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Review: DAS JERICO-PROJEKT: IM KOPF DES KILLERS - Brain-Sharing mit Folgen

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Fakten:
Das Jerico-Projekt: Im Kopf des Killers (Criminal)
USA, GB, 2016. Regie: Ariel Vromen. Buch: Douglas Cook, David Weisberg. Mit: Kevin Costner, Gary Oldman, Tommy Lee Jones, Gal Gadot, Jordi Molla, Alice Eve, Michael Pitt, Ryan Reynolds, Scott Adkins u.a. Länge: 114 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Aufgrund eines frühkindlichen, seltenen Hirntraumas ist Jerico Stewart nicht nur ein nicht therapierbarer Gewalttäter ohne normale Empathie, sondern wird zum unfreiwilligen Versuchskaninchen der CIA. Seine Schädigung macht ihn zum idealen Probanden für eine Verzweiflungstat. Ihm werden durch eine bisher am Menschen noch nicht erprobte Technologie die Erinnerungen eines ermordeten Agenten übertragen, die brisante Informationen enthalten. Nach dem Eingriff kann Jerico jedoch entkommen. Während nun alle Seiten Jagd auf ihn machen, verändern die stückweise eintretenden, fremden Erinnerungsfetzen den skrupellosen Psychopathen immer mehr.

                                                                          
Meinung:
„Wenn mir einer wehtun will, dann tue ich ihm richtig weh!“

Der mit dem wenig kreativen Namen ausgestattete Actionthriller „Criminal“ startete im April diesen Jahres in den US-amerikanischen und britischen Kinos, floppte dort gewaltig und strandete somit bei uns ohne großes Tamtam vor wenigen Tagen – umgetauft in den konkreteren, nicht besseren Titel „Das Jerico-Project: Im Kopf des Killers“ – direkt in den Heimkinoregalen. Dort würde er wahrscheinlich auch auf den ersten Blick nicht weiter auffallen, wäre da nicht diese prominente Besetzung. Mit Kevin Costner, Gary Oldman, Tommy Lee Jones, Michael Pitt oder Ryan Reynolds sind dort große Namen vertreten und lassen schon erahnen, dass es sich hierbei – zumindest geplant – nicht um reine DTV-Massenware handelt. Und siehe da, dieser Film kann wirklich mehr als die meisten seiner Auffüll-Kollegen links und rechts neben ihm.


Vorher...
In den 90ern hätte er es sicherlich mühelos auch in die deutschen Kinos geschafft. Dort landete fast jeder etwas besser produzierte Actionfilm, der sich mit namenhaften Stars schmücken durfte. Viele dieser heute nostalgisch-hochgelobten Werke waren auch nicht mehr als reines B-Movie-Material mit ansprechendem Unterhaltungswert. In diese Kerbe schlägt auch „Das Jerico-Projekt: Im Kopf des Killers“, der eine fiktionale Schnapsidee als Grundlage für einen handfesten Reißer nutzt. Von seiner Prämisse nicht wesentlich glaubwürdiger als z.B. „Face/Off“ (eigentlich sogar etwas weniger bekloppt), im Gegenzug auch nicht so spektakulär vorgetragen, dafür niemals auch nur die Spur langweilig. Wenn man bereit ist sich auf die Ausgangslage einzulassen und nicht mehr als nötig zu hinterfragen, funktioniert das Ganze meistens prächtig. Regisseur Ariel Vromen treibt den Plot mit ordentlichem Schwung zwei Stunden lang straight vor sich her, ohne große Tempohänger und ist zumindest in seiner eigenen Logik relativ konsequent. Die Actionszenen sind nicht CGI-verseucht und überladen, da wird sich „nur“ der ein oder andere gepflegte Schusswechsel geliefert oder (meistens durch Kevin Costner) der Gegenüber wenig zimperlich vermöbelt. Das macht Spaß, das hat Druck und selbst in den ruhigeren Passagen kippt die Stimmung niemals um. 


