Review: HANNIBAL - Verbotene Liebe

                                                                                    
                                                                     

 

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Fakten:
Hannibal
USA, 2001. Regie: Ridley Scott. Buch: David Mamet, Steven Zaillian. Mit: Anthony Hopkins, Julianne Moore, Gary Oldman, Ray Liotta, Giancarlo Giannini, Frankie Faison, Francesca Neri, Zeljko Ivanek, Hazelle Goodman, James Opher, David Andrews u.a. Länge: 126 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Zehn Jahre nach seiner Flucht ist Hannibal Lecter immer noch nicht gefasst. Inzwischen lebt er unter falscher Identität in Florenz. Als er von der Liste der meistgesuchten Männer des FBI gestrichen wird, will er ein Lebenszeichen von sich geben. Er schreibt seiner angebeteten Jägerin Clarice Starling einen Brief. Dadurch entbrennt die Jagd nach ihm erneut. Doch nicht nur das FBI ist scharf auf Lecter, sondern ganz besonders der Multimillionär Mason Verger. Vor Jahren verstümmelte ihn Hannibal grausam und machte ihn zum grässlich entstellten Pflegefall. Verger will Hannibal nicht hinter Gittern sehen, er hat seine ganz eigene Vorstellung von Gerechtigkeit.




                                                                                



Meinung:
Zehn Jahre nach dem gefeierten Welterfolg "Das Schweigen der Lämmer" kam die heiß ersehnte Fortsetzung "Hannibal" in die Kinos, die Umsetzung des gleichnamigen, kurz zuvor erschienenen Folgeromans von Thomas Harris. Von vielen Seiten bezog der Film reichlich Prügel und wurde allgemein als Enttäuschung angesehen. Zum Teil verständlich, denn die Qualität des Vorgängers erreicht der Film von Starregisseur Ridley Scott auf keinen Fall. Allerdings muss erwähnt werden, dass schon die Romanvorlage sich deutlich von "Das Schweigen der Lämmer" unterschied. Die filmische Umsetzung erlaubt sich zwar einige Änderungen und Kürzungen (besonders am Ende, dazu später noch), ist aber so weit weg nicht von der Vorlage, als das es nur am Film liegen mag. Und bei genauerer Betrachtung ist "Hannibal" bei weitem nicht so schlecht wie sein Ruf.


Eine Augenweide: Mason Verger.
Es ist nicht mehr das hervorragend, abgrundtiefe Psycho-Duell zwischen dem intelligenten Ungeheuer Lecter und dem ehrgeizigen Grünschnabel Starling. Es ist eher eine unglaublich elegante, leicht pulpige Lovestory mit grotesken Zügen und deutlich expliziterem, überzogenen Härtegrat. Edel-Trash im Armani-Gewand. Die Spannung mag lange nicht wirklich aufkommen und erreicht auch nie einen vergleichbaren Höhepunkt zum Vorgänger. Was bei "Hannibal" viel eher fasziniert, ist seine wunderschöne Inszenierung und die bizarre Fernbeziehung zwischen der Schönen und dem Biest. Eingerahmt in auf den Boden klatschenden Gedärmen, abstrakter Poppers-Hackfleich-Kunst in (fast noch) menschlicher Gestalt, hungrigen Riesenschweinen und eine Candle-Light-Diner für Feinschmecker. Ridley Scott inszeniert es wie ein Oper, mit superben Aufnahmen, großer, akustischer Untermahlung und gibt dem überdrehten Stoff eine Form von Sinnlichkeit, die viele gar nicht erkannt hätten.


Hannibal in seinem Element.
Denn unter der ganzen Freak-Show steckt die Geschichte einer merkwürdigen Beziehung. Die Bestie mit dem scharfen Geist schmachtet nach seiner Liebsten, doch anstatt sie mit Rosen und Pralinen erobern zu wollen, kommt er erstmal aus dem Ruhestand zurück auf die Bildfläche. Hannibal ist älter, weniger subtil, dafür nicht minder bösartig und seinen Jägern immer einen entscheidenden Schritt vorraus. Er will sich nicht in sicherer Langeweile verstecken, er braucht das Kitzeln der Gefahr. Er genießt es, wieder in aller Munde zu sein...und vor allem, wenn alle in seinem Munde sind. Anthony Hopkins spielt seine Paraderolle genau so. Vielleicht nicht mehr so bedrohlich und unberechenbar, nicht mehr als das eingesperrte Tier, das geduldig auf die Chance lauert, um endlich wieder über seine Beute herzufallen. Mehr wie ein zynischer Frührentner, der dennoch allen haushoch überlegen ist und einfach Spaß an dem hat, was er da tut. Selbst im Angesicht der größten Bedrohung zeigt er keine Angst, denn letztendlich ist er sich sicher, das er am Ende nicht zur Perle vor den Säuen wird.


Trotz Maulkorb erfolgreich abgeschleppt.
Die Umbesetzung von Jodie Foster durch Julianne Moore ist etwas gewöhnungsbedürftig, obgleich Moore natürlich über jeden Zweifel erhaben ist. Das Skript erlaubt ihr eben nicht solche Szene wie ihrer Vorgängerin, die zudem die Rolle geprägt hat. Der restliche Cast ließt sich letztendlich auch besser, als er aufspielen darf. Gary Oldman hinter einer Maske komplett unkenntlich zu machen - die zudem sein physisches Spiel praktisch killt - ist schon eine einzige Verschwendung. Ray Liotta gibt hier und da mal den arroganten Kotzbrocken, nichts besonderes, aber immerhin darf er sich zum Ende noch etwas öffnen. Am besten aus der zweiten Reihe gefällt eindeutig Giancarlo Giannini, der an Charisma in etwas auf Augenhöhe mit Hopkins agiert, was ihre gemeinsamen Szenen zu einem der Highlights des Films macht. 


Das muss Liebe sein.
Man kann "Hannibal" sicherlich prima nicht mögen und ganz furchtbar enttäuscht sein, wenn man eine gleichwertige Fortsetzung erwartet hat. Wer sich jedoch an einem schmucken, abartigen Theater mit interessantem Subtext und bissigem Humor erfreuen kann, der wird auf eine wunderbar absurde Art gut unterhalten. Over the Top, dabei so schön umgesetzt, ein Gaumenschmauss aus dem Fast-Food-Laden. Schade nur, dass das Ende der Romanvorlage drastisch geändert wurde. So wäre die etwas andere Lovestory perfekt abgerundet gewesen. Und wenn sie nicht gestorben sind...
Unglücklich, dennoch macht "Hannibal" auf seine Art viel Spaß. Nur von den Erwartungshaltungen sollte sich zwingend gelöst werden, die können einem den Film schon versauen.

7 von 10 Poppers-Partys

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