Review: MAN OF STEEL - Heldendämmerung




Fakten:
Man of Steel
USA. 2013. Regie: Zack Snyder. Buch: David S. Goyer. Mit: Henry Cavill, Amy Adams, Michael Shannon, Russell Crowe, Kevin Costner, Diane Lane, Laurence Fishburne, Jadin Gould, Ayelet Zurer, Tahmoh Penikett, Antje Traute, Christopher Meloni, Richard Schiff, Henry Lennix, Michael Kelly, Dylan Sprayberry, Cooper Timberline, Richard Cetrone u.a. Länge: 143 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren.
Ab 25. 10. 2013 auf DVD, Blu-ray und Blu-ray 3D.



Story:
Da ihr Heimatplanet Krypton kurz davor ist unterzugehen, rettet Vater Jor-El seinem neugeborenen Sohn Kal-El das Leben, in der ihn mit einer Rettungskapsel auf die Erde schickt. Dort wächst sein Sohn unter dem Namen Clark bei den Farmern Martha und Jonathan auf und schon bald wird klar, dass Clark außergewöhnliche Fähigkeiten besitzt. Als Erwachsener geht Clark auf die Suche nach sich selbst, doch seine Fähigkeiten, die er geheim hält, machen ein normales Leben scheinbar unmöglich, vor allem weil Clark diese für das Gute einsetzt. Hin- und hergerissen wegen seiner Herkunft, wird er Zeuge wie General Zod, ein Überlebender von Krypton, die Erde angreift. Clark muss sich seinem Schicksal stellen.




Meinung:
Da ist er also wieder, der Mann, der seinen Schlüpper über der Spandexhose trägt, fliegen kann und eine Schwäche für seltsames grünes Gestein hat. Willkommen zurück Superman, du Archetyp aller Superhelden. Unter der Regie von Zack Snyder darf sich der Mann aus Stahl nach Bryan Singers eher belächelten als gefeierten „Superman Returns“ von 2006 wieder aufmachen um gegen das Unrecht zu kämpfen. Reboot ist dabei das Zauberwort. Also Adieu unmodische Hosen-Kombi und grünes Gestein. Aber keine Bange, fliegen kann der „Man of Steel“ noch.


Ist Superman ohne Flugschein geflogen?
Anstatt wie Regisseur Singer bei „Returns“ die bereits existierenden Filme von Richard Donner als Vorlage zu nutzen, erzählt „Man of Steel“ die Geschichte wie der junge Kal-El vom Planeten Krypton auf die Erde kam einfach noch einmal. Dabei ist diese ähnlich stark in der heutigen Popkultur verankert wir Spider-Mans Entwicklung vom Nerd hin zur menschlichen Spinne. Aber das kreative Team hinter dem Reboot, will nicht einfach nur Superman zurückbringen, nein, sie wollen einen neuen Superman erschaffen. Einen, der natürlich sich noch an die scheinbar unveränderbare Grundgeschichte hält, die im Prinzip eine Art Comic-Version der Passionsgeschichte ist, der aber im Gegensatz zu den anderen Filmen und Serien rund um den Mann von Krypton düsterer, ernster und wuchtiger sein soll. Das verwundert mit Blick auf die Credits nicht besonders. Produzent Christopher hat bereits den zweiten großen Helden aus dem legendären Verlag der DC Comics, Batman, in eine finanziell äußerst ergiebige Trilogie, für das Kino neu definiert. Nun hat also auch Superman seinen Auftritt der Marke dark & gritty. Ob das aber wirklich passt?