...nachher.
Besonders Kevin Costner blüht im rüpeligen Liam-Neeson-Stil richtig auf, der Rest vom Schützenfest (sogar der diesmal völlig Action-untätige Scott Adkins, hatte der ein Attest und wurde schnell umbesetzt?) arbeitet ihm prinzipiell nur zu. Reicht völlig aus, denn auf seine alten Tage lässt Costner den in der Vergangenheit selten gegebenen und wenn nicht immer glücklichen („Crime is King“) Bad-Ass mit Wonne raushängen. Da lodert richtig Feuer im gereiften Babyface von einst, es darf giftig gepöbelt und knallhart gewütet werden. In einer Szene requiriert er bald wie der Terminator kurz nach der Ankunft alles Benötigte und wer Widerworte zu melden hat, wird es bitterlich bereuen. Solange er in diesem Modus unterwegs ist geht hier teilweise richtig die Post ab. Im Sinne der Geschichte zwar zu erwarten, dennoch etwas schade, dass sich irgendwann die vorher nicht gekannte Empathie einschleicht, womit es der Film gegen Ende sichtlich übertreibt. Der alte Jerico will die fremd-gelenkten Emotionen gar nicht entdecken (und wir, wenn wir ehrlich sind, eigentlich auch nicht), später nicht auf sie verzichten. Es sei im persönlich gegönnt, könnte man aber auch dezenter einstreuen. Speziell die letzte Szene ist eindeutig too much.


„Das Jerico-Projekt: Im Kopf des Killers“ hat generell eine absurde Geschichte, im Schlussdrittel so seine dramaturgischen Macken und unpassend emotionalen Aussetzer in die falsche Richtung, holzt dafür stattlich los und ist absolut zweckdienlich inszeniert. Getragen von einem sichtlich engagierten und alters-taffen Kevin Costner, der offenbar immer brav seinen Dosen-Thunfisch gelöffelt hat. Gute Arbeit, macht Laune.

6,5 von 10 entlaufenden Laborratten

Review: DAME, KÖNIG, AS, SPION - Die Bürokratie der Geheimnisse

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Fakten:
Dame, König, As, Spion (Tinker, Tailor, Soldier, Spy)
UK, Frankreich. 2012. Regie: Tomas Alfredson.
Buch: Bridget O’Connor, Peter Straughan, John le Carré (Vorlage). Mit: Gary Oldman, Mark Strong, John Hurt, Benedict Cumberbatch, Toby Jones, David Dencik, Ciarán Hinds, Colin Firth, Kathy Burke, Stephen Graham, Arthur Nightingale, Simon McBurney, Zoltán Mucsi, Péter Kálloy Molnár, Ilona Kassai, Imre Csuja u.a. Länge: 127 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
England, Anfang der 70er Jahre: Der britische Geheimdienstchef, von allen nur Control genannt, vermutet einen sowjetischen Doppelagenten in den eigenen Reihen und schickt daher den Agenten Jim Prideaux in geheimer Mission nach Budapest. Was dabei als Informationsaustausch geplant war, welcher die Identität des Verräters enthüllen sollte, endet jedoch in einem Desaster. Kurz darauf wird Control entmachtet und der pensionierte Top-Spion George Smiley wird überraschend wieder aktiviert, um den Auftrag fortzuführen. Gemeinsam mit dem jungen Peter Guillam macht er sich so daran, den Verräter in den eigenen Reihen ausfindig zu machen. Doch was als relativ einfache Mission beginnt, entwickelt sich schnell zu einem tödlichen Katz- und Mausspiel, bei dem nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Wer ist letztlich der Verräter im inneren Zirkel des britischen Geheimdienstes und welche Rolle spielt der geheimnisvolle Agent Ricki Tarr, der ebenfalls auf Mission in Budapest war? Das Spiel um Täuschung wie Verrat beginnt…





Meinung:
Hört man die Begriffe England und Geheimdienst assoziiert man wohl automatisch James Bond. Nun, wer mit dieser Erwartungen an die Verfilmung des Romans von John le Carré herangeht, kann nur enttäuscht werden, denn großes Buhei, exotische Schauplätze und irrwitzige Aktionen sucht man bei „Dame, König, As, Spion“ vergebens. Trotz allem ist der Film des Regisseur Tomas Alfredson, der bereits mit seiner ersten Literaturverfilmung „So finster die Nacht“ Großes schuf, ein cineastischer Schatz. Ein grandioser Film und ein Highlight des Spionage-Genres. Tomas Alfredson führt uns Zuschauer in die Welt des britischen Geheimdienstes, zurzeit des Premierministers Edward Heath, 1973, ein. Dabei verzichtet der schwedische Regisseur auf typische, romantisierte Muster der Ermittlungsdienste. Alle Charaktere, die der Film präsentiert, sind vielschichtige, menschliche Mikrokosmen. Es ist packend dabei zu zusehen, wie sie agieren, wie sie empfinden und wie sie versuchen in dem Strudel aus Verrat, Geheimnissen, Gefahr und Anschuldigungen zu Recht zu kommen. Das erfordert von einem aber absolute Konzentration. Jede kleinste Geste, jeder kurze Blick könnte etwas bedeuten.


