Review: MY OLD LADY – EINE ERBSCHAFT IN PARIS – Heute ist der Schatten von morgen



Fakten:
My Old Lady
USA, Frankreich, UK. 2014. Regie und Buch: Israel Horovitz. Mit: Kevin Kline, Maggie Smith, Kristin Scott Thomas, Dominique Pinon, Stéphane Freiss, Noéme Lvovsky, Stéphane De Groodt u.a. Länge: 107 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 5. Mai 2015 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Der mittellose Amerikaner Mathias Gold reist nach Paris, um ein Apartment zu verkaufen. Er hat es von seinem verstorbenen Vater Max geerbt, zu dem er seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Doch an Stelle des schnellen Geldes erwartet ihn in Frankreich die 92 Jahre alte Mathilde. Sie hat vor langer Zeit mit Mathias‘ Vater eine Immobilienleibrente vereinbart, darf also bis zu ihrem Tod im Apartment wohnen und erhält darüber hinaus eine monatliche Rente von 2400 Euro. Die fordert sie nun von Mathias ein, der sich plötzlich mit antiquierten französischen Gesetzen und Mathildes streitlustiger Tochter Chloé auseinandersetzen muss.





Meinung:
Wie viele ambitionierte Künstler aus dem renommierten Theaterbereich, hat nun auch der in Massachusetts geborene Israel Horovitz den Sprung auf die große Leinwand gewagt. Mit „My Old Lady – Eine Erbschaft in Paris“, einer Adaption seines eigenen, in über 30 Sprachen übersetzten Stückes, versucht sich Horovitz an dem oftmals so komplizierten Transfer, das empathisch Bühnenhafte in das gediegene Korsett der Lichtspielhäuser zu übertragen, ohne die Medien in ihrem persönlichen Dunstkreis zu überlagern. Das Resultat kann sich sehen lassen, ist aber weit entfernt von Horovitz' pointierter Strahlkraft, von der so viele angetane Besucher seiner Vorstellungen berichten, und lässt sich vielmehr in die Reihe der mal mehr, mal weniger enervierenden Best-Ager-Vehikel einordnen. Ein zweites „Wie in alten Zeiten“ hat Isarel Horovitz mit „My Old Lady – Ein Erbschaft in Paris“ zwar nicht auf die Beine gestellt, sein kinematographischer Ausflug in die französische Metropole aber berieselt dennoch mehr, als dass er wirklich Konzentration einfordern würde.


Kevin Kline mit dem heimlichen Star des Films
Sieht man sich Filme der Marke „Wie in alten Zeiten“, „The Best Exotic Marigold Hotel“, „Ein Sommer in der Provence“ oder auch „Das Beste kommt zum Schluss“ an, beschleicht einen fortwährend das Gefühl, dass man höchstwahrscheinlich selbst erst in den Herbst des Lebens vordringen muss, um die in erdrückender Penetranz aufflackernder Melancholie und Wehmut der greisen Charaktere irgendwie einordnen zu können. Dass diese Filme nie wirklich etwas Sinnstiftendes über das Alter(n) und die damit verbundenen Konsequenzen berichten, sondern sich eher gewappnet mit Phrasendrescherei und Glückskeksweisheiten durch Allgemeinplätze stehlen, lässt sich inzwischen nicht mehr verheimlichen. „My Old Lady – Eine Erbschaft in Paris“ ist da ganz ähnlich gepolt, denn natürlich ist das hier nicht nur eine frankophile Komödie, in der hochdekorierte Stars wie Kevin Kline („Ein Fisch namens Wanda“), Maggie Smith („Harry Potter“-Franchise) und Kristen Scott Thomas („Only God Forgives“) zum unverfänglichen Schwank vor pittoresker Kulisse laden. Selbstredend geht es um mehr, um generationsübergreifende Komplikationen und die ominösen Wunden der Vergangenheit.


Ah, da läuft doch was...
Der sich vorerst noch mit französisch-englischem Kauderwelsch verbalisierende Mathias (Kevin Kline) fliegt nicht nach Paris, um sich an den urbanen Locations zu ergötzen, er will Geld machen, und zwar mit der traumhaften Altbauimmobilie seines Vaters, dessen Wert auf mehrere Millionen taxiert wird. Blöd nur, dass Mathias' Vater einer sogenannten „rente viagère“ eingewilligt hat, die es einem anderen Menschen ermöglicht, seinen Lebensabend in dieser Behausung zu fristen – um außerdem noch eine monatliche Rente von über 2000 Euro spendiert zu bekommen. Und das ist in diesem Fall die 92-jährige Mathilde (Maggie Smith), die sich noch lange nicht dazu entschieden hat, abzudanken, und ihre Tochter Chloé (Kristen Scott Thomas) die ebenfalls überhaupt nicht erfreut über das Auftauchen ihres impertinenten Gasts ist, bildet sich dieser doch tatsächlich, das Apartment verscherbeln zu können. Dass sich „My Old Lady – Eine Erbschaft in Paris“ über seinen Screwball-Ansatz hinausbewegen möchte und gar zur familiären Bewältigungstherapie von auslaugenden Traumata, bahnt sich dann auch nicht gerade auf Samtpfoten an.


Was relativ schnell ersichtlich wird, ist, dass „My Old Lady – Eine Erbschaft in Paris“ nicht nur der narrative rote Faden fehlt, der Dramaturgie an und für sich wird jede emotionale Breitenwirkung untersagt, macht der Film doch kontinuierlich deutlich, dass hier im Prinzip niemand wirklich Gefahr läuft, unglücklich aus der ganzen Chose herauszukommen. Stattdessen schimmert durch jede salzige Tränen und durch jeden angestrengten Gag der Drang nach biederer Wohlfühl-Konklusion. Und genau da findet sich das Muster dieser zum Teil unsäglichen Komödien mit französischer Prägung wieder: Es steht in Wahrheit nichts auf dem Spiel, nur die Naivität der Verantwortlichen, die geradewegs in Zynismus umschlagen kann. Vor diesem Schicksal ist „My Old Lady – Eine Erbschaft in Paris“ letztlich zwar zum Glück gefeit, doch unter dem Banner harmonieheischender Konfektionsware muss es sich Isarel Horovitz Spielfilmdebüt indes wohl oder übel gemütlich machen. Immerhin gibt es da ja noch drei Schauspieler im Zentrum zu sehen, die ihrer Berufsbezeichnung mal wieder mehr als gerecht werden.


4 von 10 qualmende Eberköpfe


von souli

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