Review: HALLOWEEN II - DAS GRAUEN KEHRT ZURÜCK - Gleitender Schichtwechsel



Fakten:
Halloween II – Das Grauen kehrt zurück (Halloween II)
USA, 1981. Regie: Rick Rosenthal. Buch: John Carpenter, Debra Hill. Mit: Jamie Lee Curtis, Donald Pleasence, Charles Cyphers, Jeffrey Kramer, Lance Guest, Pamela Susan Shoop, Hunter von Leer, Dick Warlock, Leo Rossi, Gloria Gifford u.a. Länge: 93 Minuten. FSK: Keine Freigabe. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Es ist noch nicht vorbei: Obwohl Michael Myers durch mehrere Kugeln aus der Pistole seines Arztes Dr. Loomis niedergestreckt wurde, ist er kurz darauf wieder in Haddonfield unterwegs. Während Loomis und Sheriff Brackett verzweifelt nach dem Killer fahnden, wird die verwundete Laurie in das örtliche Krankenhaus gebracht. Dort ist sie jedoch keinesfalls in Sicherheit, denn Michael hat sie nicht zufällig als sein Opfer auserkoren.







Meinung:
Mit „Halloween – Die Nacht des Grauens“ gelang John Carpenter 1978 nicht nur der große Durchbruch, er etablierte gleichzeitig das Sub-Genre des Slashers auf dem US-Filmmarkt. Dabei war sein Film nicht durch einen hohen Bodycount oder eine explizite, vordergründige Gewaltdarstellung geprägt, was in den Folgejahren zu unverzichtbaren Merkmalen dieser Gattung werden sollte. Drei Jahre später folgte nun die Fortsetzung, doch in der Zwischenzeit war schon einiges passiert.


Heute werden Überstunden geschoben.
Durch „Freitag, der 13.“ oder „Blutiger Valentinstag“ waren bereits weitere Vertreter auf den Markt gekommen, die sich weit weniger um ihre Geschichte oder behutsam entwickelte Spannungsmomente scherten als Carpenter 1978. Ein möglichst effektives und dann bitte schön auch in voller Pracht zu bestaunendes Dahinscheiden seiner jugendlichen, moralisch meist „verrohten“ (nach klassisch-spießigen Wertvorstellungen) Opferlämmer stand im Fokus. Der Erfolg gab diesen Produktionen, trotz ihrer handwerklichen Unbeholfenheit im Vergleich zu dem damals schon (und aus heutiger Sicht muss man leider sagen noch) virtuosen Carpenter, absolut recht. Das wollten die Leute sehen und „Halloween II – Das Grauen kehrt zurück“ stand nun mehr oder weniger in der Pflicht. Carpenter selbst übergab den Staffelstab der Regie an Rick Rosenthal. Der eigentlich bevorzugte Tommy Lee Wallace sagte ab, dreht dafür ein Jahr später das Franchise-Kuckucksei „Halloween III“, der als einziger Teil der Serie sich an einer völlig neuen Geschichte versuchte, kolossal scheiterte und nach 6jähriger Pause für die Reanimation von Michael Myers sorgte. Zwar blieb Carpenter treibende Kraft, verfasste wie schon beim Original das Skript zusammen mit Debra Hill und war Produzent, aber den Regieposten wollte er nicht noch mal bekleiden. Warum? Nun, er war natürlich stark beschäftigt – mit „Die Klapperschlange“ und „Das Ding aus einer anderen Welt“ erschienen in diesem und dem nächsten Jahr zwei seiner aufwändigsten und besten Filme -, doch der Verdacht liegt nahe, dass er dem Projekt insgeheim vielleicht nicht so viel zutraute oder selbst nicht  genau wusste, wie er es hätte angehen sollen.