„Man of Steel“ ist kolossales Spektakel-Kino. Zack Snyder entwirft für den Superhelden aller Superhelden eine Ästhetik, die nichts mehr mit den Wurzeln von Superman zu tun hat. Kal-El repräsentiert eine Form des Comics, wie sie Christopher Nolan mit seiner „Dark Knight“-Trilogie unterminiert hatte. Aus dem unschuldigen Weltenrettern, dem poppig-naiven Charme des Originals ist bei „Man of Steel“ nichts mehr übrig. Die Auferstehungs- und Märtyrer-Metapher behält Snyder zwar inne, doch schustert er daraus einen oftmals entnervenden Rausch aus Symboliken, die dann ihren unkreativen und mutlosen Höhepunkt erreicht, wenn Superman Rat bei einem Priester in der Kirche seines Heimatortes Smallville sucht. Dass es sich bei dem kleinen Städtchen im Nirgendwo von Kansas wirklich um Smallville handelt (ein Tornado in der späteren Handlung lässt sogar Bezüge zum "Zauberer von Oz" zu) wird übrigens nie erwähnt. Nur ein Wasserturm bestätigt diese Vermutung. „Man of Steel“ versucht nämlich wirklich alles, um sich vom Ursprung des Comics zu lösen. Da wird Metropolis, die Großstadt in der Superman sonst getarnt als Journalist agiert, zur lieblosen Kopie des heutigen New Yorks. Zack Snyder scheut auch nicht davor zurück im überlangen Finale Menschen vor einstürzenden Hochhäusern agieren zu lassen. Gefolgt von aschbedeckten Gesichtern, die in den Trümmern die Überlebenden zu retten versuchen. Superman trifft auf 9/11. „Man of Steel“ versucht nicht den Heldenmut seiner Titelfigur zu feiern, sondern ergibt sich zu oft in der belanglosen Zelebrierung unwichtiger Randfiguren, die zwar mit Laurence Fishburne ein prominentes Gesicht als Anführer haben, die aber ähnlich substanzlos bleiben wie der große Antagonist des Films: General Zod.


General Zod macht Superman das Leben schwer
Zod, der neben Lex Luthor die Nummer zwei im Schurken-Kosmos von Superman ist, wird zwar von Charaktermine Michael Shannon („Take Shelter“) dargestellt, verkommt aber zur ärgerlichen Lachnummer. Sein weiblicher Sidekick wirkt als personifizierte Gefahr weit aus ernster und bedrohlicher als Zod selbst. Zur Vernichtung von Zods Ausstrahlung trägt aber auch die gesamte Erzählung von „Man of Steel“ bei. Autor David S. Goyer, der zusammen mit Nolan die Geschichte entwickelte, gelingt kein narrativer Rhythmus. Nach dem Epilog auf Krypton, der den Eindruck eines verfilmten Fantasy-Groschenromans hat und somit den Wurzeln von Superman noch am nächsten kommt, springt die Handlung von der Gegenwart immer wieder in die Vergangenheit. Kal-El wird somit aber eine spürbare Entwicklung verwehrt. Durch das ewige switchen zwischen den Zeiten zieht sich „Man of Steel‘ nicht nur elendig, der Film wirkt so auch wie ein Flickwerk. Warum Kal-El sich als Fremder zwischen zwei Welten fühlt wird erst nach und nach aufgedeckt. Immer wieder schiebt der Film teils unnötige Expositionen in die Inszenierung. Eine flüssige Erzählstruktur? Nein, die gibt es hier nicht.


Von einem Comichelden-Film wird natürlich großes Spektakel erwartet und „Man of Steel“ will diese Erwartungen auch erfüllen. Da Snyders Superman-Interpretation sich aber nur auf kalte Ästhetik und dumpfen Krawall verlässt und dies vor allem im letzten Drittel so impulsiv einsetzt, dass die Leinwand im Prinzip nicht mehr wiedergibt als Explosionen und Vernichtung, ermüdet das Effekt-Gewitter schneller als Superman fliegen kann. Unterstrichen wird das alles von der Musik von Hans Zimmer. Dessen Score dröhnt inspirationslos und Dröge umher und überzieht den Film mit dem immer gleichen monotonen Epochal-Sound. Eine orchestrale Demonstration von Einfallslosigkeit. Kein Vergleich zur legendären Fanfare von John Williams, die die sonstigen Filmausflüge des Superhelden in ein optimistisches, auditives Gewand kleideten. Zimmer Musik ist aber kalt und passt so eigentlich perfekt zum modernen Mann aus Stahl. Leider.


