Review: ONLY LOVERS LEFT ALIVE - Vampire sind die besseren Menschen

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Fakten:
Only Lovers Left Alive
CY, GB, FR, BRD, USA, 2013. Regie & Buch: Jim Jarmusch. Mit: Tilda Swinton, Tom Hiddleston, Mia Wasikowska, Anton Yelchin, John Hurt, Jeffrey Wright, Slimane Dazi, Carter Logan, Wayne Brinston u.a. Länge: 123 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Ab 27. Juni 2014 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Seit Jahrhunderten wandeln die Vampire Adam und Eve bereits über die Erde. Adam lebt zurückgezogen in einem ausgestorbenen Wohnviertel von Detroit, produziert seine düstere Rockmusik und leidet unter Depressionen. Seine Gefährtin Eve lebt in Tanger, reißt jedoch zu ihrem Mann, als sie sich sorgen um ihn Macht. Die wiedergewonnene Zweisamkeit hilft Tom zunächst über seine Lethargie hinweg. Doch dann taucht Eves kleine Schwester Ava auf und sorgt für Ungemach.






Meinung:
Indy-König Jim Jarmusch ist wieder da und meldet sich mit einer philosophisch geprägten Meditation über das Menschsein, vorgetragen von Vampiren, zurück. Damit trifft er den Ton der Zeit, gab es in den letzten Jahren doch einige Blutsaugerfilme, die sich vom klassischen Bild des Vampirs entfernt und dieses auf die eigene Weise interpretiert haben. Zuletzt Neil Jordans "Byzantium". Dabei sind Jarmuschs Vampire auf den ersten Blick gar nicht different zu ihren altbekannten Artgenossen. Scharfe Eckzähne, Durst nach menschlichem Lebenssaft, eine natürliche Abneigung gegen das Sonnenlicht, blasse Haut. Jarmusch beibt bei den gängigen Mitteln, trotzdem ist dies natürlich kein Vampirfilm wie jeder andere. Seine Wesen der Nacht sind keine Monster, eher die besseren Menschen, von Hauptfigur Adam (Tom Hiddleston) nur abfällig und desillusioniert als "Zombies" bezeichnet.


Sunglases at night.
Aus Verärgerung und Enttäuschung über die menschliche Rasse hat sich Adam in ein verlassenes Wohnhaus in Detroit zurückgezogen. Dort produziert er melancholisch-depressive Rockmusik, die seinen Seelenzustand passend ausdrückt. Nach längerer Abwesenheit kehrt seine Frau (wie könnte sie anders heißen?) Eve (Tilda Swinton) zu ihm zurück. Bald folgt ihr ihre kleine Schwester Ava (Mia Wasikowski), mit schwerwiegenden Folgen. Die Handlung von "Only Lovers Left Alive" ist weniger vom Ablauf der Dinge interessant, als von seiner klugen, vielschichtigen Aussage. Enorm stimmungsvoll, mit einem hervorragenden Soundtrack versehen und bärenstark gespielt vermischt Jarmusch trisste Melancholie mit wohl dosiertem und pointierten Humor. Schwermütig, dadurch jedoch nicht erdrückend, übt er intelligent Kritik an der Gleichgültigkeit der heutigen Gesellschaft, dem Verfall von Kultur und den typischen Krankheiten der menschlichen Natur. Nicht zufällig und unglaublich passend wählt er die einstige Industriehochburg Detroit als Kulisse, die inzwischen als so etwas wie ein Symbol für die Schattenseite der modernen Welt steht. Verwaiste Häuser, Fabriken und Kulturstätten dort, wo einst das Leben und die Arbeit blühte. Aus der Traum. Auch für die untoten Protagonisten, die über Jahrhunderte hinweg die Entwicklung der Gesellschaft live mitverfolgen konnten und feststellen müssen, dass nur technisch ein Fortschritt stattgefunden hat. Das macht Jarmuschs Vampire so intelligent und weise, sie wissen, worauf es im Leben ankommt, haben sich der Zeit so gut es geht angepasst, während die "Zombies" wie blind durch ihr Leben stolpern, ohne den Blick für die Zukunft und das große Ganze. Bizarrer Weise ist die Existenz der Vampire durch die Entwicklung der Menscheit genauso in Gefahr, denn auch Blut ist nicht mehr das, was es einmal war. 



Auf die ewige Liebe...Prost.
Blut, Nahrungsmittel wie Droge. Überlebensnotwendig und doch ein Rauschmittel. Nur eines der vielen Symbole und Metaphern, die Jarmusch benutzt. "Only Lovers Left Alive" lässt Interpretationsspielräume, erklärt selten direkt und lässt einige Dinge bewusst unbeantwortet. Er geht dabei jedoch nie so weit, den Zuschauer zu überfordern oder intelektuell an seine Grenzen zu führen. Arthaus-Kino durch und durch, ohne gänzlich auf Unterhaltung und bissige Späße zu verzichten. Die Mischung gelingt insgesamt wirkich gut, auch wenn der Film sicher nicht frei von diversen Längen ist und vielleicht nicht alles ausschöpft, was er durchaus bieten könnte. Für Jarmusch-Fans ohne Frage ein Muss und auch neutrale Zuschauer sollten ruhig einen Blick riskieren. Doch eines sollte klar sein: Mit einem Horrorfilm hat das wenig bis nichts zu tun, trotz Vampiren. Wer also auf so was hofft, könnt ihr knicken. Doch eigentlich sollte das niemand ernsthaft erwartet haben.

7 von 10 Blut am Stiel

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