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Review: THOR: TAG DER ENTSCHEIDUNG - Als Komödie recht gelungen

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Fakten:
Thor: Tag der Entscheidung (Thor: Ragnarok)
USA, NZ. 2017. Regie: Taika Waititi. Buch. Larry Lieber, Christopher Yost, Craig Kyle. Mit: Chris Hemsworth, Tom Hiddleston, Mark Ruffalo, Cate Blanchett, Tessa Thompson, Jeff Goldblum, Idris Elba, Anthony Hopkins, Karl Urban, Benedict Cumberbatch, Sam Neill, Taika Waititi, Jaime Alexander, Ray Stevenson, Clancy Brown u.a. Länge: 130 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab dem 31. Oktober 2017 im Kino.

Story:
Hammer weg, Haare ab - manchmal kommt selbst für einen Superhelden alles anders als gedacht: Während Asgard und seiner Bevölkerung durch die Tyrannei der skrupellosen Hela der Untergang droht, wird Thor am anderen Ende des Universums ohne seine mächtige Waffe gefangen gehalten. In einem atemlosen Wettlauf gegen die Zeit versucht der Göttersohn seinen Weg zurück in die Heimat zu finden, um 'Ragnarök', die gefürchtete Götterdämmerung, aufzuhalten. Doch vorher muss er sich in einem tödlichen Gladiatorenkampf keinem Geringeren als einem alten Verbündeten und Mitglied der Avengers stellen: dem unglaublichen Hulk!



Kritik:
Dem Donnergott Thor aus dem Marvel Cinematic Universe war es bisher vergönnt, eine konstante Stilistik in seinen Solo-Abenteuern zu haben. Unter Regisseur Kenneth Branagh erlebte der Sohn von Odin ein theatralische, fast schon shakespeareske Ereignisse, während ihn der Terminator: Genisys-Macher Alan Taylor ihn in ein High-Concept Fantasyabenteuer steckte. Die Ergebnisse waren nie verkehrt, aber immer ein gutes Stück davon entfernt ganz oben beim internen Wettkampf der Marvel-Superhelden mitzuspielen. Mit Thor: Ragnarok, der hierzulande leider den arg schematischen Titel Thor: Tag der Entscheidung verpasst bekam, soll sich dies nun ändern.

Unter der Regie des Neuseeländers Taika Waititi, der zuvor kleine Perlen wie Eagle vs. Shark oder den grandios-witzigen 5 Zimmer Küche Sarg inszenierte, erwarten die meisten wohl ein komödiantisch schwergewichtiges Abenteuer rund um Thor. Keine Sorge, diese Erwartungen werden erfüllt. Die Komik steht klar im Fokus. Zwar gibt es die altbekannten Actionszenen mit viel Pomp, CGI—Bombast und zusammenfallenden Objekten immer noch, diese Momente haben aber keinerlei wirkliche Inbrunst. Sie existieren, um die Handlung voran zu bringen,im Gedächtnis festsetzten tun sie sich nicht.

Gleiches gilt allerdings auch für die Geschichte. Die bietet mit einigen Überraschungen im Bereich der Besetzung zwar durchaus ihre Aha-Momente, wirklich Akzente werden aber nicht gesetzt. Mehr noch: Die Geschichte wirkt zu großen Teil arg beliebig und sehr zusammengewürfelt. Zwar wird hier erneut am Marvel Cinematic Universe herum gearbeitet und am Ende hat sich innerhalb des Universums wieder etwas getan, bzw. verändert, wirkungsvoll transportiert wird das aber nicht. Dazu kommt, dass einst wichtige Figuren mit kurzen Szenen oder gar mit einem kurzen Satz abgehakt werden, ohne dass es wirklich einen spürbaren Einfluss auf die Entwicklung nimmt.

Konzentriert man sich allerdings auf die humoristische Stärke des Films, stören diese Makel nur noch bedingt – was nicht bedeutet, sie wären abwesend. Als reinrassige Komödie, vor polychromer Kulisse und unterstützt mit einem 80s Soundtrack von Devo-Frontmann Marks Motherbaughs, macht Thor: Tag der Entscheidung ordentlich Spaß. Ein Spaß, der allerdings immer wieder fahrige Momente aufweist und niemals kaschieren kann, dass auch der dritte Solofilm des hammerschwingenden Donnergottes letztlich nur eine Vorbereitung ist auf das nächste Werk des Marvel Studios und dies obwohl der Titelheld hier doch mit den wohl größten Aufgaben seiner Laufbahn konfrontiert wird.