Fürs Protokoll: Superman ist Amerikaner
Was durchaus gelungen ist, ist die Besetzungsliste. Wer allerdings erwartet, das Stars wie Amy Adams, Kevin Costner oder Diane Lane glänzen können, der wird wohl enttäuscht. Die Dialoge wirken hier wie eine lästige Pflicht und die Charaktere sind eindimensional und öd. Natürlich sollte niemand Oscar-Material erwarten, aber wenn Adams oder Lane hier etwas zu tun haben, dann meist nicht mehr als einen bestimmen, uninteressanten Rollentypus vorzuführen. Das Schicksal dieser Figuren wird dadurch in eine lethargische Ecke gedrängt. Was mit ihnen passiert scheint für den Film wichtig zu sein, es gelingt „Man of Steel“ dies aber nicht weiter zu transportieren an sein Publikum. Die zwei größten Besetzungs-Coups sind aber gewiss die Russell Crowe als Jor-El und Henry Cavill als dessen Sohn. Cavill passt das neue Superman-Outfit ausgezeichnet und seine kantige Erscheinung wirkt passend. Kein Vergleich zu den Hänflingen Christopher Reeve und Brandon Routh, die Superman zuvor in den Kino-Abenteuern verkörperten. Henry Cavill ist ein guter, ein souveräner Superman, der allerdings nur physisch beeindrucken kann, was aber mehr am Drehbuch liegt, als am Schauspieler. Vielleicht unsicher wegen Cavills Erscheinung und Präsenz, oder ganz einfach an der Star Power orientiert, darf sich Russell Crowe hier öfters zeigen, als es „Man of Steel“ gut tut. Immer wieder taucht er auf, aber seine Szenen wirken seltsam nichtig und sinnlos, auch wenn er die Rolle des zweiten, väterlichen Mentors einnimmt. Hier ergibt sich Goyers Drehbuch und Synders Regie – wie so oft - der Verlockung der Übersättigung. Es hätte „Man of Steel“ mehr als nur gut getan kürzer aufzufallen. Mit über 140 Minuten ist das Superman-Reboot mehr als nur eine halbe Stunde zu lang.


„Man of Steel“ ist eiskalt berechnendes Blockbuster-Kino im unnützen 3D-Gewand. Seelenlos wird hier alles was Superman ausmachte mit familienfreundlicher Düsterstimmung niedergewalzt. Ein Reboot ohne Charme und Ausdruck. Superman ist nicht mehr bunt. Das helle Blau ist einem carbonartigen Look gewichen. Die Unschuld, die von Superman ausgeht wurde zu einer reizlosen Heldendämmerung umgewandelt und ohne eine spürbare Huldigung vor den Wurzeln. War „Marvel’s The Avengers“ noch eine freundliche, sich seinen Wurzeln stets bewusste Jahrmarktsattraktion, so ist „Man of Steel“ wie eine Fahrt runter in ein Bergwerk. Snyder, Nolan und Goyer versuchen Superman mit einer Art von Authentizität in Verbindung zu bringen, die dem Mann mit dem roten Cape nicht steht. Was am Ende bleibt ist trostlos, metallisch und fern von jeder Faszination.


