Als sich Sung-soo auf die Suche nach ihm macht, muss er feststellen, dass es im Wohnblock seines Bruders, kurz vor dessen Verschwinden, zu einem brutalen Mord kam. War Sung-soos Bruder der Täter? Oder ist er ein weiteres Opfer?





Meinung:
Das aus Südkorea teils grandiose Filme kommen, sollte mittlerweile jeder Filmliebhaber mitbekommen haben. Egal ob kunstvolle Dramen wie die Werke von Park-chan Wook, anspruchsvolles Arthouse-Kino von Kim-ki Duk, explizite Genrekost von Jee-woon Kim oder facettenreiche, filmische Erzählungen von Joon-ho Bong. Südkorea gehört zweifelsohne zu einer der interessantesten und vielfältigsten Filmnationen. Mit „Hide and Seek – Kein Entkommen“ findet nun ein Thriller den Weg in unsere DVD- und Blu-ray-Regale, der nicht wirklich mit den ganz Großen des südkoreanischen Films mithalten kann, den man sich als Genrefreund aber durchaus einmal anschauen sollte.


Wer hat dem Kind das nur angetan?
Das Regiedebüt von Jung Huh erweist sich als klassischer Suspense-Thriller, angereichert mit all den typischen Drehern an der Spannungsschraube, wie Alpträumen und Halluzinationen, die hier allesamt recht gut eingesetzt werden, so dass ihr antiker Mief nicht weiter auffällt. Diese illusionistischen Kniffe haben allerdings auch narrative Wurzeln. Es sind die Ängste und Zwänge von Hauptprotagonist Sung-soo, die hier spannungsförderlich materialisiert werden, bis sie wieder verpuffen und Sung-soo sich wieder der Realität stellen muss, die bei weitem nicht viel besser ist, als seine Wahnbilder: Sein Bruder, zu dem er den Kontakt abbrach, weil Sauberkeits- und Hygiene-Fanatiker Sung-soo dessen schmutzigen Körper nicht ertrug, ist verschwunden und auf der Suche nach ihm, kommt Sung-soo einem Serienkiller auf die Spur, der innerhalb eines heruntergekommenen Wohnkomplexes  (wo Sung-soos Bruder ebenfalls wohnte) seinen mörderischen Tätigkeiten nachging. Dies alles verwebt Regisseur Jung Huh zu einem nicht immer wirklich sehr einfach konsumierbaren Thriller, der am Ende mit einer Auflösung aufwartet, die mit gesellschaftlicher Relevanz und bitterer Satire besticht. Bis es dazu kommt ist „Hide and Seek – Kein Entkommen“ aber vor allem eine Geschichte rund um die Verarbeitung und die Verdrängung von Vergangenheit und den eigenen Schwächen.


Sung-soo entdeckt seltsame Zeichen
Doch das Verdrängte wird immer einen Weg finden und das Vergangene bleibt allgegenwärtig, egal wie sehr Sung-soo versucht dagegen anzukämpfen. Dies erweistsich jedoch als fadenscheinige Täuschung des Thrillers. „Hide and Seek – Kein Entkommen“ stellt letztlich seinen eigenen Verlauf so um, dass eine vollkommen andere intentionelle Aussage dabei herauskommt. Dies kann man genauso einfach als genial, wie auch als misslungen bezeichnen. Trotz all diesem (mal geglückten wie wechselbarem) Subtext, bleibt „Hide and Seek – Kein Entkommen“ in erster Linie ein geradliniger Thriller. Leider gelingt es Jung Huh hier niemals eine erquickliche Balance aus ruhigen und packenden Momenten zu erschaffen. Zu lang sind die Abstände innerhalb der Inszenierung, zwischen den sehr schwerfälligen Szenen, die die Figuren und Situationen modellieren und den pulsierenden Spannungsmomenten. Ein wenig dafür entschädigt das Finale. Regisseur und Autor Jung Huh feuert dort mit den ganzen Kalibern des Genres los: Rasant, überspitzt, beißend und abrupt, gelangt „Hide and Seek – Kein Entkommen“ dann zu den eigenen Höhepunkten und erschafft Augenblicke voller Adrenalin. Sind diese vorüber, ist auch Jung Huhs Spielfilmdebüt vorbei. Eine gute Sache, ein guter Thriller, ein mehr als solider Film.


„Hide and Seek – Kein Entkommen“ erweist sich als durchaus schmackhafte Genrekost, die im offensichtlichen wie auch im verborgenen Bereich, inhaltliche Mehrwerte besitzt. Am Ende reicht es nicht aus, um Jung Huhs Film in den südkoreanischen Thronpalast hineinzulassen, wo Werke wie „Oldboy“, „A Bittersweet Life“ oder „Mother“ ausgestellt werden. Dass das südkoreanische Kino aber immer noch eines der interessantesten und facettenreichsten ist, unterstreicht „Hide and Seek – Kein Entkommen“ allerdings mit einem dickem Pinselstrich.


6,5 von 10 schmutzigen Obdachlosen

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