6,5 von 10 zynischen Sprüchen

Review: DOCTOR STRANGE – Kommt ein Arzt ins Multiversum...

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Fakten:
Doctor Strange
USA. 2016. Regie: Scott Derrickson. Buch: C. Robert Cargill, Jon Spaihts,Scottt Derrickson. Mit: Benedict Cumberbatch, Chiwetel Ejiofor, Rachel McAdams, Benedict Wong, Mads Mikkelsen, Tilda Swinton, Michael Stuhlbarg, Benjamin Bratt, Scott Adkins, Zara Phythian, Alaa Safi, Katrina Durden, Topo Wresniwiro, Umit Ulgen, Linda Louise Duan, Mark Anthony Brighton u.a. Länge: 115 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 9. März 2017 auf DVD, Blu-ray und Blu-ray 3D erhältlich.


Story:
„Doctor Strange“ erzählt von dem egozentrischen Neurochirurgen Dr. Stephen Strange (Benedict Cumberbatch), der nach einem Autounfall nicht mehr operieren kann, da seine Hände verletzt wurden. Verzweifelt begibt er sich nach Tibet zu der Einsiedlerin The Ancient One (Tilda Swinton), von der er sich Heilung verspricht. The Ancient One verwehrt ihm jedoch seinen Wunsch und ist zudem nicht nur eine Eremitin, sondern auch die magische Verteidigerin der Welt. Sie unterrichtet Doctor Strange in den mythischen Zauberkräften und bildet ihn zum Obersten Zauberer, zum Sorcerer Supreme, aus. Doch ein weiterer Schützling von The Ancient One, Baron Mordo (Chiwetel Ejiofor), könnte für Doctor Strange zu einer großen Gefahr werden.





Kritik:
Marvel wird endlich ehrlich! Oder zumindest teilweise, vor allem in zweierlei Hinsicht, wenn es um Neuling „Doctor Strange“ geht. So ist zum Einen im Presseheft weniger von einem Film, denn von einem Event die Rede, was die nicht allzu großen Anstrengungen in Sachen abgewetzter Dramaturgie im Vergleich zu den spektakulären Spezialeffekten motiviert. Zum Anderen gerät der Bösewicht des magischen Helden dadurch in die Bredouille, dass Strange ihn zum Gefangenen der Zeit macht, in welcher sich das Prozedere vom Erscheinen jenes Doktors bis ins Unendliche wiederholt, weil dieser zur Rettung der Erde schlicht nicht locker lassen kann. Die ungefähre Bewusstwerdung des Wiederkäuer-Franchise ist Scott Derrickson zu verdanken – sonst immer auf Horrorfilme („Sinister“) und den gelegentlichen Blockbuster-Gau („Der Tag, an dem die Erde stillstand“, 2008) abonniert, versucht er nun, den mystischen Touch im Superhelden-Genre zu etablieren, was er in vielerlei Hinsicht aus der Multiversums-These zu gründen versteht. Es wird da schon bezeichnend, dass dauernd von minimal variierten Dimensionen an parallelen Welten die Rede ist, wo hier doch das geläufige Narrativ der Heldensage/Origin-Topoi in gewohnter Manier das Abenteuer der Weltenrettung anvisiert, welches Derrickson jedoch seinem Metier gemäß schon früh mit Profundem wie „Orlac's Hände“ zu verbandeln scheint.

 
Mit Tapetenmuster der  1970er zur inneren Erleuchtung
Der talentierte und (sporadisch) gewitzte Chirurg Dr. Stephen Strange (Benedict Cumberbatch) wacht nämlich nach einem folgenschwer computeranimierten Autounfall ohne Gefühl in seinen arg verunglückten Händen auf, welche bis dahin eben seine gesamte Behandlungskunst ausmachten. So sehr Regisseur Derrickson via jenem Milieu blutige Eindrücke des klinischen Horrors - auch mal mit suggestiver Dimensionsverschachtelung per Röntgenbild - in die Disney-Produktion einzuschmuggeln versucht, werden dem Stranger leider keine mörderischen Spenderhände angenäht. Stattdessen muss ein anderer Weg jenseits westlicher Medizin herhalten, welcher unseren Stephen auf eine Reise nach „Batman Begins“-Manier zusteuern lässt, die sich fortan zwischen Versatzstücken aus „Matrix“, „Inception“, „Casper“ und „Duell der Magier“ einzupegeln versucht. Jene Etablierung ist gewiss kein Kinderspiel, schließlich gibt sich Derrickson in seiner Inszenierung zwar geerdeter als manch anderer Kollege aus dem näheren Umfeld, flacht anhand dessen allerdings des Öfteren in der Dynamik ab. Diese will sich grundsätzlich im Kanon der „Avengers“-Bande wissen, beißt in krampfhaft konstruierten Charaktermomenten aber erst recht auf Granit, wenn der Dialog mit eingebauten Witzen aufzutrumpfen vermag, die man eben wortwörtlich nur als eingebaut bezeichnen kann - tolle Leistung, Dan Harmon...

