Review: TRACERS - Run, Taylor. Ruuun!



Fakten:
USA. 2015. Regie: Daniel Benmayor. Buch: Kevin Lund, Leslie Bohem, Matt Johnson, Matthew Johnson, T.J. Scott. Mit: Taylor Lautner, Marie Avgeropoulos, Adam Rayner, Rafi Gavron, Luciano Acuna, Josh Yadon u.a. Länge: 90 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab dem 28. Mai 2015 im Kino.


Story:
Cam braucht ganz dringend Geld und trifft auf die reizende und überaus sportliche Nikki. Nun denkt er sich, dass er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen kann, wenn er in Nikkis Parkour-Clique mitmachen darf, die nebenbei auch noch mittels Diebstählen ordentlich Geld verdienen.





Meinung:
„Twilight“ ist Geschichte und die Schauspieler müssen sich neue Projekte suchen, um sich nicht zu langweilen. Kristen Stewart und Robert Pattinson scheinen sich auf kleinere Filme zu konzentrieren, in denen ihre schauspielerischen Fähigkeiten auf die Probe gestellt werden (und das auch noch äußerst erfolgreich für Ms. Stewart). Jacob Black-Darsteller Taylor Lautner dagegen  ist nun nach „Atemlos“ in einem weiteren Actionfilm zu sehen. Mit 11 Millionen Dollar wurde der Regisseur Daniel Benmayor betraut, der ansonsten in seiner Filmographie nicht viel vorzuweisen hat - abgesehen vielleicht von einem Film über Paintball. Dieser Film jedoch beschäftigt sich mit der Sportart, die Parkour genannt wird und bei der es darum geht, durch die Stadt zu hetzen und dabei Autos, Häuser, Treppen und alles andere möglichst stilvoll zu benutzen und überwinden. Weil das dem Laien aber ein wenig ziellos vorkommen mag, nutzt die Truppe um Cam (Lautner) ihre Fähigkeiten, um erfolgreich von Diebstählen zu entkommen.


Einsatzbesprechung der Marke "Tracers"
Fünf Leute zeichnen für das Drehbuch verantwortlich. Fünf. Da möchte man echt meinen, dass fünf kreative Köpfe es schaffen sollten, mehr als nur Schema F hinzurotzen. Aber offensichtlich verlangt man da zu viel. Regie und Buch halten sich ebenso brav an alle festgefahrenen und starren Regeln der Kunst des 08/15-Filmes, wie sie in so vielen anderen billig produzierten Actionfilmen zu finden sind. Das kann man als Solidarität auffassen - oder als Faulheit. Allerdings, nach etwa 20 Minuten, plärrt einem der Soundtrack „We’ve seen it all before“ entgegen. Ist das etwa ein Anflug von Selbstironie? Nein, leider nicht, wer Humor erwartet ist hier bei der falschen Adresse. Nein, bei der Auswahl des Liedes ging es eher um die Zeile „Hey you“. Cam hat nämlich  grad die Frau entdeckt hat, die er gesucht hat seit sie einen intimen Moment hatten, weil er mit seinem Fahrrad in sie gerumst ist. Humor geht weite Wege; „Tracers“ kann damit jedoch keine Pluspunkte sammeln. Das würde ja aber gar nicht weiter stören, schließlich gibt es genug ernste Actionfilme, die auch ohne die modern gewordene, mal schlecht mal recht ausgeführte Selbstironie auskommen, wenn der Film in anderen Kategorien punkten könnte.