"Zack...du bist."
Interessanter wäre es ohne Zweifel, wenn Carpenter himself sein Werk fortgesetzt hätte, gerade wegen des nahtlosen Übergangs der Geschichte. Ohne jeden Zeitverlust setzt das Sequel am Finale des Originals an und sorgt so für die Illusion, es mit einer geschlossenen, als Gesamtes konzipierten Geschichte zu tun zu haben, was im heutigen Blockbusterkino gang und gäbe ist, ganz aktuell in „Die Tribute von Panem – Mockingjay Teil 1“. Eigentlich ein Leckerbissen für Fans des Erstlings, die man mit einem offenen und kribbeligen Ende zurückließ. Dort wurde der von Dr. Loomis bereits in den Raum gemutmaßte Zweifel an der Menschlichkeit von Michael Myers praktisch bestätigt, zumindest ein starkes Indiz dafür geliefert. Damals ein kleiner Paukenschlag als Schlusspunkt, nun musst man damit arbeiten. Inhaltlich somit nah am Vorgänger – näher als jeder andere Nachfolger - und durchaus auch stilistisch bemüht macht „Halloween II – Das Grauen kehrt zurück“ in einigen Belangen eine leicht unentschlossene, zum Teil sogar unglückliche Figur. Myers ist hier von Anfang an deutlich präsenter, nicht mehr nur die Silhouette hinter der Hecke, dennoch setzt der Film zunächst weniger auf rohe Gewalt und steigende Opferzahlen wie die jüngste Konkurrenz. An der Stelle soll wohl der Geist der Vorlage bemüht werden, sein bedrohlicher, konstant steigender Spannungsbogen kann jedoch zu keiner Zeit erreicht werden. Das liegt sicher nicht nur am Regiewechsel, Carpenter muss das deutlich schwächere Skript schließlich selbst verantworten, doch Rosenthal spielt von seiner inszenatorischen Finesse eindeutig in einer ganz anderen Liga.


Besuchszeit ist eigentlich vorbei, aber Familie geht vor.
In der direkten Gegenüberstellung erscheinen einige Momente eher plump und zweckdienlich aufgetischt. Ein Carpenter in Bestform (die er damals besaß) hätte daraus wahrscheinlich deutlich mehr machen können. Darüber lässt sich diskutieren, ohne Wenn und Aber ist das hier trotzdem einfach nur eine Fortsetzung, die gemacht werden musste. Schließlich wollte man sich die Chance auf den gerade anfahrenden Slasher-Zug aufzuspringen nicht entgehen lassen. Dementsprechend geht es im späteren Verlauf erwartungsgemäß drastischer zur Sache, direkte Gewaltdarstellung bekommt seine Plattform. Obwohl dies unbestreitbar und der Film bis heute in Deutschland (ungeschnitten) noch nicht frei verkäuflich ist, das kennt man trotzdem deutlich härter. Gerade ein „Blutiger Valentinstag“ schwingt die Spitzhacke wesentlich zügelloser als Myers seine Klinge. So pendelt dieser Teil zwischen dem Anspruch auf mehr Blutzoll und dem Erhalt der ursprünglichen Stimmung irgendwie hin und her, ohne eines der Lager vollends zufrieden zu stellen. Das klingt jetzt alles nach harscher Kritik, die zweifelsfrei auch angebracht ist, doch summa summarum bleibt dies die wohl gelungenste Fortsetzung der gesamten Reihe (das inoffizielle Remake von Rob Zombie ausgenommen). In all seiner Fehlerhaftigkeit macht „Halloween II – Das Grauen kehrt zurück“ dann doch gerade so viel richtig, um – natürlich auch mit Fanbonus ausgestattet – seine Daseinsberechtigung zu haben.


Diesen Film – was naheliegt – ausschließlich am Original zu messen, ist schlicht nicht der richtige Weg. Unmöglich kann er dessen Qualität erreichen und tut dies definitiv auch nicht. Aber er kopiert die Stimmung partiell recht ordentlich. Er erzählt die Geschichte weiter, liefert einen interessanten, neuen Ansatz (der nachträglich sogar für die TV-Version des Vorgängers per Nachdrehs eingearbeitet wurde) und kann – besonders im Vergleich mit dem damaligen Genre-Output – noch Spannung und Atmosphäre kreieren, alles eben auf einem nicht mehr grandiosen Niveau. Zum Teil eng und beklemmend vorgetragen, noch unverkennbar durch den europäischen Giallo geprägt, vom ikonischen Ausbau der Figur Michael Myers ganz zu schweigen. Die Serie hat in späteren Jahren noch einige verzichtbare Teile hervorgebracht, dieser hier zählt nicht dazu. Was er hätte werden können, steht auf einem ganz anderen Blatt.

6 von 10 verschwundenen Küchenmessern

2 Kommentare:

  1. Ich gucke die beiden Filme immer als Double-Feature, dann funktioniert auch der zweite Teil ziemlich gut. Das Setting passt, die Spannung auch, atmosphärisch okay.

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    1. Ist ja auch kein schlechter Film. Der qualitative Unterschied zum Erstling ist halt überdeutlich, an sich ist der okay.

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