 
Doctor Strange setzt auf Stil und Innenarchitektur
Eine Schande bei dem Ensemble, möchte man meinen, doch selbst wenn sich potenziell illustre Figuren wie Strange-Kollegin/Ex Christine Palmer (Rachel McAdams), der mysteriöse Zauberkrieger Mordo (Chiwetel Ejiofor) oder Die Älteste (Tilda Swinton) auf des verzweifelten Doktors Pfad der Erkenntnis versammeln, bleiben diese stets der umfassenden Mythologie unterworfen sowie teilweise ungenutzt zurück. Immerhin hat der Film seine thematischen Grundpfeiler sicher im Griff, wenn so oft auf Stranges Verhältnis zur Zeit hingewiesen wird, bis er eben Stück für Stück zum Meister eben dieser avanciert und somit ein gewisses Kurzweil aus Lernprozessen inklusive dimensional biegsamer Action schöpfen kann. Die Zeit drängt ohnehin, da der abtrünnige Magierscherge Kaecilius (Mads Mikkelsen - eindimensional, wenn auch ein bisschen sarkastisch) mit seinen Lakaien finstere Mächte heraufbeschwört, doch bis dahin dürfen trotzdem noch vielerlei Sparten der Zauberei ebenso ihr Showcase darbieten. Die Älteste z.B. lehrt das Geheimnis der Astralprojektion, damit jene außerkörperlichen Erfahrungen nicht als Geister bezeichnet werden müssen und der Film somit Regularien umschifft, die eine Aufführung im Box-Office-Mekka China verhindern könnten. Daneben verstehen es unsere deftigen Druiden ohnehin, global zu operieren, wenn sie Portale in jede unsichtbare Wand der Gegenwart einbrennen können, die Gegenseite im Zwischenraum der Dimensionen sodann willkürlich an der irdischen Architektur formt und expandiert. 

 
Frisbee spielen mit dem Multiversum
Ganz viele Gimmicks im Kaleidoskop der Effekte also am Start, die sich in ein stimmiges Paket schnüren lassen, wenn es auf die Zielgerade unter Übernatürlichen zugeht. Ben Davis' Kamera kann da auch noch so unbeholfen in der Kampfchoreographie wackeln und einen Kampfsport-erprobten Widersacher wie Scott Adkins verwässern: Was hier alles metaphysisch bewegt wird, darf sich als Bombast des Psychedelischen konzentriert hochjubeln. Tiefer gestapelt sind dagegen so manche Running Gags mit dem stoischen Zaubersprüche-Bibliothekar Wong (Benedict Wong). Ganz zu schweigen von diesem merkwürdigen Fetisch, Strange (als eine Art Charakterentwicklung?) mehrmals beim Rasieren zu zeigen. Unter jenem Merkmal männlichen Wachstums hat auch seine Beziehung zu Christine zu leiden, die der Film im Verlauf höchstens noch an die zwei Mal besucht, um an sein Ursprungsszenario der Chirurgie zu erinnern, sich danach aber mit einem Kuss von ihr verabschiedet, da er das alles jetzt allein unter Magiern regeln muss, babe. Manchmal erfüllt der Film eben Erwartungen, die einem wie aus der Steinzeit des Mediums scheinen (siehe z.B. den archetypischen Hinterhalt in einer düsteren Gasse), manchmal macht er aber auch Laune, wenn Morpheus Swinton der Skepsis des selbstunterschätzenden Strange zum kontinuierlichen Learning-by-Doing verhilft, ehe der Master mit den gebrochenen Händen sein ihn auswählendes Relikt zur Rettung der Menschheit erhält.