Lacht selten: George Smiley
Die durch und durch komplexe Handlung ist ebenfalls ein Faktor, der den Film großräumig erscheinen lässt und jede Unachtsamkeit  von Seiten des Publikums kann die Verständlichkeit empfindlich stören. Doch die bedingungslose Aufmerksamkeit lohnt sich. „Dame, König, As, Spion“ entwirft eine solch realistische und authentische Welt, wie sie nur selten in Werken rund um Spione und Geheimdienste zu sehen war. Der filmische Umgang mit den Figuren verfestigt diese Wirkung. Echte Helden gibt es hier nicht. Die Taten der Agenten sind meist triste, düstere Aufträge jenseits von astralem, heroischem Ruhm.  Regisseur Alfredson zeigt uns die Bürokratie der Geheimnisse und die findet nicht nur in schmutzigen Hinterzimmern mit ominösen Schattenmännern statt, sondern auch auf, bzw. hinter den Schreibtischen landestreuer, meist älterer Herren. Seine Komplexität generiert der Film nicht nur durch seine Vielschichtigkeit seiner Figuren, sondern auch durch seine narrative Struktur. Ohne Dekrete schickt uns Alfredson in die Vergangenheit, beleuchtet frühere Aktionen ohne es dabei eilig zu haben. Aber auch hier hat alles einen Sinn, eine Bedeutung und hilft dabei die Suche nach dem Maulwurf im Inneren des Circus (so wird der Geheimdienst intern im Film genannt) noch fesselnder und vor allem reizvoller zu gestalten.


Handelt es sich hier bei wirklich um ein Opfer?
Ohne ein herausragendes Ensemble wäre dies alles aber wohl nicht möglich, aber „Dame, König, As, Spion“ besitzt ohne Zweifel eine Darstellerriege der Extraklasse. Gary Oldman, der hier in die Fußspuren des legendären Alex Guinness tritt, der in der gleichnamigen Mini-Serie der BBC von 1979 ebenfalls George Smiley spielte. Oldman, zuletzt eher in Bombast-Produktionen zu sehen die sein darstellerisches Talent eher marginal herausforderten,  liefert hier neben seiner Performance als drogensüchtiger Bad-Cop aus „Léon – Der Profi“ vielleicht die beste Leistung seiner Karriere ab. Sein George Smiley ist ein kühler Denker. Ein stiller Beobachter mit einer außergewöhnlichen Tiefe. Ihnen als Sympathieträger zu bezeichnen wäre unpassend, denn ob Smiley nun ein Vaterlandsfreund ist oder einfach nur seine Chance nutzen will um innerhalb der Geheimdienst-Hierarchie aufzusteigen wird nie richtig geklärt. Wie die meisten Charaktere im Film, hat dieser George Smiley kein Geheimnis, nein, er selbst ist eines. Wir, die Zuschauer müssen selber herausfinden was im Kopf dieses spröden Mannes mit den dicken Brillengläsern vorgeht. Dass ist so faszinierend wie hochspannend.


„Dame, König, As, Spion“ ist ein Meisterwerk. Mit seiner ruhigen, unaufgeregten Art, seinem apodiktischen Umgang mit dem Mythos des kalten Krieges und der Geheimdienstarbeit  entfacht der Film eine so unaufgeregte, aber innerlich dennoch brodelnde Spionage-Geschichte, die glänzend erzählt und ausnahmslos superb gespielt ist. Massives Kino ohne epochale Verwöhnungen und falschen Pathos. Ein Film, der stur und stilsicher, von seinen eigenen Qualitäten überzeugt, seiner Handlung und seinen Figuren folgt. Der Zuschauer wird dabei zwar nicht an die Hand genommen und sachte sowie instruktiv geführt, aber auch das ist attraktiv. In Zeiten, in denen selbst große Blockbuster, trotz simplen Prämissen, das Publikum mit Erklärungen überschütten, ist „Dame, König, As, Spion“ eine wirklich willkommene und höchst meisterliche Abwechslung.


