Review: ASSAULT ON WALL STREET - Tod den Bankern!




Fakten:
Assault on Wall Street
Kanada, 2013.
Regie und Buch: Uwe Boll. Mit: Dominic Purcell, John Heard, Edward Furlong, Eric Roberts, Erin Karpluk, Michael Paré, Lochlyn Munro, Keith David, Mike Dopud, MichaelaMann, Jerry Trimble, Carrie Genzel u.a. Länge: 103 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
In New York City fließt das frische Blut der Moderne durch die fortwährend pulsierenden Adern Amerikas. Der industrielle Größenwahn hat seine Grenzen schon lange überschritten, Arbeitszweige werde immer weiter ausgereizt und die Wall Street artikuliert sich durch ihre eigenen Regeln – Ohne Rücksicht auf Verluste. Der als Security für Geldtransporte angestellte Jim arbeitet jeden Tag hart, um seiner Frau Rosie, die sich gerade von einer schweren Krankheit regeneriert, ein sorgloses Leben in der Mittelschicht zu ermöglichen. Doch als die Krankenversicherung den Geldhahn zudreht und Rosies Behandlungsspritzen nicht mehr bezahlen möchte, Jim seine 60.000 Dollar Ersparnisse durch einen Börsenmakler und einer fehlerhaften Befolgung seiner Ratschläge ebenfalls verliert, wird Jim von seinem Chef auf die Straße gesetzt, da sie kein Vertrauen mehr in ihn haben können. Jim will sich mit dieser Lage nicht abfinden und schwört Rache…




Meinung:
Uwe Boll macht mal wieder auf gesellschaftskritisch und verwechselt kontroverse Radikalität mit faschistoider Infantilität. Die debakulösen Ausmaße Bolls künstlerischer wie fachlicher Inkompetenz besitzen bereits einen ganz eigenen Kultstatus innerhalb der Filmwelt, genau wie der Doktor höchstpersönlich, der sich durch seine direkte und ehrliche Art einige Sympathien sicherstellen konnte, allerdings auch nicht selten über das eigentliche Ziele hinausschießt und vollkommen fragwürdigen Unfug aus den eigenen Gehirnwindungen vor laufendenden Kameras preisgibt. Bemerkenswert ist nur, und das wird jeder feststellen, egal welche Haltung er gegenüber Boll pflegt, dass er es als Regisseur einfach nicht schafft (oder es auch nicht schaffen will), die nächste Stufe zu erreichen, sich weiterzuentwickeln und Themen, die die Menschen (inter-)national beschäftigen, in Filme zu schnüren, die die Welt – in dieser Form – nicht gebrauchen kann. Einfach weil Boll sein eigene Ideologien und den grobschlächtigen Wünschen, wie die Welt zu funktionieren hat, in den Vordergrund rückt und dadurch eine wirklich ernsthafte Auseinandersetzung problemlos negiert.

 
Kontoauflösung der Marke Uwe Boll
Nach der Fertigstellung seines Werkes verkündigte das Enfant terrible aus Wermelskirchen, dass ihm mit „Assault on Wall Street“ sein bis dato vollkommenster Film gelungen wäre und die Welt sich auf hochqualitative Filmkunst aus dem Hause Boll einstellen sollte. Natürlich wurde auch diese Proklamation nicht ganz ohne die charakteristische Ironie auf die Menschheit losgelassen, doch der festen Überzeugung, hier wirklich etwas Nennenswertes erschaffen zu haben, bleibt der Gelegenheitshitzkopf dennoch – Wer würde schon etwas anderes über sein eigenes Projekt behaupten? In Wahrheit erweist sich Boll mal wieder durchgehend kritikunfähig in Bezug auf systematische Brennpunkte, wie in diesem Fall das Finanzsystem der Vereinigten Staaten, und bietet keinerlei Lösungen oder gar Denkanstöße, die wenigstens emotional wenn schon nicht rational, von Bedeutung für den Rezipienten sind. In seiner Euphorie und Egozentrik äußerste sich Boll immer wieder zu Wort, dass „Assault on Wall Street“ das universelle Publikum „begeistern“ wird, mit der Begründung, „dass Banker erschossen werden und dass ja schließlich auch viele Zuschauer ansprechen wird“.

 
Wer schämt sich denn da bei Boll mitzuspielen?
Ja, Uns Uwe war schon immer eine Abrissbirne, für den Subtilität seit jeher ein Fremdwort war und Filme inszenierte, die auf narrativer Basis an den eigenen Sabberfäden erstickten, die aus dem Ergötzen an Gewaltexzessen und Geschmacklosigkeiten am Laufband entstanden. Mit „Assault on Wall Street“ beginnt der Meister unter den populären Nieten allerdings in einem gemächlichen Tempo und versucht krampfhaft, seinen geschundenen Protagonisten einzuführen – Boll macht Charakter-Kino? Nee, eher nicht. Vielmehr scheitert er an diesem Bestreben, denn schließlich ging es Boll noch nie um das Seelenleben seiner Charaktere, sondern nur um plakativ-schematische Projektionsschablonen, und an der Hauptdarstellerbesetzung mit dem unbeweglichen Dominic Purcell als bulliger Jim, der durch seine Physis Eindruck schinden kann, aber in seinem Mienenspiel nur einen einzigen Gesichtsausdruck zur Verfügung stellt und daher nie emotional oder lebendig wirkt. Boll lenkt seinen Jim dann durch den evozieren Pseudo-Tiefgang in den Fundus der klischeehaften Statik, nur um ihN gut eine Stunde lang leiden zu lassen und die Wut in ihm aufzukochen.

 
John Connor ist auch pleite
Diese erste Stunde ist flach, ohne jeden Feinsinn, belanglos, scheitert an ihren eigenen Ansprüchen und beinhaltet Dialoge auf Kneipenniveau, aber sie löst nie die ekelerregende Abneigung im reaktionären Mantel aus, die Boll dem Zuschauer dann im visualisierten Rachefeldzug zumutet. Wenn Boll seine Feinbilder im maßgeschneiderten Anzug stilisiert hat, das Geschwafel über Investitionen, Derivate, Zinsen und falschen Versprechungen ebenfalls sein Ende gefunden hat, lässt „Assault on Wall Street“ die Katze aus dem Sack. Jim, der an öffentlichen Plätzen für den Amoklauf auf die Wall Street trainiert hat, gerne auch mal neben eintreffenden Zügen, setzt seinen Plan amateurhaft in die Tat um und Uwe Boll zelebriert seine dumpfe Explosion in glatten Hochglanzmontagen und flotten Zeitlupesequenzen, hetzt ihn durch die sterilen Etagen und erlaubt sich dann einen Schritt, der für jeden klardenkenden Menschen eine bodenlose Frechheit darstellt: Nachdem der Wüterich genug gemordet hat, läuft er zwei Polizisten in die Arme, die genau wissen, dass er der Täter ist, doch anstatt ihn festzunehmen, nicken sie ihm befürwortend zu und lassen ihn vom Tatort verschwinden. Ohne Worte.


Fazit: Wie es sich für jeden Film von Uwe Boll gehört: Konsum auf eigene Gefahr. Letztlich ist „Assault on Wall Street“ jedoch keine stümperhaft-billige Videogame-Verfilmung, sondern ein Film, dessen Wurzeln in der Realität verankert sind, der Gesellschaftskritik ausüben möchte, sich dabei aber nicht an kontroverse Ansätze hält, sondern faschistoid-reaktionäre Denkmuster visualisiert und einen vollkommen indiskutablen Film auf die Menschheit loslässt. Verachtenswert.


2 von 10 Cop-Freunden


von souli

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