Der Simplizissismus der Marvel-Filme macht sich hier eben nicht allzu viel vor, aus ihrer Formel noch eine Aufregung fürs Oberflächliche zu schöpfen, so entschleunigt Derrickson menschliche Interaktionen durchkaut, erst im Strudel der Farben und magischen Möglichkeiten wirklich aufwacht und sogar Jumpscares anwendet, um Strange das eine oder andere Mal aus dem Herzstillstand aufspringen zu lassen. Natürlich kann ein Film nicht nur aus Höhepunkten bestehen und auch wenn ein Genre-affiner Zuschauer das meiste am Prozedere für sich vorkalkulieren könnte, ist wie gehabt für solide Unterhaltung im Sinne eines Mainstream-Konsens gesorgt. Wenn man ganz nett sein will, kann man sogar Sympathie für das Schicksal des Doktors empfinden, auch wenn es jenseits wahrer Verinnerlichung ausschließlich auf eskapistische Impulse der potenziell abgefahrenen Superkräfte trifft. Im Endeffekt wird so oder so ein Film hinterlassen, der gerne noch weiter nach allen Seiten ausschlagen, mehr noch, ein Event sein will (eine Fortsetzung im „Highlander“-Format kündigt sich dazu an), aber an jene Houdini-Zwangsjacken der Monetenzugänglichkeit gebunden ist, die insbesondere ein Scott Derrickson nimmer hätte lösen können – selbst mit Pink Floyd auf dem kultverdächtig zusammengestellten Soundtrack.


5,5 von 10 Rasierklingen


vom Witte

Review: DAME, KÖNIG, AS, SPION - Die Bürokratie der Geheimnisse

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Fakten:
Dame, König, As, Spion (Tinker, Tailor, Soldier, Spy)
UK, Frankreich. 2012. Regie: Tomas Alfredson.
Buch: Bridget O’Connor, Peter Straughan, John le Carré (Vorlage). Mit: Gary Oldman, Mark Strong, John Hurt, Benedict Cumberbatch, Toby Jones, David Dencik, Ciarán Hinds, Colin Firth, Kathy Burke, Stephen Graham, Arthur Nightingale, Simon McBurney, Zoltán Mucsi, Péter Kálloy Molnár, Ilona Kassai, Imre Csuja u.a. Länge: 127 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
England, Anfang der 70er Jahre: Der britische Geheimdienstchef, von allen nur Control genannt, vermutet einen sowjetischen Doppelagenten in den eigenen Reihen und schickt daher den Agenten Jim Prideaux in geheimer Mission nach Budapest. Was dabei als Informationsaustausch geplant war, welcher die Identität des Verräters enthüllen sollte, endet jedoch in einem Desaster. Kurz darauf wird Control entmachtet und der pensionierte Top-Spion George Smiley wird überraschend wieder aktiviert, um den Auftrag fortzuführen. Gemeinsam mit dem jungen Peter Guillam macht er sich so daran, den Verräter in den eigenen Reihen ausfindig zu machen. Doch was als relativ einfache Mission beginnt, entwickelt sich schnell zu einem tödlichen Katz- und Mausspiel, bei dem nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Wer ist letztlich der Verräter im inneren Zirkel des britischen Geheimdienstes und welche Rolle spielt der geheimnisvolle Agent Ricki Tarr, der ebenfalls auf Mission in Budapest war? Das Spiel um Täuschung wie Verrat beginnt…





Meinung:
Hört man die Begriffe England und Geheimdienst assoziiert man wohl automatisch James Bond. Nun, wer mit dieser Erwartungen an die Verfilmung des Romans von John le Carré herangeht, kann nur enttäuscht werden, denn großes Buhei, exotische Schauplätze und irrwitzige Aktionen sucht man bei „Dame, König, As, Spion“ vergebens. Trotz allem ist der Film des Regisseur Tomas Alfredson, der bereits mit seiner ersten Literaturverfilmung „So finster die Nacht“ Großes schuf, ein cineastischer Schatz. Ein grandioser Film und ein Highlight des Spionage-Genres. Tomas Alfredson führt uns Zuschauer in die Welt des britischen Geheimdienstes, zurzeit des Premierministers Edward Heath, 1973, ein. Dabei verzichtet der schwedische Regisseur auf typische, romantisierte Muster der Ermittlungsdienste. Alle Charaktere, die der Film präsentiert, sind vielschichtige, menschliche Mikrokosmen. Es ist packend dabei zu zusehen, wie sie agieren, wie sie empfinden und wie sie versuchen in dem Strudel aus Verrat, Geheimnissen, Gefahr und Anschuldigungen zu Recht zu kommen. Das erfordert von einem aber absolute Konzentration. Jede kleinste Geste, jeder kurze Blick könnte etwas bedeuten.


