Fakten:
Elle
BE, DE, FR. Regie: Paul
Verhoeven. Buch: David Birke, Philippe Djian (Vorlage). Mit: Isabelle Huppert,
Laurent Lafitte, Anne Consigny, Charles Berling, Virginie Efira, Judith Magre,
Christian Berkel u.a. Länge: 130 Minuten. FSK: ungeprüft. Ab 02. Februar 2017
im Kino.
Story:
Michèle ist der Kopf einer Firma,
die sich rund um die Uhr mit Videospielen beschäftigt und zu den angesagtesten
Playern auf dem Markt gehört. Verantwortlich dafür ist zweifelsohne Michèle und
ihre selbstbewusste Einstellung: Sie weiß genau, was sie will, und sie weiß
ebenso, wie sie es bekommt. Auch in puncto Liebesleben ändert sich ihre
kalte bis herzlose Attitüde nicht. Eines Tages wird Michèle jedoch zum Opfer eines
Attentats, woraufhin sich ihr gesamtes Leben für immer verändern soll. Niemand
weiß, wer dafür verantwortlich ist. Ein Umstand, der ihr keine Ruhe lässt.
Sie macht sie auf die Suche nach dem Mann, der ihr das Leben nehmen wollte. Als
Michèle ihn schließlich findet, verliert sie sich in einem gefährlichen Spiel,
das jeden Moment außer Kontrolle geraten könnte.
Meinung:
In den letzten Jahren war es
ruhig um Paul Verhoeven. Im Laufe
seiner Karriere konnte der niederländische Regisseur immer wieder für Skandale
sorgen und selbst in Hollywood gewagte Filme inszenieren. Ausufernde Gewalt und
auch ästhetisierte Sexualität gehören zu seinen wiederkehrenden Motiven und
werden dementsprechend freizügig thematisiert. Um den reinen
Unterhaltungsaspekt ging es dabei nie und nur selten begnügte sich der Filmemacher
damit an der Oberfläche zu verweilen. Oftmals dringen seine Filme tief in die
Psyche ihrer Hauptfiguren ein und die Gewalteruptionen dienen lediglich als
Indikator für soziale oder gesellschaftliche Problemfelder. Auch sein neuestes
Werk streift zahlreiche Themenkomplexe und löst einen altbekannten Konflikt auf
interessante Art und Weiße.
Michele fackelt nicht lange |
Elle bedient schon früh typische Elemente des Rape-and-Revenge Genres, beginnt erwartungskonform mit der
notwendigen Vergewaltigung und lässt diese im weiteren Verlauf omnipräsent im Zentrum
des Films verweilen. Der Erwartungshaltung des Zuschauers verweigert sich Verhoeven jedoch konsequent und so kommt
es im Fortgang immer seltener zu bekannten Momenten. Schnell findet der Film
seine eigene Struktur, die in ihrem Kern von der aufopfernden Darstellung Isabelle Hupperts getragen wird und so
werden simplifizierte Genreklischees konsequent zu einem vielschichtigen
Diskurs umgeformt. Denn nach der einleitenden Vergewaltigung, die wie so viele
Momente des Films mit beachtlicher Intensität inszeniert wurde, senkt sich
beinahe ein bedächtiges Schweigen über die, so scheint es zumindest,
gedemütigte Michele. Die Spuren werden schleunigst beseitigt, die Polizei bleibt
uninformiert und sie setzt ihr alltägliches Leben als Kopf einer
Videospielfirma fort. Lediglich unter ihrer Oberfläche scheint es zu brodeln,
vor Ärgernis, Wut und Scham…aber auch vor Erregung. Nicht viele Darstellerinnen
sind zu solch subtilen und anspruchsvollen Emotionen fähig, doch Huppert meistert die Herausforderungen
des Films gewohnt mühelos und verkörpert eine äußerlich selbstsicher, aber
innerlich verunsicherte Frau, die von den zahlreichen Herausforderungen des
Lebens verschluckt zu werden droht. Darüber hinaus behandelt Elle eine Vielzahl an Themen, die es
lohnen den Film mehrmals zu sehen und durchaus zu ausgiebigem Diskussionen
einladen.
Sicherlich dürfte Elle bei manchen Zuschauern einen sehr
bitteren Nachgeschmack hinterlassen. Der Gedanke eine Frau könnte an
Vergewaltigung, der ultimativen Form männlicher Dominanz, sexuelle Erregung und
Gefallen finden, darf diskutiert, aber nicht voreilig abgestraft werden.
Natürlich handelt es sich dabei einerseits um eine vorwiegend männliche
Fantasie, jedoch macht es andererseits gerade die weibliche Perspektive des
Films zu einem interessanten Diskurs. Und dabei sollte die Tatsache, dass der
Film von einem alten, weißen Mann stammt keine voreiligen Rückschlüsse auf das
Werk zulassen.
7 von 10 unangenehmen
Abendessen
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