10 von 10 gelben Zetteln an der Aktentasche

Review: KIND 44 - Mörderjagd auf zu vielen Hochzeiten

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Fakten:
Kind44 (Child 44)
USA. 2015. Regie: Daniel Espinosa. Buch: Richard Price, Tom Rob Smith (Vorlage). Mit: Tom Hardy, Noomi Rapace, Joel Kinnaman, Gary Oldman, Vincent Cassel, Fares Fares, Nikolaj Lie Laas, Paddy Considine, Jason Clarke, Josef Altin, Charles Dance, Sam Spruell, Ned Dennehy, Michael Nardone, Tara Fitzgerald, Samuel Buttery, Agnieszka Grochowska, Xavier Atkins, Jemma O’Brien, Lottie Steer u.a. Länge: 137 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Ab 22. Oktober auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Moskau, 1953: Als gefeierter Kriegsheld, der fest an die kommunistischen Ideale glaubt, konnte sich Geheimdienstoffizier Leo Demidow eine Karriere aufbauen. Doch als die grausam zugerichtete Leiche des kleinen Sohnes eines Mitoffiziers aufgefunden wird und der offensichtliche Mord von den Vorgesetzten zum Unfall erklärt wird, gerät Leos ganze Welt ins Wanken. Als ein weiterer Mord geschieht und Leo gegen Befehle verstößt, sieht er sich schnell ins abgelegene Exil degradiert und schwebt plötzlich mit seiner Familie in tödlicher Gefahr.





Meinung:
Was fasziniert uns nur so an Serienkillern? Ist es vielleicht einfach allgemein die Anziehungskraft des Bösen, kombiniert mit dem Wissen, dass diese Menschen unter uns sein könnten, ohne dass wir es merken? So oder so, nicht erst seit Kinohits wie „Sieben“ oder Fernsehserien wie „True Detective“ beschäftigten sich Filmemacher mit dem Thema. Gerne als saftiges Genrestück („Saw“) genauso wie als erdiges Drama („Henry: Portrait of a Serialkiller“) oder beißende Satire („Natural Born Killer“). „Kind 44“ vom schwedischen Regisseur Daniel Espinosa, der hiermit sein zweites Hollywood-Werk nach dem Actioner „Safe House“ ablieferte, beruht auf dem ersten Teil einer Romantrilogie von Tom Rob Smith, die wiederum vom echten Fall des russischen Serienmörders Andrei Tschikatilo inspiriert ist, der zur Zeit der Sowjetunion seine Opfer fand, während die kommunistischen Behörden nicht viel gegen ihn ausrichteten, da Serienkiller als ein reinrassiges kapitalistisches Problem angesehen wurden.


Auf der Suche nach dem Kindermörder: Leo
„Kind 44“ zeigt sich, anders als das thematisch sehr ähnliche Thriller-Drama „Citizen X“ von 1995, wenig daran interessiert, den wahren Fall akribisch nachzuzeichnen. Wie im Roman auch ist die Killerhatz nur der Aufhänger für gleich mehrere Faktoren. So versucht der Film sich bloß rudimentär als Thriller. Wesentlich mehr im Fokus steht das Porträt der damaligen Sowjetunion, mit all ihren Machtgefällen und gesellschaftlichen Gefahren. Einhergehend damit wird auch die Beziehung zwischen dem treuen Staatsdiener Leo Demidov (Tom Hardy) und seiner Frau Raisa (Noomi Rapace) behandelt, die zwischenzeitlich sogar in eine waschechte Spionagegeschichte abdriftet. „Kind 44“ spielt also auf diversen Hochzeiten und genau da liegt das Problem! Regisseur Espinosa bekommt kein wirkliches kohärentes Gesamtbild hin. Der stilistisch absolut authentisch wirkende Film, verliert sich einfach in zu vielen Einzelfragmenten. Aber egal ob die Romanverfilmung sich gerade als melodramatisches Rührstück, Thriller oder Agentenabenteuer versucht, nichts davon verschafft konstanten Nervenkitzel und ein durchgängiges Interesse an den Hauptfiguren kommt auch nie wirklich zu Stande, weil diese meist im dramaturgischen Larger-then-Life-Modus agieren. Wenn „Kind 44“ doch einmal vollends überzeugt, dann liegt das zumeist an den soliden bis guten Darstellern, die sich alle Mühe geben, das adaptierte Script von Richard Price („Sein Name ist Mad Dog“) wiederzugeben.


Die bereits erwähnte Authentizität ist es, die es „Kind 44“ ermöglicht trotz aller inszenatorischen Widrigkeiten zumindest atmosphärisch auf einem beständigen Kurs zu bleiben. Der Film erfüllt all unsere Vermutungen und Erwartungen der damaligen Sowjetunion. Leider auch im Bereich der Charaktere. Was beim Setting gelungen ist, verkommt hier eher zu verknarzten Wiederholungen bekannter Tropen aus der Mottenkiste. Dies und der Fakt, dass die Enttarnung des Killers so beiläufig wie spannungsarm geschieht sind weitere Gründe, warum „Kind 44“ trotz einer guten Grundlage nur wenig zu überzeugen vermag. Wenn man bedenkt wir prominent und hoch hochkarätig der Film besetzt ist, ist das Endergebnis umso erstaunlicher – in einem negativen Sinn.


3,5 von 10 Süßigkeiten in einer Papiertüte