Mit Bart und Knarre. Hach, der Taylor wird erwachsen
Angefangen bei der Inszenierung, nicht jener der Actionszenen, sondern der Inszenierung an sich. Die ist nämlich die reinste Baustelle und zeugt von einem Desinteresse des Regisseurs. Desinteresse daran, eine flüssige Geschichte zu erzählen. Und Unfähigkeit im Umgang mit Spannung, Handlungssträngen, Timing, ach, es gibt so viele Problemzonen, dass man sie nur an zwei oder mehr Händen abzählen kann. Der Film braucht geschlagene 30 Minuten (also ein Drittel seiner Laufzeit) um auf den ersten Punkt zu kommen. Um dem Zuschauer eine Richtung vorzugeben, in die es gehen soll. Vorher schaut man einfach nur Leuten zu, die einen nicht interessieren und die irgendwas machen. Es wird einem nicht klargemacht, ob es sich nun um Statisten oder Protagonisten handelt. Harmonie oder Chemie zwischen den Darstellern gibt es gar nicht, was nicht einzig und allein an Lautner und Konsorten liegt, sondern auch an der Regie, die jegliche Stimmung im Keim erstickt. Momente, in denen die Chemie deutlich werden soll, stechen bloß hervor, weil die ständig wummernde Dubstep-Mucke verstummt und sich zwei Menschen im Close-Up in die Augen schielen. Das soll aber nicht heißen, dass die Schauspieler schuldlos seien, ganz bestimmt nicht. Deren Darbietungen ließen sich nämlich wohl am besten als „anwesend“ zusammenfassen.


Hü-Hüpf. Lautner als Flip
Dass die Verantwortlichen des Films Nichtskönner sind, wird jedoch am schmerzlichsten in den Actionszenen deutlich, was verdammt schade ist, da es sich hier um einen Actionfilm handeln soll. Spannung kommt in den Szenen nicht auf, Hektik wird mit Wirrwarr verwechselt, unterhaltsam ist der Schmarn auch nicht und als wäre das noch nicht genug, sind auch die Parkour-Läufe an sich nicht wirklich atemberaubend anzusehen. In einem Film, der ein Synonym der Sportart als Titel trägt, ist das nicht weniger als eine Schande. Benmayor versucht das Publikum mit einer Geschichte, die keine Lächerlichkeit auslässt, für dumm zu verkaufen. Dies tut er jedoch so offensichtlich und direkt, dass es nicht funktioniert, wenn man mit einem halben Auge und Ohr bei der Sache ist. Es wird nämlich ein Fehler begangen, den man wirklich erst einmal machen muss: Der Zaubertrick wird dem Publikum erklärt, bevor er überhaupt vorgeführt wird. Enttäuschung ist da zwangsweise vorprogrammiert. Da muss sich dann auch keiner der Beteiligten wundern, wenn das mit der Spannung ein Satz mit „x“ wird. Alfred Hitchcock erklärte einmal den Unterschied zwischen Surprise und Suspense so, dass man von der Suspense viel länger filmisch profitieren kann. Während Suspense über Minuten hinweg das Publikum in Atem halten kann, beeinflusst die Surprise nur für ein paar Sekunden die Gefühlswelt. Die Produzenten dieses Films scheinen das nicht zu verstehen.


Der langen Rede kurzer Sinn: Der Film taugt nichts. Lautner fährt Fahrrad und liefert sich dann später ein Schwanzmessen nach dem anderen mit Parkour-Futzis, die allesamt einen Namen aber keinerlei Profil haben. Manchmal nicht einmal das. Cam ist erst eine schwitzende Version ohne Lippenschluss vom Transporter Frank Martin und dann später irgendein Typ, der zu schnell beleidigt ist. In den 90 Minuten Laufzeit gibt es ganze drei oder vier Parkour-Szenen, die nicht wirklich beeindrucken, weil zwei davon ohne erkennbares Ziel oder irgendeine Motivation im Film sind. Wenn sich dann aber doch eine Jagd in den Film verirrt, dann nimmt sich der Film dank deppenhaftem Schnitt den Wind selbst aus den Segeln. Die Zeit zwischen den Actionszenen ist quälend lang und derart dumm, langweilig und aufgewärmt ausgefüllt, dass es wirklich besser gewesen wäre, das Endprodukt lieber um 10-15 Minuten kürzer ausfallen zu lassen. Interessant, neu, fulminant ist an diesem Film gar nichts geworden, abgesehen von den Fehlern und Böcken, die sich der Stab immer wieder leistet und die einen glauben lassen, dass es komischer nicht mehr werden kann, bis man ein weiteres Mal eines Besseren belehrt wird.


3 von 10 Regisseuren, die nicht wissen, was ein Twist ist


von Smooli

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen