Review: MAD CIRCUS - EINE BALLADE VON LIEBE UND TOD - Drei Clowns


Fakten:
Mad Circus – Eine Ballade von Liebe und Tod (Balada triste de trompeta)
Spanien. 2010. Regie und Buch: Alex de la Iglesia. Mit: Carlos Areces, Antonio de la Torre Carolina Bang, Fran Perea, Manuel Tallafé, Alejandro Tejerías, Javier Botet, Manuel Tejada, Enrique Villén, Raúl Arévalo, Gracia Olavo, Joxean Bengoetxea, Sancho Gracia, Paco Sagarzazu, Santiago Segura, Fernando Guillén Cuervo u.a. Länge:105 Minuten. FSK: Freigeben ab 18 Jahhren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Während des Spanischen Bürgerkrieges, in den späte 1930er Jahren, werden die Mitglieder eines Zirkus von Regierungssoldaten kurzerhand und gegen deren Willen rekrutiert. Bei einem Gefecht gegen die Rebellen erweist sich vor allem der „dumme August“ als äußerst effektive Waffe. Nur mit einer Machete richtet dieser ein Blutbad an, wird dann allerdings verletzt und wartet nun in Gefangenschaft auf seine Hinrichtung. Einer seiner letzten Wünsche, die er seinen Sohn Javier mit auf dem Weg gibt, ist der Wunsch nach Rache. 1973, heuert Javier in einem Zirkus an. Da er die Leute nicht zum Lachen bringen kann, tritt er als trauriger „Weißclown“ auf und erweckt so die Neugier von Artistin Natalia, der Freundin des gewalttätigen Zirkusbesitzer und dortigen „dummen August“ Sergio.




Meinung:
Er galt als Enfant Terrible des spanischen Films: Alex de la Iglesias. Mit Filmen  „Perdita Durango“, „El dia della Bestia“ oder „Aktion Mutante“. Nach seinem Versuch mit dem Thriller „Oxford Murders“ sich abseits des spanischen Filmmarkts zu behaupten, kehrte nun mit „Mad Circus“ zurück zu seinen irrwitzigen, absurden Wurzeln. Sein seltsamer wie brutaler Mischmasch aus Kriegswirren, leicht dadaistischer Revue und Liebesgeschichte wurde auf vielen Festivals gefeiert. Wir gönnen ihm den Erfolg, können  uns dem Jubel aber nicht anschließen.



Javier verfällt dem Wahnsinn und mag Fasan
Der dumme August als Ein-Mann-Armee mit der Machete, der traurige Weißclown als wahnsinniger Rächer, der Zirkus als Hort der tragischen Absonderheiten, die schöne Unberührbare als zerrissene Masochistin. Viel passiert in „Mad Circus - Eine Ballade von Liebe und Tod“. Zu viel? Ja. Alex de la Iglesias nimmt alles was irgendwie fremdartig wirken könnte mit auf seiner filmischen Tour de Force, die quer durch diverse Genre führt. Das wirkt jedoch weder sonderlich kreativ, noch wirklich apart, sondern leidet am Mief von eiskalter Berechnung. Nach dem Motto „Hauptsache es passt nicht“ bastelt sich de la Iglesias hier einen ungelenken, spannungs- und humorfreies Gaga-Fest. Die historische Komponente verkommt zum reinen Selbstzweck ohne Kraft. Die politische und gesellschaftliche Ebene, die „Mad Circus“ immer kurz besucht, wird wieder und wieder für überbrodelnde Gewalt mit grotesken Zügen fallengelassen. Eine Zäsur, die die größte Stärke des Films, eine so radikale wie verträumte Reflexion über das Franco Regimes immer wieder mit voller Wucht und Hässlichkeit zerschlägt. Regisseur und Autor de la Iglesias geht andauernd den einfachsten uns bequemsten Weg. Er schockt mit Grausamkeiten. Er versucht es zumindest, aber die Figuren sind nie wirklich greifbar. Wenn sie Blut spucken, sich selbstverstümmeln oder sich psychisch drangsalieren, dann ist dies alles – wie passend – ein Zirkus. Ein Zirkus dem es an wahren Attraktionen fehlt, der laut durch die Straßen zieht, aber letztlich nicht viel bietet, außer rotem Gekröse und berechnenden Stilbrüchen ohne jegliche Form und Substanz. 
 

„Mad Circus – Eine Ballade von Liebe Tod“ ist gescheitert. Er ist dabei gescheitert den Gräuel einer Diktatur mit Wahnsinn zu karikieren. Es hat schon seine Reize, dieser absonderliche Diskurs über die Diktatur. Hauptfigur Javier hat es hier gleich mit zwei Systemen, von denen er misshandelt und verstoßen wird, zu tun. Zum einen die Schreckensherrschaft von Franco, zum andere das Regime des dummen August, dem Zirkusbesitzer Sergio. Javier, Sergio und Franco: drei stupide Clowns, die Blut vergießen. Ein netter, wenn auch wahrlich kein sonderlich einfallsreiche Parabel, die gegen die massive Front aus schnell ermüdender Unförmigkeit und bizarren, cartoonartigen Überspitzungen aber vollends auf verlorenem Posten steht. Alex de la Iglesias ist mit „Mad Circus“ zurück. Wir haben ihn nicht vermisst. Ein Regisseur der wie ein garstiger Clown einen Film inszeniert, der scheinbar sein Publikum weitestgehend zum Narren hält. Tusch. Kein Lachen, kein Erstaunen, kein Raunen der Menge. Die Leute gehen aus dem Zirkuszelt. Zurück bleibt Alex de la Iglesias. Das Enfant Terrible hat sich zum dummen August gemacht. Ihm scheint es zu gefallen. Es sei ihm gegönnt.

3 von 10

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