Fakten:
Reclaim – Auf eigenes Risiko
(Reclaim)
USA, CN, MY, 2014. Regie: Alan
White. Buch: Luke Davies, Carmine Gaeta. Mit: Ryan Phillippe, John Cusack,
Rachelle Lefevre, Jackie Weaver, Luis Guzman, Jandres Burgos, Veronica Faye
Foo, Briana Roy u.a. Länge: 91 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Ab dem
15.5.2015 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Steven und Shannon, ein Paar aus
Chicago, reisen nach Puerto Rico um die Adoption des 7jährigen Waisenkindes
Nina abzuschließen. Während sie auf den Pass des Mädchens warten, hat ihnen
Agenturchefin Reigert einen luxuriösen Bungalow am Strand gemietet, wo sich die
junge Familie gleich besser kennenlernen kann. Dort machen sie Bekanntschaft
mit Landsmann Benjamin, der sich beruflich in der Region aufhält. Steven ist
der Mann trotz seiner offenen, freundlichen Art leicht suspekt und so mieten
sie sich lieber in einem Hotel in der Stadt ein. Kurz danach verschwindet Nina
über Nacht spurlos aus ihrem Hotel. Die verzweifelten Eltern wenden sich an die
Polizei und suchen auch den Kontakt zu der Adoptionsagentur, erleben dabei
jedoch eine böse Überraschung…
Meinung:
Es ist so bedauerlich, was mit John
Cusack passiert ist. Das Phänomen ist nicht neu, das Filmgeschäft schnelllebig
und selbst gestandene Darsteller geraten nach Jahrzehnten des Erfolges immer
wieder aufs Abstellgleis. Entweder arbeitslos oder eben „Star“ in
drittklassigen Schinken, die einem zumindest die Miete und die Butter
auf dem Brot sichern. Gerade bei Cusack schmeckt das jedoch besonders bitter.
In den 80ern als sympathischer, agiler Jungdarsteller zum Teenie-Star
aufgestiegen, zeichnete er sich in den 90ern und den ersten Jahren des neuen
Jahrtausends doch durch eine wohlüberlegte Rollenauswahl aus. Wenig große
Blockbuster („Con Air“ war die Ausnahme), lieber gute Rollen in kommerziell
vielleicht weniger erfolgreichen, dafür qualitativ hochwertigeren Filmen wie „Mitternacht
im Garten von Gut und Böse“ von Clint Eastwood, „Grosse Pointe Blank“ von
George Armitage oder „Being John Malkovich“ von Spike Jonze. In den letzten
Jahren, nachdem er eine Zeitlang kaum noch zu sehen war, ist er endgültig in
die Knochenmühle der DTV-Fließbandfilme geraten. Mit Ausnahme von seiner Rolle
in Cronenbergs „Maps to the Stars“ ist von dem einstigen Anspruch (und wohl
auch der Chance, diesem gerecht zu werden) nichts mehr übrig geblieben.
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Na, noch alles senkrecht? |
Nun also die nächste Folge aus der
Reihe „Ich war ein Star, was mach ich hier?“ oder wie er offiziell heißt „Reclaim
– Auf eigenes Risiko“. Zumindest ist Cusack bei dieser ABM-Maßnahme für
Schauspieler aus der inzwischen dritten bis vierten Reihe nicht ganz alleine.
Ryan Phillippe („Eiskalte Engel, „L.A. Crash“) gurkt auch schon seit Ewigkeiten
in der Bedeutungslosigkeit herum und auch Jackie Weaver („Picknick am
Valentinstag“, „Königreich des Verbrechens“) oder Luis Guzman („Magnolia“, „Traffic
– Macht des Kartells“) hatten schon bessere Tage, nicht nur optisch. Optisch
überzeugend ist wenigstens dieser Film, wenn auch nur rein bezogen auf seine
malerische Kulisse. Vor traumhafter Karibik-Fototapete entwickelt dieser
Thriller leider gar keinen Thrill, obwohl er von seinen thematischen
Möglichkeiten vergleichsweise gar nicht mal so chancenlos ist wie einige der
letzten Cusack-Vehikel. Die Geschichte rund um krumme Geschäfte mit
Waisenkindern aus der Dritten Welt und die skrupellose Abzocke verzweifelter
Eltern in spe bietet einiges an Spielraum, wird hier (natürlich) nur für so
schnell zusammengekritzeltes wie abgedrehtes 08/15-Fastfood verpulvert. Weder
gelingt ein vernünftiger Spannungsaufbau, noch sind die Ereignisse gut
durchdacht und glaubhaft angerichtet. Können das andere B-Thriller wenigstens
durch eine rasante Dynamik oder knackige Momente auffangen, steuert „Reclaim –
Auf eigenes Risiko“ niemals auf irgendwelche Höhepunkte zu, findet sie nicht mal
zufällig. Selbst wenn gegen Ende notgedrungen das Tempo leicht anzieht und
etwas Action ins Spiel kommt, dadurch wird erst die krude Plot- und
Figurenentwicklung sowie die schlampige Regie deutlich in den Vordergrund
gerückt. Peinlicher Höhepunkt: Eine Autoverfolgungsjagd, die eindeutig nicht in
der Geschwindigkeit stattfand, wie sie abgespielt wird. Wer sich noch an „The
Benny Hill Show“ erinnern kann, so in etwas sieht das aus. Urgh!
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An irgendwem muss man den Karrierfrust ja rauslassen. |
Was lässt sich denn über John
Cusack sagen, wie tief ist der Wasserstand? Nun – um etwas Licht in der
Dunkelheit zu suchen -, es könnte in der Tat schlimmer sein. Vom
Erscheinungsbild sieht er leicht abgeranzt aus (wer ihn nur aus seinen
Glanzzeiten kennt wird sich vielleicht erschrecken, aber wir sind ja
abgehärtet), rückt mit seinem zauselligen Haupthaar auf immer höher werdenden
Stirn auch äußerlich immer näher an Leidensgenossen Nicolas Cage heran.
Natürlich verhökert er sich und sein Talent (das nachweißlich noch in ihm
schlummert) mal wieder gnadenlos unter Wert, spielt seinen Part gelangweilt und
halbherzig runter, ist dabei trotzdem noch interessanter und charismatischer
als das sichtlich bemühte (das ist die eigentliche Tragik), dadurch kein Stück
reizvollere, ewige Babyface Ryan Phillippe, da nützt auch der bald schon
fünfzehnjährige Dreitagebart nichts. Phillippe hat den Glauben an ein Comeback
wohl nie aufgegeben, Cusack scheint sich mit seinem Schicksal abgefunden zu
haben, stiehlt im dennoch die Show. Eine sehr müde Show. Es zeigt den
grundsätzlichen Klassenunterschied dieser beiden Männer, die auf ganz
unterschiedliche Art und Weise nun dort gelandet sind, was im Hier und Jetzt
auch keine Rolle mehr spielt. Im filmischen Niemandsland sind alle Katzen grau,
leider.
„Reclaim – Auf eigenes Risiko“ ist,
so fair wollen wir sein, kein unglaublicher Schrott, er ist schlicht
bedeutungslos. Scheiße ist (noch) anders, interessant oder notwendig allerdings
auch. Er nutzt sein Potenzial nicht, verschleudert das Talent seiner Darsteller
(zumindest von einigen) und hat bis auf den neidisch-stimmenden Drehort wie
sein grobes Thema nichts zu bieten, das der Rede wert wäre. Einfach rein, raus
und vergessen.
4 von 10 schmerzhaften
Entfesselungen
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