Review: 96 HOURS - TAKEN 2 - "Ich bin so leer"



Fakten:
96 Hours – Taken 2 (Taken 2)
USA, Frankreich. 2012. Regie: Olivier Megaton. Buch: Luc Besson, Robert Mark Kamen. Mit: Liam Neeson, Maggie Grace, Famke Janssen, Rade Serbedzija, Leland Orser, Jon Gries, D.B. Sweeney, Kevork Malikyan u.a. Länge: 91 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren.


Story:
Vor wenigen Jahren befreite der ehemalige Geheimagent Bryan Mills seine Tochter Kim in Paris aus der Gefangenschaft von osteuropäischen Menschenhändlern. Dabei hinterließ er nicht nur eine Spur der Verwüstung sondern auch einige Leichen. Eine davon war der Sohn des albanischen Mafiosis Murad. Der will nun Rache und plant nicht nur Kim, sondern auch ihre Mutter und Mills selbst zu entführen und zu töten. In Instanbul soll der Plan in die Tat umgesetzt werden, doch Mills weiß sich und seiner Familie zu helfen.




Meinung:
Relativ zu Beginn des Films sagt Famke Janssen alias Leonore einen Satz, der „96 Hours – Taken 2“ blendend beschreibt: „Ich bin so leer“. Vier kleine Wörter, die die Qualität des neusten Films aus der cineastischen Manufaktur des französischen Autors, Regisseur und Produzenten Luc Besson einfach perfekt treffen. Das Sequel zum Überraschungserfolg des Jahres 2008 erweist nämlich als ausgesprochen leer.


Mann gegen Mann. Für Bryan Mills kein Problem.
Mal wieder darf Liam Neeson seine Familie retten. Was bei „96 Hours“ trotz sträflich vernachlässigbarer Story zumindest noch in den Action-Phasen ein rudimentär gut funktionierendes Erlebnis war, verkommt hier zur unsagbar schnarchigen Luftnummer. Sind die ersten 20 Minuten erst einmal vorbei, hat man sich als Zuschauer durch den zähen handlungserklärenden Anfang gequält, beginnt die wilde Jagd. Autos krachen ineinander, diverse Schusswechsel werden ausgetragen und im Nahkampf muss Neeson natürlich auch beweisen was er kann. Das war vor vier Jahren unter der Regie von Pierre Morel genauso, besaß aber enormen Druck. Damals waren die Actionszenen wie die Öffnung eines Ventils. Sie kamen schlagartig, sie waren enorm kraftvoll und vor allem dynamisch. „Taken 2“-Regisseur Oliver Megaton scheint damit überfordert gewesen zu sein. Seine Regie ist zu jederzeit ungelenk. Die Montagen wirken wirr, unübersichtlich und machen aus der größten Stärke des Vorgängers hier die größte Schwäche. In dem Jahr, in dem „The Expendables 2“ und vor allem der indonesische Kracher „The Raid“ gezeigt haben, wie man Action mit voller Wucht und ohne Gnade inszeniert, wirkt „96 Hours – Taken 2“ altbackend, bedeutungslos und austauschbar. Megaton hat bereits mit „Transporter 3“ und „Colombiana“ zwei weitere Actionfilme der Besson-Schmiede in den Sand gesetzt. Nun hat er aber den Hattrick gemacht und dabei passt sein Nachname so gut zu einem Action-Regisseur. 

Auch wenn es danach aussieht, Mills ist kein Taxifahrer
Was viele dem ersten Teil vorgeworfen haben, trifft natürlich auch auf die Fortsetzung zu. „Taken 2“ ist erbarmungslos in seinen Klischees. Wirkt Los Angeles, die Heimat von Bryan Mills und seiner Familie, noch sonnig, einladend und freundlich, so sieht Istanbul aus wie ein überbevölkerter Moloch aus Korruption, Sadisten und Gestank.  Anscheinend glaubt Luc Besson und sein Kollege Robert Mark Kamen, die wie bei Teil eins auch das Script verfassten, nicht an die Intelligenz und Auffassungsgabe des Zuschauers. Immer wieder wird einem auf die Nase gebunden, dass diese osteuropäischen Männer, mit den ungepflegten Äußeren, den billigen Trainingsanzügen und Pistolen im Anschlag keine netten Gesellen sind. Besson und Kamen versuchen alles, damit der Zuschauer die Schurken zu hassen lernt. Das nimmt angestrengte Züge an. Wenn Drahtzieher Murad (der große Rade Serbedzija, der sich mal wieder für eine Rolle zweiter Klasse her gibt) Bryan Mills zu verstehen gibt, dass er Mills Tochter so lange missbrauchen lassen will, bis sie einem Stück Fleisch gleicht, legt „96 Hours – Taken 2“, noch mehr als sein Vorgänger, seine preisgünstigen Genre-Mechanismen frei. Hier gibt es keine Graustufen, das sollte auch keiner erwarten, aber so ideenlos wie hier Selbstjustiz eingeleitet und verklärt wird ist es fast ein Wunder, dass Liam Neeson nicht einfach alles mit Kopftuch, Turban oder einem Bindi auf der Stirn niedermäht.


Liam Neesons zweiter Familien-Befreiungsausflug ist schon so etwas, wie der perfekte Film zur aktuellen Islam- und Immigrationsdebatte. Wer keine Lust mehr hat zu diskutieren bekommt hier genau das richtige Programm: der gute westliche Held gegen den bösen Osten. Klar, dass ich übertrieben ausgedrückt, aber wenn „Taken 2“ endet, wenn man als Zuschauer wieder die Sonne von Los Angeles genießen darf, ja dann stellt sich schon diesen Gefühl ein, endlich wieder in Sicherheit zu sein. Endlich raus aus Istanbul. Endlich wieder anständige Leute. „96 Hours – Taken 2“ entwirft ein so dermaßen fatalistisches Bild, das es beinahe an eine Kombination aus Ignoranz und Dummheit heranreicht. Das wäre wirklich ärgerlich, wenn der Film in seiner Prämisse mit guten Actionszenen Unterhaltung zu erzeugen nicht so dermaßen versagen würde.

2 von 10

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