Review: THE RAVEN - Edgar Allen Poe auf Mörderjagd



Fakten:
The Raven
USA, Groß Britannien. 2012. Regie: James McTeigue, Buch: Hannah Shakespeare, Ben Livingston. Mit: John Cusack, Luke Evans, Alice Eve, Brendan Gleeson, Oliver Jackson-Cohen, Kevin R. McNally, Pam Ferris, Sam Hazeldine, John Warnaby, Jimmy Yuill, Brendan Coyle, Adrian Rawlins u.a. Länge: 111 Minuten. FSK: Ab 16 Jahren freigegeben. Ab 7. Dezember 2013 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Baltimore, 1880: Schriftsteller Edgar Allen Poe trinkt zu viel und hat scheinbar seine größte, literarische Zeit bereits hinter sich gebracht. Doch dann braucht die Polizei seine Hilfe. Ein Serienkiller tötet Unschuldige und zwar genau so, wie es Poe einst in seinen Geschichten beschrieb. Zusammen mit dem entschlossenen Detective Fields muss Poe aber schon sehr bald erkennen, dass der Mörder ihnen immer einen Schritt voraus ist.





Meinung:
„Sprach der Rabe: Nimmermehr“. Wer kennt ihn nicht? Diesen legendären Satz auf Edgar Allen Poes Schauerstück „Der Rabe“. Poe ist nicht nur ein legendärer Literat, sondern auch das Synonym für Schauerliches und Unheimliches. Ihn selbst in den Fokus eines Thrillers zu stellen, ist keine wirklich schlechte Idee, vor allem wenn man bedenkt unter welchen nebulösen Begebenheiten er sein Leben aushauchte. Genau dies nutzt „The Raven“, um eine Serienmörderhatz in Baltimore Ende des 19. Jahrhunderts zu inszenieren. So nervenaufreibend und furchteinflößend wie Poes literarischem Vermächtnis ist der Film von James McTeigue („V wie Vendetta“, „Ninja Assassin“) aber bei weitem nicht.


Die Atmosphäre stimmt schon einmal (bis auf den unpassend, stilisierten Abspann). Der Mond spiegelt sich in den Pfützen, die nassen Wackersteine reflektieren das Licht der Nacht, dunkle Gestalten irren durch die hinteren Gassen, die Türen knarzen, die Kerzen flackern. Ja, die düstere Stimmung von „The Raven“ ist funktionstüchtig. So wie wir uns Zuschauer die Straßen und Städte zu Zeiten von Jack the Ripper (der hier freilich nicht hingehört) vorstellen, so zeigt sie uns James McTeigue auch. Dazu greift er etwas zu oft auf digitale Tricks zurück, die ein wenig zu oft als solche zu erkennen sind und die theatralisch aufgeblasene Stimmung des Films etwas dekonstruiert. Richtig schädlich ist es aber nicht, es gibt andere, noch größere Makel des Films, die einen immer wieder unsanft herausreißen aus der mörderischen Welt des Edgar Allen Poe. Einer dieser Rausschmeißer ist – was durchaus überraschend ist – der Hauptdarsteller: John Cusack. Cusack, eigentlich ein Schauspieler mit Talent und Format verfällt hier teilweise recht hemmungslos dem Overacting. Sein Versuch die Rolle des Poe charakterlich wie dramaturgisch auszufüllen endet nicht selten in überbordenden Gesten und großem Gezeter, die etwas zu oft nur um Haaresbreite die Grenze zur Selbstkarikatur verfehlt. Die anderen Figuren wirken dagegen etwas zu holzschnittartig. Der couragierte Cop (Luke Evans), der jähzornige Vater (Brendan Gleeson) von Poes heimlicher Geliebten (Alice Eve), dies alles wird mit hübschen, zur Zeit passenden Kostümen und Accessoires ausgestattet, verhindert aber nicht, dass diese, für den weiten Verlauf des Films wichtige, Figuren den Charme von bloßer Konzeption versprühen. Dennoch ist „The Raven“ kein richtig misslungener Film. Seine Prämisse, das einfache wie immer wieder packende Handlungskonstrukt des whodunit, also wer ist der Mörder, besitzt hier genügend Zugkraft um den Thriller mit teilweise heftigem Mystery-Einschlag über den Durchschnitt zu wuchten. Das Regisseur McTeigue dabei unsere Vorstellung der Welt von Poe gut einfängt, ist auch nicht gerade kontraproduktiv.


„The Raven“ ist schon ein eher enttäuschender Film. Ein großer Kostümball als Thriller getarnt, aber es gelingt ihm eine stimmungsvolle Welt darzubieten, die er auch sogar mit der einen oder andere fesselnde Szene füllen kann. Dass die Mörderhatz am Ende auf ein eher enttäuschendes Finale hinausläuft ist bedauerlich, aber nicht sonderlich ärgerlich. Bis zum finalen Höhepunkt kann McTeigue die Spannung nämlich relativ konstant halten, obwohl der Täter für den Zuschauer recht leicht herauszufinden ist, zumindest für all diejenigen, die gute Ohre haben. Was „The Raven“ aber leider absolut falsch macht, ist sein Umgang mit seiner Brutalität. Der Film ist kein Schlachtfest, doch immer wieder kredenzt uns McTeigue kleinere Gewalteskapaden. Solche Stilmittel können durchaus gefallen, doch hier wirken sie viel zu aufgesetzt und sind oftmals auch recht zweitklassig getrickst. Dass der Killer die Morde aus dem literarischen Fundus des Edgar Allen Poe nachahmt, ist kein sonderlich cleverer noch besonders kreativer Kniff und scheint hier oftmals nur dazu zu dienen, um etwas Kunstblut und digitales Gedärm in de Film einzubringen. Doch es hat keinerlei Wirkung. Für wahren Ekel wirken diese Szenen zu technisiert und dass der gesuchte Täter ein Psychopath ist, hätte wohl jeder auch so erkannt.


„The Raven“ stolpert zu oft über sich selbst. Gesehen als Mystery-Thriller ohne größere Erwartungen und Ansprüche kann James McTeigues dritte Regie-Arbeit aber zumindest etwas überzeugen. Zu später Stunde, im dunklen Zimmer und mit Hang zum mysteriösen könnte „The Raven“ zumindest knapp 100 Minute eines Abends wohligen, wenn auch schnell wieder vergessenen Grusel bieten. An die Werke seines Helden kommt der Film aber wahrlich nicht annähernd heran.

6 von 10

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