Lacht selten: George Smiley
Die durch und durch komplexe Handlung ist ebenfalls ein Faktor, der den Film großräumig erscheinen lässt und jede Unachtsamkeit  von Seiten des Publikums kann die Verständlichkeit empfindlich stören. Doch die bedingungslose Aufmerksamkeit lohnt sich. „Dame, König, As, Spion“ entwirft eine solch realistische und authentische Welt, wie sie nur selten in Werken rund um Spione und Geheimdienste zu sehen war. Der filmische Umgang mit den Figuren verfestigt diese Wirkung. Echte Helden gibt es hier nicht. Die Taten der Agenten sind meist triste, düstere Aufträge jenseits von astralem, heroischem Ruhm.  Regisseur Alfredson zeigt uns die Bürokratie der Geheimnisse und die findet nicht nur in schmutzigen Hinterzimmern mit ominösen Schattenmännern statt, sondern auch auf, bzw. hinter den Schreibtischen landestreuer, meist älterer Herren. Seine Komplexität generiert der Film nicht nur durch seine Vielschichtigkeit seiner Figuren, sondern auch durch seine narrative Struktur. Ohne Dekrete schickt uns Alfredson in die Vergangenheit, beleuchtet frühere Aktionen ohne es dabei eilig zu haben. Aber auch hier hat alles einen Sinn, eine Bedeutung und hilft dabei die Suche nach dem Maulwurf im Inneren des Circus (so wird der Geheimdienst intern im Film genannt) noch fesselnder und vor allem reizvoller zu gestalten.


Handelt es sich hier bei wirklich um ein Opfer?
Ohne ein herausragendes Ensemble wäre dies alles aber wohl nicht möglich, aber „Dame, König, As, Spion“ besitzt ohne Zweifel eine Darstellerriege der Extraklasse. Gary Oldman, der hier in die Fußspuren des legendären Alex Guinness tritt, der in der gleichnamigen Mini-Serie der BBC von 1979 ebenfalls George Smiley spielte. Oldman, zuletzt eher in Bombast-Produktionen zu sehen die sein darstellerisches Talent eher marginal herausforderten,  liefert hier neben seiner Performance als drogensüchtiger Bad-Cop aus „Léon – Der Profi“ vielleicht die beste Leistung seiner Karriere ab. Sein George Smiley ist ein kühler Denker. Ein stiller Beobachter mit einer außergewöhnlichen Tiefe. Ihnen als Sympathieträger zu bezeichnen wäre unpassend, denn ob Smiley nun ein Vaterlandsfreund ist oder einfach nur seine Chance nutzen will um innerhalb der Geheimdienst-Hierarchie aufzusteigen wird nie richtig geklärt. Wie die meisten Charaktere im Film, hat dieser George Smiley kein Geheimnis, nein, er selbst ist eines. Wir, die Zuschauer müssen selber herausfinden was im Kopf dieses spröden Mannes mit den dicken Brillengläsern vorgeht. Dass ist so faszinierend wie hochspannend.


„Dame, König, As, Spion“ ist ein Meisterwerk. Mit seiner ruhigen, unaufgeregten Art, seinem apodiktischen Umgang mit dem Mythos des kalten Krieges und der Geheimdienstarbeit  entfacht der Film eine so unaufgeregte, aber innerlich dennoch brodelnde Spionage-Geschichte, die glänzend erzählt und ausnahmslos superb gespielt ist. Massives Kino ohne epochale Verwöhnungen und falschen Pathos. Ein Film, der stur und stilsicher, von seinen eigenen Qualitäten überzeugt, seiner Handlung und seinen Figuren folgt. Der Zuschauer wird dabei zwar nicht an die Hand genommen und sachte sowie instruktiv geführt, aber auch das ist attraktiv. In Zeiten, in denen selbst große Blockbuster, trotz simplen Prämissen, das Publikum mit Erklärungen überschütten, ist „Dame, König, As, Spion“ eine wirklich willkommene und höchst meisterliche Abwechslung.


