Review: CODE 37 – STAFFEL 1 – Eine starke Frau zwischen Mord und Sex




Fakten:
Code 37 - Staffel 1
Belgien. 2009. Regie: Jakob Verbruggen, Joel Vanhoebrouck. Buch: Rita Bossaer, Charles De Weerdt, Hola Guapa, Dirk Nielandt, Nicholas Roelandts, Gerry Van Rompaey. Mit: Veerle Baetens, Michael Pas, Marc Lauwrys, Gilles De Schrywer, Cary Goossens, Geert Van Rampelberg, Ben Segers, u.a. Länge: 545 Minuten (13 Folgen á 45 Minuten). FSK: Ab 16 Jahren freigegeben. Ab 30. Januar auf DVD und Blu-Ray erhältlich.


Story:
In „Code 37“ muss das Team um die Hauptkommissarin Hannah Maes (Veerle Baetens) Sexualdelikte in der belgischen Stadt Gent aufklären. Neben Vergewaltigung fallen hier auch unter anderem Prostitution, Kinderpornografie oder Inzest in ihren Zuständigkeitsbereich. Dabei werden die Ermittler mit schockierenden Bildern konfrontiert, die selbst für die hartgesottenen Kommissare nicht einfach zu verarbeiten ist.




Meinung:
Braucht die Welt wirklich noch eine weitere Krimiserie? Mit einem Team, das nach Schema F irgendwelche Mordfälle aufklärt? Wenn sie so wie die belgische Serie „Code 37“ ist, dann kann man dies durchaus bejahen. Aber warum? Zunächst einmal unterscheidet sie sich schon thematisch von den landläufig bekannten TV-Krimis. Statt einfach eine Mordkommission ist das Team um Hannah Maes für Sexualdelikte in der belgischen Stadt Gent zuständig, dem titelgebenden Code 37, wie Verbrechen in diesem Bereich in der belgischen Justiz zusammengefasst werden. Nicht nur die „klassische“ Vergewaltigung fällt hier rein, auch Prostitution, Pornographie, Voyeurismus, Mord durch diverse Sexpraktiken oder ganz allgemein Überfälle und Verbrechen in diesem Milieu. Ein sehr weites Spektrum, das thematisch auf viel Abwechslung hoffen lässt. Dabei sind die Fälle sehr ruhig gehalten, der Hauptfokus wird auf die Ermittlungsarbeit des Teams von der Sitte gelegt. Wenn eine Serie sich in diesen Kreisen aufhält, dann kommen auch zwangsläufig explizite Bilder zum Vorschein, sodass die Altersfreigabe ab 16 Jahren durchaus angemessen erscheint. Doch neben den Bildern steigen wir auch tief hinab in die Abgründe der menschlichen Lust, animalischen Triebe und sehen, wozu Menschen fähig sein können.
 

Hannah Maes als Einsatzleiterin der Sitte in Gent
Besonders auffällig ist dabei die Kamera. Sie wirkt teilweise sehr wild und verwackelt, was einen semi-dokumentarischen Stil impliziert. Dadurch erhält der Zuschauer den Eindruck, dass er direkt bei den Ermittlungen dabei ist und den Kommissaren über die Schulter schauen darf, wenn sie in den Sexualpraktiken und –verbrechen anderer wühlen. Auch die ungewöhnlich hohe Anzahl an Nahaufnahmen der Gesichter und anderer Körperteile ist außergewöhnlich, unterstreicht aber eben jenen authentischen Stil sehr gut. Die immer wieder auftretenden Aufnahmen von schräg unten oder aus anderen sehr ungewöhnlichen Perspektiven scheinen hier im ersten Moment einen starken Gegensatz zu bedeuten, lassen sich aber schon bald ebenfalls in eine Art Beobachtersichtweise eingliedern. Die Optik des Films ist auch sonst sehr interessant zu schauen. Insgesamt sind die Farben recht sanft und dezent verwendet, wobei sich dieser Stil in den häufig auftretenden Rückblenden sogar noch steigert. Ruhig, angenehm – ein Gegenpol zur hektischen Kamera. Die Kombination aus sanftem Bild und wilder Kamera harmoniert sehr gut und gleicht sich gegenseitig schön aus. Die Filmmusik schafft es, die Gefühle der Figuren zu transportieren und gleichzeitig Spannung zu generieren, wobei sich minimalistisch-schaurige Klänge mit nach 70ern klingender Musik abwechseln.