2,5 von 10 roten Capes



Unser souli, der sich sehr auf „Man of Steel“ gefreut hat, stellt euch auch noch seine Meinung zum Film vor

Na, das war doch fast schlecht, blieb seinem katastrophalen Rahmen aber letztlich mit konsequenter Beharrlichkeit treu. Da haben wir dann also unseren Clark Kent, der sich auf Mutter Erde mit Vollbart und Holzfällerhemd im Selbstfindungsmodus von A nach B schaukelt und sich in seiner omnipotenten Schale einfach nicht wohlfühlen mag. Den inneren Konflikten, der Dissonanz, Kind zwischen differenten Kulturen zu sein, denen Clark Zeit seines Lebens ausgeliefert ist, werden hingegen nie adäquate Bilder mit assoziativer Bewandtnis zugesprochen und unser übermenschlicher Jammerlappen bleibt ein stringent auf Distanz gehaltener Langweiler ohne jeden charakterlichen Tiefgang. Zack Snyders unbedingt auf generische Modernisierung getrimmte Führung ist immer auf die großen Schauwerte im Gigantomaniekorsett fokussiert, verheddert sich zunehmend in den verschiedenen Zeitebenen und lässt Superman irgendwann nur noch als rücksichtlosen wie hohlen Dampfhammer dastehen; ein postmoderner Jesus Christus, dessen Heldenstilisierung vollkommen fragwürdig angesichts seiner Handlungen und teilnahmslosen Wesenszüge bleibt.



Ziehvater und Sohn
Allgemein setzt sich das fort, was Christopher Nolan in seinem Debakel „The Dark Knight Rises“ eigentlich abgeschlossen haben sollte: Ein farbloser und monochromer Dunstschleier umhüllt jede Einstellung und das seelenlose, monotone und durchweg unspektakuläre Verlaufsschema mundet im pathetisch-lachhaften Nichts von einem Pseudo-Blockbuster. Ohne jeden packenden Erzählfluss dürfen hier wieder typische Rassendiskrepanzen aufgerollt werden und die etwas stupide 9/11-Symbolik mit Hans Zimmer „Höher, Schneller, Weiter, Lauter“-Kompositionen kollidieren, um jeden Ansatz von verblendeter Subtilität im profillosen Dauergedröhne im Keim zu ersticken. Visueller Stumpfsinn trifft auf sein auditives wie narratives Äquivalent. Wenn Snyder dann zum großen (40 Minuten oder so) Finale pfeift und der ohrenbetäubende CGI-Donnerhall jede akzeptable Grenzmarkierung sprengt, dann hat sich „Man of Steel“ endgültig als kalte, emotions- und innovationslose Materialschlacht in den Köpfen der Rezensenten eingebrannt. Hier wurde einfach nur Geld verbrannt.



Es ist ja nun nicht wirklich so, dass die Geschichte um „Man of Steel“ gar keine Substanz besitzen würde, da bleibt immer noch die Auseinandersetzung mit der schweren Bürde der Vorbildfunktion, die Akzeptanz der eigenen Ausnahmestellung, die mannigfache Verantwortung, die Superman schlussendlich übernehmen muss, um seinen gnadenlosen (und super verschenken Michael Shannon) Widersacher General Zod vor dem geplanten Genozid im Terra forming-Stil zu stoppen. Aber nein, „Man of Steel“ ist ein zerstreutes Anti-Vergnügen, in dem der Hauptcharakter an seiner auferlegten Entwicklung scheitert und sich die ruhigen Szenen als bloßer, unbedeutender Selbstzweck dekuvrieren. Jede zwischenmenschliche Dramatik wird in den staubigen Untiefen der in sich zerfallenden Wolkenkratzerschluchten begraben, jeder aufgesetzte Dialog rotiert ins Reich der unsäglichen Banalitäten und das zoomende Schnittmassaker verreckt in ihrer bierernsten Klangfarbe elendig an akuter Ideenarmut. Probleme bleiben bloße Behauptungen, „Man of Steel“ ist ein liebloser Film ohne Herz und ohne Seele. Wie schön wäre es doch mal wider, wenn man mit einem Superhelden wirklich mitfühlen und etwas Interesse an seiner Existenz zeigen könnte.



2 von 10 Küsse in Schutt und Asche


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