10 von 10 gelben Zetteln an der Aktentasche

Review: BLACK MASS – Der Teufel von Boston

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Fakten:
Black Mass
USA, 2015. Regie: Scott Cooper.
Buch: Mark Mallouk, Jez Butterworth, Dick Lehr (Vorlage), Gerard O’Neill (Vorlage). Mit: Johnny Depp, Joel Edgerton, Benedict Cumberbatch, Dakota Johnson, Peter Sarsgaard, Kevin Bacon, Jesse Plemons, Juno Temple, Juliann Nicholson, Corey Stoll, W. Earl Brown, Rory Cochrane, David Harbour,  Adam Scott, Brad Carter, James Russo, Bill Camp, Eric McDermott u.a. Länge: 123 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Ab 18. Februar 2016 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
James "Whitey" Bulger ist es gelungen, sich zu einem der gefürchtetsten Verbrecher von Boston hochzuarbeiten. Um seine italienischen Konkurrenten auszuschalten, geht er einen Deal mit dem FBI-Agenten John Connolly ein, der gleichzeitig ein Jugendfreund von Bulger ist. Hinzu kommt, dass Bulger darüber hinaus einen Bruder hat, der als Senator der Stadt tätig ist. Das kriminelle Netz und die persönlichen Verstrickungen breiten sich somit immer weiter aus...





Meinung:
Schauspieler Johnny Depp hat es mehr als nötig, mal wieder einen waschechten Erfolg verbuchen zu können. Diese Aussage ist sogar im doppelten Sinne gemeint, denn sowohl künstlerisch wie auch finanziell hat der Mega-Star in den vergangenen Jahren immer wieder schwer enttäuscht und keine seiner Rollen konnte an frühere Glanzzeiten anknüpfen. Vielmehr ist er durch das extreme Make-up und auffälliges Overacting für viele eher zu einem überdrehten Kasper verkommen, der zu ernsthaftem Schauspiel gar nicht mehr in der Lage sei. Mit dem desaströsen Flop-Triple "The Lone Ranger", "Transcendence" und "Mortdecai" hat dieses Elend einen traurigen Höhepunkt gefunden.


"Whitey" macht gerne auch einmal kurzen Prozess
Mit "Black Mass" dürfte die Misere allerdings nun ein Ende gefunden haben und man kann stolz verkünden: Depp hat es immer noch drauf. Seine Darstellung des gefürchteten Schwerverbrechers James "Whitey" Bulger, welcher sich über die 70er und 80er Jahre hinweg ein regelrechtes Imperium inmitten von Boston errichtet hat, ist absolut fantastisch. Auch wenn Depp hier ebenfalls nicht ohne markante Maske und Perücke auskommt, macht er sich den bleichen Teint und die eisigen, stechenden Augen zu Nutze. Dabei wirkt er stets wie eine Mischung aus Geist und Hyäne, die ständig irgendwo bedrohlich über den Dingen schwebt und ausgesuchte Opfer erbarmungslos in Fetzen reißt. Eine überaus eindringliche Performance, mit der der Schauspieler endlich wieder an die alten Zeiten anknüpfen kann. Auch fernab seines intensiven Hauptdarstellers ist der Streifen allerdings stark besetzt und bietet mit Namen wie Joel Edgerton, Benedict Cumberbatch, Kevin Bacon oder Peter Sarsgaard eine mehr als illustre Riege an unterstützenden Nebendarstellern.


Das FBI, dein Freund und krimineller Helfer
Es hat allerdings seine Gründe, wieso man in Bezug auf "Black Mass" allem voran auf die Schauspieler zu sprechen kommt. Ansonsten ist der Streifen nämlich gerade mal solide Genre-Kost, die immer wieder gefährlich nahe am belanglosen Durchschnitt kratzt. Wäre der Film vor 20-25 Jahren veröffentlicht wurden, hätte er mit Sicherheit einen deutlich stärkeren Eindruck hinterlassen. So hingegen ist man gesättigt und mehr als bedient mit brillanten Vertretern aus dem Gangster-Genre, seien es die großen Werke eines Martin Scorsese oder epochale Erzählungen im Serienbereich wie "The Sopranos" oder "Boardwalk Empire". "Black Mass" genügt sich damit, seine sture Biopic-ähnliche Struktur abzuarbeiten und beschränkt sich auf loses Aneinanderreihen von einzelnen Stationen und Ereignissen, die alle durch Rückblenden mithilfe von in der Gegenwart getätigten Zeugenaussagen in die Gesamthandlung eingebettet werden. Dabei entwickelt der Film einen ziemlich eintönigen, repetitiven Erzählrhythmus. Bulger und seine Handlanger durchdringen neue Geschäftsfelder, schalten Konkurrenten oder Verräter aus den eigenen Reihen aus, das FBI nutzt ihn als Spielball und umgekehrt und hier und da werden Momente aus dem Privatleben entscheidender Figuren eingestreut, um ihnen auf menschlicher Ebene ansatzweise gerecht zu werden. Viel mehr bietet der Film über seine 2 Stunden Laufzeit nicht und wirklich mitreißen kann er ebenfalls nicht. Regisseur Scott Cooper setzt das Drehbuch zumindest mit der nötigen Schnörkellosigkeit, angemessen Härte und passenden Optik um, doch auch er muss sich verständlicherweise dem simpel gestrickten Material anpassen.