Täglich bekommt sie es mit Gewalt und Sex zu tun
Gerade bei Serien ist die Besetzung ein enorm wichtiger Aspekt, da man als Zuschauer über einen langen Zeitraum mit den Protagonisten zu tun hat. Hier haben wir es mit einem Viererteam zu tun. Im Team haben wir den erfahrenen und loyalen Charles (Marc Lauwrys), den Jungspund Kevin (Gilles De Schrywer) und der mürrische Bob (Michael Pas), die gut miteinander harmonieren, jedoch nur Nebenrollen einnehmen. Zentrale Figur ist nämlich ihre Chefin Hannah Maes. Sie muss sich als recht junge, gut aussehende und engagierte Frau in dieser Männerdomäne durchsetzen und hat hiermit nicht immer eine einfache Aufgabe. Dadurch wirkt sie manchmal ein wenig zu entschlossen, wagt Alleingänge, weil sie es auch immer anderen beweisen will. Allerdings hat sie auch ein feines Gespür für Ermittlungen und ihr Team. Für eine solche Rolle braucht man eine starke Schauspielerin und die wurde mit Veerle Baetens gefunden. Die aus „The Broken Circle“ auch bei uns bekannte Belgierin schafft es, genau die richtige Mischung aus Kälte, Intelligenz, Stärke und Emotionen in die Rolle zu legen und so die komplette Serie fast schon alleine zu tragen. Außerdem kommen immer wieder kleine Nebenschauplätze zum Vorschein, die die Beziehungen zu oder Zwist mit den Kollegen thematisiert.


Manchmal können die Kollegen nur noch staunen
Die Fälle, genau. Manchmal fehlt ein wenig die Spannung, da zu oft nach dem gleichen Prinzip vorgegangen wird. Zunächst werden die Kommissare an einen Tatort gerufen, nach und nach ermitteln sie und steigen dabei immer mehr in die Materie ein, bis sich die Ermittlungserfolge häufen und zur Einkesselung des Täters führen, natürlich mit der ein oder anderen Wendung dazwischen. Das ermüdet auf Dauer. Zum Glück ist da die dunkle, leider auch ein wenig klischeehafte Vorgeschichte Hannahs, denn während pro Folge ein Kriminalfall gelöst wird, zieht sich diese Storyline wie ein roter Faden durch die Staffel, wirft dem Zuschauer immer wieder ein weiteres Häppchen zu und lässt in neugierig bleiben, wie es wohl weitergehen wird. Dies geschieht aber sehr wohltuend ohne zu dominant zu werden und von den eigentlichen Fällen komplett abzulenken. Im Gegensatz zu anderen modernen Krimiserien ist die Ausstattung in „Code 37“ angenehm klassisch. Wo sonst mittlerweile fast schon mit Technik wie in „Minority Report“ operiert wird, greift man hier sogar noch auf Tafel und Kreide, stinknormale Telefone und leicht aus der Mode gekommene Umkleiden und Verhörräume zurück.


Zwar kommen in der ersten Staffel von „Code 37“ die eigentlichen Fälle ein wenig träge daher und können eher über die mit ihren nicht alltäglichen Themen punkten als mit ihrer dichten und spannenden Grundkonstellation, allerdings gibt es im genau richtigen Maß auch Nebenhandlungen, die die manchmal recht unspannenden Fälle ausgleichen und ein gutes Gesamtbild ergeben. Der optisch auffällige Stil mit einer tollen Kamera, guten Schnitten und dem dezenten Farbausgleich macht die Serie interessant und bietet auch den ein- oder anderen Blickfang, den man im Fernsehen eher selten gewohnt ist. Am wichtigsten ist jedoch Hauptdarstellerin Veerle Baetens, die ihrer Figur unheimlich viel Tiefe verleiht und es schafft, Identifikationsfigur, starke Persönlichkeit und Trägerin der kompletten Serie zu sein. Auf jeden Fall eine äußerst sehenswerte Serie aus unserem Nachbarland, die den ein- oder anderen Blick mehr als verdient hat.


8 von 10 Nacktfotos unter der Dusche


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