Fakten:
Gone Baby Gone – Kein Kinderspiel (Gone Baby Gone)
USA, 2007. Regie: Ben Affleck. Buch: Ben Affleck, Aaron
Stockhard, Dennis Lehane (Vorlage). Mit: Casey Affleck, Michelle Monaghan, Ed
Harris, Morgan Freeman, John Ashton, Amy Ryan, Amy Madigan, Titus Welliver,
Michael Kenneth Williams, Edi Gathegi, Mark Margolis, Madeline O’Brien u.a.
Länge: 110 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray
erhältlich.
Story:
Ein kleines Mädchen ist seit drei Tagen verschwunden.
Verzweifelt wenden sich Onkel und Tante des Kindes an Patrick und Angie, ein
Detektiv-Pärchen. Sie sollen die Polizei bei ihren Ermittlungen unterstützen.
Tatsächlich kommen sie durch ihre Nachforschungen auf eine heiße Spur, die
tiefe Abgründe im Umfeld der Familie offenbart. Als sie kurz vor der Auflösung
des Falls stehen, kommt es zur Katastrophe. Doch das ist noch lange nicht das
Ende der Fahnenstange…
Meinung:
Eigentlich müsste man Ben Affleck ohrfeigen.
Jahrelang geisterte er als angeblicher A-Klasse-Darsteller durch unzählige
Produktionen und zählte damit wohl zu den nervigsten Leading-Men des neuen
Jahrtausends. Dann kommt sein Regiedebüt „Gone Baby Gone – Kein Kinderspiel“
auf die Leinwand und man reibt sich verdutzt die Augen. Nicht weniger als einer
der besten Thriller und Filme generell seiner Zeit ist das geworden, darüber hinaus
war Mr. Affleck sogar so wenig eitel, sich nicht selbst auch nur eine kleine
Rolle zu gönnen. Egal, wie sehr er vorher auf den Wecker fiel und reichlich
Angriffsfläche an seinen begrenzten darstellerischen Fähigkeiten bot, das
verdient höchsten Respekt. Warum dann ohrfeigen? Verdammt, warum denn nicht
gleich so?!
Ohne Koks ist Mutti nur schwer zu ertragen. |
Dieser Onkel ist da weit weniger verständnisvoll. |
Im Wein (oder auch Rum) liegt die Wahrheit... |
Unabhängig davon, das sind alles nur Details, denn im Kern
überzeugt der Film schlicht durch eine ganz klassische, unaufgeregte Struktur,
die es nicht nötig hat sich durch aufgeplusterter Effekthascherei aufwerten zu
müssen. Kein stylisches Schnittgewitter, kein hastiges, überdrehtes Tempo, es
herrscht ein natürlicher Erzählfluss, der auf einer clever konzipierten Story
beruht. Vorschnell könnte das unschöne Wort „überkonstruiert“ in den Raum
geworfen werden, doch gerade das ist es eben nicht. Sicher, der Plot nimmt
immer wieder geschickte und wenig offensichtliche Wendungen, die (Gott
sei Dank) nicht unbedingt dem üblichen Alltag entsprechen, aber – und das ist
das Ding – es wäre so tatsächlich glaubhaft, geht in seiner inneren Logik voll
und schlüssig auf. Letztlich gibt es deshalb doch Filme. Um solche Geschichten
zu erzählen und wenn sie am Ende trotzdem noch real wirken, wurde alles richtig gemacht. „Gone Baby Gone – Kein Kinderspiel“ taucht in einen
verzwickten Sumpf um Entführung, Erpressung, Pädophilie, Drogen und Geheimisse
ein, hält dadurch wahnsinnig gekonnt bei der Stange und schafft es im Finale
sogar, eine ungemein wichtige Frage zu stellen. Was ist am Ende des Tages
eigentlich richtig oder falsch? Gibt es diese ultimative Antwort oder muss man
sich für die eine Seite der Medaille entscheiden, mit allen Konsequenzen, um
sich danach noch im Spiegel ansehen zu können? Und wenn, wie schwer wiegt der
Einsatz?
Grandios, dass selbst diese Antwort dem Zuschauer nicht als
einzig richtige Wahrheit zum Wohlfühlen vorgekaut wird. Ambivalenter waren
Hollywoodfilme, besonders in den letzten Jahren, mit ihrem Ende kaum. Er zeigt eine Option, nicht die Lösung und definiert auch nicht die
Alternative als richtig oder falsch. Das überlässt er jedem selbst.
Fantastischer Abschluss zu einem wunderbaren Film.
8,5 von 10 mitgeschnittenen Anrufen
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