Extrem ausgedrückt könnte man auch behaupten: Nimmt man dem Film seine tollen Darsteller, hätte "Black Mass" ebenso gut ein löblich budgetierter TV-Film sein können. Der Film ist nie schlecht oder langweilig, wirkt aber vor allem strukturell und inhaltlich deutlich überholt und altbacken und bietet nichts, was man in vielen anderen Vertretern des Genres nicht schon gesehen hat, oftmals sogar besser. So bietet der Streifen solide Unterhaltung, ein paar herausragende Einzelszenen und einen hervorragenden Cast mit einem exzellenten Johnny Depp in der Hauptrolle. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.


6 von 10 Familiengeheimrezepte für Steak-Marinade


von Pat

Review: THE IMITATION GAME - EIN STRENG GEHEIMES LEBEN - Benedict Cumberbatch knackt den Code

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Fakten:
The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben
UK, USA. 2014. Regie: Morten Tyldum.
Buch: Graham Moore. Mit: Benedict Cumberbatch, Keira Knightley, Matthew Goode, Mark Strong, Charles Dance, Allen Leech, Rory Kinnear, Mathew Beard, Jack Bannon u.a. Länge: 113 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Im Kino.


Story:
Mathematiker Alan Turing arbeitet während des zweiten Weltkriegs im Bletchley Park. Dort soll er mit Kollegen die Codes der Nazis entschlüsseln. Eine schwere Aufgabe, die Turing an seine Grenze bringt. Aber auch seine heimliche Homosexualität lastet schwer auf ihm.





Meinung:
Sieht man sich eine Biographie aus Hollywood an, so erschleicht einen immerfort der Eindruck, dass diese Produktionen bedacht auf den geringsten Widerstand nur den Dienst nach Vorschrift ableisten. Emblematisch dafür ist Ron Howards „A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn“ heranzuziehen, eine der größten filmischen Katastrophen des neuen Jahrtausends. Hier nämlich wird kein Wert darauf gelegt, den brillanten Metaphysiker John Nash nach realen Gegebenheiten gerecht zu werden, sondern den geistlichen Verfall aufgrund seiner paranoiden Schizophrenie in ganz und gar abenteuerliche Bahnen zu kanalisieren. Natürlich lässt sich auch diametral zu derlei rührseligen Verlogenheitsbrei Material entdecken, welches trotz seiner hollywood'schen Herkunft durchaus brauchbar ist: Da wäre James Mangolds „Walk the Line“ oder auch Taylor Hackfords „Ray“. Formelhaft, mit Sicherheit, aber keinesfalls trivialisierend. Nun schafft es in Deutschland ein nächstes Biopoic in die Lichtspielhäuser: „The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“, in Szene gegossen von Morten Tyldum, der nun auch in der Traumfabrik angekommen scheint.


Turing und seine baldige Verlobte
Zuvor hat sich Morten Tyldum für den eisigen Thriller „Headhunters“ verantwortlich gezeigt, mit „The Imitation Game – ein streng geheimes Leben“ erfährt der Norweger das Privileg, die Geschichte - beziehungsweise Ausschnitte davon - von Alan Turing auf die großen Leinwände zu projizieren. Wer nun beschämt zugegeben muss, noch nie etwas von dieser Person gehört zu haben, dem sei Trost gespendet: Über beinahe 70 Jahre hat sich das Vereinigte Königreich auch redlich damit abgemüht, den hochintelligenten Kryptoanalytiker und seine Verdienste für die Welt gnadnelos unter Verschluss zu halten. Turing nämlich hat nicht nur die Grundlage für unsere heutiges Computersystem abgeliefert, sondern zu Zeiten des zweiten Weltkrieges daran gearbeitet, die mit der Enigma verschlüsselten Funksprüche aus Deutschland zu dechiffrieren. Seine Arbeit in der militärischen Dienststelle Bletchley Park hat letzten Endes dafür gesorgt, dass sich der Krieg um ganze zwei Jahre verkürzte und das Leben von 14 Millionen Menschen bewahrte. Ein Bilderbuchheld, möchte man meinen. Aber wieso hat man es erst geschafft, ihn im Jahre 2013 durch seine Begnadigung als einen solche anzuerkennen?


Turing und sein Arbeitsgerät
Alan Turing war homosexuell – Seiner Zeit ein Verbrechen, was entweder Gefängnisstrafe oder chemische Kastration bedeutete. Und die Umstände seiner Hormonbehandlung, die Turing nach und nach zur somatischen Ruine deformierten, sollen ihn dann auch in den 1950er Jahre zum Selbstmord gezwungen haben. Ja, „The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“ hätte mühelos zur Stangenware aus dem Biopic-Fundus geraten können, in diesem Falle aber muss der Schriftzug „Based on a True Story“ kein Grund sein, die Nackenhaare streng aufzurichten. Morten Tyldum und Graham Moore sind weniger daran interessiert, entscheidende Eckdaten und Lebensstationen von Alan Turing in erschlagender Überschallgeschwindigkeit abzugrasen und so möglichst viele Informationen zu transportieren, sondern es wird tatsächlich versucht, dem über Dekaden so harsch verleugneten und bedingt durch „Unzucht“ und „sexueller Perversion“ erbärmlich verurteilten Turing ein angemessen Denkmal zu errichten. Der jahrelange Umgang mit seiner Persönlichkeit ist selbstredend ein Armutszeugnis, nicht zuletzt deswegen ist es ein signifikanter Schritt, einen Film über seine außergewöhnlichen Meriten abzuliefern.


Codeknacker unter sich
Man mag „The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“ als konventionell titulieren, seine Bildsprache ist es zweifelsohne, gewichtig aber ist die Handhabung des Hauptakteurs, der von Benedict Cumberbatch im gewohnt famosen „Sherlock Holmes“-Modus verkörpert wird. Die Erzählstruktur, die sich über drei Zeittableaus tranchiert zeigt, besitzt im Kontext des Charakters seines ungeliebten Helden gar metaphorisches Profil. Anstatt den Charakter von Alan Turing zu konkretisieren, ihn in Schublade zu bannen, ist es „The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“ daran gelegen, den Menschen, der einen Großteil seiner Zeit mit dem Entziffern von Codes verbrachte, selber als personifiziertes Rätsel aufrechtzuerhalten. Die Übergänge zwischen mathematischem Genius und dem inkompatiblen Sozialverhalten sind fließend, Herangehensweise und Kreuzung beider Parteien jedoch immer pietätvoll, wenn auch von einer klaren Linie historische Klitterung begleitet. Dass seine Homosexualität gerne auch mal als Plot Point instrumentalisiert wird, um ein fiktives Abkommen zwischen einem UdSSR-Spion und Alan Turning dramaturgisch zuzuspitzen, mag da etwas unglücklich erscheinen, ist die sexuelle Orientierung doch immerzu mit sozialer Isolation codiert.


Man kommt nicht umhin zu sagen, dass auch „The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“ extra für die Oscar-Season produziert wurde, doch im Gegensatz zu vielen, vielen anderen Vertretern des Biopic-Topos hat man es hier wenigstens bewerkstelligt, die Größe seiner Hauptfigur nicht zu banalisieren, sondern immer den Glanz des Rätselhaften beizubehalten. Die Zeit, von der „The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“ berichtet, ist ohnehin vom Imaginieren und Täuschen dominiert, während Mark Strong als MI-6-Vorgesetzter den herrischen Puritanismus wie den ekelhaften Zynismus einer Institution repräsentiert, die ihre Helden für einen Krieg über die Klingen springen lässt, der doch vor allem Spaß machen sollte. „The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“ ist schickes Historienkino, nicht frei von Unwahrheiten und Schönheitsfehlern, aber einnehmend gespielt und mit ehrenwerten Absichten behaftet.


6 von 10 Äpfeln zum Mittag


von souli